| Titel: | Versuche zur Extraction des Silbers aus seinen Erzen auf nassem Wege; von A. Patera. | 
| Fundstelle: | Band 122, Jahrgang 1851, Nr. XXXVIII., S. 210 | 
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                        XXXVIII.
                        Versuche zur Extraction des Silbers aus seinen
                           Erzen auf nassem Wege; von A.
                              Patera.
                        Aus dem Jahrbuch der k. k. geologischen
                                 Reichsanstalt, durch die berg- und hüttenmännische Zeitung, 1851 Nr.
                              43.
                        Patera's Versuche zur Extraction des Silbers aus seinen Erzen auf
                           nassem Wege.
                        
                     
                        
                           In Pribram wird seit Jahren die Zinkblende ausgeschieden, weil die Verschmelzung
                              derselben mit den übrigen Erzen bedeutende Verluste an Silber nach sich zieht. Da
                              von diesem Erze jährlich eine bedeutende Menge gewonnen wird und überdieß schon ein
                              Vorrath von beiläufig 30,000 Ctr. vorhanden ist, so wäre eine Methode zur Gewinnung
                              des Silbers aus derselben von großem Vortheil.
                           Ich beschäftigte mich während meiner Anwesenheit in Pribram mit diesem Gegenstande
                              und machte einige Versuche, deren Resultate, so unvollkommen sie auch noch waren, ich dem Ministerium
                              für Landescultur und Bergwesen vorlegte.
                           Die wohlwollende Aufnahme die meine Arbeit daselbst fand (ich wurde beauftragt sie
                              mit allem Eifer fortzuführen), setzt mich in den Stand, im Folgenden die ersten
                              Ergebnisse derselben der Oeffentlichkeit zu übergeben.
                           Da bei den in neuerer Zeit so vielfach versuchten und selbst schon in Anwendung
                              gebrachten Methoden zur Gewinnung des Silbers aus seinen Erzen auf nassem Wege, die
                              Rückstände leicht weiter verarbeitet werden können, so durfte ich erwarten, daß eine
                              oder die andere derselben auch für die Pribramer Blenden günstige Resultate ergeben
                              werde.
                           Unter den verschiedenen Extractionsmethoden versprach die von Augustin angegebene die günstigsten Resultate. Augustin verwandelt das in den Erzen enthaltene Silber durch Zusatz von
                              Chlornatrium beim Rösten in Chlorsilber, und löst das gebildete Chlorsilber bei
                              Kochhitze in concentrirter Kochsalzlauge.
                           Ich röstete in gleicher Weise die Blenden mit einem Zusatze von 2–4 Proc.
                              Kochsalz. Die Schwefelmetalle oxydiren sich hierbei; ein Theil des Schwefels
                              verbrennt zu schwefliger Säure, der andere Theil bildet als Schwefelsäure mit den
                              Oxyden der vorhandenen Metalle schwefelsaure Salze, welche zerlegend auf das
                              Kochsalz einwirken. Das frei werdende Chlor gibt sich durch den Geruch zu erkennen.
                              Ist der Geruch nach schwefliger Säure dem Chlorgeruch gewichen, so ist der
                              Röstproceß beendet. Ich warf nun das noch heiße Erz in Wasser, um die noch nicht
                              zerlegten schwefelsauren und salzsauren Salze aufzulösen, und erhielt so eine
                              ziemliche Menge Zinkvitriol, welcher einen großen Theil des in den Blenden
                              enthaltenen Cadmiums als schwefelsaures Cadmiumoxyd enthält. Durch in die sauer
                              gemachte Lösung hineingeleitetes Schwefelwasserstoffgas fiel schön gelbes
                              Schwefelcadmium nieder. Ich erhielt aus 25 Pfd. Blendschliech 1–1 1/2 Loth
                              Schwefelcadmium. Das Erz ist nun zur Extraction vorbereitet.
                           Am Harz und in Freiberg wird bei dieser Manipulation das mit Kochsalz geröstete Erz
                              in treppenförmig über einander gestellte Bottiche gegeben, welche am Boden mit einer
                              Filtrirvorrichtung versehen sind; es wird dann mit kochendheißer concentrirter
                              Kolzsalzlauge übergossen, welche aus dem ersten Bottich in den zweiten u.s.f.
                              abfließt. Mit dem Laugenzusatze wird so lange fortgefahren, so lange sich in der
                              abfließenden Lauge eine
                              Silberreaction wahrnehmen läßt. Das in der Salzlauge gelöste Silber wird dann durch
                              metallisches Kupfer gefällt. Ich versuchte diese Methode mit den Pribramer
                              Blendschliechen im Kleinen mit günstigem Erfolge, nur schien mir die Laugezeit eine
                              sehr lange; hierzu kommt noch der Uebelstand, daß die Salzlösung, wenn sie von einem
                              Bottich in den andern fließt, so viel von ihrer Temperatur einbüßt, daß sie immer
                              schwächer wirkt und endlich die Fähigkeit das Chlorsilber aufzulösen, beinahe ganz
                              verliert. Einer Unterredung mit Hrn. Haidinger verdanke
                              ich die Idee, die Erhitzung der Salzlauge durch Anwendung eines kräftigen Drucks zu
                              ersetzen. Hrn. A. v. Morlot's schöne Resultate bei seinen
                              Versuchen über die Dolomitbildung nach Haidinger's
                              Theorie gaben mir gegründete Hoffnung auf das Gelingen.
                           Ich bediente mich bei meinen ersten Versuchen einer kleinen Real'schen Presse. Die
                              Höhe der Flüssigkeitssäule betrug nur eine Klafter; um die Wirkung zu verstärken,
                              wendete ich lauwarme Salzlösung an, in der Folge wiederholte ich die Versuche auch
                              mit kalter Lauge und entsilberte in kurzer Zeit die Erze soweit, daß die erhaltenen
                              Rückstände in den meisten Fällen nur ein Quentchen Silber im Centner enthielten,
                              was, da die Erze 2 Loth Silber in 1 Ctr. enthielten, einen Metallverlust von 12
                              Proc. ausmacht. Dieser Gehalt der Rückstände ist aber keineswegs verloren, denn
                              dieselben könnten sehr leicht auf Zink verarbeitet werden, da sie durch die Röstung
                              mit Kochsalz vollkommen entschwefelt sind, und die angereicherten Rückstände von der
                              Zinkgewinnung könnten wieder dem Extractionsprocesse zugetheilt werden.
                           Da die Versuche mit den Blenden sich so günstig zeigten, machte ich einen weiteren
                              Versuch, um die Anwendbarkeit auf andere Erze zu erproben. Ich nahm ein Gemenge von
                              Rothgiltigerz, Fahlerz, Bleiglanz u.s.w., welches 18 Mark Silber im Centner
                              enthielt. Es löste sich Anfangs nur Chlorblei und sehr wenig Chlorsilber auf, erst
                              nach länger fortgesetzter Operation löste sich auch das Chlorsilber auf, und die
                              Rückstände hielten nunmehr 1 Loth in 1 Ctr. Dieser Versuch läßt für reiche Erze ein
                              sehr günstiges Resultat hoffen, da beim Verschmelzen reicher Erze außer dem
                              Röstverluste, der in beiden Fällen gleich ist, bei den verschiedenen übrigen
                              Manipulationen noch bedeutende Silberverluste stattfinden.
                           Die Versuche wurden zunächst mit einer größern Real'schen Presse unter höherem Drucke
                              fortgesetzt. Diese Presse besteht aus einem gußeisernen cylindrischen Gefäß mit
                              aufpassendem Deckel; dasselbe wurde, um jede Berührung der Kochsalzlauge mit Metall
                              zu vermeiden, von innen emaillirt; in den Deckel wurde ein 30 Schuh langes hölzernes
                              Rohr befestigt, an dessen unterem Theile eine hölzerne Pipe angebracht war, um den
                              Zufluß der Lauge absperren zu können. In dem eisernen Gefäße befindet sich das
                              Filtrum, welches aus einem starken hölzernen Siebe und darüber gelegten Filz
                              besteht.
                           Auf dieses Filtrum wurde das Erz gebracht und der Apparat mit kalter Kochsalzlauge
                              gefüllt. Die abfließende Lauge gab sowohl beim Verdünnen mit Wasser als auch bei der
                              Probe mit blankem Kupferblech deutliche Reaction von Silber; doch als ich die
                              Rückstände nach mehrstündig fortgesetzter Operation untersuchte, hatten dieselben zu
                              meinem Erstaunen denselben Halt an Silber den das Erz hatte, ja in einigen Fällen
                              hatten sie sogar einen bedeutend höheren Halt. Um der Ursache dieser Erscheinungen,
                              die ich bei den Versuchen im Kleinen nicht bemerkt hatte, auf den Grund zu kommen,
                              begann ich neue Versuche, bei welchen alle Producte genau untersucht wurden; da fand
                              ich daß die Kochsalzlösung unter dem hohen Drucke eine Menge von den übrigen Oxyden,
                              Eisen, Mangan, Zink etc. aufgelöst hatte. Ammoniumsulfhydrat gab einen sehr
                              reichlichen Niederschlag von diesen Metallen. Ich wiederholte nun die Versuche im
                              Kleinen, sowohl mit der Real'schen Presse unter geringerem Drucke als auch durch
                              lange anhaltendes Kochen des Erzes mit concentrirter Kochsalzlösung, ohne daß sich
                              in der Kochsalzlösung viel von den übrigen Metallen auflöste, der Silbergehalt der
                              Rückstände sank aber rasch herab. Man kann daraus entnehmen, daß der zuletzt
                              angewendete Druck für den vorgehabten Zweck zu groß war, und es bleibt ferneren
                              Versuchen vorbehalten zu ermitteln, welcher Druck am dienlichsten seyn wird. Ein
                              Versuch mit Fahlerzen von Pribram, welche aber stark mit Bleiglanz, Spatheisenstein,
                              Zinkblenden etc. verunreinigt waren, gab aus demselben Grunde ungünstige Resultate.
                              Die Fahlerze waren nach dem Rösten gut ausgelaugt worden, wobei sich
                              Kupferoxyd- und Zinkoxydsalze auflösten; mit dem Auslaugen wurde so lange
                              fortgefahren, so lange das Waschwasser mit Schwefelwasserstoffgas eine Reaction gab.
                              Ich that dieß, um die Kochsalzlösung nicht mit diesen Salzen zu verunreinigen. Die
                              Erze wurden in die Presse gebracht und die Kochsalzlösung durchgepreßt. Die Lauge
                              floß gefärbt aber klar aus dem Apparate, trübte sich jedoch sehr bald und setzte
                              eine reichliche Menge Chlorblei und Chlorsilber, welche durch Kupferchlorid grün
                              gefärbt waren ab, zum Beweise, daß unter dem hohen Drucke bedeutend mehr von der
                              Salzlauge aufgelöst wurde, als dieselbe bei gewöhnlichem Luftdrucke aufgelöst zu erhalten
                              im Stande war. Die abgegossene klare Kochsalzlösung enthielt viel Silber, welches
                              sich auf hineingestelltes blankes Kupferblech schnell fällte, außerdem aber eine
                              solche Menge Blei, Kupfer u.s.w., daß die durch Fällung mittelst eines Becquerel'schen Apparates erhaltene Metallmasse nur 3
                              Proc. Silber enthielt. Die Versuche mit derselben Partie Fahlerz wurden durch
                              mehrere Tage hindurch fortgesetzt, wobei sich dieselben Erscheinungen
                              wiederholten.
                           Bei der Anwendung des beschriebenen Apparates hat man mit vielen Schwierigkeiten zu
                              kämpfen, die aber, da sie meist in der technischen Ausführung ihren Grund haben,
                              leicht vermieden werden können. Die hohen hölzernen Röhren, wenn sie auch sorgfältig
                              verbunden und verkeilt sind, lassen die Salzlösung durchsickern und am untern
                              Röhrentheile wird dieselbe sogar durch das Holz selbst durchgepreßt. Eine bedeutende
                              Unbequemlichkeit überhaupt ist die Höhe der Flüssigkeitssäule.
                           Es dürfte sich als vortheilhaft herausstellen, dieselbe durch comprimirte Luft zu
                              ersetzen, man kann dann den Druck beliebig vergrößern oder vermindern, und der
                              Apparat wird leichter zu handhaben seyn. Die hölzernen Bottiche, in denen die
                              Kochsalzlösung aufgefangen wird, lassen selbe ausrinnen, wenn sie auch noch so
                              sorgfältig gearbeitet sind; es scheint das Salz durch die Masse des Holzes selbst zu
                              effloresciren. Bisher versuchte ich vergebens diesen Nachtheil zu beseitigen.