| Titel: | Ueber Cement- und Gußstahl-Fabrication in Oesterreich. | 
| Fundstelle: | Band 129, Jahrgang 1853, Nr. XXVI., S. 102 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XXVI.
                        Ueber Cement- und
                           Gußstahl-Fabrication in Oesterreich.
                        Ueber Cement- und Gußstahl-Fabrication in
                           Oesterreich.
                        
                     
                        
                           Wir entnehmen das Folgende zwei Arbeiten des rühmlichst bekannten Hrn. Directors Tunner zu Leoben im dritten Bande seines Berg- und
                              hüttenmännischen Jahrbuchs, S. 293 bis 315.
                           Die Cementstahl-Fabrication wurde schon seit länger
                              als hundert Jahren in England betrieben und dazu ausschließlich Stabeisen aus
                              Schweden, Rußland und Norwegen verwendet, welches man für das beste hält; erst
                              neuerlich hat man auch die bessern englischen Stabeisensorten, namentlich aus
                              Yorkshire, dazu benutzt. Auch in Frankreich und in Deutschland wird seit etwa 20
                              Jahren viel Cementstahl bereitet und zwar hat in beiden dieser Zweig der
                              Stahlfabrication immer mehr und mehr die Schmelzstahlerzeugung verdrängt, besonders
                              in Westphalen, wo sie früher sehr ausgedehnt betrieben wurde, und im Siegener Lande,
                              wo ein berühmter Rohstahl dargestellt wurde, jetzt aber theils der Puddel-
                              und theils der Cementstahlfabrication hat weichen müssen.Wegen des Puddelstahls verweisen wir auf Bd. CXXIV. S. 425 und Bd. CXXVIII S. 353. In Steiermark, Kärnthen und Krain, seit Jahrhunderten der Sitz einer
                              berühmten Schmelzstahlproduction, fand gerade das Gegentheil statt; eine vor 40
                              Jahren zu Neumarktl in Krain begründete Cementstahlfabrik ging wieder ein, und erst
                              im Jahre 1851 gelang
                              es Hrn. Tunner, zu Eibiswald in Steiermark auf
                              Staatskosten die Cementstahlbereitung einzuführen und eine Hütte zu gründen, welche
                              ein Musterwerk für die Gewerke seyn soll.
                           Da der österreichische Rohstahl im Laufe der Zeit verhältnißmäßig theurer und
                              schlechter, dagegen der hauptsächlich mit ihm concurrirende schwedische Cementstahl
                              billiger und besser geworden ist, so liegt das große Interesse der österreichischen
                              Hüttenbesitzer für den letzteren Fabricationszweig auf der Hand. Die besten
                              Rohstahlsorten können nur aus sehr reinem Roheisen und mittelst in ökonomischer
                              Beziehung sehr unvortheilhafter Processe dargestellt werden, daher bei den jetzigen
                              hohen Kohlenpreisen ihre Productionspreise ebenfalls hoch sind und die
                              Verkaufspreise steigen mußten. Der Haushalt wurde aber immer gebieterischer; es
                              mußten die schlechtem Erze ebenfalls Verblasen, die Schmelzöfen höher und weiter
                              gemacht, die Gebläseluft verstärkt und erhitzt werden; das unter diesen Umständen
                              erzeugte Roheisen blieb zwar sehr gut, es verlor aber dennoch an Reinheit und sein
                              Preis stieg. – In den Stahlhämmern war es nicht anders, die Processe mußten
                              durchaus so verändert werden, daß sich der Kohlenverbrauch verminderte, wodurch aber
                              die Qualität verschlechtert wurde. Dieß war jedoch nöthig, um die Preise nicht zu
                              hoch steigern zu müssen, da die Kohlenpreise in 20 Jahren auf das Doppelte gestiegen
                              sind.
                           Dagegen ist in Schweden der Cementstahl immer billiger geworden, da sich einerseits
                              die Eisenpreise wenig veränderten, die Fabricationsmethoden aber, sowohl beim
                              Stabeisen als auch beim Stahl, sich im Verlauf der letzten 20 bis 30 Jahre
                              wesentlich verbesserten. Bei der Erzeugung des Stahleisens wird die sogenannte
                              Lancashire-Schmiede mit Gasschweißöfen und schweren Zängehämmern angewendet,
                              und es wird dadurch ein sehr gutes und minder theures Stabeisen dargestellt. Im
                              Jahre 1850 wurden 43,000 Cntr. Cementstahl ausgeführt, wovon 2128 Cntr. nach
                              Oesterreich gingen. Sehr genaue, zu Freiberg mit Berggezähen angestellte Versuche
                              haben bewiesen, daß der schwedische Cementstahl dabei dem Innerberger Schmelzstahl
                              vorzuziehen sey. In Trieft kostete jener neuerlich mehr als letzterer.
                           Soll nun die österreichische, so bedeutende Stahlfabrication (sie betrug im Jahre
                              1821 für Steiermark 121,731 Cntr. und für Kärnthen 81,475 Cntr.) in der Folge mit
                              der ausländischen Concurrenz halten können, so muß sie ebenfalls zur
                              Cementstahlbereitung übergehen. In der Schmelzstahlbereitung hatte Oesterreich den
                              Vorrang, allein die Zeit dieses Betriebes ist durch die gänzlich veränderten
                              Brennstoffverhältnisse für die meisten Fälle und für die meisten Localitäten vorbei.
                              England hat zuerst die Cementstahlfabrication im Großen betrieben, und obgleich es
                              das dazu erforderliche Stabeisen aus dem Auslande holen mußte, dennoch allen andern
                              Nationen den Rang abgelaufen und sich dieselben zinsbar gemacht. Es erzeugt jetzt
                              jährlich etwa eine halbe Millon Centner Cementstahl, wozu es die Hälfte des
                              Materialeisens immer noch einführt, die andere Hälfte aber bereits aus seinen
                              bessern Puddeleisensorten entnimmt. Selbst Nordamerika, wo noch Ueberfluß an
                              Holzkohlen ist, und mehr Herdfrisch- als Puddeleisen producirt wird, befaßt
                              sich nicht mit der Schmelzstahlbereitung, sondern erzeugt in Pittsburg und
                              Philadelphia jährlich bereits 140,000 Cntr. Cementstahl.
                           Auch in Oesterreich sind die Productionskosten für Cementstahl weit geringer als für
                              Schmelzstahl, wie schon aus dem wesentlichen Unterschiede zwischen den
                              Productionskosten von Stabeisen und Schmelzstahl hervorgeht. Bei letzterem ist der
                              Kohlenverbrauch viel bedeutender als bei ersterem, und Holzkohlenersparung ist jetzt
                              bei deren hohen Preisen ein sehr wesentlicher Umstand. In den Cementiröfen können
                              Braunkohlen verbrannt werden. Der Eisenabgang ist beim Stahlfrischen auch viel
                              bedeutender als beim Eisenfrischen, ein Theil des Schmelzstahls hat immer eine
                              geringere Qualität als der andere, und endlich sind die Arbeits-, so wie die
                              übrigen Betriebs- und Directionskosten bei der Schmelzstahlfabrication weit
                              höher als bei der Cementstahlbereitung. Ueberdieß ist zu berücksichtigen, daß zu den
                              geringern Stahlsorten das österreichische Puddeleisen, wobei gar keine Holzkohlen
                              benutzt werden, vollkommen ausreicht.
                           Was nun die Beschaffenheit des österreichischen Cementstahls betrifft, so hat die zu
                              Eibiswald 1851 eingerichtete Fabrik gezeigt, daß sie allen billigen Anforderungen
                              entspricht. Die Urtheile lauteten fast einstimmig dahin, daß der rohe Cementstahl
                              von Eibiswald besser, gleichartiger und zum Theil selbst härter sey als der
                              steiersche Schmelzstahl, und daher in vielen Fällen ohne Gärbung verwendet werden
                              konnte, wogegen der letztere stets raffinirt werden mußte. Zu Federn war selbst der
                              aus Puddeleisen bereitete Cementstahl sehr brauchbar. Nach wiederholter Gärbung war
                              der Eibiswalder Cementstahl nach wie vor hart, und dieß ist ein besonderer Vorzug
                              desselben, den andere Cementstahlsorten nicht zeigen. Es erleidet daher gar keinen
                              Zweifel, daß die allgemeinere Einführung des Cementstahls in Oesterreich von größtem
                              Nutzen, ja eine eben so nothwendige Bedingung seyn wird, da sich die
                              Schmelzstahlerzeugung aus den schon angegebenen Gründen nur noch an wenigen Orten
                              wird halten können.
                           
                           Eine genaue Beschreibung des Verfahrens bei der Cementstahlbereitung in der
                              englischen Grafschaft York, vom französischen Bergingenieur Le
                                 Play, wurde im polytechn. Journal Bd. XCI
                                 S. 443 mitgetheilt, auf welche wir hier verweisen. Hr. Le Play hielt sich an die Verhältnisse, welche vor zehn
                              und mehr Jahren in England bestanden, und stellte daher in seiner Abhandlung die
                              Ansicht auf, daß nur das schwedische Eisen guten Cementstahl geben könne und die
                              Spatheisenstein-Districte in Steiermark, Kärnthen, Krain, Siegen,
                              Schmalkalden etc. auf die Schmelzstahlbereitung nach wie vor verwiesen seyen. Diese,
                              nach der Meinung des Hrn. Tunner, unrichtige Ansicht zu
                              beseitigen, war der Hauptzweck der Abhandlung, welcher wir das hier Mitgetheilte
                              entnahmen.
                           Hr. Tunner sagt nun auch Einiges über das zu der
                              Cementation zu verwendende Stabeisen, weil dieses die Grundlage zur
                              Cementstahlbereitung bildet und bisher noch gar keine bestimmten Anhaltspunkte für
                              die Wahl des Stabeisens gegeben waren. Seinen Beobachtungen zufolge sind die
                              nöthigen Eigenschaften eines guten Cementstabeisens folgende:
                           1) Möglichste Reinheit von allen fremden Beimischungen, außer Kohle und Mangan, die
                              zwar nicht erforderlich, aber auch nicht nachtheilig sind, und den Beweis liefern,
                              daß das Stabeisen aus einem sehr guten Roheisen bereitet wurde. Obgleich dasselbe
                              auch vom Rohstahl gilt, so ist es doch weit wohlfeiler, gutes Cementstabeisen als
                              guten Rohstahl darzustellen, weil bei der Bereitung des ersteren die Abscheidung der
                              fremden Beimischungen mit allen Mitteln befördert werden kann, während bei letzterem
                              dieß nicht der Fall, sondern eine große Vorsicht erforderlich ist, um die
                              nothwendige Kohlenmenge zurückzubehalten. Aus gutem Rohstahleisen, wie es in den
                              Spatheisenstein-Districten erblasen wird, kann das beste Cementstabeisen
                              dargestellt werden.
                           2) Möglichste Dichtigkeit, d.h. es muß frei von allen unganzen Stellen, Schiefern,
                              Häuten und Schlacken seyn. Es muß daher sehr gut ausgeheizt und nur vollkommen
                              ganzgemacht ausgereckt werden. Zu empfehlen ist folglich die Arbeit mit zwei Hitzen,
                              einer ersten sehr starken, und einer gleich darauf folgenden gelinden. Das Eisen von
                              sogenannten schwammigen Luppen ist nicht zu verwenden.
                           3) Möglichste Gleichartigkeit, wobei es ziemlich gleichgültig ist, ob das Eisen weich
                              oder hart ist, nur darf es im erstem Fall nicht von dunkler, großfaseriger Textur,
                              sondern muß gleichartig, entweder licht körnig oder licht feinfaserig seyn.
                           Als die für das steiersche, kärnthensche und alle ähnlichen Roheisensorten am besten
                              passende Frischmethode stellt sich die in der Eifel übliche Wallonenschmiede, in Verbindung
                              mit Gasschweißöfen und schweren Hämmern heraus; oder für das mehr rohschmelzende
                              Roheisen die sogenannte Lancashire-Methode, ebenfalls eine Abänderung der
                              Wallonenschmiede, wie sie in neuerer Zeit in Schweden üblich ist. Indessen ist auch
                              das Eisen von den in Oesterreich üblichen Methoden, der Schwall- und der
                              Löschfeuer-Arbeit, bei gehöriger Auswahl und bei gutem Ausheizen, sehr
                              anwendbar. Je nach der Qualität des Cementstahls muß ein besseres und theureres,
                              oder ein geringeres und wohlfeileres Stabeisen angewendet werden.
                           Außer dem Stabeisen hat aber auch die Beschaffenheit des Cementpulvers Einfluß auf
                              die Qualität des Cementstahls. Man rechnet auf einen Centner desselben 1/3 Kubikfuß
                              Holzkohlen, am besten von Birken-, Buchen- und Eichenholz, und Hr. Tunner fand einen Zuschlag von nur 1/2 Procent des
                              Kohlengewichts an Potasche und Kochsalz in Wasser aufgelöst und damit das
                              Kohlenpulver befeuchtet, entschieden sehr förderlich. Es wird nämlich durch einen
                              solchen die Cyanbildung befördernden Zuschlag die Cementation beschleunigt. Bei
                              ordinärem, weicherem Cementstahl sind diese und andere Zuschläge ganz wohl zu
                              entbehren, für höhere Cementationsgrade gewähren dieselben aber jedenfalls einen
                              wesentlichen Nutzen.
                           Verwendet man ein reines, ganzes, und gleichartiges Stabeisen zur Cementation, so
                              fällt bei einem richtigen Verfahren auch der Cementstahl rein, ganz und gleichartig
                              aus, und zwar in einem weit höheren Grade als beim Rohstahl. Eisenartige Stellen
                              lassen sich beim Cementstahl vollkommen vermeiden. Die ungleich harten Stellen
                              können nach dem ganzen Verlauf des Cementationsprocesses nicht sowohl der Länge,
                              sondern mehr dem Querschnitt nach vorkommen, allein bei einem gehörig geleiteten
                              Betriebe lassen sie sich auch vermeiden. Da es aber auch solche Stahlartikel gibt,
                              bei denen eine der Länge nach gleichmäßig vertheilte, größere Härte der äußern
                              Theile durchaus nicht nachtheilig, sondern im Gegentheil erwünscht ist, wie z.B.
                              beim Feder- und Sägenblätterstahl, so begreift man, daß das Raffiniren beim
                              Cementstahl weit eher als beim Schmelzstahl unterbleiben kann. Endlich muß auch noch
                              bemerkt werden, daß im Querbruche des Cementstahls, nachdem er erkaltet und bevor er
                              einer mechanischen Bearbeitung unterworfen worden, jede Ungleichheit scharf
                              hervortritt und mithin leicht zu erkennen ist. Nach der Ueberschmiedung, wobei die
                              grobe, blätterige Textur des Cementstahls mehr in eine feinkörnige übergeht und ein
                              dem Schmelzstahl ähnliches Ansehen erlangt, werden dagegen alle feineren
                              Unterschiede verwischt. Dieser Umstand kommt dem Cementstahl, besonders für die
                              Gußstahlfabrication, sehr zu statten, indem er hierdurch mehr als jedes andere
                              Material eine genaue und zuverlässige Sortirung für jede Gußstahlsorte
                              gestattet.
                           Die Gußstahlfabrication eignet sich sehr zum Betriebe im
                              Kleinen und dieß, so wie der hohe Preis des Gußstahls, hat daher zu unzähligen
                              Versuchen Veranlassung gegeben, von denen jedoch nur wenige zu einem günstigen
                              Resultate führten. Die hauptsächlichste Ursache des Mißlingens liegt in der Auswahl
                              des Materials. In England, dessen Gußstahl noch immer als musterhaft gilt, verwendet
                              man zum Gußstahl nur solchen Cementstahl, der aus dem besten Stabeisen der
                              Danemora-Werke (in Schweden) dargestellt ist. In Oesterreich, so wie in
                              mehreren andern Ländern, suchte man hingegen die Abfälle und den Ausschuß von dem
                              Schmelzstahlfrischen durch Umschmelzen zu Gußstahl zu verwerthen, und derselbe mußte
                              daher sehr schlecht ausfallen.
                           Die von dem würdigen Veteranen des deutschen Eisenhüttenwesens, Hrn. Karsten in seinem Archiv (daraus im polytechn. Journal
                              Bd. CXXVII S. 187) beschriebene Methode
                              der Gußstahlbereitung durch Zusammenschmelzen von Spiegelroheisen und Stabeisen,
                              eine Methode, die bereits vor länger als zwanzig Jahren zu Murau in Steiermark
                              versucht wurde, verwirft Hr. Tunner, weil solcher
                              Gußstahl, wie auch Hr. Karsten zugesteht, bei seiner
                              Härte eine zu geringe Festigkeit hat und daher in vielen Fällen untauglich ist.
                           In Oesterreich werden jetzt etwa 5000 Ctr. Gußstahl jährlich erzeugtIn Preußen jährlich 15,000 bis 18,000 Ctr. und die größere Hälfte davon in den Fabriken zu Eisenerz in Steyermark, St.
                              Egidi in Niederösterreich und Ober-Villach in Kärnthen. Hauptmaterial ist der
                              Schmelzstahl, und zwar, wie schon bemerkt, besonders die Abfälle, indem nur zu den
                              bessern Stahlsorten sorgfältig sortirter Rohstahl genommen wird. Die meisten
                              Fabriken machen drei bis vier in der Härte verschiedene Sorten. Für die härtesten
                              Sorten wird zu dem Rohstahl reines weißes Roheisen in bestimmten Verhältnissen
                              zugesetzt, für die weicheren hingegen bestimmte Mengen von Stabeisen. Die mit
                              Stabeisenzuschlägen bereiteten Sorten werden häufig begehrt, die mit
                              Roheisenzusätzen dargestellten nur selten.
                           Es wird dieser Gußstahl hauptsächlich zum Maschinenbau und zur Feilenfabrication
                              verwendet und zwar zur großen Zufriedenheit der Consumenten. In allen solchen
                              Fällen, wo Härte und Festigkeit im höchsten Grade vereint erforderlich sind, muß man, ungeachtet des
                              hohen Eingangszolles, englischen Stahl anwenden. Es ist ganz augenscheinlich, daß
                              Oesterreich zu wenig Gußstahl, zu theuern und nicht immer solchen von der
                              gewünschten Qualität, vorzüglich in den härtern Sorten, erzeugt.
                           Zuvörderst müssen zur Steigerung des Fabricationsquantums von Gußstahl, die dazu
                              nöthigen Rohmaterialien, Brennstoffe und Tiegel vermehrt werden. Besonders ist es
                              nothwendig, mehr mineralische Brennstoffe anzuwenden, was bis jetzt nur in einer
                              Fabrik geschieht, da Holzkohlen viel zu theuer sind. Es wird daher erforderlich
                              seyn, die Gußstahlfabriken da anzulegen und zu betreiben, wo Steinkohlen oder gute
                              Braunkohlen vorkommen, zumal es dort auch feuerfesten Thon zur Verfertigung der
                              Tiegel gibt.
                           Die unzureichende Qualität des österreichischen Gußstahls zeigt sich zunächst bei den
                              härtesten Sorten, z.B. beim Abdrehen sehr harter Walzen und in ähnlichen Fällen. Nun
                              wird aber bei der Bereitung der härtern Gußstahlsorten Roheisen zugesetzt, durch
                              welches fremde Bestandtheile in den Gußstahl gelangen, welche bei der
                              Schmelzstahl- und Stabeisenbereitung abgeschieden werden. Je mehr Roheisen
                              daher zugesetzt wird, desto mehr muß diese nachtheilige Wirkung zum Vorschein
                              kommen. – In den besten englischen Gußstahlfabriken werden die verschiedenen
                              Härtegrade lediglich durch den, auf verschiedene Grabe cementirten Gußstahl
                              hervorgebracht. Da nun bei der Cementation nur Kohle mit dem Stabeisen verbunden
                              wird, so beschränkt sich die ganze Kunst des englischen Gußstahlfabrikanten
                              wesentlich darauf, das erprobt beste Stabeisen zu cementiren.
                           Ein anderer Grund der Untauglichkeit des österreichischen Gußstahls zu feinen
                              Arbeiten liegt darin, daß roher Cementstahl sich nach Farbe und Textur leicht
                              sortiren läßt, was beim ausgereckten Rohstahl niemals möglich ist. Man kann nach dem
                              Bruchansehen des rohen Cementstahls mit aller Schärfe drei bis vier Sorten
                              unterscheiden, welche bei der darauf folgenden mechanischen Bearbeitung und der
                              dadurch herbeigeführten Texturveränderung, zur völligen Unkenntlichkeit verwischt
                              werden. Nur ursprünglich sehr große Verschiedenheiten sind daher bei der geänderten
                              Textur, so wie beim Schmelzstahl, nach dem Bruchansehen noch mit einiger
                              Zuverlässigkeit zu beurtheilen. Ueberdieß ist die aus einem gleichartigen Stabeisen
                              dargestellte Cementstahlstange ihrer Länge nach viel gleichartiger als der
                              Schmelzstahlstab, und hierdurch die Sortirung an und für sich bei ersterem ungemein
                              erleichtert.
                           
                           Alle Verhältnisse weisen daher die österreichische Gußstahlfabrication daraus hin,
                              daß, wie es in England geschieht, das zweckmäßigste Stabeisen da wo Steinkohlen und
                              Braunkohlen vorkommen, zuvörderst in Cementstahl und dann in Gußstahl verwandelt
                              wird. Mag Schweden ein billigeres Stabeisen als Oesterreich produciren, so fehlt es
                              ihm doch an mineralischem Brennmaterial, so daß es die Verwandlung seines
                              trefflichen Stabeisens in Cementstahl größtentheils, und die Gußstahlfabrication
                              gänzlich England überlassen muß.
                           Oesterreich hat von Natur alle Mittel erlangt, um den besten Gußstahl zu billigen
                              Preisen zu erzeugen und damit nicht allein den eigenen Bedarf zu decken, sondern
                              auch den ausländischen Markt zu versehen. Sehr zu wünschen wäre es, daß das ganz
                              vorzügliche Holzkohlenroheisen auf Stahl weiter verarbeitet und nicht zu ordinären
                              Eisenwaaren verschwendet würde. „Möchten wir,“ so schließt Hr.
                              Tunner seine Abhandlungen, „einmal aufhören
                                 die theuern Holzkohlen in jenen Fällen zu verbrennen, in denen die Steinkohlen
                                 und Braunkohlen mindestens eben so gute Dienste leisten. Für jeden Centner des
                                 verkäuflichen Gußstahls, der mit Holzkohlen dargestellt wird, muß
                                 durchschnittlich gerechnet werden, daß um vier bis fünf Centner weniger Roheisen
                                 erzeugt wird, weil dessen Production zunächst durch die verfügbare Menge von
                                 Holzkohlen beschränkt ist. – Bei jeder Gelegenheit wird behauptet, daß
                                 wir von der Natur nicht so begünstigt sind wie die Engländer, um gleich billige,
                                 ordinäre Producte des Eisens zu erzeugen, was für die meisten Localitäten
                                 allerdings richtig ist. Gewöhnlich wird dabei aber auf die bessere Qualität
                                 unserer Waare, gleichsam als Entschädigung für den höhern Preis hingewiesen,
                                 obschon die bessere Qualität hierbei nicht immer zu entschädigen vermag. Wohlan
                                 denn, lassen wir uns also in der Qualität nicht länger von den Engländern
                                 übertreffen; verschaffen wir unserm Gußstahle, aus dem vorzüglichsten
                                 Rohmaterial erzeugt, auch jene Anerkennung, die unser Schmelz- und
                                 Gärbstahl aus diesem Material dargestellt so lange behauptete, bis ihm der
                                 Gußstahl begegnete und mit jedem Tag mehr aus dem Felde der Concurrenz schlug.
                                 Um einen ausgezeichneten Stahl zu produciren, ist die Gußstahlmanipulation
                                 unwiderlegbar der richtigste Weg. Dieser Weg muß deßhalb nothwendig, besonders
                                 für Oesterreich, mit jedem Tage mehr Wichtigkeit erlangen. Stahl ist ein
                                 Artikel, bei dessen Verwendung sich die bessere Qualität beinahe immer geltend
                                 macht, und darum auch willig bezahlt wird.“