| Titel: | Ueber die neue Methode das Silber aus silberhaltigem Werkblei mittelst Zinks zu extrahiren; von Ad. Gurlt. | 
| Fundstelle: | Band 123, Jahrgang 1852, Nr. LI., S. 306 | 
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                        LI.
                        Ueber die neue Methode das Silber aus
                           silberhaltigem Werkblei mittelst Zinks zu extrahiren; von Ad. Gurlt.
                        Aus der berg- und hüttenmännischen Zeitung,
                           1852, Nr. 1.
                        Gurlt, über die neue Methode das Silber aus Werkblei zu
                           extrahiren.
                        
                     
                        
                           Alexander Parkes ließ sich zu Anfang vorigen Jahres in
                              England seine Entdeckung patentiren, das Silber aus silberhaltigem Werkblei durch
                              Anwendung von Zink zu extrahirenPolytechn. Journal Bd. CXIX S.
                                       466., indem bei einer Mengung des silberhaltigen Bleies mit einem gewissen
                              Verhältniß von Zink in geschmolzenem Zustande, eine solche Vereinigung des Silbers
                              mit dem Zink stattfinden soll, daß es in dieser leicht von dem Blei getrennt werden
                              kann.
                           Dieser Vorschlag erregte wohl bei allen Metallurgen um so mehr Aufsehen, als man
                              bisher eher das Gegentheil von dem anzunehmen geneigt war, worauf Hr. Parkes seinen Proceß basirt hatte,
                              d.h. auf eine größere chemische Verwandtschaft des Silbers zum Zink als zum
                              Blei.
                           Da der Erfinder bis zur Bekanntmachung seines Patentes nur Versuche in sehr kleinem
                              Maaßstabe im Laboratorium hatte anstellen können, so war es um so interessanter
                              dieselben im Großen ausgeführt und die neue Methode auch gleich in der Technik ihre
                              vollständige Anwendung finden zu sehen.
                           Im Februar vorigen Jahres hatte der Verfasser Gelegenheit auf den Llanelly lead works, in Süd-Wales, Versuchen
                              beizuwohnen, welche die Extraction des Silbers aus silberhaltigen Werken mittelst
                              Zinkes zum Zwecke hatten und deren Beschreibung hier kurz folgen soll.
                           Der Schmelzapparat, dessen man sich hierbei bediente, bestand aus einem gußeisernen,
                              kesselförmigen Topfe, wie sie bei dem Pattinson'schen
                              ConcentrationsprocesseNämlich der Scheidung des Bleies vom Silver mittelst Abtreibens durch
                                    Krystallisation, beschrieben im polytechn. Journal, 1837, Bd. LXV. S. 386.A. d. Red. in England üblich sind. Derselbe hatte einen Durchmesser im Lichten von 2,5'
                              bei 2' Tiefe und 1/4'' Wandstärke; er war am Boden mit einem etwa 1 1/2' langen
                              Ablaßrohr versehen, welches während der Arbeit mit einem Thonpfropfen verschlossen
                              wurde und ruhte mit seinem 4'' breiten Rande auf Mauerwerk. Unter dem Topfe befand
                              sich eine kleine Feuerstätte, welche so eingerichtet war, daß die Flamme den ganzen
                              unteren Theil des Topfes umspielen konnte, und dann in eine Esse überging. Die
                              Feuerstätte war so mit Rost und Aschenfall versehen, daß die Feuerungsöffnung mit
                              einer eisernen Thür verschließbar war und die, wenn nöthig, mit Thon lutirt werden
                              konnte.
                           Zu besserer Regulirung des Feuers hatte man noch die Einrichtung getroffen, daß der
                              Feuerungsraum vermittelst eines eisernen Schiebers, der im Fuchse angebracht war,
                              vollständig von der Esse abgeschnitten werden konnte, um die Hitze nach Belieben im
                              Ofen nach beendeter Schmelzung zurückhalten zu können. Als Brennmaterial wendete man
                              Steinkohlen an, welche auf den, in der Nähe liegenden Gruben gefordert wurden.
                           Nachdem nun dieser Schmelzapparat gehörig abgefeuert worden, wurde er mit einer
                              englischen Tonne (20 Ctr.) Barrenblei von der Pattinson'schen Concentration nach und nach chargirt, welche bei einem mäßigen
                              Feuer in etwa 1 1/2 Stunden eingeschmolzen wurden. Als dieses geschehen, wurde 1
                              Ctr. geschmolzenes Zink mit einer eisernen Schöpfkelle in das Bleibad eingetragen
                              und die ganze Charge mit einem eisernen Meißel eine Viertelstunde lang gehörig
                              durchgerührt, um eine möglichst vollständige Mischung der Metalle zu erreichen.
                              Hierbei bildete sich sogleich eine starke Haut von Blei- und Zinkoxyd auf der
                              Oberfläche des Metallbades.
                           
                           Das Feuer wurde zugleich aus dem Ofen gezogen, die Thüren desselben lutirt und der
                              Schieber im Fuchse geschlossen, um den Luftzutritt in den Ofen zu verhindern und
                              eine allmähliche Abkühlung des Metallbades zu bewirken.
                           Sobald nun dasselbe der Ruhe überlassen war, begann das Zink wegen seines bedeutend
                              geringeren specifischen Gewichtes als das des Bleies, sich an der Oberfläche des
                              Metallbades abzuscheiden, wo es dann erstarrte, während das Blei noch flüssig blieb.
                              Nach 2–2 1/2 Stunden, während welcher die Zinkscheibe immer mehr und mehr an
                              Stärke zunahm, wurde dieselbe vom Rande des Topfes abgelöst und von dem Bleibade
                              abgehoben. Diese Scheibe, deren Gewicht natürlich bei verschiedenen Versuchen
                              variirte in Folge eines größeren oder geringeren Gehaltes an Blei, enthielt nun
                              alles Silber, welches sich zuvor in den Werken befunden hatte.
                           Durch Probiren derselben ergab sich, daß die Werke bei mehreren Versuchen vor der
                              Extraction 90–120 Unzen Silber per Tonne gehalten
                              hatten, während die Rückstände gewöhnlich per Tonne
                              nicht mehr als 1/2 Unze und niemals über 1 Unze an Silber enthielten.
                           Das entsilberte Blei wurde darauf noch einmal heißgethan um es wieder flüssiger zu
                              machen, und dann durch das Auslaßrohr abgefahren und in Barren gegossen.
                           Nachdem man nun durch die so eben beschriebene Operation eine vollständige Trennung
                              des Silbers vom Blei bewirkt hatte, befand es sich jetzt freilich in einem bei
                              weitem concentrirteren Zustande als vorher, aber noch mit der ganzen Menge des
                              angewendeten Zinkes und einer gewissen Quantität Blei verbunden, von denen es zu
                              scheiden die nächste Aufgabe war. Hr. Parkes hatte die Idee das Zink durch noch mehrmaligen Gebrauch zur
                              Silberextraction zunächst mit diesem Metalle möglichst anzureichern, und es dann in
                              Granalien mit Salzsäure zu behandeln, um das Zink aufzulösen und das ungelöste
                              Silber alsdann zu raffiniren.
                           Da jedoch diese Methode zur Trennung des Silbers und Zinkes unzweckmäßig schien, so
                              schlug man vor, dieses Gemenge von Metallen in einer Retorte zu erhitzen, um das
                              Zink abzudestilliren und es wieder von Neuem bei der Extraction zu benutzen, die
                              reichen Rückstände hingegen auf dem Teste zu raffiniren.
                           Zu dem Zwecke wurde das silberhaltige Zink in kleinen Stücken in thönerne Retorten
                              eingetragen, wie solche in England bei der Zinkdestillation üblich sind, von denen
                              mehrere in einer Reihe neben einander auf der Herdsohle eines Flammofens standen,
                              und auf diesem von der Flamme eines starken Steinkohlenfeuers erhitzt wurden.
                           
                           Das abtropfende Zink fiel während dieses Processes in untergestellte, mit Wasser
                              gefüllte Gefäße, in denen es erstarrte; dieses so wiedergewonnene Metall, welches
                              freilich eine geringe Quantität Silber enthielt, das bei der Destillation mechanisch
                              mit übergerissen wurde, konnte nun wieder von Neuem zur Extraction neuer Quantitäten
                              Silbers direct benutzt werden.
                           Die Rückstände hingegen, welche noch nach der Destillation in den Retorten blieben,
                              bestanden fast nur noch aus Silber und Blei, denen nur noch eine geringe Menge Zink
                              beigemengt war. Dieselben enthielten nun 16–20 Proc. Silber und konnten
                              direct fein gebrannt werden. Das Raffiniren derselben geschah alsdann in einem
                              gewöhnlichen Treibofen mit beweglichem Test und verursachte im Uebrigen durchaus
                              keine Schwierigkeiten.
                           Bei den ersten Versuchen, welche in der beschriebenen Art mit dieser neuen Methode
                              angestellt worden, ergab sich, wiewohl die Silberextraction sonst vollständig
                              gelungen war, ein nicht unwesentlicher Uebelstand darin, daß die entsilberten Werke
                              ihre frühere Weichheit verloren hatten in Folge eines geringen Gehaltes an Zink,
                              welches sich bei der Extraction so innig mit dem Blei legirte, daß es durch bloße
                              Abkühlung des Metallbades nicht mehr von demselben geschieden werden konnte.
                           Man wurde daher sehr bald darauf geführt, daß bei diesem Processe die Temperatur eine
                              wesentliche Rolle spiele, wie denn auch die Erfahrung gelehrt hat. Das Blei behielt
                              nämlich vollständig seine Weichheit und ging mit dem Zink keine Legirung ein, sobald
                              man bei der Mischung der Metalle eine Temperatur beobachtete, welche den
                              Schmelzpunkt des Zinkes 378° C. (302° R.) nicht weit übertraf, also
                              jeden Falles unter 400° C. (320° R.) gehalten wurde; hingegen stellte
                              sich allemal der besprochene Uebelstand ein, sobald man eine bedeutende
                              Temperaturerhöhung des Metallbades zuließ.
                           Andererseits hatte man wiederum auch wohl darauf zu achten, daß die Temperatur bei
                              der Mischung nicht zu niedrig war und so die Abkühlung des Metallbades zu schnell
                              erfolgte, weil alsdann die Entsilberung nur unvollständig stattfinden konnte, da das
                              Zink nicht Zeit hatte sich mit dem Silber zu vereinigen, ehe es an der Oberfläche
                              erstarrte.
                           Es scheint demnach bei diesem Processe eine Temperatur angewendet werden zu müssen,
                              welche hoch genug ist, um die Vereinigung des Silbers mit dem Zink zu gestatten, jedoch auch noch
                              niedrig genug, um eine Legirung des Zinkes mit dem Blei zu verhindern.
                           Ein zweiter Uebelstand, welcher eine Abhülfe bedurfte, war der, daß ein nicht zu
                              vernachlässigender Verlust an Zink durch die Oxydation desselben an der Oberfläche
                              des Metallbades entstand, welcher sich jedoch größtentheils dadurch verhindern läßt,
                              daß man dasselbe mit einem Körper, der den Luftzutritt abhält, wie Kohlengestübe,
                              Sand etc. bedeckt, oder daß man bei dem Processe anders geformte Gefäße anwendet,
                              die der Luft eine geringere Oberfläche zur Oxydation darbieten. Hierdurch würde man
                              zugleich erreichen, daß die silberhaltigen Zinkscheiben stärker, wiewohl kleiner im
                              Durchmesser, ausfallen, wodurch auch notwendigerweise ein geringerer Gehalt
                              derselben an Blei entstehen muß.
                           Durch diese Versuche hatte sich demnach ergeben, daß diese neue Extraction nicht nur
                              sehr wohl ausführbar sey, sondern daß sie auch höchst bedeutende ökonomische
                              Vortheile gewähre, indem sie die Kosten für das Abtreiben und den hiermit
                              verbundenen, sehr bedeutenden Verlust an Blei, welcher wenigstens 8–10 Proc.
                              beträgt, erspart. Man hatte diese neue Extractionsmethode lediglich als ein
                              Ersatzmittel für das Abtreiben der angereicherten Werke betrachtet wissen wollen,
                              und beabsichtigte, nach wie vor, das Silber zuerst mittelst des Pattinson'schen Processes so weit als möglich in den
                              Werken zu concentriren und es dann der Zinkextraction zu unterwerfen. Indessen
                              scheint es, daß diese Entsilberungsmethode sehr wohl noch eine bedeutende Abkürzung
                              der Pattinson'schen Concentration gestatten werde, indem
                              man weniger reiche Werke zur Extraction bringt. Es würden freilich mit Hinsicht auf
                              den Silbergehalt durch Versuche die Gränzen festzustellen seyn, innerhalb welcher
                              die Extraction mittelst Zinkes noch vortheilhaft betrieben werden könnte. Diese
                              Annahme scheint um so eher gerechtfertigt zu seyn, als ja bei dem neuen Verfahren
                              alle Quellen, welche früher einen bedeutenden Bleiverlust im Treiben verursachten
                              und eine möglichste Concentration des Silbers zur Pflicht machten, fortgefallen, und
                              neue, welche Verluste zu bedingen geeignet wären, nicht hinzugekommen sind.