| Titel: | Beschreibung einer in der mechanischen Werkstätte der Augsburger polytechnischen Schule ausgeführten Nähmaschine zum Zusammennähen der Stücke in Kattundruckereien, Bleichereien etc.; von Prof. C. Walther. | 
| Autor: | C. Walther | 
| Fundstelle: | Band 129, Jahrgang 1853, Nr. VII., S. 13 | 
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                        VII.
                        Beschreibung einer in der mechanischen Werkstätte
                           der Augsburger polytechnischen Schule ausgeführten Nähmaschine zum Zusammennähen der
                           Stücke in Kattundruckereien, Bleichereien etc.; von Prof. C. Walther.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              I.
                        Walther, Beschreibung einer Nähmaschine.
                        
                     
                        
                           Die Arbeit des Zusammenhängens der einzelnen rohen Kattunstücke, wie solche vom
                              Webstuhle kommen, zu einem einzigen langen Bande, welches nach dem Laugen in den
                              Kufen, die Walzenapparate zum Waschen, Säuern etc. zu passiren hat, wird in neuerer
                              Zeit auch schon in vielen deutschen Fabriken durch Maschinen vollbracht, und zwar
                              viel schneller und pünktlicher, als dieß früher beim Nähen von Hand geschehen
                              konnte. Solche Nähmaschinen sind äußerst einfach, und leicht herzustellen, weßhalb
                              ihre Beschreibung Manchem von Nutzen seyn möchte.
                           Die Figuren 16
                              bis 19 zeigen
                              die Maschine im vierten Theile der natürlichen Größe, und zwar Fig. 16 von der Seite des
                              Arbeiters mit dem Nadelträger und einem Theile des Tisches im Durchschnitte; Fig. 17 ist
                              der vollständige Grundriß derselben; Fig. 18 ein Durchschnitt
                              durch die Räderachsen, und Fig. 19 eine Stirnansicht
                              der auf den Tisch aufgeschraubten Führungsleisten mit dem zwischen denselben
                              gleitenden Schieber.
                           Das ganze Gestell der Nähmaschine besteht aus einem einfachen eisernen Winkel A, welcher mit zwei Schrauben auf dem Tische befestigt
                              ist, auf dem die Arbeit des Nähens vorgenommen werden soll. In dem Winkel A sind zwei metallene, cylindrisch ausgebohrte Hülsen
                              B durch Schraubenmuttern C befestigt, und erstere dienen den Achsen der beiden Räder D als Lager. Beide Räder sind auf den Achsen fest, und
                              wie gewöhnlich mit einander im Eingriffe, nur sind ihre Zähne so weit ausgefeilt,
                              daß zwischen denselben noch leicht ein drei- oder vierfach zusammengelegtes
                              Kattunstückchen
                              durchgehen kann. Auf die etwas längere Achse des untern Rades ist eine Kurbel E aufgesteckt, durch welche die beiden Räder in Bewegung
                              gesetzt werden. Legt man nun die beiden zu vereinigenden Enden zweier Kattunstücke
                              auf einander, und läßt dieselben zwischen den Rädern durchlaufen, so werden sie nach
                              der Form der Radzähne in Falten gelegt werden, und es bleibt sonach nichts zu thun
                              übrig, als diese Falten auf eine Nadel aufzufassen, und dafür zu sorgen, daß die
                              Tuch enden schön geradlinig den Rädern zugeführt werden, damit auch die Naht gerade
                              wird.
                           Das erstere geschieht dadurch, daß man eine, oder wenn zwei Nähte gefordert werden,
                              zwei Nadeln so vor den Rädern anbringt, daß der gefaltete Zeug sich von selbst auf
                              die Nadelspitze schiebt. Da nun aber die Falte am regelmäßigsten und schönsten ist,
                              während sie gerade zwischen den beiden Räderachsen, also in der Centrallinie der
                              beiden Räder steht, so muß sie auch schon an dieser Stelle auf die Nadel F aufgefaßt werden. Um dieß möglich zu machen, und die
                              Nadel ganz nahe an ihrer Spitze zu unterstützen, sind aus den beiden Rädern zwei auf
                              einander passende Rinnen ausgedreht, die so tief sind, daß bei eingerückten Rädern
                              eine Oeffnung bleibt, die groß genug ist, um leicht die ganze Nadel hindurchschieben
                              zu können. Auf dem Grunde der Rinne des unteren Rades wird das spitze Ende der Nadel
                              beständig aufliegen können, selbst wenn die Räder sich drehen. Das entgegengesetzte
                              Nadelende ruht auf dem Nadelhälter G, dessen Einrichtung
                              etwas näher zu beschreiben ist. Er besteht aus einem eisernen Winkel mit
                              Verstärkungsrippe G, der durch zwei Flügelschrauben auf
                              den Tisch befestigt wird. Im Tische sind Schlitze H
                              angebracht, durch welche die Schrauben gehen, und welche es möglich machen, die
                              Entfernung des Nadelträgers von den Rädern nach der Länge der Nadeln zu reguliren.
                              Am obern Theile des Winkels ist eine Metallhülse I
                              befestigt, in welcher ein stählerner Cylinder K liegt,
                              der sich geradlinig verschieben läßt. Um eine Drehung des Cylinders zu vermeiden,
                              die, wenn zwei Nadeln angewandt werden, nicht stattfinden darf, ist aus dem Cylinder
                              K der Länge nach eine Nuth ausgearbeitet, in welche
                              die glatten Enden der zwei kleinen in die Hülse I
                              eingeschraubten Schrauben L, L eingreifen. An dem den
                              Rädern zugewandten Ende ist der Cylinder K mit einem
                              Kopfe versehen, in dessen ebene Fläche für jede Nadel ein Loch von 3–4 Linien
                              Tiefe eingebohrt ist, welches so weit gemacht wird, daß das Oehrende der Nadel sehr
                              leicht in dasselbe gesteckt werden kann. Zur Erleichterung des Einsteckens sind die
                              Löcher stark conisch oder trichterförmig versenkt. Die Nadel wird, wenn ihr Oehrende
                              in dem Cylinder steckt,
                              die Spitze dagegen in der Rinne des unteren Rades liegt, ihre horizontale Lage
                              erhalten, und da der Druck der sich über die Nadel schiebenden Falten gegen den
                              Cylinder gerichtet ist, so wird sie während der Arbeit nicht von der ihr
                              angewiesenen Stelle weichen können. Nach zwei bis drei Umdrehungen der beiden Räder
                              werden die beiden zu vereinigenden Zeugenden gefaltet auf die Nadel aufgeschoben
                              seyn, und um die Naht zu vollenden, darf man nur noch die Nadel, die natürlich
                              vorher eingefädelt war, durchziehen. Damit dieß so leicht als möglich geschehen, und
                              keine der vordersten Falten von der Radelspitze abfallen kann, schiebt man den auf
                              dem hinteren Ende mit dem Knopfe M versehenen Cylinder
                              K mit der Hand gegen die Räder, und sticht so, da
                              die Nadel zwischen den Rädern durchgeht, der gefaltete Zeug jedoch nicht mehr, die
                              Nadelspitze 1 1/2–2 Zoll über die letztgebildete Falte vor. Entfernt man nun
                              die Hand von dem Knopfe M, so springt der Cylinder K durch die Spiralfeder N
                              getrieben, in seine ursprüngliche Lage zurück, und die Nadeln können nun mit dem auf
                              denselben befindlichen Zeuge leicht herausgenommen werden, worauf man sie wie
                              gewöhnlich an der Spitze erfaßt, und den Zeug auf den anhängenden Faden
                              abschiebt.
                           Um nun auch die zweite Bedingung zu erfüllen, und eine gerade Naht, die gleichen
                              Abstand von den Zeugenden hat, zu bekommen, muß der Zeug den Rädern in gespanntem
                              Zustande und geradlinig zugeführt werden. Zu diesem Zweck sind rechtwinkelig zu den
                              Räderachsen und links vom Arbeiter zwei parallele, ausgefalzte Führungsleisten O auf den Tisch aufgeschraubt, zwischen welchen sich ein
                              Schieber P, welcher der gleicheren Reibung wegen unten
                              mit einer Schleppfeder versehen ist, geradlinig gegen die Räder verschieben läßt.
                              Der Knopf Q, welcher oben in den Schieber eingeschraubt
                              ist, dient dazu, denselben leicht mit der Hand fassen, und nach vollendeter Naht von
                              den Rädern entfernen zu können. Außer dem Knopfe Q steht
                              über die Oberfläche des Schiebers noch eine schief gestellte Nadel R vor. Hat man den Schieber P ungefähr so weit von den Rädern entfernt, als die zu vereinigenden
                              Zeugstücke breit sind, so steckt man mit der linken Hand die beiden
                              zusammengehörenden Ecken der auf einander liegenden Zeugstücke auf die Nadel R auf, faßt dann mit derselben Hand die beiden
                              gegenüberliegenden Ecken, und bringt sie, während mit der rechten Hand die Kurbel
                              E gedreht wird, zwischen die Zähne der beiden Räder,
                              die augenblicklich das Falten und Aufschieben auf die Nadel beginnen. Der sich immer
                              mehr verkürzende Zeug nimmt, da er mit einem Eck noch auf der Nabel R steckt, den Schieber P mit
                              sich, dieser erhält vermöge seiner Reibung den Zeug in immer gleicher Spannung, und
                              leitet denselben in
                              gerader Richtung gegen die Räder. Da die Nadel R tiefer
                              steht als die arbeitende Fläche der Räder, so wird sich auch der Winkel, welchen der
                              Zeug mit der Nadel bildet, beständig ändern, und während beim Beginn des Nähens der
                              Zeug gegen den Schieber P abwärts gezogen wird, hebt er
                              sich wenn R sehr nahe bei den Rädern steht, die Naht
                              also beinahe vollendet ist, von selbst von der Nadel R
                              ab. Will man, daß der Schieber P nach gemachter Naht von
                              selbst wieder zurückgeht, so kann man dieß leicht durch ein Gewicht, Schnur und
                              Rolle bewerkstelligen.
                           So einfach der ganze, eben beschriebene Apparat ist, und so wenig man zweifeln kann,
                              daß er sicher und richtig arbeitet, so wird man bei seiner Anwendung doch finden,
                              daß er gänzlich unbrauchbar ist, wenn ein scheinbar gleichgültiger Theil, nämlich
                              die Nadel, nicht die richtige Form besitzt. Es ist
                              nämlich geradezu unmöglich, mit einer gewöhnlichen Nadel auch nur eine Naht in
                              dichtem Zeuge zu machen. Die vielen Falten, welche zu gleicher Zeit auf der
                              conischen Nadelspitze stecken, und in denen gleichzeitig die gestochenen Löcher so
                              viel erweitert werden sollen, daß sie auf den Nadelschaft übergehen können, dann die
                              Reibung der Falten auf dem Nadelschafte selbst, bieten einen so bedeutenden
                              Widerstand, daß bevor derselbe überwunden ist, die Nadel sich jedesmal biegt, oder,
                              wenn sie hart genug war, abbricht. Diesem Uebelstande wird einfach dadurch
                              abgeholfen, daß man der Nadel statt einer schlanken langen Spitze, einen kurzen,
                              stumpf-conischen dreikantigen Kopf gibt, und daß man den Schaft der Nadel
                              bedeutend dünner macht, als das Loch weit ist, welches die dreikantige Spitze
                              gestochen hat. Auf diese Weise erreicht man, daß das Loch immer nur in sehr wenigen
                              Falten gleichzeitig erweitert werden muß, und daß die Reibung auf dem Nadelschafte
                              fast ganz wegfällt. Bei richtig geformter Nadel wird das Nähen mit der größten
                              Leichtigkeit, ohne die Nadel im geringsten anzustrengen, und sehr schnell vor sich
                              gehen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
