| Titel: | Ueber die Bereitung des Fleischzwiebacks; von Prof. Siemens in Hohenheim. | 
| Fundstelle: | Band 123, Jahrgang 1852, Nr. LXXXVII., S. 459 | 
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                        LXXXVII.
                        Ueber die Bereitung des Fleischzwiebacks; von
                           Prof. Siemens in
                           Hohenheim.
                        Aus Riecke's Wochenblatt, 1852, Nr. 11.
                        Siemens, über Bereitung des Fleischzwiebacks.
                        
                     
                        
                           Aus Veranlassung der in öffentlichen BlätternPolytechn. Journal Bd. CXXII S. 308
                                    und in diesem Bande S. 248. erwähnten Bereitung des sogenannten Fleischzwiebacks, der namentlich in
                              Amerika eine größere Verbreitung gefunden hat und als geeignetes Mittel zur längeren
                              Aufbewahrung und leichten Transport eines kräftigen Nahrungsmittels erscheint,
                              wurden in der hiesigen technischen Werkstatt einige Versuche darüber angestellt,
                              deren Resultate wir hier mittheilen.
                           Aus 12 Pfund gutem Rindfleische wurden zunächst auf gewöhnliche Weise etwa 1 1/2 Maaß
                              Fleischbrühe gekocht, die vom Fleische getrennt nach dem Erkalten von allem Fett
                              befreit werden konnte. Da eine kleine Probe zeigte, daß die Brühe von dieser
                              Consistenz zum Auskneten noch zu viel Mehl erfordere, so wurde dieselbe bis auf zwei
                              Schoppen abgedampft und dann noch heiß mit so viel feinem Mehle (6 Pfd.) vermischt,
                              bis daraus ein Teig zu gewinnen war, welcher die Konsistenz des gewöhnlichen
                              Nudelteigs zeigte. Aus diesem wurden runde, etwa 1 Fuß große und 1 Linie dicke Kuchen oder
                              Zwiebäcke gewellt, die man in einem nicht sehr heißen Backofen so lange dörrte, bis
                              sie leicht zu zerbrechen waren und ganz die Beschaffenheit des ungesäuerten Brods
                              (Matzen) der Juden hatten. Das Gewicht des hierdurch gewonnenen Zwiebacks betrug circa 6 Pfd. Das von der Brühe getrennte Fleisch wurde
                              sammt Knochen in einem Papinianischen Topfe nochmals mit Wasser bei einem Drucke von
                              zwei Atmosphären oder einer Temperatur von 96° R. 4–5 Stunden gekocht,
                              die davon gewonnene Brühe, nach Abscheidung des Fetts,An Fett wurden zusammen 3/4 Pfd. gewonnen, dessen Werth mit den
                                    zurückbleibenden Knochen und Fleischrückständen höchstens auf 8 kr. zu
                                    veranschlagen ist. auf 3/4 Schoppen abgedampft und mit zwei Pfd. Mehl vermischt, was ein
                              gleiches Gewicht Zwieback lieferte.
                           Da das Fleisch und die Knochen noch nicht völlig ausgenutzt erschienen, obgleich
                              letztere schon so weit erweicht waren, daß sie mit dem Nagel leicht zu ritzen waren,
                              so wurden sie nochmals mit Wasser in den Papinianischen Topf gebracht, wobei aber
                              kein Resultat zu erhalten war, weil ein zeitiges Nachfüllen des verdampften Wassers
                              versäumt wurde, was ein Anbrennen verursachte. Die durch Wasser noch erhaltene
                              Lösung zeigte sich ganz leimartig und bildete mit Mehl keinen zähen Teig.Schon die durchs zweite Sieden erhaltene Lösung lieferte einen minder
                                    schmackhaften Zwieback, so daß eine weitere Benützung des Fleisches für
                                    diesen Zweck nicht ausführbar scheint; es müßte denn das Fleisch zuvor von
                                    seinen Leim liefernden Theilen, den Knorpeln, Bändern und Sehnen, ganz
                                    befreit werden, wie dieß auch bei der Bereitung des amerikanischen Zwiebacks
                                    angegeben ist, indem dort nur die „reinen
                                       Fleischtheile“ dazu verwendet werden sollen, was die Sache
                                    hier sehr vertheuern würde. Zweckmäßiger scheint es, das Auskochen nicht bis
                                    zur Bildung des Leims fortzusetzen und diesen dann aus den Rückständen noch
                                    zu bereiten.
                              
                           Ferner wurden zum Versuch, ob das Fleisch der von der Egelkrankheit befallenen Schafe
                              noch eine Benutzung zu solchem Fleischzwieback zulasse, zwei schon bedeutend
                              erkrankte Jährlinge, die zusammen, ohne die Köpfe, nur 23 Pfd. wogen, gekocht. Nach
                              etwa vierstündigem Sieden zeigte das Fleisch schon einen solchen Grad von Weiche,
                              daß, um ein völliges Verkochen zu verhüten, die Flüssigkeit davon abgegossen wurde.
                              Es waren dieß etwa 6 Maaß, die, nach dem Erkalten von dem wenigen Fett befreit, bis
                              auf 1 1/2 Maaß weiter eingekocht wurden und erkaltet eine sehr consistente
                              grünlichgraue Gallerte bildeten. Von dieser Gallerte wurde nur eine kleine Portion
                              wieder erhitzt und mit Mehl vermischt, was etwa 1 Pfund Zwieback lieferte, der eine
                              wenig einladende
                              grünlichgraue und wässerige Farbe besitzt, während der vom Rindfleische gewonnene
                              die schöne gelbbraune Farbe des Weißbrods zeigt, wie denn auch die gewöhnliche
                              Bouillon von Hammelfleisch eine viel blassere Farbe zeigt als die von Rindfleisch,
                              was sich bei einem weiter angestellten Versuche mit der Verwendung von ganz gesundem
                              guten Hammelfleische zu diesem Zwieback bestätigte.
                           Man beabsichtigte das zurückgebliebene Hammelfleisch, welches Tags darauf nicht
                              gleich nochmals gekocht werden konnte, am zweiten Tage weiter zu verwenden, es war
                              jedoch bereits so übelriechend geworden, daß man es nicht mehr benutzen konnte. Da
                              selbst das frische Fleisch durch seine wässerige Beschaffenheit und durch einen
                              unangenehmen Geruch kein günstiges Resultat erwarten ließ, so wird eine Benutzung
                              des Fleisches der erkrankten Thiere nicht zu empfehlen seyn. Ueberhaupt ergibt der
                              vorgenommene Versuch in ökonomischer Rücksicht unter unsern Verhältnissen kein ganz
                              günstiges Resultat, denn wenn auch im Großen aus 12 Pfd. Fleisch und 8 Pfd. Mehl
                              etwas mehr als 8 Pfd. Zwieback gewonnen werden könnten, so sind die Ausgaben für
                              diese Materialien, namentlich der zum Abdampfen der Fleischbrühen erforderliche
                              Aufwand an Brennmaterial und Arbeit doch zu hoch, um einen Nutzen zu
                              versprechen.
                           Der Aufwand für obige 8 Pfd. Fleischzwieback berechnete sich hier auf circa 3 fl.
                              oder 22 1/2 kr. per Pfund, wobei
                           
                              
                                 für
                                 12 Pfd. Fleisch, nach Abzug des
                                    gewonnenen   Fetts noch 11 Pfd., à 7 kr.
                                 1
                                 fl.
                                 17
                                 kr.
                                 
                              
                                  „
                                   8 Pfd. Mehl à 6 kr.
                                 –
                                 „
                                 48
                                 –
                                 
                              
                                  „
                                 Salz und Kräuter
                                 –
                                 „
                                   2
                                 –
                                 
                              
                                  „
                                 Brennmaterial
                                 –
                                 „
                                 20
                                 –
                                 
                              
                                  „
                                 Arbeitslohn und Backen
                                 –
                                 „
                                 24
                                 –
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 zusammen
                                 2
                                 fl.
                                 51
                                 kr.
                                 
                              
                           zu verrechnen sind.
                           Nach einem weitern Versuche liefern 4 Loth dieses Zwiebacks einen Schoppen ziemlich
                              consistenter Suppe, wonach der Schoppen auf 2–3 kr. kommen würde; da aber zur
                              Sättigung eines Arbeiters mindestens zwei Schoppen nöthig seyn werden, so ist die
                              Portion auf 5–6 kr. zu berechnen. Wenn nun auch der Preis durch die
                              Anfertigung im Großen, durch billigeres Fleisch, Mehl und Benutzung der Abfälle auf
                              4–5 kr. zu vermindern wäre, so wird doch eine Haushaltung ihre billigste
                              Mahlzeit für einen noch geringeren Preis herstellen können. Nur für die Fälle der Roth böte
                              dieser Zwieback wohl das beste Mittel, eine kräftige und gesunde Nahrung unter eine
                              entferntere hungernde Bevölkerung, wie wir sie leider
                              in vielen Gegenden des Landes gegenwärtig finden, auf eine höchst einfache Art
                              passend zu vertheilen, was seine Anfertigung im Großen und seine Vertheilung weiter
                              versuchen ließe.