| Titel: | Das Portland- und Roman-Cement. Ein Beitrag zur Geschichte der Cemente oder hydraulischen Mörtel in England, nebst einem Anhange über die Theorie der Erstarrung der Mörtel und über den glänzenden Stucco der Alten; vom Conservator Dr. Schafhäutl. | 
| Autor: | Karl Emil Schafhäutl [GND] | 
| Fundstelle: | Band 122, Jahrgang 1851, Nr. XXXVI., S. 186 | 
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                        XXXVI.
                        Das Portland- und Roman-Cement. Ein
                           Beitrag zur Geschichte der Cemente oder hydraulischen Mörtel in England, nebst einem
                           Anhange über die Theorie der Erstarrung der Mörtel und über den glänzenden Stucco der
                           Alten; vom Conservator Dr. Schafhäutl.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Schafhäutl, über das Portland- und
                           Roman-Cement.
                        
                     
                        
                           Vor dem Jahre 1756 bediente man sich in England als hydraulischen Mörtels des
                              daselbst sogenannten holländischen Trasses (dutch Tarras). Holländisch nannte man ihn, weil er von
                              Holland aus bezogen wurde, und erst durch die Nachforschungen des berühmten
                              englischen Ingenieurs Smeaton ward es klar, daß der Traß
                              nicht in Holland selbst gebrochen wurde, sondern als „poröser
                                 Stein“ vom Rheine bei Andernach komme, und in Holland bloß gepulvert
                              werde. Es ist dieß, wie bekannt, der vulcanische Tuff des Brohlthales.
                           Man pflegte gewöhnlich zwei Maaßtheile Kalkhydrat (Aetzkalk, so lange mit Wasser
                              befeuchtet, daß er zu Pulver zerfällt) mit einem Maaßtheile Traß genau zu vermengen,
                              und dann unter beständigem Durcharbeiten nicht mehr Wasser hinzuzufügen, als nöthig
                              war, um der Mischung eine breiartige Consistenz zu geben.
                           Im Jahre 1739 verwendete jedoch der Ingenieur Labelye
                              zuerst Puzzolane von Civita-Vecchia zum Bau der untern Theile der
                              Westminster-Brücke. Von dieser Puzzolane fand Smeaton, der über sie erst Nachrichten durch Belidor's
                              Architectura hydraulica erhalten hatte, noch einen
                              Vorrath im Besitz des Handlungshauses, das ihn geliefert hatte; denn es war keine
                              weitere Nachfrage darnach, so daß die Puzzolane um einen äußerst niedern Preis zu
                              haben war.
                           Die Seltenheit und Kostspieligkeit der Puzzolane war natürlich die Veranlassung, daß
                              man ihre Stelle durch ein wohlfeileres Material zu ersetzen suchte. Es wurden
                              häufige Versuche in dieser Beziehung angestellt, die aber alle zu keinem Ziele
                              führten.
                           Die ersten praktischen und zugleich wissenschaftlichen Untersuchungen über Cemente
                              verdanken wir dem obengenannten englischen Ingenieur John Smeaton, veranlaßt durch den projectirten Bau des berühmten Edystone Leuchtthurmes auf einem Felsen im Eingange des Sundes von
                              Plymouth. Zwei Leuchttürme waren bereits von der stürmenden See verschlungen worden;
                              Smeaton's Aufgabe war deßhalb eine ganz
                              außerordentliche, bei welcher er neue eigenthümliche Wege zur Errichtung seines
                              Baues aufzufinden hatte; es war deßhalb natürlich, daß er mit aller Ueberlegung und
                              der detaillirtesten Umsicht, die den praktischen gesunden Sinn der Engländer so sehr
                              charakterisirt, Vorbereitungen zu seinem neuen Werke machte, und sich deßhalb vor
                              allem mit der Natur des beim Baue zu verwendenden Mörtels genau bekannt zu machen
                              suchte.
                           Von der Theorie des Mörtels überhaupt war zu Smeaton's
                              Zeiten noch gar nichts Brauchbares bekannt, ja selbst die Praxis hatte nur so
                              schwankende und sich zum Theil widersprechende Ueberlieferungen, daß Smeaton genöthigt war, bei seinen Untersuchungen von vorn
                              herein zu beginnen und einen eigenen Weg einzuschlagen.JohnSmeaton: A narrative of the building and a description of
                                       the Edystone Lighthouse etc. 2. edit. corrected. London, printed for G.
                                       Nicol, Pall Mall 1793. Folio.
                              
                           Smeaton beschäftigte sich zuerst mit der Untersuchung des
                              gewöhnlichen Kalkes, der zu Mörtel verwendet wird.
                           Die Maurer hielten den Kalk aus Kreide gebrannt für den allerschwächsten. Smeaton zeigte durch Versuche, daß der Kreide-Kalk
                              so gut war, als der beste aus dichten Kalksteinen gebrannt.
                           Er fand aber zugleich, daß der beste und reinste Kalk unter Wasser nicht erhärte, sondern zerfalle und also für Wasserbauten
                              nicht zu brauchen sey. Bei seinen mit englischer Geduld und Consequenz fortgesetzten
                              Erkundigungen hörte er von Maurern, daß in der Gegend von Aberthaw (am rechten Ufer
                              der Severn und dem südlichsten Punkte von Glamorganshire am Bristol-Canal)
                              ein blaulich-grauer (matt himmelblauer nach Smeaton) Kalkstein gebrochen werde, der gebrannt stärker (stronger) sey als gewöhnlicher Kalk, und den
                              Einwirkungen des Wassers besser widerstände als jeder andere.
                           Smeaton machte sogleich eine Reise nach dem Orte, nahm
                              die Brüche in Augenschein und machte Experimente mit diesem Kalke, der der
                              Liasformation angehört, die auf Kohlenkalk liegt.
                           Smeaton fand wirklich die Aussage der Maurer bestätiget,
                              und begann nun die chemische Natur dieses merkwürdigen Kalksteines zu untersuchen. Er löste ihn zu
                              diesem Ende sehr zweckmäßig in verdünnter Salpetersäure auf, und fand, daß eine
                              ziemliche Quantität von unlöslicher grauer Masse zurückblieb, die, von der
                              Flüssigkeit abgesondert, sich wie Thon kneten ließ, und die er deßhalb auch für Thon
                              erklärte. Smeaton untersuchte nun ähnliche Kalke auf der
                              entgegengesetzten Seite des Bristol-Canals, z.B. in Watchet in
                              Sommersetshire, und fand, daß alle diese Kalke, welche thonigen Rückstand nach der Auflösung in Säuren hinterließen, gebrannt
                              unter Wasser erhärten, während alle Kalksteine, welche nach der Auflösung in
                              Salpetersäure keinen Rückstand hinterließen, zum Wassermörtel nichts taugen.
                           Smeaton sagt deßhalb §. 179 des oben citirten
                              Werkes: „das Experiment überzeugte mich, daß der reinste Kalkstein nicht der beste für den Mörtel sey, namentlich bei
                                 Wasserbauten.“
                              
                           Das war die erste wissenschaftlich errungene Thatsache von unendlichem Werthe den
                              Irrthümern von 2000 Jahren gegenüber, während welcher man den härtesten weißesten
                              Kalkstein für den besten hielt, und sie ist die Grundlage aller nachfolgenden
                              Experimente und Entdeckungen von John in Berlin, Vicat in Frankreich und anderen Ingenieuren etc. in
                              England geworden.
                           Erst im Jahre 1828 begann eine neue Aera in diesem Gebiete durch den Oberbergrath Fuchs in München, der die erste wissenschaftliche Theorie
                              der Wirkung hydraulischer Kalke gab und somit die Wege zeigte, hydraulische Kalke
                              von einer bestimmten verlässigen Wirkung jedesmal auf dem kürzesten und sichersten
                              Wege zu erhalten.
                           Während die beste Autorität in dieser Beziehung in England, Generalmajor Pasley, noch im Jahre 1847 glaubte, die Erhärtung der
                              hydraulischen Cemente geschehe durch Anziehung von Kohlensäure wie beim gewöhnlichen
                              Mörtel, hatte Fuchs schon im Jahre 1828 bewiesen, daß
                              während des Erhärtens des hydraulischen Kalkes unter Wasser eine Umtauschung der
                              chemischen Bestandtheile des hydraulischen Kalkes und eine chemische Verbindung des
                              Kalkes mit Kieselsäure und Wasser zu einem Kalkhydrosilicate vor sich gehe, welche
                              die Erhärtung des hydraulischen Kalkes in Berührung mit Wasser bedingt, und daß
                              Kalkhydrat mit amorpher Kieselsäure oder auch wässeriger amorpher Kieselsäure ein
                              ausgezeichnet gutes Cement gebe.
                           Er hat gezeigt, daß in thonhaltigen Kalksteinen, welche zu hydraulischen Kalken
                              geeignet seyn sollen, der Thon eine besondere Zusammensetzung besitzen und diese
                              Combination durch Brennen in der Art aufgeschlossen werden müsse, daß der
                              kohlensaure Kalk ätzend werde und die Kieselsäure durch den Aetzkalk die Freiheit erlange, sich
                              in Berührung mit Wasser mit diesem Aetzkalke zu einer bestimmten chemischen
                              Verbindung zu vereinigen.
                           Er hat unser Wissen mit der überraschenden Thatsache bereichert, daß diese Verbindung
                              von Kieselsäure und Kalk unter Wasser mit solcher Kraft geschehe, daß sogar viel
                              mächtigere Basen als Kalk, wenn sie in Wasser löslich sind, z.B. die Alkalien, der
                              Kalkerde ihren Platz überlassen müssen. Dabei hat er zuerst den Alkaligehalt der meisten Thone und namentlich der Thone
                              in den Mergeln nachgewiesen.
                           Ferner, daß die Aufschließung der Thonerde und die nachfolgende
                              Kalksilicat-Bildung noch leichter vor sich gehe, wenn mit der Thonerde
                              verwandte in Wasser unlösliche Basen, wie Eisenoxyd, vorhanden sind. Da jedoch diese
                              unlöslichen Basen nicht mit der Thonerde chemisch gebunden sind, wie z.B. das
                              Eisenoxyd, und auch bei der neuen Verbindung nicht ausgeschieden werden können, so
                              müssen sie zuerst mit dem Thone in chemische Verbindung gebracht werden, wenn sie
                              auch in der neuen Verbindung als chemischer Bestandtheil auftreten sollen. Treten
                              sie in dem neuen Hydrosilicate nicht als chemische Bestandtheile auf, so stören sie
                              durch ihre mechanische Zwischenlagerung den Zusammenhang des erhärtenden
                              Cementes.
                           Deßhalb bilden eisenhaltige Thone, z.B. Ziegelthone, erst wenn sie so stark d.h. bis
                              zum Schmelzen erhitzt werden, wo das mechanisch beigemengte Eisenoxyd sich mit dem
                              Thonerdesilicate zum Thonerdeeisen-oxydulsilicate verbunden hat, eine Art von
                              künstlicher Puzzolane, welche mit Aetzkalk verbunden in Berührung mit Wasser zu
                              einer festen Masse erhärtet.
                           Man sieht aus diesen Erfahrungen von Fuchs, daß es nicht
                              des Kalkes zum Aufschließen des Thones bedarf, sondern daß das Eisenoxyd dieselbe
                              Wirkung verrichtet, indem es sich mit dem Thonerdesilicate zu einer neuen Verbindung
                              einigt, und einen Theil der Kieselerde des Thones in Anspruch nimmt, wodurch sich
                              die Löslichkeit oder Zersetzbarkeit des Silicates ändert.
                           Fuchs hat ferner dargethan, daß wir natürliche
                              hydraulische Cemente in allen unsern ungeheuren Mergelmassen des Vaterlandes
                              besitzen, welche gegen 25 Proc. Thonerde enthalten.Fuchs: über Kalk und Mörtel in Erdmann's Journal für technische Chemie Bd. VI S.
                                    1 und 132 (polytechn. Journal Bd. XLIX S.
                                       271).
                              Smeaton
                              machte seine chemischen
                              Analysen quantitativ, und fand, daß der Aberthaw-Kalk 13, der
                              Watchet-Kalk 12 Proc. Thon enthalte.
                           Nach dem gegenwärtigen Stande unserer Kenntnisse, die wir durch Fuchs erlangten, können wir sogleich voraussagen, daß dieser Gehalt an
                              Thonerde zu geringe sey, um guten hydraulischen Kalk zu bilden, und so fand dieß
                              auch Smeaton durch Erfahrung, nämlich daß Cemente aus
                              diesen Steinen bereitet, unter Wasser nicht so hart werden als
                              Puzzolan-Cement; indessen sind dennoch mit dem Cement aus diesem Kalke in den
                              neuesten Zeiten z.B. die Pfeiler der berühmten Menai-Kettenbrücke gebaut
                              worden.
                           Da von der oben erwähnten Puzzolanerde noch so viel vorhanden war, daß er damit
                              Versuche anstellen konnte, so fand er bald, daß wenn er Puzzolanerde in gleichem
                              Maaßtheile seinem Liaskalke beimengte, er ein Cement erhielt, das dem besten aus
                              mehr Puzzolanerde bereiteten nichts nachgab.
                           Smeaton unterscheidet ganz gut zwei Sorten von Puzzolane;
                              die eine, von Civita Vecchia, von brauner Farbe und dem Ansehen eines durch Brennen
                              porös gewordenen Eisenerzes, fand er als die beste, von der doppelten Wirkung der
                              grauen Puzzolane, die von Neapel kam.
                           Smeaton hatte nun ein vollkommen gutes Cement; aber die
                              Puzzolane kam ihm zu theuer, und er suchte deßhalb nach einem Surrogate für
                              Puzzolane in seiner Nähe. Der umsichtige Ingenieur fand z.B. auf dem Grunde eines
                              Flusses den Sand und die Steine zu einer festen Masse zusammengekittet, und zwar
                              durch Stückchen von Schmiedeisen, das sich in Oxydhydrat oder in Rost verwandelt
                              hatte. Er richtete deßhalb zuerst sein Augenmerk auf Eisenoxyd, das wohlfeil zu
                              erhalten sey. Dieß fand er in dem Staub, der beim Rösten der Erze abfiel. Zu
                              gleichen Theilen mit seinem Liascemente gemengt, erhielt er ein besseres Cement,
                              aber doch nicht so gut als das mit Puzzolane. Er versuchte hierauf Hammerschlag, und
                              dieser that ihm natürlich noch bessere Dienste als das geröstete Eisenerz, was sich
                              aus der Theorie unseres Fuchs sehr leicht erklären
                              läßt.
                           Smeaton versuchte noch einen andern Kalkstein von Barrow,
                              der nahezu 22 Proc. Thon enthielt, und deßhalb schon an und für sich ein besseres
                              Cement gegeben haben würde.
                           Er mischte mit 4 Maaßtheilen dieses Kalkes 2 Maaßtheile gepulverte Abfälle von
                              Eisenerzen, 2 Theile groben Sand, und fand, daß diese Mischung seinem Vorhaben sehr
                              gut entsprach. Zum Theil mit dieser Mischung und mit Aberthaw-Kalk und Puzzolane
                              ist der Leuchtthurm von Edystone gebaut.
                           Smeaton theilte noch umständlich seine Erfahrungen über
                              die beste Bereitung hydraulischer KalkeDirectioms for preparing, making and using Puzzolana
                                       Mortar, in den Reports of the late JohnSmeaton. London 1812. 4. Vol. III. pag. 414. mit, die alle Beachtung verdienen.
                           Weiter wurde in Bezug auf hydraulische Kalke nichts gethan, bis James Parker von Northfleet in der Grafschaft Kent wieder
                              Versuche anstellte, und (da man immer seit Smeaton einen
                              Gehalt an Eisen in den für Cement brauchbaren Kalksteinen für unerläßlich hielt,
                              indem man die wohlthätige Wirkung der dem Thone beigemengten Eisenoxyde so oft
                              erfahre hatte) gewisse Concretionen im Londonthone als Kalk brannte, welche durch
                              ihre hellbraune Farbe einen hinreichenden Eisengehalt zu verrathen schienen.
                           Er fand sich in seiner Erwartung nicht betrogen, und ließ sich seine Erfindung im
                              Jahre 1796 unterm 28. Juni patentiren, worauf er sich mit Wyatt verband, der unter der Firma Wyatt,
                                 Parker und Comp. bis zu diesem Tage
                              ausgezeichnete Geschäfte machte.
                           Das Cement, von Farbe hellbraun, etwas ins Gelbliche sich
                                 ziehend, fand sehr bald ungemeinen Absatz, verdrängte die Puzzolane beinahe
                              vollständig und findet noch unter dem Namen Parker's
                                 Roman-Cement so häufigen Absatz, daß unter den vielen
                              Cementbereitern in London der Nachfolger von Parker, J.
                              M. Blashfield, alljährlich 10 bis 15000 Tonnen in seiner
                              Fabrik Millwall Poplar auf der Isle of Dogs in der Themse in der Nähe des Londoner
                              Hafens verfertigte.
                           Das rasche Erhärten des hydraulischen Mörtels und seine große Festigkeit nach diesem
                              raschen Erhärten, welche zuletzt die des gewöhnlichen Mörtels wenigstens fünfmal
                              übertrifft – seine Undurchdringlichkeit gegen alles Wasser, machen diesen
                              hydraulischen Mörtel zu einem unschätzbaren Baumaterial, das den gewöhnlichen Mörtel
                              rasch verdrängen würde, wenn nicht die Kostbarkeit des hydraulischen Mörtels Ursache
                              wäre, daß man ihn nur da anwenden kann, wo gewöhnlicher Mörtel nicht ausreicht.
                           Als in London im Jahre 1834 die Parlamentshäuser niederbrannten, war es Aufgabe, so
                              rasch als möglich ein temporäres Gebäude für die Sitzungen der Lords und der
                              Gemeinen herzustellen, das sogleich bewohnbar sey. Man gebrauchte statt des
                              gewöhnlichen Mörtels hydraulischen Kalk (Roman-Cement von Blashfield) und in drei Monaten während der ungünstigsten
                              Jahreszeit standen die temporären Gebäude für die Parlaments-Sitzung
                              vollkommen trocken, als wären Jahre seit ihrer Erbauung verflossen, und sogleich zum
                              Beziehen bereit.
                           Ein noch schlagenderes Beispiel gibt der Themse-Tunnel. Dieser wäre ohne
                              hydraulischen Kalk gar nicht ausführbar gewesen; denn nach der durch die Umstände
                              vorgeschriebenen Bauweise ist das Ziegel-Mauerwerk nicht in Bunden gelegt,
                              sondern es wurden Rippen von nur 9 und oft nur 4 1/2 Zoll Länge ausgeführt, die alle
                              bloß durch Roman-Cement aus der oben erwähnten Blashfield'schen Fabrik mit einander verbunden und durch den bekannten
                              Schild selbst zusammengedrückt wurden, bis das Cement angezogen hatte. Hätte man
                              bloß Kalkmörtel gebraucht, so wäre man natürlich genöthigt gewesen, Monate lang zu
                              warten, bis die Ziegelsteine durch den Mörtel zusammengehalten worden wären, und die
                              Arbeit wäre natürlich auf Jahrzehnte ausgedehnt unausführbar geworden. Ueberhaupt
                              würde der Druck des sehr rolligen Erdreichs die einzelnen Mauertheile bald zerstört,
                              an andern Stellen das Wasser den Mörtel wieder ausgewaschen haben.
                           Das rasche Erstarren und die Festigkeit hydraulischer Cemente veranlaßte bekanntlich
                              den berühmten Ingenieur Sir Mark Isambard Brunel ganze
                              und halbe sehr flach gedrückte Bogen ohne alle Centerung oder irgend ein Lehrgerüste
                              auszuführen.
                           Eine Idee von diesem merkwürdigen Experimente gibt Fig. 17, in welcher das
                              Ziegelbauwerk von der Fronte und Rückenseite dargestellt ist.
                           Der Pfeiler a, welcher die beiden Halbbogen trägt, ist 4
                              Fuß breit, 8 Fuß hoch, und in der Länge, die man natürlich hier nicht sehen kann, 10
                              Fuß.
                           Der Grund ist nur 8 Zoll tief gelegt, und besteht aus Yorkshirer Pflastersteinen von
                              3 Zoll Dicke.
                           Von diesem Pfeiler a nun erstrecken sich die beiden
                              flachgedrückten Halbbogen in entgegengesetzter Richtung, der rechte 60 Fuß, der
                              linke 37 Fuß, und dieser letztere ist noch mit einem Gewichte b von 62,700 Pfd. beladen.
                           Diese Halbbogen allein ohne ihre Füllung sind 3 1/2 Fuß breit und 13 Zoll dick, und
                              ebenso das obere horizontale Carnieß.
                           Die eine nördliche Seite ist, wie wir in Fig. 17 sehen, zwischen
                              dem Bogen und Carnieß eben ausgefüllt; auf der südlichen Seite Fig. 18
                              sehen wir die
                              Zwischenräume mit sieben kleinen offenen Bogen ausgefüllt, so daß das Mauerwerk hier
                              nur 18 Zoll dick war.
                           Es ist natürlich, daß auch das stärkste Cement eine solche Länge von 60 Fuß kaum
                              allein zu tragen im Stande gewesen wäre. Brunel bediente
                              sich deßhalb zur bessern Zusammenhaltung der Fugen zuerst in einer Höhe von 4 1/2
                              Fuß einfacher Latten, welche er in den zehn Lagen über die Fugen legte, hierauf nahm
                              er statt des Holzes gewöhnliches Reifeisen, wozu er eilf Lagen nöthig hatte.
                           Bei der ersten Lage brauchte er bloß 2 Bandeisen, in der zweiten Ziegelreihe 3, in
                              der dritten 4, in der vierten 5, in der fünften, sechsten, siebenten, achten und
                              neunten überall 6, in der zehnten 4, und in der eilften 6 Stücke.
                           Ueber dieser befand sich nur mehr eine Ziegelsteinlage.
                           Der hydraulische Kalk haftet eben so gut an dem Eisen als an den Ziegeln und
                              verbindet Alles zu einer festen Masse.
                           Beide Bogen wurden ohne Bogengerüste gebaut. Die Maurer standen bloß auf einem
                              kleinen beweglichen Gerüste, welches wie das Gewicht b
                              am Ende des vollendeten Bogentheiles selbst hing, und sobald ein Theil des Bogens
                              angesetzt war, auf diesem wieder nachgerückt wurde.
                           Auch 13 Fuß lange und 18 3/4 Zoll breite Balken aus Ziegeln wurden von Pasley auf dieselbe Weise gebaut und auf 10 Fuß im
                              Lichten von einander gelegene Ziegelpfeiler gekittet, wie Fig. 19 zeigt.
                           Fig. 20 gibt
                              den Querschnitt des Ziegelbalkens an. Man sieht, daß er die Breite von zwei Ziegeln
                              hatte und aus vier Reihen von Ziegeln bestand. Ebenso sieht man da die fünf Stücke
                              (gewalzten) Reif- oder Bandeisens.
                           Zwei wurden in der untern Fuge angebracht, eines in der mittlern und zwei in der
                              obern, so daß der Querschnitt einen Quincunx bildet.
                           Nachdem 2537 Pfd. auf die Waagschale gelegt worden waren, ergab sich eine Einbiegung
                              von 1/10 Zoll, und diese wurde doppelt so groß mit 3718 Pfd., wobei sich zugleich
                              ein Sprung durch die zwei untern Ziegellagen zeigte. Mit 3945 Pfd. zog sich der
                              Sprung durch die dritte Ziegellage und eine Biegung von 5/10 eines Zolls; bei 4308
                              Pfd. erreichte sie 1 Zoll und bei 4523 Pfd. ging der Sprung durch den ganzen Balken,
                              der jedoch noch durch die Reifeisen zusammengehalten wurde. Erst als man 4314 Pfd.
                              aufgelegt hatte, rissen die zwei untern Eisenreifen und der Balken fiel bis er auf die
                              Waagschale a zu liegen kam, welche zu beiden Seiten die
                              Gewichte zum Brechen trug.
                           Wenn übrigens so lange Ziegelbalken ohne die Verbindung durch Reifeisen wohl nicht zu
                              empfehlen sind, so zeichnet sich jedoch auch das flachste und dünnste Gewölbe mit
                              Cement erbaut, eben durch seine Tragkraft vor allen ähnlichen Constructionen dieser
                              Art aus.
                           Ein sehr flacher Bogen bloß aus zwei Reihen von gezähnten oder gebunden gelegten
                              Ziegelsteinen in einer Casematte gebildet, die mit ihren Lagern durch reines Cement
                              aneinander gekittet waren, hatte eine Sehne oder Spannweite von 15 Fuß 4 Zoll, und
                              der Pfeil oder sein Ansteigen betrug bloß 9 Zoll. Der nicht ganz 4 1/2 Zoll dicke
                              Bogen wurde nach vier Monaten und dann successive mit losen Ziegelsteinen, in
                              derselben Weise wie die gekitteten Steine geordnet, beschwert, und erst nachdem zehn
                              Reihen von Steinen mit einem Gewichte von 6400 Pfd. aufgelegt waren, bemerkte man
                              eine Deflexion von 2/16'' und nun nachdem die vierzehnte Ziegellage mit einem
                              Gewichte von 8960 Pfd. aufgelegt war, brach der Bogen zusammen, ebenso als wie etwa
                              ein ähnlicher aus Gußeisen gebrochen seyn würde, während ein ganz gleicher Bogen mit
                              dem besten gewöhnlichen Mörtel aufgeführt, nicht einmal sein eigenes Gewicht zu
                              tragen vermochte und zusammenbrach als man nach vier Monaten das Gerüst
                              hinwegnahm.
                           Beim Cementbogen wurde das Bogengerüst hinweggenommen, sobald der Bogen vollendet
                              war.
                           Aber nicht allein regelmäßige, sondern sogar hängende oder verkehrte Bogen und
                              Gewölbe hat Pasley aus Ziegelsteinen mit Cement verbunden
                              construirt, eine Bauart, die ohne Cement auf keine Weise auszuführen gewesen
                              wäre.
                           Fig. 21 gibt
                              uns eine Idee von dieser Bauart. Sie stellt ein Sommerhaus im Längenschnitt vor,
                              ganz aus Ziegelsteinen und Roman-Cement von Pasley
                              im Garten der Officiers-Wohnung bei der Brompton Caserne zu Chatham erbaut.
                              Der Grundriß bildet ein Quadrat von 7 Fuß 2 Zoll Seite im Lichten. Das Gebäude
                              selbst war 9 Fuß 3 Zoll hoch vom Boden bis zur Traufe, auf einen Unterbau von
                              Concrete a, wovon wir nachher sprechen werden, 1 Fuß
                              dick, gesetzt, auf welches das Fundament b von drei
                              Ziegeln, 9 Zoll hoch und dick gelegt war, und dieses diente den Maurern und dem
                              Dache zur Unterlage, die alle nur einen halben Ziegelstein, also bloß 4 1/2'' dick
                              waren. Das ganze Gebäude wurde in der Art angelegt, daß es ohne die befestigende Kraft des
                              Cementes nicht hätte halten und ausgeführt werden können.
                           Das Dach, dessen Form schon zeigt, daß seine Theile nur durch die adhäsive Kraft des
                              Cementes zusammengehalten werden konnten, war natürlich aus vier gleichen Quadranten
                              von 5 1/2 Fuß Radius zusammengesetzt; die obern Radien lagen alle in derselben
                              horizontalen Ebene und die convexen Enden berührten einander an der Spitze, so daß
                              das Dach an den 2 Fuß frei hereinragenden Traufenden 12 Fuß Seite hatte.
                           Kein Band aus Eisen oder Holz, kein Bruchstein wurde angewendet, und das Dach ohne
                              Lehrgerüst aus freier Hand gebaut.
                           Es wurde nämlich immer eine Lage von Steinen rund herum über die andere angesetzt und
                              als Lehre bediente man sich bloß einer Quadrantsetzwaage mit einem Senkel
                              versehen.
                           Als man das Dach aufsetzte, waren die schwachen Wände des Gebäudes durch zwei
                              temporäre Rahmen von innen und außen verankert, damit sie durch den Druck des
                              unvollendeten Daches weder auswärts noch einwärts gedrückt werden konnten, bis das
                              Dach geschlossen ward, was rathsam schien, da die Wände zwei Thüröffnungen an zwei
                              sich einander berührenden Seiten von 7 Fuß Höhe hatten.
                           Fig. 22 zeigt
                              das vollendete Gebäude. Die Ornamente sind aus reinem Cemente verfertigt; die
                              flachen Wände innen und außen mit Mörtel aus Cement und Sand in gleichen Maaßtheilen
                              überzogen.
                           Ebenso wurde Roman-Cement aus der oben erwähnten Fabrik bei den London Docks,
                              bei der Royal Exchange, beim brittischen Museum durch Sir Robert Smirke, bei dem Lyceums- und St.
                              James-Theater und bei unzähligen andern Bauwerken angewendet. Man baut in
                              England feuerfeste und doch äußerst leichte Zimmerdecken, eben und sogar flach
                              gewölbt, aus Ziegelplatten und Cement oder auch aus hohlen kegelförmigen oder
                              topfartigen Steinen (arch-pots). Ein Beispiel der
                              letzteren gibt das neue Schatzkammer-Gebäude in Whitehall, gebaut durch Soane, der Unionclub von Sir Rob. Smirke, das Estrich der National-Gallerie und des Buckingham
                              Palastes. Man bedient sich desselben Cements ferner noch zum Anwurf der Häuser, und
                              mehrere neue Straßen sind mit diesem Roman-Cement beworfen, so z.B. alle
                              Häuser in Regent-Street, Regents-Park. Er wird da gewöhnlich mit Sand
                              gemengt.
                           Ebenso werden in London in der Blashfield'schen Fabrik die
                              sogenannten chimney pots, röhrenartige Kaminaufsätze,
                              gegossen, welche früher
                              aus Töpferthon gebrannt wurden, aber kaum ein paar Jahre ausdauerten, während die
                              aus Cement gegossenen im Regents-Park bereits mehr als zehn Jahre stehen,
                              ohne daß ein einziger zu Grunde gegangen wäre.
                           Da Parker's Originalpatent meines Wissens nirgends
                              abgedruckt ist, wie es sich nämlich in London im Rolls Yard im Petty
                              bag-office befindet und gegen den Erlag von 3 Shilling 6 Pence wohl
                              eingesehen aber nicht copirt werden darf, so will ich hier eine Uebersetzung des
                              Originalpatents beifügen, soweit es das Wesentliche der Bereitung selbst betrifft.
                              Ich hatte nämlich das Patent bereits bis zum letzten Worte mit Bleistift glücklicher
                              Weise copirt, als der Beamte erst mein Unternehmen bemerkte und mir erklärte, daß
                              Copien zu nehmen hier strengstens verboten sey.
                           Das Patent ist auf den Namen James Parker ausgestellt für
                              seine Erfindung eines gewissen Cementes oder Tarras (Traß), bei Wasser- und
                              andern Bauten zu gebrauchen. Parker beschreibt sein
                              Verfahren folgender Weise:
                           
                              „Das Princip meiner Erfindung, sagt er, beruht darin, gewisse Steine oder
                                 thonige Erzeugnisse, Thonnieren genannt, zu Pulver zu reduciren, und das Pulver
                                 mit Wasser zu einem Cemente anzumachen, das dann fester und härter wird als
                                 gutes Cement oder jeder Mörtel gegenwärtig auf künstlichem Wege
                                 bereitet.“
                              
                           
                              „Ich kenne keine bestimmten allgemeinen Namen für diese Thonnieren, aber
                                 ich verstehe darunter gewisse Steine aus Thon oder Concretionen aus Thon,
                                 enthaltend Adern von kalkigen Materien und häufig, wenn auch nicht immer Wasser
                                 in ihrem Mittelpunkte, dessen Höhlung gewöhnlich mit kleinen Krystallen von der
                                 oben erwähnten kalkigen Materie ausgekleidet ist. Diese Nieren sind gewöhnlich
                                 nahezu von der Farbe des Thonlagers, in dem oder in der Nähe dessen man sie
                                 findet.“
                              
                           
                              „Wenn man diese Thonnieren in einer Hitze brennt, welche stärker ist als die, welche man bei gewöhnlichen
                                 Kalksteinen anwendet, so erhalten sie ein braunes Aussehen, werden ein wenig
                                 weicher, von lockererem Zusammenhange, und wenn man sie in diesem Zustande mit
                                 Wasser übergießt, werden sie warm, aber löschen sich nicht.“
                              
                           
                              „Wenn man diese Nieren nach dem Brennen in Pulver verwandelt, das Pulver
                                 mit nicht mehr Wasser anrührt als gerade nöthig ist, um es in einen Teig zu
                                 verwandeln, so erhärtet es unter Wasser ungefähr in Zeit einer
                                 Stunde.“
                              
                           
                           
                              „Diese Steine aus Thon oder die Nieren werden zuerst in kleine Stücke
                                 zerbrochen. Diese Stücke werden dann in einem gewöhnlichen Ofen, wie man sich
                                 deren zum Kalkbrennen überhaupt bedient, gebrannt in einer Hitze, die beinahe hinreicht, sie zu verglasen, dann
                                 gepulvert durch irgend eine mechanische oder andere Vorrichtung, und das auf
                                 diese Weise erhaltene Pulver ist die Basis des
                                    Cementes.“
                              
                           
                              „Um das Cement selbst in der besten und vortheilhaftesten Weise zusammen
                                 zu setzen, nehme ich 2 Maaßtheile Wasser und 5 Maaßtheile des beschriebenen
                                 Pulvers. Ich füge dann entweder Pulver zu dem Wasser, oder das Wasser zu dem
                                 Pulver mit der Vorsicht, die Masse während der ganzen Dauer der Mischung
                                 sorgfältig umzurühren und durchzuarbeiten. Das Cement ist nun auf diese Weise
                                 fertig, und erhärtet in 10 oder 20 Minuten nachdem die Mischung geschehen ist,
                                 entweder unter dem Wasser oder in der Luft.“
                              
                           
                              „Gelegentlich brenne, mahle und mische ich das eben beschriebene Pulver
                                 mit Kalk und andern Steinen, Thon, Sand oder gebrannten Erden in solchen
                                 Verhältnissen, als nöthig und nützlich seyn mag für die verschiedenen Zwecke,
                                 für welche Cement verwendet wird, wobei ich immer im Auge habe: je weniger Wasser man (beim Anmachen des Cements)
                                 verwendet, und je schneller der Mörtel oder das Cement nach seiner Anfertigung
                                 gebraucht wird, desto härter wird das Cement werden.“
                              
                           Wir lernen aus dieser Beschreibung, daß Parker unter
                              seinen Thonnieren diejenigen Concretionen versteht, welche die Mineralogen ehemals
                              Septarien oder Ludus Helmonti genannt haben.
                           Wie schon bemerkt, finden sie sich in Thonmergelschichten des Londonthones
                              eingelagert und werden vorzüglich von der Insel Sheppey bezogen, welche an der
                              Mündung der Themse liegt, und nichts anders ist als ein Landstrich durch den von
                              Süden herkommenden Medway-Fluß vom Lande getrennt. Die Nieren sind
                              Concretionen in einer sehr harten Schichtenmasse und würden sich deßhalb nur mit
                              bedeutenden Kosten von der Thonmasse trennen lassen, wenn nicht die Natur selbst
                              diese Operation übernähme. Die ziemlich steilen Ufer der Insel werden nämlich vom
                              Wellenschlage des Meeres ausgehöhlt, die der Unterstützung beraubte Schichtenmasse
                              stürzt dann nach, wird von den Wellen an den seichten Ufern immer mehr zertrümmert,
                              die einzelnen Stücke schleifen sich selbst wechselweise ab, bis der härteste Nucleus
                              – die oben beschriebenen Nieren nämlich – zur Zeit der Ebbe
                              zurückbleiben, und dann
                              als Sheppey-Steine oder Kiesel (Sheppey stones
                                 – or pebbles) gesammelt werden.
                           Die Zusammensetzung dieser Concretionen ist etwas veränderlich; indessen kommen alle
                              nahezu auf 23–26 Proc. Thon und 4 Procent Eisenoxyd, 1–2 Proc.
                              Manganoxyd.
                           Nach meiner Analyse enthält ein dichtes Fragment des grünlichbräunlichen
                              Sheppeysteines 23,64 Proc. Thon. Den Thon fand ich zusammengesetzt aus:
                           
                              
                                 16,51
                                 Kieselsäure,
                                 
                              
                                   4,20
                                 Thonerde,
                                 
                              
                                   1,03
                                 Eisenoxyd,
                                 
                              
                                   0,61
                                 Manganoxyd,
                                 
                              
                                   0,41
                                 Bittererde,
                                 
                              
                                   0,88
                                 Kali mit Spuren von Natron.
                                 
                              
                                 
                                    –––––
                                    
                                 
                                 
                              
                                 23,64.
                                 
                                 
                              
                           Der in Säuren auflösliche Theil bestand aus:
                           
                              
                                 
                                 67,12
                                 kohlensaurem
                                 Kalk,
                                 
                              
                                 
                                   1,33
                                           „
                                 Bittererde,
                                 
                              
                                 
                                   5,50
                                           „
                                 Cisenoxydul,
                                 
                              
                                 
                                   1,55
                                           „
                                 Manganoxydul,
                                 
                              
                                 
                                   0,41
                                 Thonerde.
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                    –––––
                                    
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Summe:
                                 75,91.
                                 
                                 
                                 
                              
                           Ich will hier nur auf den Kaligehalt dieser Mergel aufmerksam machen, den Fuchs zuerst 1828 in dem Thone beinahe aller Mergel
                              entdeckte.
                           Dieß hell gelblich-braune Roman-Cement wird in England von der oben
                              angegebenen ursprünglichen Firma verkauft in Fässern, die 356 Pfund enthalten, für
                              12 Shillings wobei noch 4 Shillinge für das Faß gerechnet werden, so daß der
                              englische Centner (nahezu 90 bayerische Pfund) auf 2 Shilling 3 Pence oder 1 fl. 24
                              kr. zu stehen kommt, was für den bayerischen Centner 1 fl. 33 kr. macht.
                           Man sieht leicht ein, daß das Material zu dieser Sorte von hydraulischem Kalke, da
                              seine QuantitätQuanität von der Wirkung der Meereswellen abhängt, doch nicht in unbegränzter Menge
                              aufzutreiben sey.
                           Der englische Ingenieur Frost, in seinen unermüdlichen
                              Bemühungen der getreue Nachtreter Vicat's in Frankreich,
                              suchte deßhalb nach einem Material, dem der Sheppey-Steine gleichkommend, und
                              fand es auch in einem ähnlichen eisen- und manganhaltigen Mergel an der Küste
                              von Harwich in Essex an der östlichen Küste von England. Da dieser Mergel, welcher von etwas
                              dunklerer Farbe als der Sheppey-Stein und nach dem Brennen nußbraun ist,
                              gegen 47 Proc. Thon enthält, so brennt und pulvert man ihn, und mischt ihn dann mit
                              Sheppey-Cement, wodurch man ein eben so gutes, vielleicht besseres, in jedem
                              Falle wohlfeileres aber etwas mehr braun gefärbtes Cement erhält, das jetzt
                              allgemein gebraucht wird. Frost's Cementwerke sind nun im
                              Besitz der HHrn. John Bazley White und Söhne, Millbank-Street, London. Man hat ferner in
                              England Septarien in andern Localitäten und Formationen aufgesucht und gefunden, die
                              überall, obwohl ihr Eisengehalt ziemlich gleich ist, doch eine viel größere
                              Quantität Thon enthalten.
                           So gebraucht man Septarien von Whitby in Yorkshire, Atkinsons-Cement, weil dieser Ingenieur dasselbe zuerst in London
                              einführte, auch Mulgrave-Cement genannt, nach dem Grafen von Mulgrave, die gewöhnlich einen Ammoniten als Centrum
                              habend, 34 Procent Thon enthalten; Dorsetshire-Cement von Medina Hants
                              enthält 39 Procent Thon.
                           Durch die Vermengung der Sheppey- und Harwich-Steine erhält man aus der
                              angeführten Blashfield'schen Fabrik Cemente für Stucco
                              den bayerischen Centner zu 52 kr. und einen ganz guten für Anwurf um 42 kr. ohne Faß
                              oder Verpackung.
                           Daß diese Cemente beim Gebrauche in der Luft immer mit Sand gemengt werden, versteht
                              sich wohl von selbst, und das beste Roman-Cement verträgt den meisten Sand;
                              so kann man dem obigen Cemente aus der Blashfield'schen
                              Fabrik je nach dem Preise 3, 2 und 1 Maaßtheil Sand beimengen.
                           Mit einem Bushel Cement = 2815,5 Kubikzoll, das gegen 58 Pfund bayerisch wiegt, kann
                              man 10 Quadratfuß Oberfläche mit einer 3/4 Zoll dicken Lage Cements bedecken, dem
                              man zwei Maaßtheile Sand beigemengt hat, wie die Anwürfe in Regents-Park und
                              den meisten neuen Straßen Londons beweisen.
                           So war bis beinahe zum Jahre 1818 das Roman-Cement das einzige, das bei den
                              meisten Bauten in der Luft und im Wasser angewendet wurde. Indessen die häufig
                              wachsende Nachfrage nach Cement, da das Roman-Cement durch ein Patent
                              geschützt war, der Umstand ferner, daß selbst in England noch manche Vorurtheile
                              gegen Parker's Roman-Cement bestehen, denn die
                              Docks von Southampton und ein großer Theil der Fundamente der neuen Parlamentshäuser
                              wurden mit italienischem Puzzolanemörtel herausgemauert, waren Veranlassung, daß man
                              sehr eifrig nach
                              andern hydraulischen Cementen forschte, die man aus ihren wesentlichen
                              Bestandtheilen zuvor erst zusammensetzte, und sie deßhalb künstliche Cemente nannte. Dennoch finden wir, wie schon gesagt, bis zum
                              Jahre 1818 kein Patent, das eigentlich die Verfertigung hydraulischen Mörtels auf
                              eine künstliche Weise zu seinem Gegenstande gehabt hätte. Denn John White in seinem Patent vom 27 November 1809 für eine
                              Substanz, die in Stein verwandelt werden könne, nimmt bloß Schlamm der Themse
                              anstatt Töpferthon, und hat also gar nichts zu thun mit unserem Cement.
                           Ebenso ist das Patent von John Kent vom 3. Sept. 1810,
                              Verbesserungen in der Verfertigung von künstlichen Steinen, hier von keinem Belange.
                              Sein Patent gehört zu den sogenannten Concreten, von
                              welchen wir später sprechen werden. Kent nimmt nämlich 1
                              Theil gebrannten und gepulverten Kalk, 3 Theile feinen Sand, 6 Theile groben Sand,
                              feuchtet die Mischung an, und preßt sie in Formen.
                           Das Mastic-Cement von Christoph Dihl 1815 (1.
                              Junius) ist ein fettes Cement mit Leinölfirniß und Peter Hamelins Cement vom Jahre 1818 (19. Januar) um Ornamente und Statuen
                              daraus zu verfertigen, gehört in dieselbe Classe.
                           Von größerem Interesse ist das Patent des Moritz St. Ledger in Camberwell, vom 19. November 1818. Er beschreibt eine
                              interessante Methode Kalk zu machen in folgender Weise:
                           
                              „Ich nehme Kreide oder irgend eine andere Substanz, aus welcher Kalk
                                 gemacht werden kann, die ich pulvere, und zu welcher ich gewöhnlichen Thon
                                 mische oder irgend eine andere Substanz, welche Thonerde und Kieselerde enthält
                                 und welche ich vermehre oder vermindere, je nachdem ich den Kalk stärker oder
                                 schwacher verlange. Die beiden Ingredienzien vermische ich mit einander und
                                 mische Wasser dazu, bis sie einen Brei bilden von der Consistenz gewöhnlichen
                                 Mörtels. Diese beschriebene Paste forme ich in Klumpen, welche ich dann, nachdem
                                 sie durch natürliche oder künstliche Hitze getrocknet sind, in einen Kalkofen
                                 bringe und sie der Wirkung des Feuers aussetze, in der gewöhnlichen Weise in
                                 welcher man Kalk brennt. Der Hitzegrad hängt natürlich von der Größe und
                                 Qualität der Klumpen ab, doch finde ich, daß dieselben hinreichend im Feuer
                                 gewesen sind, wenn sie mit der Hand gebrochen werden können. Der Kreide oder
                                 andern ähnlichen oben erwähnten Substanzen kann auch gewöhnlicher durch Löschen
                                 in Pulver verwandelter Kalk substituirt werden, da braucht jedoch das Gemenge
                                 keiner so starken Hitze ausgesetzt zu werden.
                              
                           
                           
                              Die Quantität des zuzusetzenden Thones oder einer andern Substanz, enthaltend
                                 Thonerde und Kieselerde, hängt ebenfalls von der Qualität der Kreide und dergl.
                                 ab; aber ich finde im allgemeinen, daß ein bis zwanzig Maaßtheile Thon zu
                                 hundert Maaßtheilen Kreide das eigentliche zweckmäßige Verhältniß
                                 sey.“
                              
                           Wir haben hier die wesentlichsten Bestandtheile der berühmtesten künstlichsten
                              Cemente, obwohl das Verhältniß der Thonerde zur Kalkerde zu gering ist, als daß man
                              ein gut bindendes Cement hätte erwarten können, weßhalb auch wahrscheinlich das
                              Cement in dieser Weise bereitet nie auf den Markt kam.
                           Im Titel seiner Patentbeschreibung gibt er an, daß ihm diese verbesserte Methode Kalk
                              zu bereiten von einem Ausländer, dem Civil-Ingenieur Mr. Vicat aus St. Soulgat im Königreich Frankreich
                              mitgetheilt worden sey, und dieser Mr. Vicat ist
                              wahrscheinlich derselbe, der sich in den letzten Jahren durch seine zahlreichen
                              empirischen Versuche über hydraulische Kalke bekannt gemacht hat.
                           Die ganze Vorschrift ging natürlich aus der alten Entdeckung Smeaton's hervor, daß der Kalk, der unter Wasser erhärten soll, eine
                              gewisse Quantität Thon vor dem Brennen enthalten müsse, obwohl unglücklicherweise
                              die erforderliche Quantität Thon, um den besten hydraulischen Kalk hervorzubringen,
                              noch nicht mit Sicherheit angegeben werden konnte.
                           Von nun an finden wir bis zu uns herauf eine Menge von Engländern mit Erfindung
                              künstlicher hydraulischer Cemente beschäftigt, keiner aber hatte auch nur eine Idee
                              von den wesentlichen Bedingungen zur Erzeugung eines guten, der Puzzolane
                              gleichkommenden künstlichen Cements, und selbst gegenwärtig weiß man in England von
                              der Theorie der Bildung und Erhärtung hydraulischer Mörtel nicht mehr, als aus dem
                              empirischen Haufwerk der Vicat'schen Versuche zu
                              entnehmen ist. Von den Entdeckungen unseres Fuchs, die
                              schon aus dem Jahre 1828 herstammen, hat man dort noch keine Ahnung.
                           An St. Ledger reiht sich J. A. Fickell (6. Julius 1820); er erhielt ein Patent auf Verwendung der
                              eisenarmen Sphärosideritnieren oder Kugeln aus der Kohlenformation von
                              Staffordshire, die mit den Eisensteinen zugleich gewonnen werden. Man sieht das
                              Ganze ist nichts als ein Versuch, das Roman-Cement aus Septarien älterer
                              Formation zu bilden. Heinrich Chambers in Broadstreet
                              (breite Straße), Middlesex, nahm unterm 7. Julius 1821 ein Patent auf Verbesserungen
                              hydraulischer Kalke.
                           
                           Er verwendet Thon oder Lehm, der sich in starker Hitze verglasen läßt, oder überhaupt
                              wohl verglaste Schlacke statt des gewöhnlichen Sandes und vermischt diese mit Kalk
                              und dergl. Man sieht hier wieder den Mangel an theoretischem Wissen. Ob man auf
                              diese Weise brauchbares oder unbrauchbares Cement erhielt, das hing von der
                              chemischen Zusammensetzung des Thones oder der Schlacke ab, wovon der Erfinder keine
                              Ahnung hatte, und es waren aller Wahrscheinlichkeit nach auch hier die schwankenden
                              unsicheren Resultate, welche den Erfolg des Patentes vernichteten.
                           Mit größerer Umsicht ging der schon öfters erwähnte James Frost aus Finchley in der Grafschaft Middlesex zu Werke, aber auch in
                              seinen mit großer Ausdauer fortgesetzten Versuchen sieht man den gänzlichen Mangel
                              eines wissenschaftlichen theorischen Leitfaden, und seine Resultate beruhen wie die
                              von Vicat auf einem empirischen Herumtappen aufs
                              Gerathewohl.
                           In seinem Patent vom 11. Junius 1822 schreibt er vor, Kalkstein, Mergel oder Dolomite
                              zu nehmen, die ganz oder beinahe frei von Thonerde oder thonigen Beimischungen sind,
                              dagegen 9–40 Procent Kieselerde enthalten, oder Verbindungen von Kieselerde
                              und Eisenoxyden. Die Kieselerde muß immer im Ueberschuß vorhanden seyn, in einem
                              höchst fein vertheilten Zustande. Er brennt diese Materialien in kleinen Stücken in
                              einem gewöhnlichen Kalkofen so lange bis alle Kohlensäure entfernt ist, und gibt als
                              Zeichen hinlänglichen Brennens an: wenn man eine herausgekommene Probe nach dem
                              Erkalten mit Wasser befeuchte, so dürfe sie sich nicht löschen oder in Pulver
                              zerfallen.
                           Von besserem Erfolge waren die durch mehr als zehn Jahre mit der größten Ausdauer
                              fortgesetzten Experimente des Joseph Aspdin von Leeds in
                              der Grafschaft York. Am 21. October 1824 erhielt er sein Patent für eine neue
                              Verbesserung in der Weise künstlichen Stein zu machen.
                           Sein Cement oder seinen künstlichen Stein setzt er auf folgende Weise zusammen. Er
                              nimmt eine bestimmte Quantität Kalkstein, wie er (in Leeds) zum Wegmachen verwendet
                              wird, pulverisirt ihn entweder durch Maschinen oder nimmt (am wohlfeilsten) den
                              Staub oder auch Koth von den mit diesem Material reparirten Straßen, trocknet die
                              Masse und brennt sie in einem Kalkofen auf die gewöhnliche Weise.
                           
                           Hierauf nimmt er eine gleiche Quantität Thon, mischt und arbeitet ihn unter Wasser
                              mit dem gebrannten Kalke mit der Hand oder mit Maschinerie so lange bis die Masse
                              einen plastischen Zustand angenommen hat, bringt sie in flache Geschirre und
                              trocknet sie durch natürliche oder künstliche Wärme. Die trockene Mengung wird dann
                              in Stücke gebrochen und wieder in einem Kalkofen gebrannt, bis alle Kohlensäure
                              entwichen ist. Dann wird die Masse in ein feines Pulver verwandelt, und ist nun zum
                              Gebrauche fertig.
                           Man sieht, daß es auch hier auf die Qualität der anzuwendenden Materialien aus der
                              Steinkohlenformation von Yorkshire genommen, ankomme, von welcher sich der Erfinder,
                              ein gewöhnlicher Maurer, natürlich keine Rechenschaft zu geben wußte; er nahm seine
                              Materialien, wie er sie in Leeds in Yorkshire vorfand, und erzeugte damit ein
                              vortreffliches Cement. Er errichtete zu Wakefield, der Yorkshirer
                              Eisenbahn-Station gegenüber, seine Patent Portland
                                 Cement Works, die noch im guten Gange sind, obwohl der Erfinder bereits 73
                              Jahre alt ist.
                           Dieses Cement wird nicht sehr schnell hart, aber es erlangt zuletzt eine
                              außerordentliche Festigkeit und wird deßhalb in seinem Festwerden durch das
                              sogenannte Setzen von Mauerwerken nicht gestört, was namentlich bei Mauern unter
                              Wasser beinahe immer stattfindet und einen Theil wenigstens der Wirkung gewöhnlicher
                              Cemente verhindert. Denn wenn die Cemente rasch anziehen und dann durch das nie
                              ausbleibende Setzen des Mauerwerkes in ihrem erstarrten Zustande oder vielmehr in
                              ihrer Continuität gestört werden, so binden sie nur mehr unvollkommen, wie das schon
                              Smeaton nachgewiesen hat.
                           Interessant ist das Patent ferner, weil in ihm der Erfinder seinem Cement zuerst den
                              Namen Portland-Cement
                              gegeben hat, und zwar, wie er angibt, aus dem Grunde, weil es in Farbe dem berühmten
                              in England so häufig zu Bauten verwendeten Portlandstein
                              sehr ähnlich ist.
                           Ich führe dieß hier deßhalb an, weil man, obwohl der Name Portland-Cement in England aus Firmen
                              und Anzeigen sehr gut bekannt ist, dennoch keine Nachricht über den Erfinder, den
                              Namen und die Zusammensetzung dieses Cementes in den gewöhnlichen technischen
                              Journalen findet. Selbst in dem illustrirten Kataloge der Londoner
                              Industrie-Ausstellung, wo sehr gute Muster von diesem Cement und seinen
                              einzelnen Bestandtheilen ausgestellt waren, trifft man nur dürftige und
                              oberflächliche Bemerkungen über seine Bereitung, während in Deutschland noch weniger
                              Nachrichten über dieses sich immer mehr und mehr verbreitende Cement zu erhalten
                              sind.
                           
                           Von eigentlichem praktischem Interesse sind die Experimente des englischen
                              Generalmajors Sir C. W. Pasley im königlichen
                              Ingenieurcorps zu Chatham vom Jahre 1830 bis 1838, der als der Begründer einer
                              rationellen Fabrication jenes künstlichen Cementes genannt werden kann, das nun so
                              häufig unter dem Namen Portland Cement versendet und
                              verbraucht wird.
                           Der Herzog von Wellington erließ im Jahre 1826 als
                              damaliger Master General of the Ordnance einen Befehl:
                              daß künftig in dem königlichen Ingenieur-Etablissement zu Chatham unter der
                              Direction des oben erwähnten Sir C. W. Pasley praktische
                              Baukunde einen Theil des Unterrichtes für die jungen Officiere des königlich
                              englischen Ingenieurcorps bilden solle. Sir Pasley wurde
                              deßhalb veranlaßt, seine Experimente über hydraulische Cemente zu unternehmen, deren
                              Resultate er in einem Pamphlet veröffentlichte, das im Jahre 1830 publicirt wurde
                              und worin er zugleich sein neues künstliches Cement beschrieb als Nachahmung des
                              natürlichen.
                           Daß das neue künstliche Cement nach den bekannten Erfahrungen von Smeaton und den beschriebenen Patenten aus einer Mischung
                              von Kalk und Thon bestehen würde, läßt sich wohl
                              voraussehen, und Pasley hatte sich auch dazu des
                              Ziegelthones von Darland bedient, obwohl er kein ganz entsprechendes Resultat
                              erhielt.
                           Bei einer Wiederholung seiner Experimente in Gegenwart des damals eben in Chatham
                              anwesenden Majors Reid war kein Ziegelthon dieser Art
                              mehr vorhanden, und da Darland nahe zwei englische Meilen von Chatham entfernt lag,
                              so gab Pasley einem Soldaten überhaupt den Auftrag, zwei Theile gepulverte Kreide und einen Theil Thon zusammen zu mischen. Der Soldat sah sich nach dem ihm am
                              nächsten liegenden Thon um, und wählte glücklicherweise den blauen Thon des Medway-Flusses, der die Docks von Chatham bespült.
                              Diese Dock-Yards liegen gerade an der Gränze, wo der London-Thon auf
                              Kreide ruht. Der Fluß hat da bereits Kreide, untern und obern Grünsand und den
                              Wealden-Thon durchschnitten und fließt durch den London-Thon in den
                              Sund der Insel Sheppey, wo die bei einem raschen Falle aufgeschlämmt erhaltenen
                              Theilchen endlich niederfallen, denn die Geschwindigkeit der Flüsse vermindert sich
                              natürlich an ihrer Mündung, wo das Bett weiter wird, und diesem Umstande haben wir
                              den Absatz ganzer Inseln, der sogenannten Fluß-Deltas und dergl. zu
                              verdanken.
                           
                           Daß dieser Schlamm aus Thon und kohlensaurem Kalk bestehe, läßt sich deßhalb leicht
                              einsehen; es scheint aber auch dem glücklichen Umstande, daß dieser blaue Thon der
                              Schlammabsatz eines Flusses ist, der zu Fluthzeiten Salz- oder Meerwasser
                              enthält, habe das aus diesem Thon bereitete Portland-Cement seine
                              vortrefflichen Eigenschaften zu verdanken, wie aus Prof. Pettenkofers Versuchen hervorgeht.
                           Dieser Alluvialthon des Medway-Flusses ist an seiner Oberfläche röthlichbraun
                              und behält diese Farbe auch einen Zoll tief, dann erscheint die ursprüngliche
                              schwarzblaue Farbe, welche mehr aus Schwarze gränzt, im feuchten Zustande
                              nämlich.
                           Wird dieser blaue Thon herausgestochen und einige Zeit der Einwirkung der Atmosphäre
                              ausgesetzt, so verliert er nach und nach seine blaue Farbe und nimmt denselben
                              lichtbraunen Ton an, der die Oberfläche des Thones in seinem Flußbette
                              charakterisirt. Der Sauerstoff der Atmosphäre wirkt also oxydirend und gewissermaßen
                              zersetzend auf den frischen Thon.
                           Pasley fand nun, daß der Thon in diesem Zustande den
                              größten Theil seiner Brauchbarkeit für Cemente verloren habe, wenn er die üblichen
                              Proportionen. 5 Maaßtheile Kreide zu 2 Maaßtheilen feuchtem Thon beibehielt, und
                              nannte ihn deßhalb abgestanden.
                           Ein Versuch mit diesem abgestandenen Thon erzeugte zwar ein Cement, das sehr rasch
                              unter Wasser erhärtete, aber nach einigen Tagen Nisse zu bekommen anfing und im
                              Verlauf einer Woche in Stücke zerfallen war.
                           Dasselbe findet statt, wenn der blaue frische Thon, mit Kreide gemengt in Ballen
                              geformt, ohne rasch getrocknet zu werden, in diesem Zustande der Einwirkung der
                              Atmosphäre ausgesetzt wird.
                           Der anfangs auch nach der Mischung mit Kreide noch schwarzblau aussehende Ballen wird
                              nach und nach schmutzig weiß an der Oberfläche, eine Veränderung, die bei
                              einzölligen Ballen oft schon nach 48 Stunden, bei 2 1/2 zölligen nach vier bis sechs
                              Wochen den ganzen Ballen durchzieht, und wenn dieser Zustand eingetreten ist, so
                              gibt der Ballen kein gutes schnell erhärtendes hydraulisches Cement mehr.
                           Wurde jedoch die Quantität des Thones von 2 Maaßtheilen auf 2 7/9 MaaßtheileMaaßheile erhöhte, so erzielte man ein gutes Cement, das aber immer sehr langsam,
                              obwohl vollständig erhärtete.
                           
                           Da die Veränderung der Farbe im Thone auf eine Verwandlung des Eisenoxyduls in Oxyd
                              schließen läßt, so mischte Pasley auf den Rath eines
                              Chemikers Kohlenpulver oder andere verbrennliche Materien mit dem Gemenge von
                              abgestandenem Thone und Kreide, und wenn die verbrennliche Materie 1/15 Maaßtheil
                              des ganzen Gemenges erreichte, so wurde gewöhnlich die verlorene hydraulische
                              Eigenschaft des Gemenges nach dem Brennen wieder hergestellt.
                           Ebenso merkwürdig ist, daß wenn nach Pasley das Gemenge
                              aus Kreide und blauem Alluvialthone öfters mit Wasser übergossen und in diesem
                              ausgeschlämmt wird, das Gemenge in den oben genannten Proportionen gleichfalls seine
                              hydraulische Tauglichkeit verliert.
                           Pasley wollte nun die Ursache erforschen, weßhalb der
                              gewöhnliche Lehm der Lehmgruben als Beimischung zur Kreide statt des Alluvialthones
                              nicht zu brauchen sey. Er schlemmte deßhalb zuerst den Alluvialthon des
                              Medway-Flusses und fand, daß nur eine geringe Quantität feinen weißen Sandes
                              zurückblieb, während er nach ähnlicher Behandlung des Lehms eine beträchtliche
                              Quantität groben griesigen Sandes erhielt.
                           Er rieb deßhalb diesen Lehm in einer Reibschale zum feinsten Pulver, und als er ihn
                              nun mit Kreidepulver mengte, erhielt er ein gutes Cement. Dasselbe war der Fall,
                              nachdem er den feinen Lehm von dem groben abgesondert hatte. Daraus ging also
                              hervor, daß nicht sowohl die chemische Constitution als die nicht hinreichend feine
                              Vertheilung der Thonmasse die Ursache des Mißlingens der Experimente mit Lehm
                              gewesen seyn mußte.
                           Pasley versuchte nun andere braune Lehm- und
                              Thonarten, und erhielt von allen gutes Cement, wenn er fünf Maaßtheile Kreide mit
                              zwei Maaßtheilen Thon vermischte.
                           Der braune Thon hat einen Vorzug vor dem blauen, daß er nicht so schnell an der Luft
                              absteht, dagegen hat er den Nachtheil, daß die aus ihm bereiteten Cementklumpen sich
                              viel härter brennen, und deßhalb schwerer zu
                              zermahlen sind, was natürlich viel größere Kosten verursacht.
                           Aus allem diesem schien mit Sicherheit hervorzugehen, daß wenigstens jeder braune
                              Thon, der zu einem unsichtbaren Pulver vertheilt und nicht lange der Luft ausgesetzt
                              gewesen war, mit Kreide gemengt, ein gutes hydraulisches Cement gebe.
                           
                           Wieder sehr interessant ist, daß die Einwirkung der Atmosphäre auch den braunen Lehm
                              untauglich für Cementbildung macht, da die braune Farbe wenigstens auf vorwaltendes
                              Eisenoxydhydrat schließen läßt.
                           Die feine Vertheilung des blauen Thons des Medway-Flusses, sein Wassergehalt,
                              der nach Pasley 55,5 Procent beträgt, und deßhalb seine leichte und beinahe
                              kostenlose Behandlung sind Ursache, daß sich die berühmtesten englischen
                              Cementfabrikanten stets dieses Thones zu ihrem Portland-Cement bedienen.
                           Er enthält übrigens wie jeder Alluvialthon eine Menge thierischer Ueberreste von
                              Infusorien und verbreitet deßhalb während des Trocknens über dem Feuer einen sehr
                              unangenehmen Geruch.
                           Eine chemische Analyse dieses Thones fehlt; indessen hat die Analyse des
                              Portland-Cements unter der Leitung des Professors Pettenkofer gelehrt, daß der Thon sehr reich an Alkalien, vorzüglich an
                              Natron ist.Polytechn. Journal Bd. CXIII S.
                                       354–371.
                              
                           Ein Haupterforderniß bei Anfertigung aller künstlichen Cemente ist, wie Pasley gezeigt hat, daß die Materialien, aus welchen das
                              Cement zusammengesetzt wird, sich im Zustande feinster
                                 Vertheilung befinden.
                           Ein großer Vortheil ist es, daß der Flußschlamm überhaupt schon in diesem Zustande
                              feinster Vertheilung verwendet werden kann; der Kalk muß jedoch noch immer gepulvert
                              werden, ehe er mit dem Thon gemengt werden kann, und das macht die Verfertigung
                              künstlichen Cements kostspieliger, während die natürlichen Cemente gar keine Mengung
                              bedürfen und nur einmal gepulvert zu werden brauchen, nämlich nach dem Brennen. Des
                              leichteren Pulverns halber wählt man in England immer Kreide.
                           Wo man dichten Kalkstein verwenden muß, wäre das Pulvern durch Maschinen viel zu
                              kostspielig. Man muß deßhalb den dichten Kalk zuerst in einem Kalkofen brennen und
                              ihn dann durch Begießen mit Wasser löschen und in Pulver oder auch in einen Brei
                              verwandeln.
                           Da aber der Kalk nun zum Hydrate geworden ist, so muß dieses Wasser bei der Wägung
                              oder Messung mit in Rechnung gebracht werden, was große Schwierigkeiten machen
                              würde; das beste Mittel also ist, den gebrannten Kalk sogleich nach dem Brennen zu wiegen und ihn dann erst zu löschen.
                           Nach Pasley's Versuchen geben 1 Gewichtstheil frisch
                              gebrannter Kalk mit zwei Gewichtstheilen frischen Flußthones des Medway ein sehr
                              gutes Cement. Nachdem der Aetzkalk gewogen ist, muß er wie gewöhnlicher Aetzkalk
                              gelöscht und in einen ziemlich flüssigen Brei verwandelt werden, den man etwa 24
                              Stunden stehen läßt, ehe man ihn mit dem Thone mischt. Die oben angegebenen
                              Verhältnisse sind gleich 5 Maaßtheilen Kreidepulver und 2 1/2 Maaßtheilen frischen
                              Flußthones.
                           Indessen fand Pasley, daß eine Mischung von 10
                              Gewichstheilen reinen trockenen Kreidepulvers mit 13 3/4 Gewichtstheilen frischen
                              Medway-Thones das festeste künstliche Cement gebe,
                              das noch überdieß nicht so rasch anzieht als die übrigen natürlichen und künstlichen
                              Cemente.
                           
                              
                                 (Der Schluß folgt im nächsten Heft.)
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
