| Titel: | Reise-Notizen; von Karl Karmarsch. | 
| Fundstelle: | Band 123, Jahrgang 1852, Nr. LIX., S. 345 | 
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                        LIX.
                        Reise-Notizen; von Karl Karmarsch.
                        Aus den Mittheilungen des hannoverschen
                                 Gewerbevereins, 1851, Lief. 63.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV und V.
                        (Fortsetzung von S. 281 des vorhergehenden
                           Heftes.)
                        Karmarsch's Reise-Notizen.
                        
                     
                        
                           3. Belgische Vorrichtung zum Spannen der
                                 Schnüre an Rollvorhängen.
                           (Hierzu Fig. 9–12 auf Tafel
                              IV; Maaßstab ein Drittel des wirklichen.)
                           Die bei uns üblichen Vorrichtungen zum Spannen der Schnur ohne Ende, vermittelst
                              welcher das Aufziehen und Niederlassen der Rollvorhänge an den Fenstern geschieht,
                              leiden unter mehreren Unvollkommenheiten, die Jedermann kennt, weil sie sich fast
                              täglich in unangenehmster Weise aufdrängen. Sey es daß die kleine Stellrolle, welche
                              als der untere Leitungspunkt der Schnur dient, durch einen Schieber mit der zwischen
                              schräge Zähne eingreifenden Feder, oder mittelst einer Schraube und Mutter adjustirt
                              wird: regelmäßig sind diese in Fabriken für niedrigen Preis verfertigten Apparate so
                              schlecht gemacht, daß sie oftmals brechen oder in Folge der Abnutzung unerwartet
                              ihren Dienst versagen. Die durch die natürliche Dehnbarkeit der Schnüre sowohl als
                              vermöge Einwirkung der Atmosphäre (bei warmer trockener Luft) eintretende
                              Verlängerung der Schnur macht häufig ein Nachspannen erforderlich, welchem periodisch wieder eine
                              zu straffe Spannung folgt, wenn nämlich die Luft kühl und feucht wird. So hat man
                              fast beständig für diesen kleinen Apparat Sorge zu tragen, will man anders denselben
                              in stetigem guten Zustande erhalten; nicht zu gedenken des sehr oft vorkommenden
                              Falles, daß aus Unvorsichtigkeit oder Ungeduld die Schnur überspannt wird, wodurch
                              deren Bewegung erschwert, ihr Zugrundegehen beschleunigt, und manchmal das
                              Herausspringen der Vorhangwalze aus ihrem Lager oder ein Schiefwickeln des Vorhangs
                              veranlaßt wird.
                           Es machte mir daher Vergnügen, in Belgien eine ganz andere, höchst einfache, dabei
                              sich stets selbst regulirende und nie ihren Dienst versagende Spannvorrichtung
                              anzutreffen, welche alle eben berührten Unannehmlichkeiten beseitigt. Ich sah
                              dieselbe zuerst in einem Gasthofe zu Gent und eben so
                              später zu Brüssel, fand auch in den Eisenwaarenläden der
                              letztem Stadt die derartigen Apparate in solcher Menge zum Verkauf ausgelegt, daß
                              sich hierdurch die allgemeine Anerkennung ihrer Nützlichkeit entschieden genug
                              aussprach, hätte ich auch nicht dieselbe durch Erfahrung bereits gekannt.
                           Die Grundlage der Erfindung beruht in der Anwendung eines an der kleinen Spannrolle
                              hängenden Gewichtes, durch welches die Schnur stets in
                              einerlei Grad von Straffheit erhalten wird, ohne daß man jemals etwas nachzuhelfen
                              oder zu berichtigen hat. Dieses Gewicht ist von Eisen gegossen, bronzirt, und von
                              beliebiger zierlicher Gestalt; das von mir angekaufte Exemplar wiegt sehr nahe 3
                              Pfund (2 Pfd. 30 Loth) kölnisch. Fig. 9 gibt die vordere
                              Ansicht desselben, Fig. 10 die Seitenansicht (mit Weglassung der Verzierungen), Fig. 11 die
                              Ansicht der untern Endfläche. Die hier gewählte Form einer halben (der Länge nach
                              durchschnittenen) Quaste scheint für den Zweck die angemessenste, doch hat man auch
                              solche von Gestalt einer halben Weintraube, einer Hand, eines Blumenstraußes etc.
                              Immer ist aber der Gegenstand halbrund, d.h. nur auf der Vorderseite a, b im Relief gearbeitet, auf der Rückseite c, d flach, weil letztere an der Fensterwand zu hängen
                              bestimmt ist, und hierdurch jede Drehung des Gewichtes um sich selbst verhindert
                              werden muß. In dem Knopfe a, c ist beim Gusse ein
                              eiserner (Fig.
                                 10 punktirt angedeuteter) Stift befestigt, mittelst dessen ein aus Messing
                              gegossener gabelförmiger Kloben e, f aufgenietet wird,
                              und in diesem dreht sich eine messingene Rolle g auf
                              eiserner Achse. Die endlose Schnur h, h, welche oben wie
                              gewöhnlich in der Rolle der über dem Fenster angebrachten Vorhangstange liegt, ist
                              unter dem Röllchen 
                              g durchgezogen (wie man in Fig. 9 sieht), und
                              empfängt somit ihre Spannung durch das völlig frei daran hängende Gewicht. Um
                              Schwankungen zu verhindern, gehen die beiden Zweige der Schnur – 3 bis 4 Zoll
                              oberhalb des Gewichtes – durch zwei kleine messingene Ringe l, l, welche entweder mit kurzen Zäpfchen in den
                              ebenfalls messingenen Kopf i eingeschraubt, oder mit
                              diesem aus Einem Ganzen gegossen sind: das zugespitzte Eisen k (s. Fig
                                 12), auf welches der Kopf aufgegossen ist, wird in die Fensterwand
                              eingeschlagen.
                           Die Herren Fabrikanten Bernstorff und Eichwede hier in Hannover haben bereits nach dem
                              belgischen Muster solche Apparate verfertigt, und es ist zu hoffen daß deren
                              Anwendung sich bei uns schnell Bahn brechen wird.
                           Ich bemerke schließlich, daß ich in Brüssel auch Exemplare sah, an welchen die Rolle
                              g mit ihrem Kloben e, f
                              durch ein einfaches Oehr zum Durchziehen der Schnur ersetzt war: auf diese Weise
                              wird die Herstellung für einen etwas geringern Preis möglich, aber es ist alsdann
                              eine schnellere Abnutzung der Schnur unvermeidlich. Wollte man das Gewicht
                              zierlicher und kleiner machen, so wäre die Gestalt desselben aus Messingblech hohl
                              zu prägen, die Rückseite mit Blei auszugießen, die Vorderseite zu firnissen oder zu
                              vergolden; der dadurch herbeigeführte höhere Preis würde bei der Einrichtung von
                              Prunkzimmern von keinem Belange seyn. – Das in den Abbildungen dargestellte
                              Exemplar hat in einem Brüsseler Kaufladen 90 Centimes (5 gG. 9 Pf.) gekostet.
                           
                        
                           4. Ventil für Weinfässer.
                           (Hierzu Fig. 15 und 16 auf Tafel
                              V; in der wirklichen Größe gezeichnet.)
                           Beim Abziehen des Weines auf Flaschen muß, nach dem Einstecken des dazu dienlichen
                              Hahnes, entweder der Spund des Fasses ausgenommen oder oben in das Faß ein Loch
                              gebohrt werden, um der Luft Eintritt zu gestatten. In England bedient man sich
                              hierbei eines Ventils, welches den Vortheil gewährt, daß es jeden Augenblick
                              geschlossen und wieder geöffnet werden kann. Die auf der Steintafel befindlichen
                              Zeichnungen sind nach einem von mir aus London mitgebrachten und an die
                              Proben-Sammlung der Direction des Gewerbevereins abgegebenen Exemplare
                              angefertigt. Fig.
                                 15 stellt den Aufriß desselben, Fig. 16 den Grundriß
                              (Ansicht von oben) dar. Der von Messing gegossene conische Zapfen a ist mit einem Schraubengewinde versehen, um in ein vorgebohrtes
                              Loch fest eingeschraubt zu werden; er endigt oben halbkugelförmig bei b, und ist seiner ganzen Länge nach hohl, wie die
                              punktirten Linien andeuten. Der Arm c, d, dessen
                              aufrechter Theil d eine Gabel bildet, macht vom Gusse
                              her ein Ganzes mit dem Zapfen aus; in der Gabel dreht sich um einen vernieteten
                              eisernen Stift f der messingene zweiarmige Hebel e, f, g, dessen stählerne Feder h mit ihrem freien Ende auf den auswärts schräg abfallenden Grund des
                              Gabeleinschnittes in d sich stützt, was aus der
                              Punktirung erkannt werden kann. Die Scheibe g am Ende
                              des kürzern Hebelarmes bildet das Ventil zur Verschließung der Zapfenöffnung bei b, ist zu dem Zwecke unterwärts ausgehöhlt und mit einer
                              dicken Scheibe von Leder (besser wohl Kautschuk) gefüllt. Ein Fingerdruck auf den
                              Hebel bei e hebt das Ventil und öffnet der Luft den
                              Zugang in das Faß; beim Loslassen des Hebels erfolgt die Verschließung von selbst
                              augenblicklich und sehr vollkommen.
                           
                        
                           5. Hahn von Porzellan, für starke Säuren
                                 und dergl.
                           (Hierzu Fig. 17 bis 25 auf Tab. V;
                              Maaßstab die Hälfte des wirklichen.)
                           Der auf der Steintafel abgebildete, jetzt in der Fabricaten-Sammlung der
                              polytechnischen Schule befindliche Hahn aus unglasirtem Porzellan ist in einem
                              Kaufmannsladen zu Manchester mit 5 Shilling bezahlt worden; die (mir nicht
                              namentlich bekannte) Porzellanfabrik, aus welcher er stammt, liefert ihn ohne
                              Zweifel viel billiger. Er trägt die Aufschrift: Ridgway's
                              Patent Anti-Corrosive Safety Tap. und empfiehlt
                              sich zu dem oben genannten Gebrauche durch sehr zweckmäßige Construction und
                              ungemein sorgfältige Ausführung.
                           Er besteht aus zwei Stücken von Porzellan, nämlich dem Gehäuse und dem Zapfen;
                              außerdem ist daran noch ein kleiner Bestandtheil von Messing, durch welchen der
                              Zapfen fest schließend, jedoch seiner Drehung unbeschadet, in dem Gehäuse gehalten
                              wird. Fig. 17
                              ist ein Längendurchschnitt des Gehäuses mit dem darin sitzenden, nur in seiner
                              untern Hälfte durchschnitten dargestellten Zapfen; Fig. 18 eine Ansicht des
                              Zapfens allein, um 90 Grad gegen die Stellung in Fig. 17 herumgedreht;
                              Fig. 19
                              der Grundriß des Gehäuses ohne den Zapfen; Fig. 20 eine Endansicht,
                              in welcher der Zapfen ebenfalls weggelassen ist. Die Figuren 21 bis 25 erläutern
                              die Beschaffenheit des schon erwähnten messingenen Verbindungsstückes.
                           
                           An dem Gehäuse sind hauptsächlich der zur Aufnahme des Zapfens bestimmte Kopf A und das Rohr B zu
                              unterscheiden. Letzteres ist am Ende geschlossen und mit zwölf runden Löchern zum
                              Eintritt der Flüssigkeit versehen. Von diesen Löchern (siehe Fig. 17, 19, 20) befinden sich drei
                              mit 1 bezeichnete auf der Endfläche selbst; die übrigen neun, in drei Reihen 2, 3, 4
                              vertheilt, in der Rundung herum. Vermöge dieser Anordnung ist eine genügende
                              Gesammtöffnung vorhanden, und es kann doch keine grobe Unreinigkeit ins Innere a des Hahns gelangen. Die conische Höhlung des Kopfes
                              A, welche den Zapfen aufnimmt, endigt in d mit einer cylindrischen Ausflußöffnung, die am besten
                              aus Fig. 17
                              zu erkennen ist.
                           Der Zapfen C (Fig. 17, 18) ist in seinem dicken
                              Knopfe von einem Loche m durchbohrt, in welches ein
                              etwas dicker Eisendraht als Hebel gesteckt werden kann, um nöthigenfalls die
                              Umdrehung zu erleichtern. Unten ist der Zapfen mit einem offenen hohlen Raume c ausgestattet, in welchen eine runde, mit der Bohrung
                              a des Gehäuses correspondirende Oeffnung b mündet. Der Zapfen wird mit ein wenig Oel geschmiert,
                              welches man durch das schräge Loch f des Gehäuses (siehe
                              Fig. 17)
                              so oft als nöthig erneuert, ohne den Hahn zu zerlegen. – Unter dem Knopfe ist
                              auf dem conischen Körper des Zapfens eine rechtwinkelige Rinne oder Nuth e ausgearbeitet, welche sehr nahe drei Viertel des
                              Umkreises einnimmt; dieser gegenüber geht durch das Gehäuse ein niedriger aber etwas
                              breiter Canal, von welchem man die äußere Ausmündung in Fig. 20 bei g' angegeben findet. In diesen Canal wird das platte
                              Messingstück g (Fig. 17) eingeschoben, so
                              daß dessen in Länge und Breite etwas größerer Kopf h die
                              Außenfläche des Gehäuses berührt, während der bogig ausgeschweifte Rand des
                              entgegengesetzten Endes in die Nuth e des Zapfens
                              eingreift, daher in die Zapfenhöhlung des Gehäuses hineinragt (siehe Fig. 19). Um den Theil
                              g an seinem Platze zu halten, geht eine kleine
                              messingene Schraube k (Fig. 17, 19) von oben durch ein
                              glattes rundes Loch k' des Gehäuses (siehe Fig. 20) in
                              ein mit Gewindgängen versehenes Loch des Messings k'',
                              Fig. 21
                              bis 25.
                              Letzteres kommt, wie man sieht, durchaus nicht in Berührung mit der durch den Hahn
                              laufenden Flüssigkeit.
                           Der nun schon etwas näher bekannte messingene Bestandtheil g muß nicht nur dem Herausgehen des Zapfens C
                              aus dem Hahngehäuse vorbeugen, sondern zugleich den Zapfen mit einer gewissen Kraft
                              im Gehäuse abwärts pressen, um stetig einen dichten Schluß zu unterhalten. Hierzu
                              ist die einfache und schöne Anordnung getroffen, welche Fig. 21 bis 25 darstellen.
                              Von diesen zeigt Fig. 21 die obere Ansicht (übereinstimmend mit Fig. 19); Fig. 22 die Seitenansicht
                              (gleich Fig.
                                 17); Fig.
                                 23 die Ansicht der untern Fläche; Fig. 24 ein
                              Längendurchschnitt; Fig. 25 wieder die obere Ansicht, jedoch mit Beseitigung der in Fig. 21 mit
                              n bezeichneten, sogleich näher zu besprechenden
                              Feder. – Das Plättchen g, welches an einem Ende
                              den Kopf h trägt, ist an der entgegengesetzten schmalen
                              Seite mit einem rechtwinkeligen Ausschnitte l (Fig. 25)
                              versehen, der sich mit einer seichten Vertiefung auf der obern Fläche weiter hinein
                              und bis nahe an das Loch k'' hin fortsetzt. In dieser
                              Vertiefung liegt, durch ein kleines Niet bei i
                              befestigt, ein Streifchen hartgehämmerten Messingblechs n, welches als Feder wirkt, indem sein freies, durch den Ausschnitt l nach unten tretendes Ende ein wenig niederwärts
                              gebogen ist (Fig.
                                 24). Schiebt man das Plättchen g von außen
                              durch die Oeffnung g', Fig. 20, in das
                              Hahn-Gehäuse, so muß die Feder n nachgebend sich
                              heben; sie lehnt sich aber nachher auf den untern Rand der Nuth e am Hahnzapfen C (Fig. 17, 18) und drückt
                              diesen selbst gehörig in den conischen Raum des Gehäuses hinein, ohne doch die
                              Bewegung in einem über das nöthige Maaß hinausgehenden Grade zu erschweren. Vermöge
                              des Eingreifens des Plättchens g in die Nuth am
                              Hahnzapfen kann letzterer nicht mehr als gerade eine halbe Umdrehung machen, da von
                              ungefähr drei Vierteln des Kreises, über welche jene Nuth sich erstreckt, etwa ein
                              Viertel durch das Plättchen ausgefüllt wird.
                           
                        
                           6. Löthen mittelst Gas.
                           Die Wohlfeilheit des aus Steinkohlen gewonnenen brennbaren Gases in England hat
                              daselbst eine höchst ausgedehnte Anwendung hervorgerufen. Nicht nur daß es als
                              Erleuchtungsmittel mit einer den Fremden überraschenden Verschwendung benutzt wird;
                              auch zum Kochen und Braten kommt es von Jahr zu Jahr mehr in Gebrauch, wie schon die
                              vielen auf der Ausstellung vorhanden gewesenen Gaskochapparate beweisen. Nebenher
                              findet es vortheilhafte Verwendung zu unmittelbar gewerblichen Zwecken, so
                              namentlich zum Löthen. Ich habe drei Methoden des Löthens
                              mit Gas beobachtet:
                           1) Für kleine Löthungen wendet man eine einfache schmale Gasflamme (aus einem Brenner
                              mit einem einzigen kleinen Loche) an, welche mittelst des Löth- oder
                              Blaserohrs auf die Löthstelle getrieben wird, wie sonst mit einer Kerzen-
                              oder Oellampen-Flamme geschieht. Dieses Verfahrens bedient man sich auch zu
                              Zinnlöthungen, wie bereits (in der Mittheilung über Britannia-Metall) von mir
                              erwähnt worden ist.
                           
                           2) Zu größeren harten Löthungen, beispielweise auf Silber, Neusilber etc., dient ein
                              Apparat, der dem Principe seiner Wirkung nach mit vorstehendem Verfahren
                              übereinstimmt, aber weit mehr Bequemlichkeit gewährt und zugleich die Möglichkeit
                              darbietet, sehr ausgedehnte Fugen ungemein schnell zu löthen. Am Ende eines
                              biegsamen (Kautschuk-) Schlauches, welcher das Gas zuführt, befindet sich ein
                              aus Messing- oder Kupferblech gefertigtes Mundstück, welches die Gestalt
                              eines Gießkannenkopfes hat und wie dieser auf feiner (2 Zoll im Durchmesser
                              haltenden) Kreisfläche mit einer Menge kleiner Löcher versehen ist. Ein Hahn am
                              Gasrohre gestattet die Regulirung des Gaszuflusses; wenn derselbe ganz geöffnet ist,
                              erzeugt sich eine sehr voluminöse Flamme. Dazu gehört ein zum Treten eingerichteter
                              Blasbalg mit biegsamem Schlauche und messingenem Mundstücke, in welchem letztern die
                              Oeffnung höchstens Eine Linie weit ist. Der aus diesem Mundstücke hervortretende
                              Luftstrom wird gleich dem eines Löthrohrs in die Gasflamme geleitet, lenkt dieselbe
                              auf das in unmittelbarer Nähe liegende oder stehende Arbeitsstück und breitet sie
                              nöthigenfalls über einen großen Raum aus. Legt der Arbeiter den Gasschlauch aus der
                              Hand, so dreht er den Hahn desselben nicht völlig zu, sondern nur so weit, daß noch
                              äußerst kleine Flämmchen am Mundstück fortbrennen; auf diese Weise erspart man bei
                              Wiederaufnahme der Lötharbeit das Anzünden des Gases, indem man nur nöthig hat,
                              durch Oeffnung des Hahns die Flamme im erforderlichen Maaße zu vergrößern. –
                              Der außerordentliche Vorzug dieser Löthmethode, gegen das bei uns gebräuchliche
                              Löthen im Kohlenfeuer, springt in die Augen: es wird sehr viel Zeit erspart; man
                              bedarf der kostspieligen Kohlen nicht, von denen ein großer Theil nutzlos verbrennt;
                              die Arbeit ist reinlich und leicht, da man nicht mit Asche zu kämpfen und das Feuer
                              nicht anzufachen hat, kann demnach auch in jedem Arbeitszimmer vorgenommen werden;
                              und man kann den Fortgang der Operation auf das Bequemste, Vollkommenste beobachten,
                              also auch den Zeitpunkt, wo mit Erhitzen aufzuhören ist, ganz sicher erkennen.
                              Gleichwohl führt der eben beschriebene Apparat die Unvollkommenheit mit sich, daß
                              zwei Hände mit dem Halten und Regieren der beiden Schläuche (des Gas- und des
                              Luftschlauches) beschäftigt sind, wodurch in manchen Fällen ein Gehülfe erforderlich
                              wird, oder wenigstens der Arbeiter nicht aller wünschenswerthen Bequemlichkeit
                              genießt, da er ohnedieß auch den Blasbalg treten muß.
                           3) Man hat deßhalb die Vorrichtung noch weiter verbessert wie folgt: der Gasschlauch
                              und der Luftschlauch des Blasbalges vereinigen sich in einem eisernen oder
                              messingenen Mundrohre von einem halben Zoll Oeffnung. An diesem Rohre wird das ausströmende
                              Gemenge von Gas und Luft entzündet, während man ersteres in Einer Hand hält und
                              damit nach und nach über die Löthstelle fortführt. Das mit Draht gebundene
                              Arbeitsstück wird auf einige todte Kohlen gestellt oder gelegt, welche sich auf
                              einem runden, etwas vertieften, ungefähr 2 Fuß im Durchmesser haltenden Tische von
                              Schwarzblech befinden. Dieser Tisch oder diese Schale wird von einem hölzernen Bocke
                              in etwa 4 Fuß Höhe über dem Fußboden getragen, und läßt sich auf diesem um ihren
                              Mittelpunkt drehen, wie z.B. die Platte eines Bossirstuhls oder der Sitz eines
                              Schreibstuhls.
                           Bei Fabrication der Waaren aus Argentan (Neusilber) sucht man dieses kostspielige
                              Metall im Innern dicker massiver Gegenstände so viel möglich zu sparen. Statt also
                              z.B. Glockenzugringe und dergl. massiv aus Argentan zu gießen, prägt man sie aus
                              Argentanblech in zwei Hälften, füllt die hohle Rückseite eines jeden dieser Theile
                              mit Messing aus, feilt dieselbe flach ab, und löthet die Hälften mittelst
                              Argentan-Schlagloth an einander. Zu dem erwähnten Einschmelzen des Messings
                              wird ebenfalls der Gaslöthapparat gebraucht. Nachdem man nämlich die Blechtheile auf
                              todte Kohlen in dem beschriebenen Löthtische gelegt hat, bringt man
                              Messingabschnitzel hinein, bestreut dieselben mit Boraxpulver und richtet die
                              Gasstamme darauf, bis die Schmelzung erfolgt ist.
                           
                        
                           7. Verfertigung der Stecknadeln mittelst
                                 Maschinen.
                           (Hierzu Fig. 26 bis 28 auf Tafel
                              V.)
                           In der neuesten Zeit, wo Maschinenarbeit zur Herstellung vieler kleinerer
                              Metallfabricate (man denke nur an Nägel, Drahtstifte, Haken und Oehsen etc.) mit
                              mehr oder weniger Vortheil zur Anwendung gekommen ist, hat man ein Gleiches auch
                              rücksichtlich der Stecknadeln zu erreichen gesucht; und scheinbar bietet die
                              Einfachheit dieser Waare hierzu die Hand. Um das Nachfolgende gründlich einsehen zu
                              können, muß man sich eine Uebersicht von dem althergebrachten Gange der
                              Stecknadelfabrication gegenwärtig halten, welche wir deßhalb hier aufstellen
                              wollen:
                           1) Die Bearbeitung des Messingdrahtes, woraus die Schäfte der Nadeln gemacht werden,
                              beginnt mit dem Geraderichten, wobei derselbe zwischen mehreren auf der Fläche eines
                              Brettes eingeschlagenen Eisendrahtstiften durchgezogen wird, um alle Krümmungen zu
                              verlieren. Zugleich zertheilt man ihn in Längen von 18 bis 24 Fuß. Ein Arbeiter kann in 1 Stunde 3600
                              Fuß Draht richten, woraus 28,800 Nadeln mittlerer Größe hervorgehen.
                           2) Die so erhaltenen langen Drahtstücke werden in Theile von etwas mehr als der
                              doppelten (zuweilen auch drei- oder vierfachen) Nadellänge mittelst einer
                              Stockschere zerschnitten. Dieß geschieht mit 100 bis 200 Drähten auf einmal, und der
                              Arbeiter macht durch dieses Büschel etwa 300 Schnitte in 1 Stunde, und liefert (wenn
                              jedes Stück die zweifache Nadellänge hat) das Material zu 60,000 bis 120,000
                              Nadeln.
                           3) Die Drähte bekommen nun durch Anhalten an eine schnell um ihre Achse laufende
                              scheibenförmige Feile (den sogenannten Spitzring) an beiden Enden eine Spitze. Der
                              Arbeiter hält hierbei 20 bis 40 Drähte zugleich zwischen den Fingern, deren
                              Zuspitzung so rasch von Statten geht, daß in 1 Stunde 3500 bis 4000 solche
                              Doppelspitzen fertig werden, d.h. die Spitzen eben so vieler Nadeln.
                           4) Man schneidet nun von jedem Ende ein der Nadellänge genau gleichkommendes Stück
                              ab, wodurch ein kleiner Theil aus der Mitte in Abfall kommt. Da auch hierbei wieder
                              eine ziemliche Anzahl Drähte auf einmal unter die Schere gebracht werden, so kann
                              man auf eine Stunde Arbeit wenigstens 12,000 fertig zugeschnittene Nadeln
                              rechnen.
                           5) Zur Bildung der Köpfe wird ein Messingdraht, welcher ein wenig dünner ist als
                              jener der Nadelschäfte, mittelst des Knopfrades in dicht an einander liegenden
                              Schraubenwindungen um einen geraden Draht zu Röhrchen gewunden, von welchem je zwei
                              Windungen nachher einen Nadelkopf geben. Bei diesem sogenannten Spinnen kann Eine
                              Person in 1 Stunde den Draht zu 36,000 Köpfen winden.
                           6) Die eben erwähnten Röhrchen werden – 4 bis 12 zugleich – mittelst
                              einer besondern Schere in lauter gleiche Theile von je zwei Schraubenumgängen
                              zerschnitten. In 1 Stunde schneidet ein fertiger Arbeiter auf diese Weise 20,000 bis
                              40,000 Köpfe.
                           7) Endlich wird auf jeden Nadelschaft ein Kopf aufgeschoben, und unter einem kleinen
                              Fall- oder Schlagwerke (der Wippe) zwischen zwei stählernen Stempeln dieser
                              Kopf sowohl kugelrund geschlagen als gleichzeitig auf der Nadel befestigt. Jeder
                              Kopf erfordert 4 bis 7 Schläge, und in 1 Stunde versieht Eine geübte Person 1000 bis
                              1200 Nadeln mit Köpfen.
                           Die große Anzahl der während dieses ganzen Arbeitsganges erforderlichen
                              Handanlegungen ließ einen Vortheil erwarten, wenn man eine Maschine baute, welche
                              den in Ringen ihr vorgelegten Draht selbsthätig mittelst einer Verbindung von
                              Mechanismen in Stücke schneiden, jedes Stück sogleich zuspitzen und am andern Ende
                              den Kopf bilden konnte. Aufsetzung eines besonders verfertigten und aus
                              Drahtwindungen bestehenden Kopfes war hierbei nicht zulässig. Indem man also an die
                              Construction solcher Maschinen ging, wählte man eine ganz andere Methode der
                              Kopfbildung, nämlich durch Aufstauchung des stumpfen Nadel-Endes mittelst
                              Stempeldruck, wie man auf ganz ähnliche Weise die Köpfe der Nägel und der
                              Drahtstifte erzeugt. Ein so verfertigter Kopf hat unbedingt den Vorzug, daß er nie
                              losgehen kann; aber die bis dahin übliche Kugelgestalt mußte in eine
                              gedrückt-birnförmige umgewandelt werden, wie an Fig. 26 zu ersehen
                              ist.
                           Im Jahre 1824 wurde in England zuerst ein Patent auf eine (wenn ich nicht irre, aus
                              Nordamerika dahin gekommene) Stecknadelmaschine genommen, welche nach dem
                              angegebenen Princip arbeitete und in einer Minute 40 Nadeln liefern sollte; von
                              einer neuern, 1844 patentirten, wird die Leistung zu 60 Stück für die Minute
                              angegeben. Nimmt man die Mittelzahl 50 an, so gehen in 1 Stunde ungestörter Arbeit
                              3000 fertige Nadeln hervor, und es sind zur Darstellung von einer Million Nadeln 333 1/3 Arbeitsstunden erforderlich, welche man aber
                              gewiß auf 500 erhöhen muß, um den unvermeidlichen Störungen und Stockungen in dem
                              Gange eines so zusammengesetzten Maschinenwerkes gehörig Rechnung zu tragen.
                           Vergleiche man nun hiermit den Zeitaufwand zur Herstellung einer Million Stecknadeln
                              nach alter Art, wie er sich aus den oben mitgetheilten Grundlagen, nach
                              Durchschnittszahlen für die quantitative Leistung der Handarbeit ableiten läßt:
                           
                              
                                 
                                 Arbeitsstunden.
                                 
                              
                                 1) Richten des Drahtes, stündlich zu 28,800
                                    Nadeln
                                         35
                                 
                              
                                 2) Schneiden der Drähte, zu 90,000 Nadeln
                                    in 1 Stunde
                                         11
                                 
                              
                                 3) Spitzen, stündlich 3800
                                       263
                                 
                              
                                 4) Zerschneiden in einzelne Nadellangen,
                                    stündlich 12,000
                                         83
                                 
                              
                                 5) Spinnen des Kopfdrahtes, 36,000 in 1
                                    Stunde
                                         28
                                 
                              
                                 6) Schneiden der Köpfe, stündlich
                                    30,000
                                         33
                                 
                              
                                 7) Anköpfen, 1100 Stück in der
                                    Stunde
                                       909
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––
                                 
                              
                                     Summa
                                     1362 Stund.Diese Berechnung stimmt, wie ich nachträglich ersehe, auf das
                                          Vollkommenste mit einer Angabe in Armengaud's Publication industrielle, Bd. VI S. 439,
                                          wornach das tägliche Erzeugniß einer mit 14 Personen besetzten
                                          Nadler-Werkstätte auf 100,000 Stück geschätzt wird; denn,
                                          eine wirkliche Arbeitszeit von 10 Stunden vorausgesetzt, gibt dieß
                                          140 Arbeitsstunden, oder für eine Million Nadeln 1400 Stunden.
                                    
                                 
                              
                           
                           Die sämmtliche Handarbeit verlangt also an Zeit fast das Dreifache von dem, was die
                              Arbeit der Maschine in Anspruch nimmt. Zugleich aber geht hervor, daß gerade zwei
                              Drittel des ganzen Zeitbedarfs allein zum Aufsetzen der Köpfe erforderlich ist. Sofern nun aber die
                              Maschine auch das Spinnen und Zerschneiden des Knopfdrahtes erspart, muß man zu
                              jenen 909 Stunden, welche das Aufsetzen erfordert, noch 28 und 33 hinzuzählen, und
                              erhält 970 Stunden als die gestimmte Zeit, welche bei Handarbeit mit Bildung und
                              Befestigung der Köpfe verfließt. Dieser Antheil ist gegenüber den vorausgehenden
                              Arbeiten so überwiegend beträchtlich, dabei kann das Anstauchen der Köpfe
                              verhältnißmäßig so schnell und leicht von einer Maschine verrichtet werden; endlich
                              ist eine Maschine, welche nur dieses zu verrichten hätte, so ohne allen Vergleich
                              einfacher herzustellen, als eine die Nadeln von Grund aus fertigende, daß man später
                              wohl einsehen mochte, es sey weit besser, die Handarbeit für das Anfertigen der
                              Nadel-Schäfte beizubehalten, und nur die Köpfe
                              durch Stauchung auf einer Maschine zu bilden.
                           Zu diesem Entschlüsse ist man denn auch in England wirklich gelangt. Nach der mir in
                              Birmingham gegebenen Versicherung, und nach dem, was ich dort selbst beobachtete,
                              hat man die höchst complicirten Maschinen zur vollständigen Anfertigung der
                              Stecknadeln verlassen, und bedient sich jetzt nur zum Anköpfen selbstthätiger
                              Maschinen, während das Nichten, Schneiden und Zuspitzen der Drähte nach alter Art
                              auf dem Wege der Handarbeit und mit den auch bei uns längst bekannten Gerätschaften
                              verrichtet wird. Ich kann über diese Fabrication folgendes Nähere mittheilen.
                           In der von mir besichtigten Fabrik des Hrn. Palmer befanden sich 13 durch eine Dampfmaschine
                              zu betreibende Kopfmaschinen (heading machines) zu eben
                              so vielen Sorten oder Nummern der Nadeln. Ich bemerkte zwei etwas verschiedene
                              Constructionen: die eine wie es schien für große, die andere für kleine Nadeln. Die
                              großen machten 112, die kleinen 160 Köpfe in 1 Minute. Hiernach würden für die 10
                              Arbeitsstunden eines Tages beziehungsweise 67,200 und 96,000 Stück zu erwarten seyn;
                              ich erfuhr aber, daß man nur auf 40,000 bis 48,000 rechnete, wegen der
                              unvermeidlichen Störungen in der Thätigkeit der Maschinen. Macht die Maschine an
                              großen und mittleren Nadeln 40,000
                           
                              
                                 Köpfe in 10 Stunden, so erfordert sie zu
                                    einer Million
                                    Nadeln
                                 250 Stund.
                                 
                              
                                 Rechnet man hierzu (laut obig.) für
                                    Richten, Schneiden, Spitzenund abermaliges Zerschneiden der Drähte (35
                                    + 11 + 263 + 83)
                                 392   „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 so ergibt die Summe
                                 642 Stund.,
                                 
                              
                           
                           d.h. nicht eben viel mehr als die Zeit, welche eine der
                              complicirten und theuren Maschinen zur gänzlichen Anfertigung der Nadeln bedürfen
                              würde; immer aber noch unter der Hälfte jenes Zeitaufwandes, den die reine
                              Handarbeit nach der bei uns üblichen Art verlangt. Dazu kommt eine erhebliche
                              Ersparung an Arbeiterpersonal; denn da die Anfertigung und Befestigung von 1,000,000
                              gewöhnlicher Köpfe 970 Arbeitsstunden in Anspruch nimmt, so müßte man, um diese
                              Arbeit in Einem Tage zu vollbringen, 97 Personen anstellen, während 25 Maschinen von
                              25 Personen bedient und beaufsichtigt das Gleiche leisten würden, in der That aber
                              Ein Mädchen recht wohl 3 Maschinen überwacht.
                           Das Wesentliche und Gemeinschaftliche beider Arten Kopfmaschinen läßt sich mit
                              Nachstehendem kurz angeben: Die Nabeln werden regelmäßig – parallel und die
                              Spitzen alle nach Einer Seite hin gerichtet – in einen kleinen eisernen,
                              mühlrumpfartigen Trichter a, Fig. 27, gelegt, dessen
                              innere Breite gleich der Nadellänge ist. Darunter befindet sich eine eiserne Walze
                              b von etwa 1 1/2 Zoll Durchmesser mit vielen
                              Längenfurchen n, deren jede Eine Nadel aufzunehmen
                              vermag. Eine schrittweise Drehung dieser Walze führt Nadel nach Nadel heraus; eine
                              Zange ergreift die Nadel und führt sie, parallel mit ihrer ursprünglichen Lage
                              bleibend, vor eine größere Zange, in welche sie von einem auf die Spitze drückenden
                              horizontalen Stempel hineingeschoben wird. Sogleich schließt sich diese große Zange
                              und packt die Nadel fest, worauf der Kopfstempel drei
                              rasch nach einander folgende kleine Stöße gibt, und hierdurch den birnartigen Kopf
                              aufstaucht. Die zwei Stahlbacken, zwischen welchen die Nadel während dieser
                              Operation festgehalten wird, haben eine Versenkung, worin sich die conisch nach dem
                              Schafte zu verjüngte Unterseite des Kopfes bildet; auf dieser conischen Fläche
                              bemerkt man stets zwei feine einander gegenüberstehende Nähte, welche durch das
                              nicht völlig scharfe Zusammenschließen der Backen entstehen. Oeffnet sich nun ferner
                              die große Zange, so überläßt sie die fertige Nadel an eine zweite kleine Zange,
                              welche dieselbe wegführt und mit Hülfe einer besondern Vorrichtung fallen läßt.
                              Während dem aber ist eine folgende Nadel bereits auf dem Wege zur Kopfbildung, so
                              daß alle Theile des Mechanismus fortwährend ihre ineinandergreifenden Verrichtungen
                              ausüben.
                           Die Walze b unter dem Rumpfe a enthält zwei ringartig herumgehende tiefe Rinnen c, c, über welchen die in die Furchen n
                              gelangenden Nadeln hohl liegen, so daß sie hier von der Zange ergriffen werden
                              können. Die Bewegung des Kopfstempels und anderer Theile geschieht mittelst mehrerer
                              Excentrica auf einer horizontalen Welle, welche an einem Ende der Maschine quer
                              über dieselbe liegt, zum Theil unter Mitwirkung von Federn. Der Gedanke, das
                              Aufstauchen des Kopfes in drei Abschnitten durch eben so viele Stempelstöße zu
                              bewirken, scheint mir ein höchst glücklicher, denn die Regelmäßigkeit und Schönheit
                              des Kopfes hängt gewiß wesentlich davon ab. – Die Palmer'sche Fabrik verfertigt 13 Sorten Stecknadeln mit angestauchten
                              Köpfen; die größte Sorte ist 1 5/8 Zoll, die kleinste 9/16 Zoll lang. Ganz kleine
                              Nadeln von 3/8 Zoll Länge werden mit ebenfalls birnförmigen, aber aus Drahtwindungen
                              gemachten und aufgesetzten Köpfen versehen, weil hier die sehr geringe Dicke des
                              Nadelschaftes nicht genug Material zur Bildung eines gehörig großen Kopfes
                              darbietet.
                           Das Weißsieben der Nadeln (mit Weinstein und fein granulirtem Zinn in einem kupfernen
                              Kessel) wird genau so wie bei uns vorgenommen. Nachher werden sie mit Wasser gespült
                              und mit Kleie in einem schräg liegenden, durch die Dampfkraft der Fabrik um seine
                              Achse gedrehten hölzernen Kübel abgetrocknet. Dieser Kübel a,
                                 b, c, d,
                              Fig. 28, hat
                              im obern Boden etwa 1 Fuß, im untern ungefähr 1 1/2 Fuß Durchmesser, und eine Länge
                              von 2 Fuß. Das von dem Lager h getragene Stück e seiner eisernen Achse sitzt an dem abzunehmenden
                              Oberboden a, b fest; das andere Stück f der Achse ist mit dem Unterboden c, d verbunden und trägt ein conisches Zahnrad g, durch welches der Kübel seine drehende Bewegung
                              empfängt.
                           Zum Verkauf werden die Nadeln, wie auch in Deutschland mit den besseren Gattungen
                              üblich ist, reihenweise in Papierblätter (sogenannte Briefe) eingestochen. Die dabei
                              zum Einklemmen des vorläufig gefalteten Papiers dienenden Klammern sind von Eisen
                              (bei uns gewöhnlich von Holz), vor der Kante des Arbeitstisches angebracht und
                              werden durch einen federnden Haken fest geschlossen; auf ihrer obern Fläche
                              enthalten sie bekanntlich die regelmäßig angeordneten parallelen Querkerben, welche
                              zur Richtschnur bei Einstechung der Nadeln dienen. Diese geschieht durch kleine
                              Mädchen mit den Händen, in welchen ein ziemlicher Vorrath Nadeln auf einmal geordnet
                              gehalten wird. Um die geordnete Lage herbeizuführen, nimmt das Kind aus der
                              verwirrten Nadelmasse, die ihm im Schöße liegt, ein Paar tüchtige Prisen, und
                              schlägt sie in einen kleinen Hornkamm ein, so daß zwischen dessen Zähnen die Nadeln
                              vermöge ihrer Köpfe hängen bleiben. Aus diesem Kamme streift dann das Kind die
                              Nadeln mit den Fingern heraus, zwischen welchen es sie sogleich festhält. Der Kamm
                              ist 3 1/2 bis 4 Zoll lang, und gleicht einem gewöhnlichen mittelfeinen geraden
                              Frisirkamme. Es soll Ein Mädchen des Tages (10 wirkliche Arbeitsstunden) ungefähr 40,000
                              bis 48,000 Nadeln stecken – soviel als Eine Kopfmaschine liefert, siehe
                              oben.
                           Das Falten des Papiers wird von einer besondern Arbeiterin verrichtet, welche die
                              Blätter aber nicht sogleich zusammenbiegt, sondern nur die Knick- oder
                              Bruch-Linien darauf hervorbringt, indem sie drei Blätter über einander auf
                              ein mit eisernen dreikantigen Rippen versehenes Brett legt und mit einem,
                              entsprechende Furchen enthaltenden, eisernen Stempel darüber fährt. Zwei Rippen auf
                              dem Brette und zwei Furchen in dem Stempel erzeugen ein Zickzack im Papier wie Fig. 28 b, wornach das Papier weitergerückt und in der
                              gehörigen Entfernung ebenso ein zweites Zickzack verfertigt wird. Zu leichter
                              Einhaltung des richtigen Abstandes und der parallelen Lage aller dieser kleinen
                              Zickzackfalten werden jedesmal die eben angefertigten auf ein darneben auf dem
                              Brette befindliches anderes (aber gleiches) Paar Rippen gelegt.
                           
                              
                                 (Der Schluß folgt im nächsten Heft.)
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               
