| Titel: | Reise-Notizen; von Karl Karmarsch. | 
| Fundstelle: | Band 123, Jahrgang 1852, Nr. LXXIX., S. 418 | 
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                        LXXIX.
                        Reise-Notizen; von Karl Karmarsch.
                        Aus den Mittheilungen des hannoverschen
                           Gewerbevereins, 1851, Lief. 63.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        (Schluß von Seite 357 des vorhergehenden
                           Heftes.)
                        Karmarsch's Reise-Notizen.
                        
                     
                        
                           8. Ueber Verfertigung der Stahlfedern (stählernen
                              Schreibfedern.)
                           (Hierzu Fig. 16 bis 24 auf Tafel
                              VI.)
                           Ueber die Fabrication der Stahlfedern, obschon sie gegenwärtig einen sehr bedeutenden
                              Industriezweig, namentlich in Birmingham, bildetFolgende Betrachtung und annähernde Berechnung mag einen Begriff von der
                                    erstaunlichen Größe dieser Fabrication geben. In Hunt's Handbook to the official Catalogues
                                       of the great Exhibiton wird die in England jährlich in
                                    Schreibfedern wirklich umgewandelte Menge Stahl auf ungefähr 150 Tons =
                                    325,770 köln. Pfund geschätzt. Auf 1 Pfd. kann man, meinen Wägungen zufolge,
                                    durchschnittlich 1500 Stück Federn rechnen, was also eine jährliche
                                    Production = 488,655,000 Stück ergäbe. Die größte Fabrik in Birmingham, jene
                                    von Joseph Gillott, hat i. J. 1842 allein
                                    70,612,000 Stück verfertigt, im J. 1843 schon 105,125,493 Stück, und
                                    gegenwärtig wird ihr jährliches Erzeugniß auf 180 Millionen Stück angegeben,
                                    dazu sind etwas über 500 Personen (worunter 400 Mädchen) fortwährend
                                    beschäftigt. Nach diesem Verhältnisse berechnet, würde das Personal zur
                                    Fabrication obiger 488,655,000 Stück an 1400 Köpfe betragen; wahrscheinlich
                                    ist es aber größer, da nach der raschen Erweiterung von Gillott's Fabrik angenommen werden darf, daß
                                    jährlich in der That bedeutend über 489 Millionen
                                    Federn producirt werden., ist durch Druckschriften äußerst wenig bekannt. Ure gibt in seinem Dictionary of Arts, Manufactures
                                 and Mines (Artikel Steelpens) nur eine sehr
                              kurze und oberflächliche Notiz, welche aus Barlow's
                              Treatise on the Manufactures and Machinery of Great
                                 Britain geschöpft ist. C. Hartmann beschreibt in
                              seinem Encyklopädischen Wörterbuche der Technologie, Bd. II, Augsburg 1839, S.
                              594–595, eine Anfertigungsart der Stahlfedern, welche mit der in England
                              jetzt gebräuchlichen nichts gemein hat und im Vergleich mit derselben sehr
                              unvollkommen ist. Das von Neukrantz herausgegebene
                              Berliner Gewerbe-, Industrie- und Handelsblatt brachte vor mehreren
                              Jahren (im 10ten Bande, 1844, S. 175) einen Aufsatz von H. Weigert
                              jun. in Berlin, welcher weit lehrreicher ist, aber
                              ungeachtet eines sehr wesentlichen Zusatzes der Redaction, doch Vieles unberührt läßt und
                              selbst Einiges enthält, was auf Mißverständniß zu beruhen scheint. Endlich findet
                              sich in Dingler's polytechn. Journal (Jahrg. 1844, Bd. XCIV S. 260) die aus dem Repertory of Patent-Inventions übersetzte
                              Beschreibung einiger die Stahlfedernfabrication angehenden Erfindungen, für welche
                              Hincks, Wells und Finnemore zu Birmingham am 4. Januar 1844 ein Patent erhalten haben.
                              Andere nennenswerthe Nachrichten über den in Rede stehenden Industriezweig sind mir
                              nicht bekannt; und so mag der Umstand, daß die vorliegenden den Gegenstand nicht
                              entfernt erschöpfen, mich entschuldigen, wenn ich meinerseits Notizen mittheile,
                              welche zwar für sich genommen eben so wenig vollständig sind, aber theils
                              bestätigend, theils ergänzend und selbst einigermaßen berichtigend auftreten
                              können.
                           Ich benutze dabei, außer meinen eigenen Wahrnehmungen, einen kurzen aber
                              authentischen Artikel aus einer auf Veranlassung der Londoner
                              Industrie-Ausstellung erschienenen, die Birminghamer Fabriken betreffenden
                              Gelegenheitsschrift, welche mir von dem Verfasser – Hrn. W. C. Aitken in Birmingham –
                              mitgetheilt wurde.Ich kann obige Worte nicht niederschreiben, ohne den Ausdruck der
                                    lebhaftesten Erkenntlichkeit hinzuzufügen für die außerordentlich
                                    freundliche und entgegenkommende Art, in welcher Hr. Aitken – einsichtsvoller und
                                    höchst gewandter Dirigent der großen Metallfabrik von R. W. Winfield – nach meiner und Anderer
                                    Erfahrung fremde Besucher aufnimmt, die in der Absicht sich zu unterrichten
                                    nach Birmingham kommen.
                              
                           Die mir namentlich bekannten Stahlfedernfabriken Birminghams (außer welchen es noch
                              viele andere gibt) sind sieben an der Zahl, und ihre Firmen: Joseph Gillott, – William Mitchell, –
                                 John Mitchell, – Mason and Elkington, A. Kell and Comp., – M.
                                 Myers and Son. – Hincks, Wells and Comp. Die letztgenannte Fabrik,
                              in welche ich Zutritt erhielt, ist von ansehnlichem Umfange und beschäftigt
                              wenigstens ein Paar Hundert Personen. Als ich dieselbe besichtigte, ist es mir
                              gegangen, wie wahrscheinlich Hrn. Weigert auch: ich hatte nicht Gelegenheit, alle Arbeiten vollständig
                              und in der natürlichen Ordnung, wie sie beim Gange der Fabrication auf einander
                              folgen, zu sehen. Mehreres mußte daher errathen oder aus den gesammelten Proben
                              abgeleitet werden; und so blieb manche Lücke und manche Ungewißheit, welche man mir
                              nachsehen wird.
                           Das Material zu den Federn ist raffinirter Cementstahl; Gußstahl soll dazu nicht
                              tauglich seyn, was seinen Grund darin haben mag, daß derselbe beim Härten eine zu
                              große, hier gerade besonders übel angebrachte Sprödigkeit annimmt.Hincks, Wells und Finnemore haben sich (s. Dingler's polytechn. Journal Bd. XCIV S. 260) das Verfahren
                                    patentiren lassen, die zu den Federn dienenden kleinen Blättchen aus Eisenblech zu schneiden und hiernach durch
                                    Einsetzen (Glühen zwischen Kohlenpulver) erst in Stahl zu verwandeln. Ich
                                    weiß nicht, ob diese Methode wirklich in Ausübung ist, halte mich aber
                                    überzeugt, daß sie gute Federn nicht liefern kann, da das eingesetzte und nicht
                                    weiter bearbeitete Eisen jedenfalls zu brüchig seyn muß. Der Stahl wird in 3 bis 5 Fuß langen und 2 bis 3 Fuß breiten Blechtafeln aus
                              Sheffield bezogen; man zerschneidet diese Tafeln in Streifen, befreit sie durch
                              Abbeizen von Zunder, und walzt sie zu der erforderlichen geringen Dicke aus, welche
                              für die gewöhnlichsten Federngattungen den 120sten bis 100sten Theil eines
                              hannoverschen Zolls, für einige starke Sorten noch etwas mehr beträgt. Ich sah einen
                              eigenen Apparat, womit man das Blech auf feine Dicke untersucht, und auf die gleiche
                              Stärke an verschiedenen Stellen der Tafeln prüft. Fig. 16 ist eine flüchtig
                              und nur aus dem Gedächtnisse entworfene Skizze hiervon.
                           a, a bezeichnet den senkrechten Durchschnitt eines
                              Tischblattes, durch dessen Oeffnung eine stählerne Walze oder Scheibe b – von etwa 2 1/2 Zoll Durchmesser und ein
                              Achtelzoll Dicke oder Breite – oben ganz wenig hervorragt. Eine gleiche
                              Scheibe c ist in einer Gabel an dem krummen, um d drehbaren, eisernen Hebel d, e,
                                 f angebracht, der mit dem Ende f gegen den
                              kurzen Arm des Fühlhebels g, h wirkt. Letzterer bildet
                              in h den Zeiger auf einem Gradbogen. i bedeutet eine Gabel, welche den großen Hebel bei
                              feinem Auf- und Niedersteigen leitet und ihn von Seitenschwankungen abhält;
                              k eine Feder für den Fühlhebel g, h, wodurch derselbe in steter Berührung mit l gehalten wird. Der Hebel d, e,
                                 f sinkt vermöge seines eigenen Gewichts bis zur Berührung der Scheibe c mit b oder mit einem
                              zwischen beiden Scheiben eingebrachten Gegenstande. Die Prüfung des Blechs
                              geschieht, indem man dasselbe zwischen den Scheiben durchschiebt. Ich fand den
                              Apparat in verschiedenem Maaßstabe ausgeführt; bei dem größten Exemplare hatte der
                              Hebel d, e, f ungefähr 2 Fuß Länge und wohl 3 bis 4 Zoll
                              Breite oder Höhe. Da die Scheibe c etwa t Fuß weit vom Drehpunkte d
                              des Hebels entfernt ist und nur dünne Bleche gemessen werden, so ist die bei
                              verschiedenen Blechdicken unvermeidlich erfolgende Schiefstellung der oberen Scheibe
                              so gering, daß sie vernachlässigt werden kann. Dagegen wird die größte Sorge zu
                              tragen seyn, daß die beiden Scheiben aufs Genaueste rund gedreht sind und auch ganz
                              richtig rund laufen.
                           
                           Nachdem die dünnen Stahlblechstreifen in einer Breite von etwas weniger als der
                              doppelten Länge der daraus herzustellenden Federn vorgerichtet sind, folgen die
                              einzelnen Operationen in nachstehender Ordnung auf einander:
                           1) Das Ausschneiden. – Blättchen (blanks oder flats genannt),
                              von der Gestalt und Größe, wie sie zur Anfertigung der Federn nöthig ist, werden aus
                              dem Bleche in solcher Weise geschnitten, daß von letzterem möglichst wenig in Abfall
                              kommt. Man bildet deßhalb aus einem Blechstreifen zwei Reihen Blättchen, mit den
                              Spitzen gegen einander gewendet und zwischen einander hineingreifend.
                           Eine Probe des hiernach übrig bleibenden Bleches ist in Fig. 17 abgebildet; eine
                              zweite von Federn anderer Form, in Fig. 18 (beide in der
                              wirklichen Größe und mit den zufälligen Ungenauigkeiten copirt, weßhalb in Fig. 17 die
                              Oeffnungen ein wenig schief gegen den geraden Blechrand stehen, und in Fig. 18 die
                              Spitzen der einen Reihe nicht völlig in der Mitte zwischen den Spitzen der andern
                              Reihe liegen). 1 und 2 in diesen beiden Zeichnungen geben die Gestalt sowohl der
                              herausgeschnittenen Blättchen als der davon entstandenen Oeffnungen an; diese beiden
                              Formen kehren in Fig. 21, 22, 24 auf einer vorgerückten Stufe der Bearbeitung wieder, dagegen zeigen
                              Fig. 19,
                              20 zwei
                              andere Formen unmittelbar nach dem Ausschneiden, und Fig. 23 ist wieder eine
                              verschiedene Form, an der schon die Wirkung einer späteren Operation sichtbar wird.
                              Fig. 19
                              ist das Blättchen zu einer Rohrfeder (barrel pen),
                              dessen oberer breiter Theil später zu einem cylindrischen Rohre (darre!)
                              zusammengerollt wird, damit man einen Stiel von Holz hineinstecken kann.
                           Ungeachtet der sparsamsten Benutzung des Bleches ist doch der Antheil desselben,
                              welcher in sogenannten Schroten (wie Fig. 17, 18) zurückbleibt, nicht
                              unbeträchtlich; nach genauen vergleichenden Wägungen beläuft er sich bei Fig. 17 auf 41
                              Proc., bei Fig.
                                 18 auf 25 Proc., so daß man aus 101) Pfd. Blech im ersteren Falle nur 59,
                              im letzteren Falle 75 Pfd. Blättchen oder Federn bekommt.
                           Die Maschine zum Ausschneiden ist ein sogenannter Durchstoß von bekannter Bauart, mit
                              startsteigender Schraube (zweifachem Gewinde) und einem oben an letzterer
                              befestigten Schwengel mit zwei Schwungkugeln. Der hierin gebrauchte Stempel und
                              dessen Matrize mit dazu passender Oeffnung haben eine Beschaffenheit, welche sich
                              errathen läßt, wenn man den bei so vielen anderen Gelegenheiten in der
                              Blechverarbeitung gebräuchlichen Durchstoß (Durchschnitt) und seine Wirkungsweise
                              kennt. Jeder Stoß
                              schneidet zwei oder sogar mehrere Blättchen auf einmal aus; daher ist Weigert's Schätzung, daß das die kleine Maschine
                              bedienende Mädchen in einer Minute an 300 Stück liefern könne, nicht
                              übertrieben.
                           2) Das Durchlöchern und Einschlitzen. – Die jetzt
                              gebräuchlichen Stahlfedern enthalten der Regel nach im Schnabel (siehe Fig. 21, 22, 23) ein
                              längliches Loch a und ein Paar Seitenspalte b, c, b, c, welche letztere vom Rande anfangend, auf
                              eine größere oder geringere Tiefe hineinreichen. Hierdurch wird die Steifheit der
                              Feder gemildert und sie an Biegsamkeit und Elasticität einer Gänsefeder näher
                              gebracht, obschon ihre Breite groß genug bleibt, um die nöthige Menge Tinte zu
                              fassen.
                           Perry, der (im J. 1830) diese wesentliche Verbesserung
                              erfand, hat gerade dadurch die allgemeine Anwendung der Stahlfedern möglich gemacht,
                              deren dieselben gegenwärtig sich erfreuen.
                           Das Loch und die zwei Schlitze oder Seitenspalte werden gleichzeitig in Einer
                              Operation hervorgebracht. Die dazu dienliche Maschine ist jener zum Ausschneiden
                              (1ste Operation) im Allgemeinen gleich; nur wird jetzt jedes Blättchen einzeln
                              behandelt, wobei dessen nöthige Lage dadurch erreicht und gesichert wird, daß man es
                              mit dem Schnabel e, d, e in den gleichgestalteten
                              Winkelausschnitt einer auf der Matrize angebrachten Erhöhung einschiebt. Der
                              Oberstempel dieses zweiten Durchschnittes hat in zweierlei Weise zu wirken: zur
                              Bildung des Loches nämlich muß er ein entsprechendes kleines Stückchen Stahl
                              herausstoßen, was mittelst eines gleichen Loches in der Matrize auf die gewöhnliche
                              und hier keiner Erklärung bedürftigen Art geschieht; die Seitenspalte aber sind
                              Schnitte, welche eine Trennung des Metalls bewirken, ohne das mindeste Theilchen
                              davon wegzunehmen. Für diesen letzteren Zweck müssen demnach Oberstempel und Matrize
                              völlig nach Art der beiden Blätter einer Schere zusammenwirken. Es wird dieß
                              erreicht, indem für jeden der beiden Spalte auf dem Oberstempel eine kleine Erhöhung
                              angebracht ist, deren nach der Linie bc laufende
                              rechtwinkelige Kante sowohl über b als c noch etwas hinausragt, d.h. länger ist als der zu
                              machende Schnitt, zugleich aber nicht in einer horizontalen Ebene liegt, sondern von
                              c nach b ganz wenig
                              ansteigt. Auf der horizontalen Fläche der Matrize befindet sich ein Ausschnitt,
                              dessen rechtwinkelige Kante gleichfalls nach der Linie bc gerichtet ist, so daß an ihr beim Niedergange des Oberstempels die
                              Kante des letzteren mit genauester Berührung vorbeistreift. Vermöge der erwähnten
                              geneigten Lage der Schneiden am Oberstempel fängt die Bildung des Schnittes am Rande
                              des Stahlblättchens in c an, und setzt sich –
                              gerade wie beim Einschneiden mit einer gewöhnlichen Schere der Fall seyn würde
                              – von hier bis b fort. Die beiden außerhalb der
                              Schnittlinie bc liegenden Flügel bce werden hierbei ein wenig aus der Ebene des
                              Plättchens heraus nach unten gebogen, was aber bei der ferneren Bearbeitung nicht
                              hinderlich ist, namentlich beim Hohlbiegen der Feder von selbst sich verliert.
                           Es gibt auch Federn, welche statt der Seitenspalte wirkliche offene (wiewohl sehr
                              schmale) Schlitze enthalten: Fig. 24 zeigt ein
                              Beispiel dieser Art. Da solche Schlitze durch Herausstoßen eines Streifchens
                              entstehen, wie das ringsum begränzte Loch in der Mitte, so ist die Einrichtung des
                              Oberstempels und der Matrize hierzu mit jener für das Mittelloch
                              übereinstimmend.
                           3) Das Ausglühen (annealing).
                              – Um die so weit in der Bearbeitung fortgeschrittenen Blättchen recht weich
                              und für die nächstfolgenden zwei Operationen geschmeidig zu machen, werden sie jetzt
                              – eine sehr große Anzahl zusammen – in einer Muffel schwach
                              rothglühend gemacht und dem langsamen Erkalten überlassen; sie laufen dabei, durch
                              Bildung einer geringen Menge Oxyd auf ihren Oberflächen, schwärzlich an.
                           4) Das Prägen (stamping).
                              – Der Name der Fabrik, die Benennung der Federn-Sorte, wohl auch eine
                              Zeichnung (z.B. eine kleine Napoleons-Figur, wie ich in einem Falle sah),
                              wird nun aufgeprägt oder gestampft, wozu das Blättchen einen kurzen, aber kräftigen
                              Stoß zwischen einem Relief-Oberstempel und einem, durch Abdruck desselben
                              entstandenen, vertieften Unterstempel zu erleiden hat. Zum richtigen Auflegen auf
                              den letzteren dient wieder die schon bei der zweiten Operation beschriebene
                              Einrichtung; allein die Prägmaschine wirkt nicht mittelst einer Schraube, sondern
                              ist ein kleines, auf dem Arbeitstische stehendes Fallwerk, worin der Oberstempel an einem schweren Eisenkörper befestigt ist,
                              welcher durch Schnur, Hebel und Fußtritt gehoben, dann zur Ausübung des Stoßes dem
                              Niederfallen überlassen wird. – In Ansehung der Fabrik-Firmen mag
                              bemerkt werden, daß die Birminghamer Fabriken durchaus nicht darauf bestehen, ihr
                              Product mit ihrem eigenen Namen versehen in die Welt zu schicken, sondern gerne
                              bereit sind, jenen des Bestellers aufzuprägen, wornach man denn in Birmingham Federn
                              mit deutschen, belgischen und anderen Personen- und Ortsnamen machen sieht;
                              ein Umstand, welcher erkennen läßt, was man von angeblichen
                              Stahlfedern-Fabriken außerhalb Englands in der Regel zu halten hat.
                           
                           Das Hohlbiegen. – Bis zu diesem Zeitpunkte waren
                              die Blättchen immer noch flach. Die rinnenartige (fast oder völlig halbcylindrische)
                              Biegung wird ihnen nach dem Prägen in einer kleinen Schraubenpresse gegeben, welche
                              im Allgemeinen der Construction einem Durchschnitte oder einer starken Siegelpresse
                              gleicht, aber einen halbcylindrisch convex gerundeten Oberstempel und eine Matrize
                              oder einen Unterstempel mit entsprechender halbcylindrischer Vertiefung enthält. In
                              letztere wird ein Blättchen nach dem andern horizontal eingeschoben, wornach man auf
                              jedes durch eine rasche Wendung der Schraubenspindel einen Stoß mit dem Oberstempel
                              gibt. Diese Arbeit erfordert wenig Kraft und geht daher sehr schnell von statten.
                              – Soll die Feder ein Rohr zum Einstecken eines hölzernen Stiels bekommen, so
                              findet das Rollen desselben auch in diesem Zeitpunkte der Fabrication statt. Das für
                              diesen Fall wie Fig. 19 gestaltete Blättchen erlangt durch denselben Stoß, welcher dem
                              übrigen Theile die rinnenartige Gestalt gibt, auch an seinem obern breiten Theile
                              m, n, p, o den Anfang der Biegung, wodurch die Form
                              U herauskommt, nämlich die Seitentheile des Bleches
                              fast parallel in die Höhe gerichtet werden; dann aber wendet man, um die
                              Kreisbiegung zu vollenden und die Ränder m, o, n, p an
                              einander zu schließen, eine zweite Presse an, in welcher der Oberstempel eben sowohl
                              wie der Unterstempel eine halbcylindrische Vertiefung enthält, so daß die Aushöhlung
                              des Oberstempels die gedachten Ränder nach innen und gegen einander treibt, und
                              schließlich aus den Linien mn und op richtige Kreise entstehen.
                           6) Das Härten. – Die Federn – welche nun,
                              den Hauptspalt abgerechnet, rücksichtlich ihrer Gestalt gänzlich vollendet sind,
                              werden gehärtet, indem man eine große Menge derselben auf einmal in flachen
                              Eisenblechgefäßen unter einer Muffel rothglühend macht, und dann schnell in ein
                              Gefäß voll Oel ausschüttet. Diese Arbeit erfordert, wie leicht zu erachten, bei so
                              zarten und kleinen Gegenständen eine große Gewandtheit und Behutsamkeit, in deren
                              Ermangelung die Federn durch das Glühen leicht verbrannt und gänzlich verdorben
                              werden könnten. (Vom Härten spricht, auffallender Weise, Weigert gar nicht, oder er
                              scheint es vielmehr mit dem schließlichen Firnissen – siehe unten –
                              verwechselt zu haben, wodurch seine Nachricht in dieser Beziehung ganz undeutlich
                              wird.)
                           7) Das Entfetten. – Das den Federn nach dem Härten
                              anhängende Oel wird dadurch beseitigt, daß man dieselben in einem um seine Achse
                              gedrehten eisenblechernen Cylinder anhaltend schüttelt (ohne Zweifel mit Zusatz von
                              Sägespänen oder feinem trockenem Sande).
                           
                           8) Das Scheuern (scouring).
                              – Sodann folgt das Blankscheuern, wodurch die vom Ausglühen (3te Operation)
                              entstandene und beim Härten (6te Operation) vermehrte Oxydkruste weggeschafft, die
                              reine Farbe des Stahls zum Vorschein gebracht wird. Man bedient sich hierzu
                              ebenfalls eines um seine Achse gedrehten Cylinders, in welchen die Federn nebst
                              feinem scharfem Sande, zerstoßenen Schmelztiegelscherben und dergl. eingefüllt und
                              wohl 3 bis 4 Stunden lang bearbeitet werden. Um hierbei das Durcheinanderrütteln der
                              Federn mit dem Scheuermaterial gehörig zu bewirken, wird es nöthig seyn, im Innern
                              des Cylinders rundherum Längenrippen oder eine ähnliche Vorrichtung anzubringen. Barlow gibt an, daß der Cylinder (der 3 Fuß Länge und 9
                              Zoll Durchmesser habe) an seinen beiden Enden an Krummzapfen aufgehangen sey, durch
                              deren Drehung er wechselweise gehoben, gesenkt, vor- und rückwärts geschoben
                              werde. Die Thür zum Füllen und Entleeren des Cylinders ist in der Mitte seiner
                              Länge. – Ich selbst habe den Scheuerapparat nicht zu sehen bekommen.
                           9) Das Schleifen (grinding).
                              – Um die Spitze nöthigenfalls zu berichtigen, hauptsächlich aber um dem
                              Schnabel eine größere Biegsamkeit zu verleihen, wird nun jede Feder einzeln
                              vorgenommen und einige Augenblicke an eine rasch umlaufende Schmirgelscheibe
                              gehalten. Dieses Anhalten erfolgt in solcher Weise, daß auf der äußern (convexen)
                              Seite des Schnabels zuerst feine Schleifstriche nach der Länge, dann theilweise
                              dergleichen in die Quere entstehen, wie man an den käuflichen Federn sehen kann.
                              Durch dieses Abschleifen wird der vorderste Theil der Feder etwas dünner, folglich
                              biegsamer.
                           10) Das Anlassen. – Sehr oft kommen die Stahlfedern
                              blau oder gelb angelaufen in den Handel. Diese Farben ruft man durch Erhitzen
                              hervor, indem man eine große Menge Federn in einen eisernen Cylinder gibt, der dann
                              wie eine große Kaffeetrommel über Holzkohlen feuer um seine Achse gedreht wird, bis
                              die gewünschte Farbe erscheint. Diese Behandlung mildert zugleich die Sprödigkeit
                              der Federn. Ich bin ungewiß, ob die nicht angelaufenen (mit natürlicher Stahlfarbe
                              in den Handel gebrachten) Federn überhaupt nicht angelassen werden, oder ob man sie
                              anläßt und nachher noch einmal blank scheuert; vermuthlich schlägt man bald das
                              eine, bald das andere Verfahren ein, das letztgenannte ist jedenfalls das
                              bessere.
                           11) Das Spalten (slitting).
                              – Jetzt erst wird der Hauptspalt gebildet, welcher von der Spitze d (Fig. 21, 22, 23) bis in das Loch a
                               sich erstreckt. Weigert hat den Zeitpunkt, wo man den Spalt macht,
                              unrichtig aufgefaßt und zu früh gesetzt; ich kann wenigstens nicht glauben, daß es
                              Fabriken gebe, welche das Spalten vor dem Schleifen und
                              Härten stattfinden lassen. Es ist nach meiner Ueberzeugung höchst wesentlich, daß
                              die ganze Bearbeitung vorgenommen werde, während die Feder noch ungespalten ist,
                              denn im entgegengesetzten Falle würden nicht nur Beschädigungen weit leichter
                              eintreten, sondern auch ein Verziehen der zwei Spitzentheile beim Härten zu fürchten
                              seyn, wogegen keine genügende Abhülfe vorläge.
                           Die zum Spalten dienende Maschine (slitter genannt) ist
                              wieder nach Art des Durchschnitts oder der Stoßpresse in den Operationen 1, 2, 5
                              gebaut, wirkt nämlich ebenfalls mittelst einer an ihrem Schwengel umgedrehten
                              Schraube mit stark steigendem Gewinde. Stempel und Matrize sind in Einrichtung und
                              Wirkungsart wesentlich übereinstimmend mit denjenigen Theilen, welche in der 2ten
                              Operation die Seitenspalte der Federn erzeugen. Der Redacteur des Berliner
                              Gewerbeblattes hat über diesen Punkt eine sehr treffende Anmerkung zu Weigert's Aufsatz gemacht.
                           Ich beobachtete, daß die gespaltenen Spitzen völlig unverbogen aus der Maschine hervorgehen; die Elasticität der Federn
                              (welche ja nun gehärtet sind, weßhalb der Fall nicht mit dem bei Bildung der
                              Seitenspalte in Operation 2 zu vergleichen ist) reicht nämlich hin zu bewirken, daß
                              die beim Spaltungsproceß niedergedrückte Hälfte des Schnabels von selbst sich wieder
                              aufrichtet und mit der andern Hälfte gleichstellt, wie man sich durch einen
                              einfachen Versuch mit einer käuflichen Feder überzeugen kann.
                           12) Das Firnissen oder Lackiren. – Manche Sorten
                              Stahlfedern (gewiß nicht alle, wahrscheinlich nicht einmal die meisten) werden zur
                              Verschönerung, namentlich zur Erhöhung des Glanzes, wohl auch um das Rosten zu
                              erschweren, mit einem Firnisse überzogen. Ich kann darüber nichts anführen, als was
                              Aitken ganz kurz bemerkt. Er sagt, man gebrauche eine
                              Auflösung von Schellack (lac) in Naphtha, welcher
                              letztere Ausdruck wohl ohne Zweifel „Holzgeist“ bezeichnen
                              soll, da dieses eine dem Weingeist ähnliche, in England statt des letztern viel
                              gebrauchte, und zur Auslösung des Schellacks geeignete Flüssigkeit ist. Durch
                              Erwärmung wird der Firniß auf den Federn getrocknet.
                           Die Fabrication der Stahlfedern ist, wie man aus vorstehender kurzer Darstellung
                              ersieht, aus einer ziemlichen Anzahl auf einander folgender Operationen
                              zusammengesetzt, wodurch sie bei dem nöthigen bedeutenden Umfange eines derartigen Geschäfts eine große
                              Menge Maschinen und arbeitende Personen in Anspruch nimmt. Um in diesen beiden
                              Beziehungen zu sparen und die Fabrication zu beschleunigen, haben Hincks und Wells in Birmingham
                              Maschinen entworfen, welche selbstthätig wirken, also der Menschenhand gar nicht
                              oder nur zum Vorlegen des Materials bedürfen (siehe polytechnisches Journal Bd. XCIV S. 261–263), zum Theil auch
                              mehrere der zur Federnbildung nöthigen Operationen in unmittelbarer Aufeinanderfolge
                              verrichten. Namentlich sollte letzteres bei einer Maschine der Fall seyn, welche in
                              einem von ihr selbst schrittweise eingezogenen Blechstreifen die Fabrik-Firma
                              prägt, das Mittelloch durchstößt, die Seitenspalte einschneidet, endlich nach diesen
                              Vorbereitungen die Blättchen ausschneidet. Eine andere selbstthätige Maschine wurde
                              zum Hohlbiegen der Federn bestimmt. Ungeachtet es gerade die Fabrik der genannten
                              Herren war, welche ich besichtigte, so war doch von jenen Erfindungen (für mich
                              wenigstens) nichts sichtbar. Ob hieran Zurückhaltung Ursache war, oder ob anzunehmen
                              ist, daß die patentirten Maschinen sich nicht bewährt haben, muß ich unentschieden
                              lassen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
