| Titel: | Notiz über die verschiedenen Arten von Gasbrennern; vom Ingenieur Ad. Schweitzer in Hannover. | 
| Fundstelle: | Band 129, Jahrgang 1853, Nr. LXII., S. 283 | 
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                        LXII.
                        Notiz über die verschiedenen Arten von
                           Gasbrennern; vom Ingenieur Ad.
                              Schweitzer in Hannover.
                        Aus dem Notizblatt des hannover'schen Architekten- und
                                 Ingenieur-Vereins, 1853, Bd. II Heft 4.
                        Schweitzer, über die verschiedenen Arten von
                           Gasbrennern.
                        
                     
                        
                           Ohne Neuigkeit für sich zu beanspruchen, haben die nachstehenden Bemerkungen zum
                              Zweck, auf Versuche zurückzuweisen, die zur Werthbeurtheilung der verschiedenen
                              Gasbrenner-Constructionen angestellt sind, und deren Resultate, nach der
                              hiesigen städtischen Gasbeleuchtung zu urtheilen, die Aufmerksamkeit der Techniker
                              nicht im verdienten Grade erregt zu haben scheinen.
                           Bereits in der Mittheilung des Notizblattes über die Gasanstalt auf dem
                              Centralbahnhofe (Band II, Heft 2) ist erwähnt worden, daß bei einer angestellten
                              Vergleichung der sogenannten Fledermausbrenner mit anderen gebräuchlichen Brennern,
                              als Dreilochbrennern, Fischschwanz etc., die erstern als die zweckmäßigem sich
                              herausgestellt haben, indem die Lichtstärke ihrer Flammen bei gleichem Gasverbrauche
                              am größten gewesen. Nähere Daten über diese Versuche sind leider nicht gegeben.
                           Ausgedehnte Versuche über diesen Gegenstand sind von dem Engländer Fyfe angestellt (polytechn. Journal, 1841, Bd. LXXIX S.
                              296), und lassen sich die Resultate derselben in der folgenden Uebersicht
                              zusammenfassen. (cf. Knapp's chemische Technologie.)
                           Lichtmenge aus gleichem Gasquantum bei verschiedenen
                                 Brennern.
                           
                              
                                    Brenner.   
                                 Einfacher    Strahl.
                                 Fledermausbrenner  
                                    kleinere.      große.
                                 Fischschwanzbrenner.  
                                         Argand'scherBrenner
                                    mit 24 Löchern.
                                 
                              
                                 Lichtmenge
                                    100
                                   
                                    135          
                                    164
                                          
                                    138
                                             
                                    183,5
                                 
                              
                           Versuche, von anderer Seite angestellt, haben sehr ähnliche Verhältnißzahlen ergeben.
                              Diese Resultate sind leicht zu erklären. Der Fledermausflügel (eine abgeplattete
                              Flamme aus engem Schlitze) muß dem einfachen Strahle (lange, kegelförmige Flamme aus runder Oeffnung)
                              gegenüber mehr Licht geben, weil derselbe mehr leuchtende Oberfläche bietet, da bei
                              ihm die weißglühenden, leuchtenden Kohlenstofftheilchen der Flamme, statt wie beim
                              einfachen Strahle in ein Bündel zusammengeschaart zu seyn, neben einander gereiht
                              sind.
                           Der Fischschwanzbrenner (zwei dicht neben einander liegende runde Oeffnungen, deren
                              Canäle so gegen einander geneigt sind, daß die beiden Gasströme sich kreuzen und die
                              Flamme ein mit der Spitze nach unten stehendes Dreieck bildet) muß zwischen
                              einfachem Strahle und Fledermausflügel etwa in der Mitte stehen, weil durch das
                              Kreuzen der Gasströme ein Ineinanderfließen der beiden Strahlen, aber weniger
                              vollständige Abplattung der Flamme als beim Fledermausflügel, bewirkt wird.
                           Bei dem Argandbrenner (feine und so dicht neben einander zu einem Ringe mit innerem
                              Luftzug zusammengestellte Oeffnungen, daß die einzelnen Strahlen zusammenfließen)
                              tritt zu der bedeutenden Oberfläche der Flamme noch der Umstand hinzu, daß durch den
                              innern Luftstrom ein rascheres Verbrennen des zugeführten Gases, also größere Hitze
                              und damit ein intensiveres und länger währendes Glühen des leuchtenden Kohlenstoffs
                              erreicht wird. Der Lichteffect des Argandbrenners stellt sich daher noch höher als
                              beim Fledermausflügel.
                           Stellt man bei einem Argandbrenner die Oeffnungen der einzelnen kleinen Strahlen so
                              weit auseinander, daß die Flammen einzeln erscheinen und keinen zusammenfließenden
                              Kranz bilden, so müßte nach dem Vorstehenden, weil keine Abplattung der Flammen
                              eintritt, bei gleichem Gasverbrauch eine Schwächung des Lichts eintreten, und in der
                              That haben die Versuche gezeigt, daß die Wirkung der Flamme in Bezug auf Licht in
                              diesem Falle um 1/3 geringer ist als beim gehörigen ringförmigen Ineinanderfließen
                              der Strahlen.
                           Zur Straßenbeleuchtung der Stadt Hannover findet man (mit Ausnahme weniger Plätze und
                              des unmittelbar vor dem Bahnhofsgebäude belegenen Theils, der vom
                              Bahnhofs-Gaswerke versorgt wird) die sogenannten Dreilochsbrenner angewandt
                              (3 runde Oeffnungen, zum Dreieck zusammengestellt); es bilden sich bei denselben
                              drei einfache von einander völlig getrennte divergirende Strahlen. Aus den eben
                              angeführten Versuchen ist zu entnehmen, daß die Wirkung der durch diese Flammen
                              verbrauchten Gasmenge auf das etwa 1,4fache zu steigern wäre, wenn man die drei
                              Oeffnungen des Brenners in eine gerade Linie so stellte, daß ein Zusammenfließen der
                              drei Strahlen eintreten kann, daß aber der 1,6 fache Effect erreicht würde, wenn man
                              Fledermausbrenner in Anwendung brächte.
                           
                           Man darf hiernach behaupten, daß die Stadt Hannover von dem größten Theile ihres
                              Gases nur 61 Procent der Lichtmenge erhält, welche bei gleichem Gasconsum mittelst
                              Anwendung zweckmäßigerer Brenner zu erreichen ist, oder, was dasselbe sagt, daß sie
                              das erhaltene Licht mit 1,6 bezahlt, während es für 1 zu haben ist.
                           Dieser Mißstand würde zwar bei einer Vergleichung der Dreilochbrenner mit den
                              Argandbrennern noch größer erscheinen, es ist aber im Auge zu behalten, daß die
                              Argand'schen Brenner auf größeren Gasverbrauch berechnet sind, und daß es bei einer
                              Straßenbeleuchtung selbstverständlich vortheilhafter ist, viele gut leuchtende als
                              wenige sehr stark leuchtende Flammen zu erhalten. Im Freien wird der Argandbrenner
                              außerdem selbst auf hellzuerleuchtenden Punkten, wie Candelaber auf großen Platzen
                              etc., nicht wohl zu verwenden seyn, weil sich gezeigt hat, daß die Zuggläser, deren
                              die Argandbrenner bedürfen, um die Flamme stetig zu machen, durch Zugwind
                              allzuleicht zerspringen.
                           Mit den Fledermausbrennern ist dieser Uebelstand nicht verknüpft und sind die dieser
                              Construction vorgeworfenen Nachtheile einer geringem Stetigkeit der Flammen, eines
                              leichtem Verschmierens und schwierigerer Reinigung der Brenneröffnung, einer nicht
                              nach allen Seiten gleichen Helligkeit etc. nicht erheblich genug gewesen, um bei dem
                              großen ökonomischen Vortheile derselben den Dreilochs-, Fischschwanz-
                              und einfachen Brennern gegenüber, ihre Anwendung zur Straßenbeleuchtung zu
                              verhindern. Bei neueren Gasbeleuchtungen findet man daher die Fledermausbrenner sehr
                              ausgedehnt in Anwendung. Die vom hiesigen Bahnhofs-Gaswerke gespeisten
                              Flammen zeigen durchweg diese Form.
                           Zum Schluß erlaube ich mir noch auf die neuerlichst so beliebt gewordene Construction
                              der Gasbrenner aufmerksam zu machen, bei welcher mittelst einfacher runder Flamme
                              auf kerzenähnlichem Brenner das Wachslicht nachgeahmt wird. Dem Lichteffect nach
                              gehört diese Brennerart, wie oben gezeigt, zu den unvollkommensten. Um einen
                              beliebteren Eindruck hervorzubringen, der nur bei Wenigen eine Täuschung mit sich
                              bringen dürfte, ahmt man hierbei eine Form nach, die dem Materiale der Kerzen mit
                              vielem Scharfsinn angepaßt ist, deren Unvollkommenheit aber beim Leuchtgase nicht
                              wie bei jenem in wichtigen Nebenumständen Begründung findet.