| Titel: | Untersuchung des für die Truppen der europäischen Staaten bestimmten Commißbrodes, und der chemischen Zusammensetzung der Kleie; von Hrn. . | 
| Fundstelle: | Band 129, Jahrgang 1853, Nr. LXXXVII., S. 376 | 
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                        LXXXVII.
                        Untersuchung des für die Truppen der europäischen
                           Staaten bestimmten Commißbrodes, und der chemischen Zusammensetzung der Kleie; von Hrn.
                           .
                        Aus den Comptes rendus, August 1853, Nr.
                              5.
                        Poggiale's Untersuchung des Commißbrodes.
                        
                     
                        
                           Gegen Ende des Jahrs 1850 ernannte die französische Kriegs-Verwaltung eine aus
                              fünf Generalen, zwei Militär-Intendanten und den HHrn. Begin und Poggiale bestehende Commission behufs einer
                              Untersuchung des Commißbrodes.
                           Hr. Poggiale, von der
                              Commission hauptsächlich mit den chemischen Analysen beauftragt, beschreibt in
                              seiner der Akademie eingereichten Abhandlung das Verfahren, wornach er die
                              Mengenverhältnisse der unorganischen Substanzen, des Wassers, der Fettsubstanzen,
                              der stickstoffhaltigen Substanzen, des Stärkmehls, des Dextrins und des
                              Stärkezuckers bestimmte. Das Gewicht der stickstoffhaltigen Substanzen erhielt er
                              durch Zerstörung des Stärkmehls mittelst Diastas und Aufsammlung derselben auf einem
                              Tuche; die Stärke wurde mittelst Diastas in Zucker verwandelt und im Zustand von
                              Stärkezucker durch weinsteinsaures Kupferoxydkali quantitativ bestimmt.
                           Der Verf. untersuchte mit der größten Sorgfalt das Commißbrod von Frankreich,
                              Belgien, den Niederlanden, von Oesterreich, Preußen, Bayern, Württemberg, Baden und
                              Frankfurt a. M., sowie auch das von Spanien und Piemont, hinsichtlich seiner
                              Bereitung, des Backens desselben, des Geschmacks, Geruchs, der Farbe etc., wobei
                              sich herausstellte, daß das französische das beste ist. Eine Vergleichung der
                              Analysen dieser verschiedenen Brode ergab, daß der größte Gehalt an
                              stickstoffhaltigen Substanzen 8,95 und der geringste 4,85 Proc. ist. Das
                              französische Commißbrod enthält am meisten, das preußische am wenigsten Kleber. Der
                              Stickstoffgehalt wurde bei allen diesen Broden nach Peligot's Methode bestimmt.
                           Der Verf. ermittelte auch den Kleber- und Stickstoffgehalt der ersten und
                              zweiten Brodsorte der bürgerlichen Bäcker, der Pariser Wohlthätigkeitsanstalten und
                              der Mehle des Handels. Es ergab sich, daß das Commißbrod und Commißmehl weniger von
                              stickstoffhaltigen Substanzen enthält, als das Brod und Mehl erster Qualität; aber
                              mehr als das Brod der Pariser Wohlthätigkeitsanstalten und das Mehl zweiter
                              Sorte.
                           
                           Chemische Zusammensetzung der Kleie. – Die Kleie
                              wird von Einigen als eine wesentlich nährende Substanz betrachtet, welche mehr
                              Kleber enthält als der Weizen, und von Andern als ein sehr schädlicher Bestandtheil
                              des Mehls.
                           Sind die in der Kleie enthaltenen Quantitäten von Kleber und Stärkmehl aber auch so
                              groß, als man in jüngster Zeit angenommen hat? Darf man alles, was der Kleie durch
                              Säuren, Alkalien und die Auflösungsmittel, welche man zur Darstellung der reinen
                              Cellulose anwendet, entzogen wird, als nahrhafte Substanz betrachten? Kann man alle
                              im Mehl enthaltene Kleie ohne Nachtheil im Brode lassen? Endlich, welches ist die
                              chemische Zusammensetzung der Kleie? Diese Fragen mußte Hr. Poggiale studiren, um die verlangten Aufschlüsse
                              geben zu können.
                           Das Mengenverhältniß der in der Kleie oder im Weizen enthaltenen Cellulose wird
                              gewöhnlich durch aufeinanderfolgende Behandlung derselben mit verdünnten Säuren und
                              Alkalien, kochendem Wasser, Alkohol und Aether bestimmt. Auf diese Weise analysirt,
                              hinterläßt die Kleie einen Rückstand von Cellulose, dessen Gewicht 5,73 Proc.
                              beträgt, und man nimmt an, daß der Verlust, den sie erleidet, ihren Gehalt an
                              Nährstoff repräsentirt. Diese Folgerung ist aber nicht zulässig, weil die locker
                              zusammenhängende Cellulose, wie sie sich im Innern des Korns findet, von den
                              Alkalien und Säuren aufgelöst wird und das Wasser selbst, wenn die Organisation der
                              Cellulose noch nicht vorgeschritten ist, deren Zusammenhang leicht lockert.
                           Uebrigens enthält die Kleie noch andere Stoffe, welche nicht zu den nahrhaften
                              gehören. Des Verfassers Untersuchungen berechtigen ihn zu der Behauptung, daß das
                              Mengenverhältniß der in der Kleie enthaltenen, nicht assimilirbaren Substanz sehr
                              beträchtlich ist, wovon man sich überzeugen kann, wenn man die in seiner Abhandlung
                              beschriebenen zahlreichen Versuche wiederholt.
                           A. Man behandelte die Kleie mit Diastas; der Rückstand,
                              mit dem Mikroskop untersucht, zeigte nur noch Zellen, theils weiße, theils mehr oder
                              weniger braune, und eine ziemlich bedeutende Anzahl fettiger Kügelchen. Die
                              Stärkmehlkörnchen waren ganz verschwunden. 20 Thle. Kleie gaben 2,55 Wasser, 6,26
                              Stärkezucker und 11,19 unlöslichen, aus Cellulose und stickstoffhaltiger Materie
                              bestehenden Rückstand.
                           B. Die nach Peligot's Methode analysirte Kleie gab 13,403 Proc.
                              stickstoffhaltiger Substanzen; es wird aber nicht aller Stickstoff von einer
                              assimilirbaren stickstoffhaltigen Substanz geliefert. Als nämlich Kleie,welche nacheinander die
                              Verdauungsorgane zweier Hunde und einer Henne passirt hatte, analysirt wurde, gab
                              sie noch 3,516 Proc. nicht assimilirbarer stickstoffhaltigen Substanz. Diese
                              entscheidenden Resultate bieten übrigens nichts Auffallendes dar; denn wenn auch der
                              Rährwerth der Nahrungsmittel im Allgemeinen mit dem Mengenverhältniß der darin
                              enthaltenen stickstoffhaltigen Substanzen wächst, so muß man anderseits auch
                              zugeben, daß nicht alle stickstoffhaltigen Substanzen als für den Menschen nahrhaft
                              betrachtet werden können; so enthalten das Weizen-, Roggen-,
                              Gersten- und Haferstroh, die Weizenbälge etc. nach Boussingault's und Payen's Versuchen 2 bis 17 Tausendtheile
                              Stickstoff, und doch glaube ich, hat noch Niemand behauptet, daß diese Substanzen
                              für den Menschen nahrhaft seyen. Sie widerstehen, wie der holzige Theil der Kleie,
                              der Wirkung der Verdauungsorgane gewisser Thierspecies.
                           C. 100 Theile, mittelst Diastas von den stärkmehlartigen
                              Bestandtheilen befreiter Kleie, gaben durch Behandlung mit Salzsäure 19,563
                              Stärkezucker, welcher Zucker aber nur durch die Cellulose erzeugt seyn kann.
                           D. Man ließ Kleie, welche vorher die Verdauungsorgane
                              zweier Hunde passirt hatte, einige Minuten in mit Salzsäure angesäuertem Wasser
                              kochen und fand, daß 100 Th. dieser Kleie 40,501 Th. an Gewicht verloren und 21,358
                              Th. Stärkezucker lieferten. Der Rückstand der vorhergehenden Operation wurde mit
                              Kalilösung in der Wärme behandelt und sein Gewicht dadurch um 37,552 Procent
                              vermindert. Die nicht verdaute Kleie würde mithin noch 80 Procent nährende Substanz
                              enthalten, wenn man, was aber unmöglich ist, annehmen wollte, daß die von den
                              verdünnten Säuren und Alkalien aufgelösten Stoffe assimilirbar seyen.
                           E. 10 Gramme Kleie, welche die Verdauungsorgane zweier
                              Hunde passirt hatte, wurden mit 15 Grammen concentrirter Schwefelsäure behandelt,
                              und 4,15 Stärkezucker erhalten. Dieselbe Menge reiner Cellulose lieferte 4,17
                              Stärkezucker.
                           F. 56 Gramme ausgetrockneter und durch Diastas von ihren
                              stärkmehlartigen Bestandtheilen gänzlich befreiter Kleie verloren durch den
                              Verdauungsproceß nur 13 Gramme, welche aus Fettsubstanz und stickstoffhaltiger
                              Materie bestanden.
                           G. Endlich beobachtete der Verf. bei zahlreichen
                              Versuchen, die er mit verschiedenen Thieren anstellte, daß die mit Kleie ernährten
                              bedeutend an Gewicht verloren.
                           
                           Aus obigen Thatsachen geht hervor, daß die Kleie viel von Cellulose und nicht
                              assimilirbaren Stoffen enthält.
                           Aus Poggiale's Analysen geht
                              hervor, daß die Kleie 44 Proc. assimilirbarer Substanzen und 56 Proc. solcher Stoffe
                              enthält, welche nicht zur Ernährung dienen können. Dieser große Gehalt an
                              Bestandtheilen, welche der Wirkung der Verdauungsorgane widerstehen, rechtfertigt
                              also die gänzliche oder theilweise Ausscheidung der Kleie aus dem Mehle, so daß wir
                              den Verlust durch das Beuteln als einen nothwendigen betrachten müssen.
                           Folgende Tabelle faßt die Resultate dieser Analysen zusammen.
                           Zusammensetzung der Kleie.
                           
                              
                                 Wasser
                                 12,669
                                 
                              
                                 Zucker
                                   1,909
                                 
                              
                                 stickstofffreie auflösliche
                                    Substanz (Dextrin oder ähnliche Substanzen)
                                   7,709
                                 
                              
                                 stickstoffhaltige auflösliche
                                    Substanz (Albumin)
                                   5,615
                                 
                              
                                 unlösliche stickstoffhaltige
                                    Substanzen
                                 
                                    
                                    
                                 assimilirbarenicht assimilirbare
                                   3,867  3,516
                                 
                              
                                 Fettsubstanzen
                                   2,877
                                 
                              
                                 Stärkmehl
                                 21,692
                                 
                              
                                 Holzstoff
                                 34,575
                                 
                              
                                 Salze
                                   5,514
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
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