| Titel: | Ueber Benutzung der Braunkohlen zur Eisenfabrication. | 
| Fundstelle: | Band 123, Jahrgang 1852, Nr. X., S. 44 | 
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                        X.
                        Ueber Benutzung der Braunkohlen zur
                           Eisenfabrication.
                        Grandjean, über Benutzung der Braunkohlen zur
                           Eisenfabrication.
                        
                     
                        
                           Ganz abgesehen von den verschiedenen handelspolitischen Theorien die sich gegenwärtig
                              um den Vorrang streiten, muß jeder, dem es aufrichtig um die Entwicklung der
                              materiellen Interessen Deutschlands zu thun ist, sich gestehen, daß ohne wohlfeiles
                              Eisen der Aufschwung unserer Industrie sehr gehemmt bleiben wird. Wohlfeiles Eisen
                              und billiges Brennmaterial sind die Hauptträger gewerblicher Entwicklung.
                           England hat die großartige Blüthe seiner Industrie vorzüglich seinen Steinkohlen zu
                              verdanken, und das Mitvorkommen der Eisenerze setzt es auch in den Stand, das Eisen
                              als das unentbehrlichste Hülfsmittel aller Gewerbthätigkeit wohlfeil darzustellen.
                              In Deutschland dagegen hat die Natur weder so reiche Steinkohlenablagerungen
                              geschaffen, noch ihnen Eisenerze in so unmittelbarer Nähe zugesellt. Wir stehen in
                              dieser wichtigen Beziehung deßhalb gegen England zurück und müssen durch Fleiß,
                              Ausdauer und kräftige Benützung der Hülfsmittel die uns geboten sind, zu ersetzen
                              suchen was uns die Natur versagt hat.
                           An Eisenerzen ist indessen Deutschland keineswegs arm, und sind dieselben
                              größtentheils reichhaltiger und besser, wie die bei den Steinkohlen in England vorkommenden, weßhalb
                              sie bei guten Transportmitteln unter Benutzung der Steinkohlen wie in den
                              Rheingegenden z.B., wohl ein eben so wohlfeiles Roheisen liefern können wie England
                              und Belgien, vorausgesetzt daß der deutsche Bergbau sich in geeigneter Weise
                              entwickeln kann. Wenn nun auch die Steinkohlen nur an wenigen Punkten vorhanden
                              sind, so ist doch unser Vaterland desto reichlicher mit Braunkohlen bedacht worden,
                              in denen dann auch das Mittel zu suchen ist, um die Lücke auszufüllen, die sich so
                              empfindlich fühlbar macht.
                           Die Braunkohlen, welchen ich, außer den sparsam brechenden Spielarten, die sich schon
                              sehr den Steinkohlen nähern, zunächst eine große Wichtigkeit zur Hebung der
                              Eisenfabrication beimessen muß, sind die holzartigen (Lignite), wie sie vorzüglich
                              am Westerwald, und auch noch in vielen andern Gegenden vorkommen; es mögen aber auch
                              manche erdige und andere Varietäten zu diesem Zwecke bei näherer Prüfung tauglich
                              befunden werden. Reiche Eisenerzlagerstätten kommen an vielen Punkten in der Nähe
                              der Braunkohlen vor.
                           Wie alles Neue und Ungewohnte in der ersten Periode der Einführung auf
                              Schwierigkeiten und Widersprüche stößt, so hat es auch den Steinkohlen ergangen, die
                              sich bei der Eisenfabrication nur mühsamen Eingang verschaffen konnten. Gegenwärtig
                              haben die Braunkohlen, obgleich schon an einigen Orten mit gutem Erfolg angewendet,
                              mit denselben Anständen noch zu kämpfen: sie werden aber wie jene siegreich
                              durchdringen und unserer Industrie eine breite Bahn brechen, auf der sie eben so
                              erfolgreich vordringen kann, als wenn sie sich auf Steinkohlen stützte.
                           Der Bergbau auf den meisten Braunkohlen-Ablagerungen erfordert nicht die
                              kostspieligen Anstalten und Vorarbeiten wie auf den gewöhnlich tiefer liegenden und
                              mehr geneigten Steinkohlenflötzen; erstere sind auch in der Regel mächtiger und
                              leichter zu bearbeiten wie die letzteren: so daß die Gewinnungskosten selten höher
                              steigen können, als die der Steinkohlen unter günstigen
                              Lagerungs-Verhältnissen.
                           Diesen allgemeinen Bemerkungen, die ich im Interesse der Sache voranschicken zu
                              müssen glaubte, will ich nun die specielleren Erfahrungen, die ich in Ansehung der
                              Braunkohlen des Westerwaldes zu machen Gelegenheit hatte, folgen lassen. Diese sind
                              zwar keineswegs zu einem bestimmten Abschluß gelangt und haben auch keinen Anspruch
                              auf die maßgebendste Behandlung, sie dürften aber doch geeignet seyn, die
                              Aufmerksamkeit der Industriellen etwas mehr auf das bisher so sehr vernachlässigte
                              Brennmaterial, die Braunkohlen zu lenken – und wenn dieses geschieht, so ist
                              mein Zweck einstweilen erreicht.
                           Die Braunkohlen des Westerwaldes, die wie schon erwähnt, zur holzigen Varietät, zum
                              Lignit gehören, und ein verworrenes Gewebe größerer und kleinerer plattgedrückter
                              Pflanzentheile darstellen, haben nach den Untersuchungen von Dr. G. Clemm durchschnittlich frisch aus den
                              Gruben 25 Proc. Wassergehalt, der sich durch Lufttrocknung bis auf 20 Proc.
                              vermindert. Ihr Aschengehalt (der lufttrocknen Kohlen) übersteigt selten 6 Proc.)
                              der Schwefel beträgt 0,15–0,20 Proc. und der Stickstoff 1 Proc. Es bleiben
                              demnach gegen 73 Proc. Elementarbestandtheile übrig. Untersucht man die den Kohlen
                              eingemengten erdigen Stoffe, die den bei weitem größten Theil des Aschengehalts
                              bilden, unter dem Mikroskop, so findet man, daß dieselben aus wenigem Gyps und aus
                              Chabasit oder Philliprit in Kryställchen bestehen. Auch Efflorescenzen von Alaun
                              findet man zuweilen an Braunkohlen, die an der Luft lagen und Schwefelkies
                              enthielten.
                           Unsere Braunkohlen stehen hiernach vielen Steinkohlensorten an Brennwerth nicht nach,
                              zeichnen sich aber vor diesen durch geringen Schwefelgehalt und die Bedingungen zu
                              einer leichtflüssigen Schlacke vortheilhaft aus, so daß sie bei der Eisenfabrication
                              ein besseres Product liefern werden als die meisten Steinkohlen. Die
                              Förderungskosten der Braunkohlen am Westerwald können durchschnittlich zu sechs
                              Kreuzer per 100 Pfd. lufttrocken angeschlagen werden;
                              bei stärkerem Absatz und lebhafterem Betrieb kann aber noch eine ansehnliche
                              Reduction dieses Preises stattfinden.
                           Man kann sich denken, daß bei dem lebhaften Eisenhüttenbetrieb in Nassau die
                              Braunkohlen, welche in reichen und ausgedehnten Lagerstätten in den tertiären
                              Bildungen des Westerwaldes vorkommen und bisher nur eine geringe Anwendung zu
                              technischen Zwecken fanden, schon längere Zeit Gegenstand von Versuchen waren, die
                              vorzüglich darauf hinausgingen, sie zum Frischproceß zu benutzen. Die Erfolge waren
                              indessen entweder sehr zweifelhafter oder entschieden ungünstiger Natur. Eben so
                              verhielt es sich mit den Proben die gemacht wurden, die Braunkohlen mittelst
                              Verkohlung zur Roheisenerzeugung tauglich zu präpariren. Die erhaltenen Kohks hatten
                              alle zu geringe Tragfähigkeit für den Hohofen.
                           Im Jahr 1848 wurden von Dr. G. Clemm unter meiner Mitwirkung weitere Versuche zur Verkohlung der
                              Braunkohlen im Kleinen angestellt, die schon günstigere Resultate ergaben. Es wurden
                              nicht allein Kohlen in
                              Stücken, sondern auch Kohlenklein mit Theer gemengt und zusammengepreßt (wie die
                              sogenannten Pariser Kohlen), in verschlossenen Gefäßen behandelt und daraus sehr
                              brauchbare Kohks dargestellt. Hierbei kam es hauptsächlich darauf an, bei langsamer
                              Erwärmung die Kohlen von Wasser zu befreien und bei eingetretener Ausscheidung des
                              Theers diesen dann durch rasche Erhitzung mit zu verkohlen, wodurch den zur
                              Zersplitterung sehr hinneigenden Kohlen ein festes Bindemittel gegeben wurde. Die so
                              erhaltenen Kohks ließen in Bezug auf Tragfähigkeit und intensive
                              Wärme-Entwicklung nur wenig zu wünschen übrig. Auch stellte sich der Preis
                              derselben gegen die theuern Holzkohlen, obgleich aus 100 Pfd. lufttrocknen
                              Braunkohlen nur 40 Proc. Kohks gewonnen wurden, sehr günstig. Es war nur noch die
                              Frage zu beantworten, wie der, bei dieser starken Reduction bis zu 14 Proc. in den
                              Kohks angewachsene Aschengehalt, der übrigens, wie schon erwähnt, durch seine
                              Zusammensetzung, die einen starken Kalkantheil voraussetzt, der ohnehin den Erzen
                              zugesetzt werden muß, nicht sehr zu fürchten war, auf den Hohofenproceß einwirke.
                              Weitere Versuche, die Braunkohlen durch vollständige Trocknung oder theilweise
                              Verkohlung zu technischen Zwecken geschickt zu machen, wurden durch die politischen
                              Stürme der verflossenen Jahre unterbrochen, bis sie vom Ingenieur Meyer zu Niederthal bei Hachenburg, ebenfalls unter
                              meiner Mitwirkung, im vorigen Jahre wieder aufgenommen wurden.
                           Wir gingen dabei von der Annahme aus, daß die Unbrauchbarkeit der noch immer 20 Proc.
                              Wasser haltenden luftrocknen Kohlen (zu technischen Zwecken die höhere Hitzegrade
                              erfordern) durch diesen großen Wassergehalt bedingt sey, indem wir unterstellten,
                              daß die Wasserdämpfe, welche sich bei der Verbrennung aus den Kohlen entwickeln, zu
                              viele Wärme absorbiren und die entstehenden brennbaren Gase zu sehr verdünnen, um
                              mit dem größten Effect verbrennen zu können. Außerdem war erfahrungsmäßig bekannt,
                              daß diese Wasserdämpfe bei ihrem Entstehen die Kohlen auf dem Roste in kleine
                              Splitter zersprengten, wodurch sich ein feines Haufwerk bildete, das zum Theil
                              ungenutzt durch den Rost fiel, während der andere Theil die Luft nicht mehr in
                              hinreichender Quantität zu einer geregelten Verbrennung der entstehenden Gase
                              durchlassen konnte.
                           Indessen die Braunkohlen von ihrem starken Gehalt an hygroskopischem Wasser auf eine
                              einfache und wohlfeile Art zu befreien, war mit einigen Schwierigkeiten verbunden,
                              indem die stille Trocknung in erwärmten Räumen und in der Sonnenwärme sehr langsam und
                              unvollkommen von statten ging – und in verschlossenen Gefäßen auf dem Wege
                              der Destillation eine vollständige Ausscheidung des Wassers zum Theil mit der
                              Zersetzung der Kohlen und Bildung von Kohlenwasserstoffgas und Theer zusammenfiel,
                              wodurch ein großer Verlust von Brennstoff herbeigeführt und der Proceß außerdem
                              kostspielig wurde. Die Anwendung eines warmen Luftstromes, der in einem
                              geschlossenen Raum durch eine Säule bis zur Faustgröße zerkleinerter Kohlen geleitet
                              wurde, schien unter diesen Umständen das beste Trockenmittel zu versprechen. So
                              einfach und naheliegend dieses Mittel auch war, es war noch nicht versucht worden.
                              Man konnte sich davon versprechen, daß die erwärmte Luft dem aus den Kohlen
                              entweichenden Wassergas als geeigneter Träger dienen werde, und daß ein solches
                              Fluidum die engen Spalten und Risse so durchdringe, daß eine vollständige Trocknung
                              in kurzer Zeit und ohne bedeutenden Kostenaufwand erzielt werden könne. Außerdem war
                              noch zu erwarten, daß die Kohlen sich, wie es schon an der freien Luft geschieht,
                              eines Theils des Sauerstoffs der erwärmten Luft bemächtigen und dadurch in eine Art
                              Pechkohle umgewandelt würden, die wenigstens einen kräftigeren inneren Zusammenhang
                              hat, als der Lignit, wenn sie auch keine besonderen Vortheile in Bezug des
                              Nutzeffects darbieten sollte.
                           Um hierüber ins Reine zu kommen, wurde auf Kosten der Eisenwerksbesitzer Gebrüder Schneider zu Neunkirchen bei Siegen, die ein lebhaftes
                              Interesse für diese Angelegenheit bisher an den Tag gelegt haben, eine Quantität
                              Braunkohlen von mittlerer Qualität in einem Formtrockenofen zu Nisterthal, der zur
                              Durchleitung von erwärmter Luft hergerichtet war, bis auf einige Procent von Wasser
                              befreit, worauf mit denselben Frischversuche in einem gewöhnlichen
                              Steinkohlen-Puddelofen stattfanden. Der erste Versuch geschah unter Zuführung
                              von etwas gepreßter kalter Luft unter dem Rost. Hierbei hatte die Gasentwicklung und
                              Verbrennung der getrockneten Braunkohlen zwar einen ganz guten Verlauf, und es wurde
                              das eingesetzte Roheisen eingeschmolzen und zur Gahre gebracht; es ging jedoch eine
                              verhältnißmäßige große Menge Brennmaterial auf und der Proceß hatte über eine Stunde
                              länger gedauert, als bei Steinkohlenfeuerung. Es schien, daß die Menge der
                              eingepreßten kalten Luft zu groß gewesen sey und eine nachtheilige Verdünnung der
                              Gase und zu starke Abkühlung herbeigeführt habe; während bei dem Versuch
                              vorausgesetzt war, daß die gepreßte Luft eher im Stande seyn werde das Haufwerk auf
                              dem Roste kräftig zu durchdringen, als der freie Luftzug. Für die zweite Charge
                              wurde deßhalb die Absperrungsmauer vom Aschenloche beseitigt und das Gebläse
                              abgestellt. Nun ging bei
                              sehr lebhafter regelmäßiger Verbrennung der reichlich entwickelten Gase das
                              Einschmelzen und Gahren über Erwarten günstig; das aufgegangene Kohlenquantum war
                              viel geringer als bei dem ersten Versuch, und es wurde zur Durchführung des
                              Processes nicht mehr Zeit gebraucht, als bei guten Steinkohlen. Die erhaltenen,
                              unter einem kleinen Schwanzhammer zusammengeschlagenen Luppen zeigten alle
                              Eigenschaften eines vorzüglichen Eisens; wobei jedoch bemerkt werden muß, daß das
                              verwendete Roheisen bei Holzkohlen erblasen und von guter Qualität war.
                           Nach diesen Ergebnissen, die eine sehr vortheilhafte Benutzung der Braunkohlen zum
                              Puddlingfrischen außer Zweifel stellten, entstand die weitere Frage, wie die Kohlen
                              am einfachsten und wohlfeilsten zu trocknen seyen. Hierbei boten die Gebrüder Schneider ebenfalls wieder bereitwillig die Hand, indem
                              sie den Ingenieur Meyer veranlaßten, einen Trockenofen
                              nach seiner Construction (in dem das Trocknen bisher fortgesetzt wurde) auf ihre
                              Kosten bei einer Braunkohlenzeche in der Nähe von Marienberg zu erbauen.
                           Die Erfahrungen welche mit diesem Trockenapparat, der aus einem 20' hohen und 10'
                              weiten Schachtofen mit einer einfachen Vorrichtung zum Erwärmen der Luft besteht,
                              bisher gemacht wurden, lassen die Sache noch nicht als zum Abschluß gebracht
                              erscheinen, da nicht allein die ganze Einrichtung, welche in ungünstiger Jahreszeit
                              mit sehr unvollkommenem Material hergestellt wurde, sehr mangelhaft war, sondern
                              sich auch im Gebrauch, wie dieses bei allen neuen Versuchen der Art vorkommt,
                              Veränderungen nöthig gezeigt haben, die viele Zeit und Auslagen erforderten. Es
                              unterliegt übrigens nach den bereits gewonnenen Resultaten keinem Zweifel, daß das
                              Trocknen der Braunkohlen mit geringen Kosten und Zeitaufwande im Großen zu
                              bewerkstelligen ist, wobei, wenn dieses auf den Gruben geschieht, nicht nur ein
                              bedeutender Theil der Transportkosten erspart wird, sondern auch das sonst nicht
                              verwerthbare Kohlenklein zum Erwärmen der Luft benutzt werden kann. Das geeignetste
                              Wärmeverhältniß scheint nach den bisherigen Ermittlungen zwischen
                              40–50° R. zu liegen.
                           Welche Einrichtung zum Trocknen der Braunkohlen allgemeine Anwendung finden wird,
                              läßt sich noch nicht bestimmen, da hierzu wie in der Natur der Sache liegt, nach
                              Oertlichkeit und individueller Anschauung verschiedene Wege und Apparate dienen
                              können. Dieses ist aber auch eine Nebensache, die der Anwendung des Princips nicht
                              mehr hinderlich seyn kann.
                           
                           Die Gebrüder Schneider haben auf ihrem neuen Puddlingwerke
                              bei Siegen das Frischen mit Braunkohlen, sowohl mit diesen allein, als auch mit
                              einem kleinen Theil Steinkohlen vermischt, fortgesetzt und damit, wie ich aus guter
                              Quelle erfahren habe, sehr befriedigende Resultate gehabt. Es läßt sich demnach
                              erwarten, daß die Anwendung der getrockneten Braunkohlen zum Puddeln in der Nähe des
                              Westerwaldes immer mehr Platz greifen wird, und sind auch schon einige Werke mit den
                              Vorbereitungen hierzu beschäftigt. Man sieht hieraus, wie wenig oft dazu gehört, ein
                              als völlig unbrauchbar angesehenes Material in ein mächtiges Hülfsmittel der
                              Industrie umzuwandeln. Aber gerade für solche einfache, ja unscheinbare
                              Vorbereitungen, die in ihren Folgen in der Regel von großer Tragweite sind, ist es
                              bei uns gewöhnlich am schwierigsten, die erste gründliche Ausführung zu sichern, da
                              ihnen meistens viele Versuche vorausgegangen sind, die ohne gehörige Würdigung der
                              Natur des Materials zu ungünstigen Resultaten führten, die dann von weiteren Proben
                              abschrecken.
                           Für die hiesige Gegend ist es indessen nicht allein Bedürfniß, ein wohlfeiles
                              Brennmaterial zum Eisenfrischen zu erhalten – es muß auch daran gedacht
                              werden, die trefflichen in reichlicher Menge vorkommenden Eisenerze, welche sich in
                              der Nähe des Westerwaldes und selbst auf demselben finden, auf wohlfeilere Art in
                              Roheisen umzuwandeln. Denn die bisher zu diesem Zwecke benutzten Holzkohlen sind zu
                              theuer, um eine nachhaltige Concurrenz zu ermöglichen – und auch nicht in
                              hinreichender Menge zu erhalten, um eine dem Eisenerzreichthum entsprechende
                              Production an Roheisen herbeizuführen. Die Holzkohlen werden bei einer solchen
                              Erweiterung der Eisenindustrie voraussichtlich doch in gutem Werth bleiben, da das
                              mit diesem Brennmaterial erzeugte Roheisen zu manchen Zwecken, wie z.B. zur
                              Stahlbereitung etc., immer sehr gesucht und besser bezahlt bleiben wird – und
                              in der Uebergangsperiode die bestehenden Hüttenwerke die Braunkohlen auch nur als
                              Zusatz zu den Holzkohlen benutzen werden.
                           Wie ich bereits bemerkt habe, wurden schon früher Versuche gemacht Braunkohlen in
                              brauchbare Kohks zum Eisenschmelzen umzuwandeln, die aber alle bis auf die
                              angeführten Proben von Dr. G. Clemm von keinem günstigen Erfolg begleitet waren, da es nicht gelingen
                              wollte den erzeugten Kohks diejenige Festigkeit zu geben, welche sie zum Widerstand
                              gegen den starken Druck in Hohöfen haben mußten. Außerdem war aber auch bei ihrem
                              lockeren Gewebe und der großen Oberfläche die sie vermöge desselben darboten, zu
                              befürchten, daß sie schon in den oberen Theilen des Ofens vollständig verbrennen würden
                              – und also im Gestell, wo die Reduction der Erze vorzüglich geschieht, nicht
                              mehr gehörig wirksam seyn könnten. Selbst aber auch dann, wenn sich aus Braunkohlen
                              Kohks von entsprechender Festigkeit im Großen leicht darstellen ließen, mußte es
                              doch viel vortheilhafter erscheinen, zur Roheisen-Erzeugung getrocknete
                              Braunkohlen anzuwenden, da die Verkohlung ja ohnehin im oberen Theile des Ofens vor
                              sich geht und die dabei reichlich entstehenden brennbaren Gasarten zum Trocknen der
                              Kohlen, zur Erwärmung der Gebläseluft, und zur Heizung von Dampfmaschinen etc.
                              benutzt werden können, während die selbstständige Verkohlung mit bedeutenden Kosten
                              verbunden ist und keine so unmittelbare und vortheilhafte Benutzung der
                              Verkohlungs-Producte gestattet.
                           In neuester Zeit hat Fr. v. Rößler zu Westerburg nach
                              einer ihm in Nassau patentirten Methode die Verkohlung der Braunkohlen, wobei auch
                              die Destillations-Producte gewonnen werden können, wieder aufgenommen.
                              Hierbei hat es sich aber aufs neue gezeigt, daß auf den größten Theil der letzteren
                              verzichtet werden muß, wenn feste Kohks erhalten werden sollen. Da übrigens Fr. v.
                              Rößler mehr Gewicht auf die Destillationsproducte
                              legt, jedoch aber auch die Kohks zu verwerthen wünschte, so veranlaßte er den
                              Ingenieur Meyer einige Versuche zum Eisenschmelzen auf
                              seine Kosten zu machen, die zu Nisterthal auf einem sehr niedrigen Schachtöfchen
                              ausgeführt wurden. Es kam hier vorzüglich auf die Beantwortung zweier Fragen an:
                              „ob sich nämlich die sehr spröden und brüchigen Kohks, die sich in
                                 einer kurzen Säule schon sehr zerkleinten, in einem Hohofengestell durchblasen
                                 ließen – und ob dieselben wegen ihres Aschengehaltes, der gegen 14
                                 Procent beträgt, auch die zur Reduction der Erze nöthige Hitze erzeugen –
                                 und dabei eine dem Proceß nicht hinderliche Schlacke gäben.“ Obgleich
                              nun mit kaltem Wind geblasen werden mußte und das Gebläse kein kräftiges war, so
                              gaben doch die Versuche, die mit sehr unvollkommenen und in der Eile
                              zusammengestoppelten Hülfsmitteln gemacht werden mußten, ganz befriedigende
                              Resultate: indem nicht allein das Durchblasen der Kohks ganz leidlich von statten
                              ging, sondern auch die Reduction der Erze, die wegen dem Kalkgehalte der Kohks nur
                              mit wenigem Kalk beschickt wurden und aus geröstetem Spath- und
                              Braun-Eisenstein bestanden, bei ganz erwünschter Schlackenbildung und ohne
                              erhebliche sonstige Störungen erfolgte. Das reducirte Eisen wurde indessen in dem
                              Herd, wie auch kaum anders zu erwarten war, da der Ofen nur wenig vorgewärmt werden
                              konnte, als Frischeisen angetroffen, das aus dünnen, zusammengesinterten, sehr
                              geschmeidigen Lamellen mit zwischengelagerten Kohlenstückchen bestand.
                           Aus diesen Proben ging zwar mit Evidenz hervor, daß die Braunkohlen-Kohks auf
                              sehr niedrigen Oefen zur Eisenerzeugung tauglich seyen; der ökonomische Punkt konnte
                              aber natürlich dadurch nicht festgestellt werden. Um nun in dieser letzteren
                              Beziehung aufs Reine zu kommen und zugleich mit getrockneten Braunkohlen Roheisen zu
                              erzeugen, welche letztere Frage von noch weit größerem Belang ist, soll auf einem
                              vom Ingenieur Meyer projectirten und auszuführenden
                              vollkommeneren Ofen, der übrigens gegen die gebräuchlichen Hohöfen noch sehr niedrig
                              werden wird, mit größeren und länger anhaltenden Versuchen vorgeschritten werden,
                              wobei dann auch erhitzte Gebläseluft zur Anwendung kommt.
                           Der Erfolg dieser Versuche, der mir wohl ebenfalls im Einverständniß mit den
                              Betheiligten im Wesentlichen bekannt zu machen vergönnt seyn wird, kann meiner
                              Ansicht nach, wenn keine besonderen Zwischenfälle eintreten, kein zweifelhafter und
                              nur ein erfreulicher seyn, denn es läßt sich nach den gewissenhaft aufgestellten
                              Voranschlägen erwarten, daß der ökonomische Effect ein sehr befriedigender seyn
                              werde.
                           Marienberg (Nassau), November 1851.
                           Grandjean.