| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 129, Jahrgang 1853, Nr. , S. 462 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Das neue englische Patentgesetz.Vergl. S. 154 in diesem Bande des polytechn.
                                    Journals.
                              
                           Durch eine vom 1. Juli 1852 datirte Parlaments-Acte (15tes und 16tes
                              Regierungsjahr der Königin Victoria, Cap. 83; An Act for amending the
                                 Law for granting Patents for Inventions), welche 57 Paragraphen und einige
                              Anlagen enthält, sind verschiedene Abänderungen der bisherigen englischen
                              Patentgesetzgebung verordnet und mit 1. October 1852 in Kraft gesetzt worden. Es ist
                              damit nicht ein gänzlich neues Patentgesetz aufgestellt, vielmehr bleiben die bisher
                              gültig gewesenen Bestimmungen über diesen Gegenstand, sofern sie nicht den neuen
                              Anordnungen entgegen sind, auch für die Zukunft bestehen. Wir lassen hier den
                              wesentlichsten Inhalt des nach englischer Weise ziemlich weitschweifig und steif
                              stylisirten Gesetzes folgen:
                           1) Es ist eine oberste Patent-Commission (Commissioners of Patents for Inventions) eingesetzt,
                              bestehend aus dem Lord Kanzler, dem Master of the Rolls,
                              dem Attorney General (General-Anwalt) und Solicitor General für England, dem Lord Advocate, Solicitor General für Schottland, dem Attorney General und Solicitor
                                 General für Irland, nebst anderen von der Königin dazu bezeichneten
                              Personen. Drei Mitglieder dieser Commission, worunter aber der Lord Kanzler oder der
                              Master of the Rolls sich befinden muß, sind zum
                              gültigen Vollzuge der Geschäfte genügend.
                           2) Jedes Patentgesuch wird nebst der dasselbe begleitenden Declaration in dem Büreau
                              der vorgedachten Commission eingereicht. Dem Gesuche ist eine provisorische Beschreibung (Provisional
                                 Specification) anzuschließen, worin die Natur der Erfindung vom Bittsteller
                              angegeben wird; der Tag der Ueberreichung wird amtlich eingetragen und eine
                              Empfangsbescheinigung (Certificate) dem Bittsteller oder
                              dessen Agenten verabfolgt.
                           3) Das Patentgesuch nebst Anlagen wird Seitens der Commission einem dazu designirten
                              Beamten aus ihrer Mitte zur Prüfung übergeben. Diesem Beamten steht es frei, auf
                              Kosten des Bittstellers eine wissenschaftliche oder andere Person zuzuziehen; und
                              wenn er erkennt, daß die provisorische Beschreibung die Natur der Erfindung genügend
                              erklärt, so stellt er darüber eine Bescheinigung (Certificate
                                 of Allowance) aus, auf deren Grund während 6 Monaten, vom Tage der
                              Einreichung des Gesuchs an, die Erfindung ausgeübt und veröffentlicht werden kann,
                              ohne Nachtheil für das darauf zu erlangende Patent.
                           4) Der Bittsteller kann mit seinem Gesuche, statt der provisorischen Beschreibung,
                              sogleich die ausführliche Beschreibung (Complete Specification) eingeben, und es ist in diesem
                              Falle ihm die Erfindung während 6 Monaten eben so geschützt, als wenn sie am Tage
                              der Cinreichung förmlich patentirt worden wäre.
                           5) Durch den auf vorstehende Weise erlangten 6monatlichen Schutz wird, wenn er
                              widerrechtlich für eine bereits patentirte Sache gewonnen ist, das Patentrecht
                              desjenigen, welcher im Besitze des früheren Patentes sich befindet, nicht umgestoßen
                              oder beeinträchtigt.
                           6) Der erlangte provisorische Schutz, sowie die nachher von dem Bittsteller
                              angezeigte Absicht, ein Patent auf den Gegenstand zu nehmen, wird amtlich bekannt
                              gemacht, und dabei zur Anbringung von Einreden eine Frist gesetzt, nach deren Ablauf
                              die Ertheilung des Patentes stattfindet, sofern entweder keine Einsprache erfolgt
                              oder dieselbe durch amtlich anzustellende Untersuchung beseitigt ist. – Die
                              amtliche Wiederaufhebung eines Patents durch ein sogenanntes Writ of scire facias
                              bleibt in denselben
                              Fällen, in welchen sie bisher stattgefunden hat,Diese Fälle sind: 1) Wenn sich zeigt, daß auf eine bereits patentirte Sache
                                    von einem Andern ebenfalls ein Patent genommen ist: in diesem Falle erhält
                                    der zuerst Patentirte auf sein Ansuchen ein scire
                                       facias gegen den Zweiten, durch welches das Patent des Letztern
                                    widerrufen wird. 2) Wenn das ertheilte Patent der Krone, oder dem
                                    Gemeinwesen, oder dem Handel (nach dem Sinne des Statuts Jakob's I.) schädlich ist.
                                    3) Wenn die durch das Patent erlangte Berechtigung den Landesgesetzen
                                    zuwider läuft. auch für die Folge vorbehalten, und das Recht der Krone, aus besonderen
                              Gründen die Ertheilung eines Patents zu verweigern oder ein ertheiltes zu annuliren,
                              bleibt unverändert bestehen.
                           7) Das Patent erlischt nach Ablauf von beziehungsweise 3 und 7 Jahren, wenn die nach
                              Ablauf des dritten und siebenten Jahres vorschriftmäßig zu bezahlenden Tax-
                              und Stempelgebühren (s. unten) nicht rechtzeitig entrichtet werden.Die gesetzliche Dauer der Patente ist, wie bisher, 14 Jahre.
                              
                           8) Die Patente gelten für das gesammte vereinigte Königreich Großbritannien und
                              Irland, die Canal-Inseln und die Insel Man, können aber überdieß auf alle
                              oder auf einige brittische Colonien ausgedehnt werden, sofern sie den dort
                              bestehenden Gesetzen nicht widerstreiten.
                           9) Läßt der Bittsteller 3 Monate nach Ablauf der für Anbringung von Einreden
                              gesetzten Frist, oder auch die ganze 6monatliche provisorische Schutzzeit
                              verstreichen, ohne auf die Ertheilung des Patents anzutragen, so wird ihm später
                              kein Patent mehr auf dieselbe Sache ertheilt. Stirbt der Bittsteller innerhalb
                              dieser Fristen, so kann auch dessen Testamentsvollstrecker oder Vermögensverwalter
                              das Patent vor Ablauf derselben entnehmen. Für zerstörte oder verloren gegangene
                              Patent-Urkunden werden jederzeit, so lange das Patentrecht noch in
                              Wirksamkeit ist, gleichlautende neue Urkunden ausgegeben.
                           10) Die Patent-Urkunde kann von dem Tage datirt werden, an welchem das erste
                              Gesuch eingereicht wurde, auch von irgend einem Tage zwischen diesem und dem Tage
                              der wirklichen Ausfertigung: in diesem Falle hat das Patent Gültigkeit von dem Tage
                              an, von dem es datirt ist; nur kann alsdann – sofern nicht gleich mit dem
                              Gesuche die ausführliche Beschreibung eingereicht wurde – der Patentirte
                              keine Klage erheben gegen irgend einen Eingriff in sein Patentrecht, welcher etwa
                              vor dem Zeitpunkte der wirklichen Ausfertigung stattgefunden hat.
                           11) Patente auf auswärtige Erfindungen, welche in einem fremden Lande bereits
                              patentirt sind, gelten nur bis zu der Zeit, wo das auswärtige Patent abläuft. Durch
                              ein Patent kann nicht verwehrt werden, den patentirten Gegenstand auf fremden, die
                              großbritannischen Häfen besuchenden Schiffen zu benutzen, ausgenommen wenn es
                              Schiffe von Staaten sind, in deren Häfen ein gleiches Recht den brittischen Schiffen
                              verweigert wird.
                           12) Die ausführlichen Beschreibungen werden bei dem Kanzleihofe (high Court of Chancery) hinterlegt und der Einsicht
                              eines Jeden zugänglich gemacht; officielle Copien derselben werden zu gleichem
                              Behufe bei einer Behörde in Edinburgh und in Dublin niedergelegt. Diese
                              Beschreibungen werden ferner im amtlichen Wege, sobald als thunlich nach ihrer
                              Einreichung, durch den Druck veröffentlicht; dem Patentirten werden bis zu 25
                              Exemplare davon unentgeltlich verabfolgt. Register über alle eingereichten
                              Beschreibungen sollen aufgestellt und an bestimmten Orten zur Einsicht des Publicums
                              aufgelegt werden; auch können dieselben im amtlichen Wege durch den Druck
                              veröffentlicht werden. Die amtlich veröffentlichten Abdrücke der Beschreibungen
                              haben als authentisch zu gelten.
                           13) Es ist künftig gestattet, daß ein Patent das Eigenthum auch von mehr als 12
                              Personen sey.
                           
                           14) Als Taxen sind zu entrichten:
                           
                              
                                 Bei Ueberreichung des ersten Gesuchs
                                   5 Pfd. St.
                                 – Sh.
                                 
                              
                                   „            
                                    „          
                                    „   Antrags auf Ertheilung des Patents
                                   5      
                                    „
                                 –  „
                                 
                              
                                   „  Ausfertigung der
                                    Patenturkunde
                                   5      
                                    „
                                 –  „
                                 
                              
                                   „  Eintragung der Beschreibung
                                   5      
                                    „
                                 –  „
                                 
                              
                                   „  oder vor Ablauf des 3ten Jahres der
                                    Patentzeit
                                 40      
                                    „
                                 –  „
                                 
                              
                                   „  oder vor Ablauf des 7ten
                                    Jahres
                                 80      
                                    „
                                 –  „
                                 
                              
                                   „  der
                                    Anzeige einer Einsprache (objection)
                                   2      
                                    „
                                 –  „
                                 
                              
                                 Für jede Nachsuchung oder
                                    Einsichtnahme
                                 
                                    –        „
                                 1  „
                                 
                              
                                   „  das
                                    Protokoll einer Uebertragung oder Abtretung
                                 
                                    –        „
                                 5  „
                                 
                              
                                   „  die
                                    Bescheinigung der Uebertragung oder Abtretung
                                 
                                    –        „
                                 5  „
                                 
                              
                                 Bei Einbringung eines Gesuchs um
                                    Widerruf
                                   5      
                                    „
                                 –  „
                                 
                              
                                 Für das Caveat
                                    gegen Widerrufung
                                   2      
                                    „
                                 –  „
                                 
                              
                                    15) Außerdem werden
                                    an Stempelgebühren bezahlt:Für die amtliche
                                    Erklärung, daß auf geschehene Prüfung
                                    der:    formellen Verhältnisse die Ertheilung des
                                    Patents:    unbedenklich sey (Warrant)
                                   5 Pfd. St.
                                 – Sh.
                                 
                              
                                 Für die Quittung über Bezahlung der ersten
                                    Rate von 40 Pfd. St.
                                 10      
                                    „
                                 –  „
                                 
                              
                                 Für die Quittung über Bezahlung der zweiten
                                    Rate von 80 Pfd. St.
                                 20      
                                    „
                                 –  „
                                 
                              
                           (Mittheilungen des hannover'schen Gewerbevereins, 1853, Heft
                              3.)
                           
                        
                           Zunahme der Patente auf Erfindungen in Frankreich und in
                              Großbritannien.
                           Im J. 1852 wurden in Frankreich 3352
                              Erfindungs-Patente genommen; im ersten halben Jahr von 1853 wurden schon 1982
                              genommen, so daß ihre Gesammtzahl dieses Jahr wahrscheinlich 4500 überschreiten
                              wird.
                           In Folge der Erleichterungen, welche das neue englische Patentgesetz gewährt, haben
                              sich in Großbritannien die Patente auf Erfindungen seit
                              dem Monat October vorigen Jahres außerordentlich
                              angehäuft; es wurden deren manchmal über 250 in einer
                              Woche registrirt. Wahrscheinlich haben viele Patentträger die Einführung des neuen
                              Gesetzes abgewartet, aber auch jetzt noch werden durchschnittlich 50 Patente in
                              einer Woche genommen, also beiläufig fünfmal mehr als
                              unter dem alten Gesetz. Dieß veranlaßt uns das Verzeichniß derselben nicht mehr
                              mitzutheilen.
                           Die Redact.
                           
                        
                           Ueber eine neue, in Oesterreich patentirte Art von
                              Pastellstiften, deren Striche nicht verwischbar sind.
                           Dem hiesigen Schneidermeister Johann Demetrovits ist es
                              gelungen, eine erdige Substanz derart zuzubereiten, daß dieselbe, in Stifte wie
                              Pastelle geformt, zu trockenen Zeichnungen sowohl als zum Coloriren von
                              Lithographien etc. in mannichfachen Farben verwendet werden können. Diese Stifte
                              dürften eine besondere Anwendung für Photographen sowohl zum Retouchiren als zum
                              Coloriren finden.
                           Diese neuen Pastelle haben vor den älteren den wesentlichen Vorzug, daß selbe nicht
                              verwischbar sind, weßhalb eine geringere Sorte sich besonders zum Markiren der
                              Waaren eignet.
                           Die Producte dieser für Oesterreich patentirten Erfindung werden nächstens in den
                              Handel gebracht werden, und verkauft hier der Erfinder ein Sortiment von 20 Stiften
                              in eben so vielen Farben-Nüancen zu 1 fl. 20 kr. Conv.-Münz. Fr.
                              P.
                           Temesvar, im September 1853.
                           
                        
                           
                           Unzerstörbare Aufschriften für Säuregläser; von Prof.
                              Schubert.
                           Es ist bekannt, daß Aufschriften von gewöhnlicher Tinte, wenn sie nicht gefirnißt
                              sind, nicht bloß auf Säuregläsern, sondern selbst in Schränken, welche flüchtige
                              Säuren enthalten, auch auf anderen Gefäßen bald verschwinden. Die durch solche
                              Einflüsse unzerstörbare Tinte aus Tusche und Salzsäure verwischt sich aber sehr
                              leicht, nicht nur beim Berühren mit nassen Fingern, sondern auch beim Ueberstreichen
                              mit Hausenblasenlösung, als Grund für nachheriges Firnissen.
                           Eine Schrift, welche allen diesen Anforderungen entspricht, erhält man durch das
                              bekannte Verhalten der verdünnten Schwefelsäure. Was damit geschrieben wird, ist
                              anfangs vollkommen unsichtbar, erscheint aber beim Erwärmen auf einem Ofen oder über
                              einer Lichtflamme sogleich mit schwarzer Farbe durch Verkohlung des Papiers. Man
                              verdünnt die Säure mit etwa 6 Theilen Wasser und trägt sie etwas sparsam, d.h. mit
                              nicht zu voller Feder auf, damit sie das Papier nicht ganz durchdringt, weil sonst
                              die Züge nach dem Verkohlen leicht durchbrechen. Obgleich die Flüssigkeit farblos
                              ist, so kann man das Geschriebene recht gut mit dem Auge verfolgen, wenn man das
                              Gesicht in jene Stellung bringt, wo man sie glänzen sieht. (Würzburger gemeinnützige
                              Wochenschrift, 1853, Nr. 33.)
                           
                        
                           Die directen positiven Lichtbilder (Porträte) auf Kattun,
                              Leinwand, Seide, Wachstuch etc. der HHrn. Wulff in Paris.
                           Die HHrn. Wulff haben der
                              französischen Akademie der Wissenschaften sehr schöne Proben ihrer photographischen
                              Porträte auf Kattun, Wachsleinwand etc. übergeben. Diese direct auf dem Zeug
                              dargestellten Porträte haben unbestreitbare Vorzüge sowohl vor den Daguerre'schen
                              Lichtbildern auf Metallplatten, als vor den Photographien auf Papier, denn 1)
                              spiegeln solche Lichtbilder nicht, wie die Daguerre'schen auf Silberblech; 2) werden
                              sie durch die Berührung nicht verdorben; man kann ein solches Bild abwischen und
                              sogar waschen, ohne daß es im mindesten beschädigt wird, daher sich ein Porträt in
                              einem Brief versenden läßt; 3) kann sie der Photograph ganz sicher und in wenigen
                              Secunden anfertigen, sie können also unmittelbar nach einer Sitzung und zu sehr
                              niederm Preise geliefert werden, was nicht möglich ist, wenn man vorher ein
                              negatives Bild darstellen muß; 4) endlich kann man solche Porträte mit
                              pulverförmigen oder anderen Farben coloriren.
                           Hr. Abbé Moigno, Redacteur des Cosmos, welcher Zeitschrift diese Notizen entnommen
                              sind, veranlaßte einen seiner Freunde bei den HHrn. Wulff, deren Atelier sich in einem rechteckigen,
                              auf allen Seiten mit fünfstöckigen Gebäuden umgebenen Hof befindet, sich fünfmal
                              nach einander zum Porträtiren zu setzen und ließ sich die in einigen Secunden
                              gemachten fünf Porträte auf Kattun sogleich überbringen; sie waren sämmtlich
                              vollkommen gelungen und ließen nichts zu wünschen übrig.
                           Die HHrn. Wulff halten ihr
                              Verfahren noch geheim, wahrscheinlich erzeugen sie aber das Lichtbild auf
                              jodhaltigem Collodium.
                           Hr. Martin aus Versailles
                              theilte schon im April vorigen Jahrs der franz. Akademie ein Verfahren mit, um direct positive Lichtbilder auf Platten aller Art zu
                              erhalten (s. polytechn. Journal Bd. CXXV S.
                                 119); seine Methode ist sehr einfach und besteht darin, die mit
                              Kupferstecherfirniß überzogene Platte von Metall, Pappe etc. mit jodhaltigem
                              Collodium zu bedecken, dann in ein Bad von salpetersaurem Silber zu tauchen, um sie
                              für das Licht empfindlich zu machen, hierauf in der camera
                                 obscura während einiger Secunden zu exponiren, sodann das vom Licht nicht
                              modificirte Jodsilber durch eine Auflösung von Cyansilber in Cyankalium abzuziehen
                              und endlich das Bild mit vielem Wasser zu waschen, worauf man es nur noch mit
                              Dextrin zu überziehen und zu trocknen braucht.
                           
                        
                           
                           Ueber die Röstung des Flachses in erwärmtem Wasser; von Karl
                              Karmarsch.
                           Dem Verfasser der in der Zeitschrift „Austria“ Nr. 153 (und in
                              diesem Bande des polytechn. Journals S. 63)
                              mitgetheilten Bemerkungen kann man in vielen Hinsichten Recht geben, ohne geradezu
                              und vollständig seinen Ansichten und Schlüssen beizupflichten. Es ist ganz bestimmt
                              wahr, daß eine Köchin die Suppe nicht auf den Küchentisch stellt, um sie zu
                              erwärmen, sondern auf den Ofen; allein dieser Fall scheint denn doch etwas
                              verschieden von dem durch Hrn. Reuter vorgeschlagenen Flachsrotteverfahren, bei welchem es sich nur
                              um eine geringe Erhöhung der Wärme in dem Rottewasser
                              handeln kann, zumal – wie ich in der Anmerkung auf Seite 98 der 64. 65.
                              Lieferung unserer Mittheilungen ausdrücklich und mit gutem Vorbedacht erläuterte
                              – die Erwärmung des Rottewassers zu einem ansehnlichen
                                 Theile durch den Gährungsproceß selbst erfolgen, und die von außen
                                 hinzugebrachte Wärme nur als Nachhülfe und zur gleichmäßigen Unterhaltung der
                                 nöthigen Temperatur in den Rottekufen dienen soll; was man wohl im Auge haben
                                 muß, um den Aufwand an Heizmaterial richtig zu beurtheilen und das schnelle
                                 Warmwerden des Wassers zu begreifen. Auch ist das Größenverhältniß eines
                              Topfs mit Suppe zu der ganzen Küche ein anderes, als das einer
                              Flachsrotte-Kufe zu einem Kämmerchen oder ähnlichen kleinen Raume. Würde
                              daher das in vorstehendem Aufsatze scherzhaft angedeutete Verfahren beim Suppewärmen
                              jedenfalls absurd seyn, so könnte dagegen „unter Umständen“ die
                              von Hrn. R. vorgeschlagene Methode der Flachsrottung wohl nicht gänzlich widersinnig
                              erscheinen. Mit den „Umständen“ meine ich namentlich: daß der
                              Flachsbereiter seinen Verhältnissen nach einen Dampfapparat nicht anschaffen könne;
                              daß der zu heizende Raum nicht größer als durchaus nöthig, das in die Kufen
                              gebrachte Wasser nicht kalt sey; daß endlich ein
                              wohlfeiles Brennmaterial (Torf oder dgl.) zu Gebote stehe. Wenigstens verdient das
                              Verfahren des Hrn. R. eine gründlichere praktische Prüfung, als ihm bis jetzt zu
                              Theil geworden zu seyn scheint. Wenn der mir unbekannte Verfasser des Artikels in
                              der Austria eines Versuchs gedenkt, bei welchem man in 16 Tagen zwei Klafter Holz verbrannte, ohne doch dem Wasser die
                              zur Rotte dienliche Temperatur (17 bis 19° R. nach Lief. 64,65 dieser
                              Mittheilungen, S. 98) beibringen zu können, so muß ich gestehen, daß ich nicht weiß,
                              was hierbei größer gewesen
                              seyn mag, die Kälte des Wassers, oder der geheizte Raum, oder die Schlechtigkeit des
                              benutzten Ofens. Meines Wissens reicht man mit etwa zwei Klafter Buchenholz aus, um
                              ein mäßiges Wohnzimmer einen Winter hindurch bei Tage recht angenehm warm zu halten;
                              und es ist gewiß nicht weit von der Wahrheit entfernt, wenn ich annehme, daß
                              wenigstens zwei Monate lang mit zwei Klafter Tannen- oder FichtenholzSolches ist in dem fraglichen Versuche vermuthlich zur Anwendung
                                    gekommen. Tag und Nacht ununterbrochen die Wärme auf 17 bis 19° R. erhalten
                              werden könnte. Fast für ein Kunststück halte ich es, in einem Stubenofen binnen 16
                              Tagen – noch dazu im Frühjahre – zwei
                              Klafter zu verbrennen ohne alle lebenden Wesen darin zu braten, falls nicht etwa
                              Thüren und Fenster stetig offen sind. Ich habe selbst einmalMittheilungen des hannov. Gewerbev., 1836, Lief. 10, Seite 194 ff. Heizversuche geleitet, bei welchen mit 45 hannover'schen Pfund Holz und 3
                              Pfd. Torf, zusammen = 40 Wiener Pfund, zwei kleine
                              Zimmer, von zusammen 260 Quadratfuß Grundfläche und 12 Fuß Höhe, 24 Stunden lang von
                              10 oder 11° auf durchschnittlich 17 bis 20° erwärmt wurden. Setze ich
                              das Gewicht einer Wiener Klafter weichen Brennholzes in 2
                              1/2 Fuß langen Scheitern = 2000 Wiener Pfund und (wie erlaubt ist) bei gleichem
                              Gewichte die Heizkraft aller Brennhölzer gleich; so betrugen obige 40 Pfd. Holz den
                              hundertsten Theil von zwei Klafter; mit zwei Klafter
                              weichen Holzes hätte man also die fraglichen Räume hundert
                                 Tage lang in der Wärme erhalten können, welche zum Flachsrotten verlangt
                              wird. Danach würde für 16 Tage kaum ein Drittel Klafter
                              erforderlich gewesen seyn!
                           
                           Ich bin mit dieser Auseinandersetzung etwas weitläufig geworden, weil ich zeigen
                              mußte, daß wenigstens das gegen den Vorschlag des Hrn. R. beigebrachte höchst
                              ungünstige Versuchsresultat an sich keine Beweiskraft hat. Weitere und gründliche
                              Untersuchungen zeigen vielleicht jenen Vorschlag als wirklich unhaltbar, und dann
                              werde sich gewiß einer der Ersten von denen seyn, welche der Wahrheit die Ehre
                              geben. (Mittheilungen des hannov. Gewerbev., 1853, Heft 3.)
                           
                        
                           Guano als Ersatz des Kuhkothes in der Krappfärberei.
                           Die Beschaffung und Anwendung des Kuhkothes bei dem Ausfärben der ächten Artikel ist
                              ein sehr wesentlicher Punkt dieser Arbeit, von dem das Gelingen der Operation
                              oftmals abhängt. Man hat schon vielfache Versuche gemacht, denselben durch chemische
                              Verbindungen (Kuhkothsalze, sels a bouser), zu
                              verdrängen, allein bis jetzt ist dieß nur zum kleinen Theil gelungen. In neuester
                              Zeit, wo die ächten Waaren mehr als je gehen, hat man an einer Stelle, wo es sehr
                              schwer war sich immer einen gleichmäßigen Kuhkoth zu beschaffen, Versuche mit Guano
                              an Stelle desselben gemacht und befriedigende Resultate damit erlangt, welche um so
                              mehr Erfolg versprechen, als man es hier mit einem festen, ziemlich gleichmäßig
                              zusammengesetzten Stoff zu thun hat, der weit leichter genauere Verhältnisse zuläßt,
                              als der so veränderliche wasserhaltige Kuhkoth, und dessen Gehalt an Ammoniaksalzen
                              sowohl, als an Eiweiß den Hauptanforderungen vollständig entspricht. (Deutsche
                              Musterzeitung, 1853, Nr. 6.)
                           
                        
                           Einsprengen der Blauholzspäne mit Leimwasser vor dem
                              Kochen.
                           Eine merkwürdige und wichtige Erscheinung ist die, daß, wenn man Blauholzspäne, statt
                              mit reinem Wasser, vor dem Auskochen mit Wasser, welches pro Centner Holz circa 2 Pfd. Leim enthält,
                              einsprengt und einige Tage liegen läßt, man viel schneller stärkere Extracte erhält,
                              und zwar 10–15 Proc. mehr, als wenn es nicht stattfindet. Die Ursache dieses
                              Verhaltens liegt vielleicht darin, daß die Gerbsäure des Holzes durch den Leim
                              gefällt wird und das Holz alsdann leichter den Farbstoff hergibt. (Deutsche
                              Musterzeitung, 1853, Nr. 5.)
                           
                        
                           Neuer sehr billiger Ansatz zum Dampfblau für den
                              Zeugdruck.
                           Zur Herstellung des Dampfblau wurde bisher gewöhnlich das eisenblausaure Kali in der
                              Weise zersetzt, daß man dasselbe in der entsprechenden Menge Wasser löst, dann die
                              zur Zersetzung nöthige Menge einer Säure mit Wasser löst oder verdünnt, und beide
                              Mischungen vereinigt. Benutzt man Weinsteinsäure, so scheidet sich, wenn die
                              Lösungen nicht zu stark verdünnt waren, das sich bildende weinsteinsaure Kali beim
                              Erkalten in feinen Krystallen ab und die Lösung eignet sich sehr vorzüglich zu einem
                              schönen Blau. Der hohe Preis der Weinsteinsäure – man braucht zur ganz
                              genauen Zersetzung auf 1 Pfd. blausaures Kali 45 3/4 Loth derselben – war
                              Veranlassung zu vielen Versuchen und Anwendungen, bei welchen man dieselbe durch
                              billigere Substanzen ersetzte, als namentlich durch Schwefelsäure und durch saures
                              schwefelsaures Kali.
                           Wenn man Lösungen des eisenblausauren Kali mit der von Schwefelsäure oder saurem
                              schwefelsaurem Kali in Wasser mischt, so geht zwar die zur Bildung der blauen Farbe
                              nöthige Zersetzung vor sich, allein die entstehende Lösung enthält eine große Menge
                              schwefelsaures Kali aufgelöst, welches die damit bedruckten Stoffe bei dem Dämpfen
                              sehr stark angreift, auch der Schönheit der Farbe Eintrag thut.
                           
                           Der neue Ansatz beruht auf der Eigenschaft des blausauren
                                 Kali, sich in einer kleinen Quantität verdünnter Schwefelsäure kalt vollkommen
                                 zu zersetzen, ohne daß es nöthig wäre dasselbe vorher in Wasser zu lösen. Man
                                 schüttet es in nußgroßen Stücken hinein. Das sich
                                 bildende schwefelsaure Kali scheidet sich vollständig ab.
                           Bei dieser Art des Ansatzes ist es durchaus nöthig, genau die Quantität der
                              Schwefelsäure, welche zur Zersetzung einer gewissen Menge von eisenblausaurem Kali
                              nothwendig ist zu wissen, da ein Ueberschuß an Säure der Waare nachtheilig werden
                              würde, anderntheils ein Mangel derselben ein schlechteres Blau und einen Verlust an
                              eisenblausaurem Kali ergeben würde.
                           Die Menge des zur Verdünnung der Säure nöthigen Wassers braucht nicht größer zu seyn,
                              als um das hineingeschüttete blausaure Kali zu bedecken, es ist weniger kaltes
                              Wasser nöthig, als zur Lösung des blausauren Kali heißes erforderlich ist. Man
                              erhält mithin auf diese Weise eine so concentrirte Lösung von blausaurem Eisen, wie
                              sie auf andere Art nur sehr schwer zu erzielen ist.
                           Bei der Erwärmung entwickelt sich aus diesem wie aus den andern Ansätzen Blausäure,
                              und Berlinerblau fällt nieder. Da die anderen Ansätze immer warm bereitet werden, so
                              geht die weitere Zersetzung sofort vor sich, was hierbei nicht der Fall ist, da die
                              Lösung, mit gehöriger Vorsicht bereitet, ganz kalt bleibt, sich auch längere Zeit
                              hindurch unzersetzt erhält.
                           Zu beobachten hat man dabei dann nur, daß das eisenblausaure Kali nicht gepulvert,
                              sondern in nußgroßen Stücken in die verdünnte Säure gebracht, und dann bis zur
                              ziemlich rasch erfolgenden Zersetzung umgerührt wird. Es bildet sich ein weißer
                              Bodensatz von fein krystallisirtem schwefelsaurem Kali und eine klare grünlich
                              gelbliche Lösung von blausaurem Eisen.
                           Das genaue Verhältniß der zu verwendenden Säure ist auf 1
                                 Pfund gutes trockenes Blutlaugensalz 14,86 (14 3/4) Loth Schwefelsäure von 66° B. Denn blausaures Kali enthält 44,66
                              Proc. Kali oder 1 Pfd. 14,29 Loth. Um schwefelsaures Kali zu bilden, ist auf 1 Atom
                              Kali 1 Atom Schwefelsäure nöthig, die Rechnung also bei dem Mischungsgewicht von
                              589,9 für Kali und 613,6 für Schwefelsäure sehr einfach 589,9 : 6136 = 14,29 Loth:
                              x, = 14,86 Loth Schwefelsäure.
                           Bei den Ansätzen die ich verwende, rechne ich für 1 Pfd. eisenblausaures Kali 1/2
                              Quart Wasser, ich erhalte dadurch einen so starken Ansatz, daß ich solchen zu 1 bis
                              2 Quart kalter ganz dick gekochter Stärke rühren kann, und doch eine sehr intensive
                              Farbe erhalte.
                           1 Quart Wasser, 14 3/4 Loth Schwefelsäure und 1 Pfund blausaures Kali liefert einen
                              vorzüglichen Ansatz; derselbe nach Farbe verdünnt, mit Stärke verdickt und mit einer
                              gehörigen Menge blausaurem Zinn versetzt, gibt auf mit Präparirsalz vorbereiteter
                              Waare, sowohl Kattun als Halbwolle, ein sehr schönes, dem mit Weinsteinsäure
                              bereiteten wenig nachstehendes Blau, welches nicht halb so viel kostet, als das
                              erstere.
                           Ein gutes Dampfblau auf Kattun aus dem Ansatz von 1 Quart Wasser pro Pfund eisenblausaures Kali ist:
                           
                              
                                   1
                                 Quart Wasser verdickt mit
                                 
                              
                                 16
                                 Loth Stärke, halb kalt gerührt, dann
                                 
                              
                                   1
                                 Pfund Ansatz und
                                 
                              
                                   1
                                   
                                    „     blausaures Zinn zugerührt.
                                 
                              
                           Die hiermit bedruckte Waare muß nach dem Dämpfen einige Tage hängen bleiben, oder vor
                              dem Spülen durch eine schwache Lösung von chromsaurem Kali genommen werden. W. Grüne
                              jun. (Deutsche Musterzeitung, 1853, Nr. 6.)