| Titel: | Ueber den Fleischzwieback oder das Fleischbiscuit (meat-biscuit); von Hrn. Jomard. | 
| Fundstelle: | Band 122, Jahrgang 1851, Nr. LXIII., S. 308 | 
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                        LXIII.
                        Ueber den Fleischzwieback oder das Fleischbiscuit
                           (meat-biscuit); von Hrn. Jomard.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, August 1851, S. 483.
                        Jomard, über den Fleischzwieback.
                        
                     
                        
                           Hr. Gail Borden hat zu
                              Galveston in Texas eine Fabrik von Fleischbiscuit errichtet, welches neue
                              Nahrungsmittel in zahlreichen Fällen, z.B. zur See, auf weiten Reisen, in Spitälern,
                              bei Armeen, Flotten etc., große Dienste zu leisten verspricht. Das Verdienst dieser
                              Erfindung ist, daß in einem gegebenen Gewicht so viel nahrhafte Substanz concentrirt
                              wird, als das fünffache Gewicht frischen Fleisches enthält. Dieß wird durch die
                              innige Verbindung des Fleischsaftes mit Getreidemehl erreicht. Die tägliche
                              Consumtion von vier Unzen reicht hin, um einen Mann vollkommen bei Kräften und
                              gesund zu erhalten; jedes andere Nahrungsmittel wird neben diesem Biscuit
                              entbehrlich; wenn demselben etwas Salz und Pfeffer zugesetzt wird, werden selbst
                              Thee und Kaffee entbehrlich. Ein weiterer Vorzug dieser Substanz ist, daß sie sich
                              lange Zeit aufbewahren läßt, ohne zu verderben.
                           Nach dem Zeugniß des Oberwundarztes der amerikanischen Armee, Hrn. Wright, befand sich diese Substanz
                              nach 16 Monaten noch in demselben Zustand wie nach ihrer Bereitung. Eben so günstig ist das Zeugniß des
                              Hrn. Ashbel-Smith,
                              frühern texanischen Gesandten zu London und Paris; derselbe hat sich ihrer öfters
                              bedient und nach ihm besitzt eine mit dem Biscuit bereitete Suppe einen angenehmen,
                              durchaus nicht faden Geschmack, und ist den Suppen, die man gewöhnlich einschifft
                              und welche bei feuchtem Wetter oder großer Hitze bald verderben, weit vorzuziehen.
                              In zehn Minuten kann man aus diesem Biscuit eine vortreffliche Suppe bereiten; man
                              braucht dazu nur Feuer und Wasser, und hat dann, wie gesagt, etwas Salz und Pfeffer
                              zuzusetzen. 10 Pfund dieses Zwiebacks, welche ein Fußreisender leicht tragen kann,
                              reichen zu seiner Erhaltung einen Monat lang hin.
                           Das neue Nahrungsmittel wird folgendermaßen bereitet. Man nimmt die nahrhaften Theile
                              von Rindfleisch oder einem andern Fleisch, läßt sie, sogleich
                                 nachdem das Thier getödtet ist, lange Zeit kochen, um sie von den Knochen
                              und den fibrösen und knorpeligen Substanzen zu trennen; man dampft hierauf das
                              Wasser, welches die Substanzen aufgelöst enthält, ab, bis es einen sehr
                              beträchtlichen Grad von Dicke erreicht hat, wo es dann mit sehr feinem Weizenmehl
                              innig vermengt und zu einem Teige gemacht wird. Der Teig wird gerollt, in
                              Zwiebackform geschnitten und im Backofen bei mäßiger
                              Hitze gebacken. Man erhält so einen Kuchen (Platz), der das Aussehen des besten
                              Schiffszwiebacks hat, auch eben so trocken und leicht zerbrechlich ist.
                           Der Fleischzwieback conservirt sich in allen Klimaten; man hat ihn bei der
                              amerikanischen Armee, an der Süd- und Südostgränze der Vereinigten Staaten
                              eingeführt. Er läßt sich als Suppe oder als Pudding zubereiten; auch kann man ihn
                              mit Gemüsen, Erbsen, Bohnen, oder auch mit Reis verspeisen.
                           Die Kunst das Rindfleisch in Form eines Saftes oder eines Teiges zu concentriren,
                              kennt man schon lange; aber Hr. G.
                                 Borden hatte zuerst die Idee, es mit feinem Mehl zu Brod zu
                              verbinden. Was die Gallerte betrifft, so hat die Chemie bewiesen, daß sie für sich
                              allein zur Ernährung nicht hinreicht; der neue Zwieback kann aber zur Unterhaltung
                              des Lebens genügen, weil er alle nahrhaften Bestandtheile des frischen Fleisches
                              enthält.
                           Hr. Borden wählte Texas zu
                              seiner Fabrication, weil dort sehr gutes Vieh zu billigem Preis zu kaufen ist.
                           Der Fleischzwieback conservirt sich lange Zeit – die Erfahrung geht bis zu 18
                              Monaten; er wurde über das Cap Horn und durch die Ebenen bis nach Californien,
                              auch bis nach China versendet und kam gut erhalten wieder zurück; der Grund davon
                              ist wohl, daß er vom Fett befreit ist, welches gewöhnlich die Ursache des Schimmelns
                              des Fleischproviants ist, der nie ganz frei von Fett ist. Beim Borden'schen Verfahren werden die Fettsubstanzen durch das Kochen und
                              Backen abgesondert.
                           Zum Fleischzwieback kommt kein Zusatz, welcher chemisch wirkt, weßhalb er wohl alle
                              Eigenschaften des frisch getödteten Fleisches beibehält. Er ist ferner zu gleicher
                              Zeit Fleisch und Brod, hat
                              also doppelte Nahrhaftigkeit. Man hofft, daß sein Gebrauch zur See den Scorbut
                              verhüten werde.
                           In dem Etablissement zu Texas wird jetzt sehr im Großen gearbeitet und nur das
                              Fleisch des besten Viehes verwendet. Das Kriegsdepartement der Vereinigten Staaten
                              hat dort große Bestellungen gemacht. Die Sache ist also kein bloßer Versuch mehr,
                              sondern eine im besten Betrieb befindliche und der größten Ausdehnung fähige
                              Unternehmung.