| Titel: | Verfahren zum Reinigen des Glycerins behufs seiner Anwendung in der Parfümerie, von Hrn. Bruère Perrin. | 
| Fundstelle: | Band 129, Jahrgang 1853, Nr. LII., S. 230 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LII.
                        Verfahren zum Reinigen des Glycerins behufs
                           seiner Anwendung in der Parfümerie, von Hrn. Bruère Perrin.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, Mai 1853, S. 233.
                        Perrin's Verfahren zum Reinigen des Glycerins.
                        
                     
                        
                           Das Glycerin (Oelsüß) wurde bekanntlich im Jahr 1782 von Scheele entdeckt, welcher fand daß die Oele und Fette einen Zuckerstoff
                              enthalten, den man als Nebenproduct gewinnt, wenn man zur Bereitung von Bleipflaster
                              2 Theile Oel (gewöhnlich Baumöl) und 1 Theil Bleiglätte mit einer gewissen Menge
                              Wasser kochend behandelt; das Glycerin findet sich nämlich dann in dem zugesetzten
                              Wasser gelöst, und wird, nachdem daraus das Bleioxyd durch Schwefelwasserstoff
                              ausgefällt worden, durch bloßes Abdampfen erhalten.
                           
                           Später ergaben genaue Untersuchungen, daß die Oele Verbindungen von fetten Säuren mit
                              Glycerin sind, und daß letzteres, welches die Rolle der Basis spielt, sich bei der
                              Verseifung abscheidet.
                           Bis jetzt hat das Glycerin in der Industrie keine Anwendung gefunden, sondern bloß in
                              der Arzneikunde; ein englischer Arzt empfahl es zuerst gegen die Ohrenkrankheiten
                              und später ein solcher gegen die Hautkrankheiten; durch die Versuche ausgezeichneter
                              Chirurgen in London, Paris und Odessa wurde dann erwiesen, daß das Glycerin, auf dem
                              Hautgewebe aufgetragen, dasselbe durchdringt und geschmeidig macht, und daß es
                              überdieß die Vernarbung der Hautrisse und Schrunden befördert.
                           Das Glycerin hat bekanntlich einen wenig angenehmen Geruch; um es zu reinigen, wurde
                              vorgeschlagen, einen Strom Kohlensäure hindurchzuleiten, damit der in ihm noch
                              enthaltene Kalk ausgefällt wird; nach Hrn. Perrin wird durch dieses Verfahren das Glycerin
                              nur von demjenigen Kalk befreit, welcher darin in Ueberschuß vorhanden, aber nicht
                              von demjenigen welcher mit den Fettsäuren verbunden ist.Der Verfasser setzt voraus, daß die Flüssigkeit verarbeitet wird, welche man
                                    nach der Verseifung des Talgs mit Kalkmilch in den
                                    Stearinsäurekerzen-Fabriken als werthlos laufen läßt und die eine
                                    Auflösung von Glycerin in Wasser mit überschüssigem Kalk ist.Da das Glycerin behufs seiner Anwendung in der Arzneikunde und Parfümerie
                                    ohne Zweifel ein gesuchter Artikel werden wird, so dürfte es rentiren,
                                    dasselbe an Orten, wo sich keine Stearinkerzenfabrik befindet, direct durch
                                    Verseifung des Talgs mit Kalkmilch darzustellen und die gewonnene
                                    unauflösliche Kalkseife in trockenem Zustand an die
                                    Stearinkerzen-Fabriken zu verkaufen. Hierzu bringt man 100 Pfd. Talg
                                    mit 200 Pfd. Wasser in eine mit eisernen Reifen gebundene hölzerne Kufe, und
                                    erwärmt mittelst eines am Boden der Kufe befindlichen runden Rohrs, aus
                                    welchem durch eine Menge von Oeffnungen Dampf ausströmt. Ist der Talg
                                    geschmolzen, so setzt man 15 Pfd. Kalk zu, welcher vorher gelöscht und mit
                                    Wasser angerührt wurde; man bedeckt dann die Kufe und läßt den Dampf mehrere
                                    Stunden oder bis zur Beendigung der Verseifung einströmen. Letztere erkennt
                                    man daran, daß eine Probe der gebildeten Kalkseife nach dem Erkalten beim
                                    Schaben mit dem Fingernagel eine glatte und glänzende Oberfläche darbietet
                                    und mit einem krachenden Geräusch zerbricht.A. d. Red.
                              
                           Um den beabsichtigten Zweck zu erreichen, wandte Hr. Perrin folgende Mittel an: 1) er bestimmt
                              mittelst Oralsäure den Kalkgehalt der Flüssigkeit welche er reinigen will; 2) dann
                              versetzt er die Flüssigkeit mit der hinreichenden Menge Schwefelsäure, um den Kalk
                              in Gyps umzuwandeln; 3) hierauf dampft er die Flüssigkeit in einem verzinnten
                              kupfernen Kessel unter lebhaftem Umrühren ab, indem er sich eines Rührers bedient,
                              dessen Schaufeln durch eine Kurbel in Bewegung gesetzt werden; während des
                              Abdampfens entwickeln sich Dämpfe welche einen unangenehmen Geruch haben und die
                              Flüssigkeit wird theilweise entfärbt. 4)
                           
                           Nachdem die Flüssigkeit eine Dichtigkeit von 10° an Baumé's Aräometer
                              erreicht hat, läßt man sie erkalten, und seiht sie durch Leinwand, um den
                              schwefelsauren Kalk abzusondern; man sättigt dann die überschüssige Säure, welche
                              etwa zugesetzt wurde, mittelst einfach-kohlensauren Kalis; man dampft
                              neuerdings unter Umrühren ab. Wenn die Flüssigkeit 24° Baumé zeigt,
                              setzt sie eine gewisse Menge schwefelsaures Kali in Form einer gallertartigen Masse
                              ab; man läßt sie dann erkalten, seiht sie durch Leinwand, und wascht den
                              Niederschlag mit einer kleinen Menge Wasser aus, welches mit etwas Weingeist
                              versetzt ist. 5) Man dampft nun zum drittenmal unter beständigem Umrühren ab, bis
                              die Flüssigkeit heiß 28° B. (kalt 30° B.) zeigt; man läßt erkalten. In
                              Folge des Abkühlens wird noch einmal eine kleine Menge schwefelsauren Kalis
                              ausgefällt, welches man durch Filtriren absondert. Das Product hat nun eine
                              bernsteingelbe Farbe, aber keinen deutlichen Geruch; sein Geschmack ist süßlich, es
                              fühlt sich fett an; in diesem Zustande behandelt man es in der Kälte mit Thierkohle,
                              filtrirt es, und erhält so das farblose Glycerin, ohne deutlichen Geruch und von
                              syrupartiger Consistenz.
                           Das Glycerin läßt sich wie das Wasser mit wässerigen Flüssigkeiten, mit Weingeist und
                              mit Essig vermischen; es netzt die Körper, ohne sie schmierig zu machen wie das Oel;
                              es ist fettig und verdunstet in Berührung mit der Luft nicht; es bindet leicht das
                              Arom der flüchtigen Oele; es kann weder ranzig werden, noch in Gährung
                              übergehen.
                           Hr. Perrin hat das Glycerin als
                              Zusatz bei Toilette-Seifen angewandt, ferner zur Bereitung wohlriechenden
                              Essigs, aromatischen Alkohols und verschiedener anderer Parfümerie-Artikel,
                              welche Beifall finden. Die Seife mit Glycerin-Zusatz behält ihre anfängliche
                              Consistenz.
                           Jedenfalls ist die Anwendung des Glycerins in der Parfümerie eine glückliche Idee.
                              Bekanntlich hat Hr. Barreswil
                              das Glycerin mit Erfolg angewandt, um dem Thon der Bossirer stets die nothwendige
                              Feuchtigkeit zu erhalten.Polytechn. Journal Bd. CXXVII S.
                                       157. Wahrscheinlich könnte man es auch als Schlichte für Flachs- und
                              Hanfgarn bei der Leinenweberei anwenden.
                           A. Chevallier.