| Titel: | Blain's hermetische Verstöpselung für Weinflaschen. | 
| Fundstelle: | Band 129, Jahrgang 1853, Nr. CIV., S. 454 | 
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                        CIV.
                        Blain's hermetische
                           Verstöpselung für Weinflaschen.
                        Aus dem Cosmos, Revue encyclopédique, 1853, t. III
                              p. 200.
                        Blain's hermetische Verstöpselung für Weinflaschen.
                        
                     
                        
                           Eine vollkommen luftdichte Verstöpselung der Weinflaschen wäre für viele Weingegenden
                              ein bedeutender Vortheil, indem bei der bisherigen Verpfropfung der Flaschen ihre
                              Weine die Versendung auf große Entfernungen nicht vertragen. Dazu kommt noch, daß
                              das Korkholz, namentlich die beste Qualität, immer seltener wird, welcher Umstand
                              schon lange Bemühungen hervorrief, ein Surrogat für dasselbe zu erfinden, die aber
                              alle mehr oder weniger vergeblich waren, in der Praxis wenigstens sich nicht zu
                              bewähren schienen.
                           Blain's Bestreben ging nicht
                              sowohl dahin, das Korkholz durch etwas anderes zu ersetzen, etwa eine Substanz,
                              welche wie das Korkholz (oder andere Holzarten), sich nach der innern Fläche des
                              Flaschenhalses formt; statt eines hermetrischen oder undurchdringlichen Stöpsels gelang ihm eine hermetische Verstöpselung.
                           Diese besteht in Folgendem. Man denke sich einen Pilz mit seinem cylindrischen
                              Strunke und dem abgerundeten Kopfe oder Hut; dieß ist im Allgemeinen die Form seines
                              Stöpsels; er besteht aus weißem, nicht hygroskopischem Glas, welches durch die
                              Berührung mit Flüssigkeiten nicht zersetzt wird, sonach wenig Natron oder Kali enthält und
                              bei sehr hoher Temperatur geschmolzen worden ist. Der etwa 1 Centimeter (4 1/2
                              Linien) lange Strunk hat einen kleineren Durchmesser als der Hals der Flasche, in
                              welchen er leicht hineingeht und den er bei weitem nicht ausfüllt.
                           Rings um den Kopf herum läuft eine, beim Formen ausgesparte kreisförmige Ruth oder
                              Hohlkehle. Man nimmt eine Röhre von vulcanisirtem Kautschuk, welche etwa 3
                              Centimeter (1 Zoll) lang und nur so dick ist, daß sie, wenn sie nach dem Ausdehnen
                              sich wieder zusammengezogen hat, sich nach dem Hals der Flasche formen und gleichsam
                              ein Ganzes mit ihm bilden kann; man steckt den Kopf in den untern Theil dieser
                              Kautschukröhre; mittelst eines in die Hohlkehle des Kopfes sich legenden Bindfadens
                              (oder einer Kautschukschnur) befestigt man die Röhre, so daß sie wie ein Kamin über
                              dem Kopf steht; damit ist der Stöpsel fertig und er wird wie folgt angewandt.
                           Man füllt die Flasche so weit mit Wein an, daß der Strunk des Glasstöpsels in
                              denselben taucht, setzt dann den Stöpsel ein und dehnt die Kautschukröhre aus, indem
                              man Daumen und Mittelfinger der beiden Hände hineinsteckt, wobei man sie zugleich
                              umstülpt (das Aeußere nach Innen und das Innere nach Außen bringt) und überläßt sie
                              dann herabgelegt sich selbst; der frühere Kamin des Kopfes wird auf diese Weise zur
                              Haube der Flasche, welche sich an deren Hals anlegt, so daß sie hermetisch
                              verschlossen ist; ein Bindfaden oder eine Kautschukschnur wird unterhalb des
                              vorstehenden Randes des Flaschenhalses mehreremale herumgewunden und über dem Kopf
                              zusammengeknüpft, endlich der Knopf mit einem Kitt (Harzmischung) überzogen und
                              dieser mit dem Siegel des Producenten oder Verkäufers versehen. Wenn die Operation
                              gehörig ausgeführt wurde, so enthält die Flasche keine Luftblase; der Wein ist
                              keinem Verderben, keiner geistigen oder sauren Gährung ausgesetzt.
                           Soll eine Flasche entstöpselt werden, so schneidet man den Bindfaden auf, nimmt das
                              Siegel weg und fährt zuerst mit den Nägeln, dann mit den Spitzen derselben vier
                              Finger zwischen den Kautschuk und den Hals, dehnt die Kautschukhaube aus und stülpt
                              sie um, wodurch sie wieder zum Kamin wird; man nimmt den nicht anhaftenden Stöpsel
                              heraus u.s.f. Der Stöpsel verdirbt nicht und man kann sich desselben so oft man
                              will, wieder bedienen.
                           Ein besonderer Vorzug dieses Verfahrens ist folgender. Dadurch daß der Glasstöpsel
                              den Hals nicht ausfüllt und der vulcanisirte Kautschuk eine sehr große Elasticität
                              behält, wird, wenn der Wein durch den Einfluß der Wärme beim Transport sich
                              ausdehnt, für das größere Volum Platz gewonnen, ohne daß zu befürchten wäre, daß die
                              hermetische Verschließung nachläßt, oder bei deren Ausdehnung und Zusammenziehung die Luft
                              Zutritt erhält. Allerdings kömmt dann der Wein mit dem vulcanisirten Kautschuk in
                              Berührung, was aber, wie längst erwiesen ist, seine Reinheit und Klarheit, seinen
                              Geschmack und seine Blume in keiner Weise benachtheiligt.
                           Es versteht sich übrigens, daß diese Art der Verschließung auch zu andern Zwecken
                              anwendbar ist, z.B. zur Aufbewahrung von anatomischen Präparaten, von
                              Speisen-Conserven, sehr vielen pharmaceutischen Präparaten, Parfümerien
                              etc.
                           Die hermetische Verstöpselung des Hrn. Blain hat sich praktisch schon vollkommen bewährt, indem sich die
                              französisch-englische Kellercompagnie derselben schon über ein halbes Jahr
                              mit dem besten Erfolg bedient und die Erfindung überall mit dem größten Beifall
                              aufgenommen wird.