| Titel: | Ueber zwei angeblich aus China stammende gelbfärbende Pflanzenfarbstoffe, wovon einer als Stellvertreter der orientalischen Gelbbeeren im Zeugdruck dienen kann; von Dr. W. H. v. Kurrer. | 
| Autor: | Dr. Wilhelm Heinrich Kurrer [GND] | 
| Fundstelle: | Band 129, Jahrgang 1853, Nr. XLIX., S. 219 | 
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                        XLIX.
                        Ueber zwei angeblich aus China stammende
                           gelbfärbende Pflanzenfarbstoffe, wovon einer als Stellvertreter der orientalischen
                           Gelbbeeren im Zeugdruck dienen kann; von Dr. W. H. v. Kurrer.
                        v. Kurrer, über zwei angeblich aus China stammende gelbfärbende
                           Pflanzenfarbstoffe.
                        
                     
                        
                           Bei meiner Anwesenheit in Württemberg im vorigen Sommer (1852), erhielt ich durch das
                              mir befreundete Handelshaus Köbel und Müller
                               in Stuttgart zwei
                              angeblich aus China stammende gelbe Farbmateriale, das eine unter dem Namen
                              „chinesische Gelbbeeren,“
                              das andere unter der Benennung „chinesische
                                    Gelbschoten“ zur Untersuchung auf ihre Anwendbarkeit in der
                              Druck- und Färbekunst.
                           Ueber die botanische Abstammung der chinesischen Gelbbeeren, welche einen adjectiven
                              gelben Farbstoff enthalten, konnte ich bisher keinen Aufschluß erhalten, auch ist
                              die Bezeichnung „Beere“ der Natur
                              des Materials ganz und gar nicht entsprechend, weil dasselbe aus einem blaßgelben
                              oder strohfarbenen Gemenge länglicher Früchte, etwas größer als Mäusekoth, dann
                              holzigen Theilen, ferner aus Bruchstücken dünner, von der Rinde meist entblößter
                              Stengel und Blüthenstiele, so wie unausgeschlossener Blüthen besteht. Wir wollen
                              dieses neue Farbmaterial, um einen bezeichnenden Namen dafür zu haben,
                              „Natalkörner“ nennen; es ist
                              ohne Zweifel dasselbe, welches Hr. Professer Stein in Dresden analysirt und dabei auf dessen
                              Anwendbarkeit zum Gelbfärben der Schafwolle und Seide hingewiesen hat.Polytechn. Journal Bd. CXXVIII S.
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                           Ich theile im Folgenden meine Versuche über die Anwendbarkeit der Natalkörner im
                              Applicationsdruck für baumwollene Gewebe, so wie im Dampffarbendruck für
                              Baumwoll-, Seide- und Wollengewebe mit, in so weit sie sich mit
                              Vortheil statt der über dreifach höher im Preise stehenden persischen Gelbbeeren
                              benutzen lassen.
                           Der wässerige Absud der Natalkörner besitzt eine bräunliche ins Gelbe sich neigende
                              Farbe; gegen chemische Reagentien verhält er sich folgendermaßen:
                           Essigsaure Thonerde färbt den Absud gelb, ohne einen Niederschlag zu bilden; durch
                              einen Zusatz von Zinnchlorür (Zinnsalz) wird hingegen ein gelber Niederschlag
                              gebildet.
                           Zinnchlorür allein präcipitirt hellcanariengelb.
                           Essigsaure Thonerde mit Zusatz von Zinnchlorid färbt den Absud schön gelb, ohne einen
                              Niederschlag zu bilden.
                           Zinnchlorid allein färbt den Absud Schwefelgelb, ohne einen Niederschlag zu
                              bilden.
                           Alaun färbt den Absud schwach gelb.
                           Oxalsäure (Zuckersäure) verändert die Farbe des Absudes nicht.
                           Alkalien lösen den Farbstoff mit dunkelbraungelber Farbe auf.
                           Durch öfteres Auskochen und Ausziehen des ganzen Farbstoffes in klarem Flußwasser
                              liefern 100 Pfund Natalkörner, welche zu 25 Gulden Conventions-Münze zu
                              beziehen sind, 67 Maaß (die Maaß zu 3 Pfund) Absud von 3 Grad Stärke an Beck's Aräometer, wodurch die Maaß
                              Brühe auf 22 1/3 Kreuzer zu stehen kommt.
                           In solcher Concentration von 3 Grad kann mit essigsaurer Thonerde und Zusatz von
                              Zinnchlorid ein Applicationsgelb für Baumwollengewebe dargestellt werden, welches
                              sich im Farbenton einem gefärbten reinen Waugelb nähert. Wendet man den
                              Natalkörnerabsud in dieser Stärke für Dampfgelb auf baumwollenen, seidenen,
                              halbwollenen und ganzwollenen Geweben an, so erhält man eine reine, nicht in
                              Goldgelb, sondern mehr in schönes Waugelb übergehende Farbe. Für die Darstellung
                              einer schönen, intensiven dampfgrünen Farbe ist hingegen der 3 Grad starke Absud zu
                              arm an Pigment, die Farbe erscheint mehr blau als grün und ohne Intensität, während
                              mit 3 Grad starkem Absud der besten persischen Gelbbeeren in Dampffarbendruck ein
                              hohes Goldgelb und lebhaftes kräftiges Grün erhalten wird.
                           Mit einem Natalkörnerabsud von 4 bis 6° Beck erhält man ein höheres Dampfgelb
                              und auch bessere grüne Farben, jedoch wird für lebhaftes saftiges Grün den
                              persischen Gelbbeeren stets der Vorzug bleiben, weil sich deren Gelb mehr dem
                              Goldgelb nähert.
                           Wenn man Natalkörnerabsud in entsprechendem Verhältniß dem Absud der persischen
                              Gelbbeeren zusetzt, so kann man für hohe gelbe Farbenabstufungen im Zeugdruck
                              allerdings einen pecuniären Vortheil erzielen; wie genau ermittelt wurde, liefern
                              nämlich 100 Pfund der besten persischen Gelbbeeren, deren Preis zwischen 75 und 90
                              Gulden Conventions-Münze schwankt, 97 Maaß Absud von 3 Grad Beck.
                           Zum Unifärben baumwollener Gewebe stehen die Natalkörner
                              der viel wohlfeileren Quercitronrinde nach, wogegen in der Uniseidenfärberei mit den
                              geeigneten Vasen eine schöne dem Waugelb ähnliche Farbe erzeugt werden kann, welche
                              sich gegen Licht und Luft dauerhafter als Quercitronengelb erweist.
                           Das zweite Farbmaterial, welches unter dem Namen chinesische Gelbschoten vorkommt, besteht aus runden,
                              länglich zugespitzten, 1 1/2 bis 2 Zoll langen Schoten, die äußerlich
                              gelblichrothbraun sind, innerlich aber mehr ins Gelbe übergehen. Die äußere Schale
                              ist dünn, spröde und läßt sich leicht von dem eigentlichen Farbstoff, den sie lose
                              eingehüllt enthält, trennen. Der narbige Fruchtkern von röthlichbrauner Farbe
                              gleicht in Gestalt einer großen Nachtschmetterlings Puppe, und besteht ganz aus
                              eingedicktem Pflanzenfarbstoff, welcher wie Gummi Gutti aussieht und mit Wasser
                              befeuchtet auf Papier gestrichen, eine lebhafte gelbe Farbe hinterläßt. Der ganze
                              Fruchtkern besteht demnach in einer substantiven Körperfarbe, welche in
                              Wasser gekocht, sich vollkommen auflöst, und als gelbe Farbe in der Malerei
                              verwendet werden kann.
                           Der wässerige Absud der ganzen Gelbschoten zeigt ein schönes hohes Chamoisgelb.
                           Essigsaure Thonerde präcipitirt ein Helles Gelb, welches durch Zusatz von Zinnchlorür
                              in Orange übergeht.
                           Zinnchlorür allein gibt einen gelben käseartigen Niederschlag, welcher durch
                              essigsaure Thonerde wenig verändert wird.
                           Zinnchlorid färbt den Absud Orangegelb ohne Niederschlag.
                           Saures salzsaures Zinnoxyd färbt den Absud röthlich, ohne einen Niederschlag zu
                              bilden.
                           Alaunauflösung färbt denselben schwach gelb, ohne Niederschlag.
                           Oxalsäure bildet einen geringen gelben Niederschlag.
                           Salzsaures Zink einen braungelben Niederschlag.
                           Alkalien bilden mit dem Absud eine Gallerte.
                           Wenn der Absud als substantive Körperfarbe mit Gummi verdickt wird, erhält man durch
                              den Aufdruck auf Baumwollgewebe ein schönes hohes Chamois, welches aber nach dem
                              Auswaschen beim nachherigen Aussetzen der Luft und dem Licht wenig Beständigkeit
                              zeigt.
                           Da dieses substantive gelbe Pflanzenpigment weder mit erdigen noch metallischen Basen
                              auf der Faser eine dauerhafte Farbe bildet, so gestattet es zum Drucken und Färben
                              baumwollener Gewebe keine nutzbare Verwendung, und dient daher nur als sogenannte
                              Saftfarbe.