| Titel: | Ueber Jobard's Gasbrenner und Babinet's Photometer. | 
| Fundstelle: | Band 131, Jahrgang 1854, Nr. XXXIII., S. 132 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        XXXIII.
                        Ueber Jobard's Gasbrenner und Babinet's Photometer.
                        Aus den Comptes rendus, Novbr. 1853, und dem Cosmos, Bd. III S. 693.
                        Mit einer Abbildung.
                        Ueber Jobard's Gasbrenner und Babinet's Photometer.
                        
                     
                        
                           Prof. Payen hat gemeinschaftlich mit den HHrn. Babinet und Seguier der
                              									französischen Akademie der Wissenschaften über den (im polytechn. Journal Bd. CXXIX S. 237 besprochenen) Gasbrenner des
                              									Hrn. Jobard zu Brüssel einen Bericht erstattet. Mittelst
                              									dieses Brenners erhält man nach Hrn. Jobard eine
                              									beträchtlichere Lichtmenge als ein gleiches Gasvolum bei Anwendung der gewöhnlichen
                              									Brenner liefert, was die Commission auch bestätigt fand. Die neue Einrichtung des
                              									fraglichen Brenners besteht in einer doppelten Hülle von Glas (in Form eines langen
                              									cylindrischen Arzneiglases); der Boden dieser Hülle ist unter dem hohlen Ring
                              									befestigt, welcher das Gas in den Oeffnungen vertheilt, durch die es zum Verbrennen
                              									austritt. Zwischen der doppelten Hülle und dem etwas höheren Zugglas bleibt ein
                              									freier Raum. Sobald der Brenner angezündet ist, wird durch die Flamme ein Zug
                              									veranlaßt, und die äußere Luft dringt in den ringförmigen cylindrischen Raum; sie
                              									zieht zwischen dem Zugglas und den Wänden der Hülle hinab, um in den hohlen Cylinder
                              									in der Mitte des Brenners zu gelangen. Aus dieser Anordnung folgt offenbar, daß die
                              									Luft sich erhitzt, indem sie zwischen den Wänden der nach und nach heiß gewordenen
                              									Hülle herabgelangt. In dem Maaße als die Luft auf diese Weise wärmer wird, dehnt sie
                              									sich aus und ihr Gewicht wird bei gleichem Volum geringer. Das Gas wird daher behufs
                              									seiner Verbrennung mit einer Luft gespeist, welche heißer ist, aber quantitativ
                              									weniger beträgt als bei Anwendung der gewöhnlichen Brenner. Wegen dieser zwei
                              									Umstände muß man den Zufluß des Gases vermindern (um den Gasverbrauch noch mehr zu
                              									verringern, kann man sogar einen metallenen Rost auf dem ringförmigen Zwischenraum
                              									zwischen dem Zugglas und den oberen Rändern der Hülle anbringen); das Gesammtlicht
                              									nimmt dann ab, da aber der Gasverbrauch in einem viel größeren Verhältniß geringer
                              									wird, so findet eine wirkliche Ersparniß statt.
                           Das Princip auf welches sich der neue Photometer gründet, ist die Neutralisation der Farben des polarisirten Lichts. Der kleine und
                              									bequem anzuwendende Apparat besteht im Wesentlichen aus einem Rohr O, T, welches am Ende T mit
                              									einem matten Glas verschlossen und am Ende O mit einem
                              									Zerlegungs-Prisma von isländischem Kalkspath versehen ist. Eine Säule von
                              									Glasplatten P, P, welche als Polarisationsapparat dient,
                              									ist auf dem Rohr so befestigt, daß die Platten mit ihm einen Winkel von 35°
                              									bilden, nämlich den Polarisationswinkel für das Glas woraus das Plattensystem
                              									besteht. Das durch die matte Glasscheibe zerstreute Licht kann nur durch die Säule
                              									von Glasplatten, folglich polarisirt zum Auge gelangen, und zwar durch Brechung,
                              									also senkrecht auf die Einfallsebene der Strahlen polarisirt. Mit dem ersten Rohr
                              										O, T ist ein zweites Rohr T' verbunden, dessen Achse mit der Achse des erstem einen Winkel von
                              									70° bildet, und mit den Glasplatten wieder den Polarisationswinkel von
                              									35°; das Rohr T' ist gleichfalls mit einer
                              									Scheibe von mattem Glas geschlossen, und das durch diese Scheibe dringende und
                              									zerstreute Licht gelangt zum Auge nur durch Reflexion an der
                              									Glasplatten-Säule und folglich polarisirt in der Einfallsebene der Strahlen.
                              									Um das Instrument leichter richten zu können, hat man über den zwei Röhren zwei
                              									Dioptern p, p und p', p' angebracht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 131, S. 133
                              
                           Angenommen nun, es sollen zwei Lichtquellen verglichen werden, so bringt man sie den
                              									Oeffnungen der zwei Röhren gegenüber an, oder man richtet die zwei Röhren auf sie;
                              									die Beleuchtungen der zwei vollkommen gleichen matten Gläser sind offenbar
                              									proportional den Intensitäten der beiden Lichtquellen, letztere in derselben als
                              									Einheit angenommenen Entfernung befindlich vorausgesetzt, und es handelt sich also
                              									nur noch darum, das Verhältniß dieser Beleuchtungen zu finden. Die von beiden
                              									Lichtquellen kommenden und gleichzeitig auf das Zerlegungsprisma fallenden Strahlen
                              									sind in Folge der Anordnung des Apparats unter rechtem Winkel polarisirt, und da
                              									diese sämmtlichen Strahlen einen einzigen zusammengesetzten Strahl bilden, so
                              									erzeugt der doppeltbrechende Kalkspath zwei leuchtende Scheiben, deren jede aus zwei
                              									übereinander liegenden Bildern besteht, von denen das eine immer dem bei T, das andere dem bei T'
                              									angebrachten matten Glas angehört. In dem allgemeinen Fall wo die Beleuchtungen der
                              									matten Gläser nicht gleich sind, haben diese zwei Bilder ungleiche Intensität, die
                              									leuchtenden Scheiben werden daher gefärbt seyn, und zwar in complementären Farben;
                              									vollkommen weiß oder farblos werden sie nur in dem einzigen Fall seyn, wo die Beleuchtungen
                              									der matten Gläser oder die Intensitäten der Lichtquellen gleich sind, denn nur dann
                              									können die zwei Bilder, woraus jede Scheibe besteht, von gleicher Intensität seyn.
                              									Nehmen wir nun an, daß die Scheiben gefärbt erscheinen, weil die Lichtquellen nicht
                              									gleich intensiv sind, und lassen wir die weniger intensive Lichtquelle fix an ihrem
                              									Platze, entfernen dagegen langsam die intensivere in der Richtung der Achse des
                              									Rohrs, welches sich ihr gegenüber befindet: so werden sich durch diese Entfernung
                              									die leuchtenden Scheiben immer mehr entfärben und es wird endlich ein Zeitpunkt
                              									eintreten, wo sie vollkommen weiß oder farblos sind; in diesem Stande werden die
                              									Beleuchtungen der zwei matten Gläser gleich seyn, folglich sind dann auch die
                              									Intensitäten der zwei Lichtquellen für diese relativen Entfernungen der Gläser
                              									gleich. Nennt man I die Intensität der stärkeren
                              									Lichtquelle, I' die Intensität der schwächeren bei der
                              									anfänglichen Entfernung 1; so wird I : D² die Intensität der stärkeren Lichtquelle bei
                              									der Entfernung D seyn, und da diese im Verhältniß des
                              									Quadrats der Entfernungen oder von 1 zu D²
                              									verschwächte Intensität gleich ist derjenigen der weniger intensiven Lichtquelle, so
                              									hat man I' = I : D² und I : I' = D². Das
                              									Verhältniß des intensiveren Lichts zum weniger intensiven Licht wird folglich in
                              									allen Fällen gleich seyn dem Quadrat derjenigen Entfernung, bei welcher die Scheiben
                              									vollkommen weiß oder farblos sind.
                           Damit man den Punkt leichter treffen kann, wo die zwei Scheiben weiß sind, hatte Hr.
                              									J. Duboscq die glückliche Idee, in der Mitte des
                              									Hauptrohrs, senkrecht zur Achse, und auf dem Weg der leuchtenden Strahlen, eine
                              									Platte von Bergkrystall mit zwei entgegengesetzten Drehungen anzubringen. Durch
                              									diesen Zusatz wird nämlich jede Scheibe in zwei Halbscheiben getheilt, die immer mit
                              									complementären Farben gefärbt sind, so lange das zusammengesetzte Licht welches sie
                              									beleuchtet, nicht aus zwei unter rechten Winkeln polarisirten und aus Strahlen von
                              									vollkommen gleichen Intensitäten erzeugten Bündeln besteht; der Contrast der zwei
                              									Farben der Halbscheiben gibt dem Apparat eine viel größere Empfindlichkeit und
                              									gestattet zum vollkommenen Weiß zu gelangen. Um alle Fehlerquellen auszuschließen,
                              									muß man vergleichend verfahren, nämlich die zwei Lichter, deren
                              									Intensitäts-Verhältniß ermittelt werden soll, mit demselben Normallicht
                              									vergleichen, welches während der Dauer der Versuche ziemlich constant ist und stets
                              									demselben Rohr gegenüber in derselben Entfernung angebracht wird. Nachdem man die
                              									Gleichheit der Intensität für das Normallicht und die schwächere der zwei
                              									Lichtquellen hergestellt hat, ersetzt man letztere durch die stärkere Lichtquelle
                              									und stellt neuerdings die Gleichheit her; das Verhältniß der Intensitäten der zwei
                              									Lichtquellen wird gleich seyn dem umgekehrten Verhältniß der Quadrate der Entfernungen der
                              									zwei Lichtquellen im Augenblick der Gleichheit der Farben mit dem Normallicht.
                              									Sollten die zwei zu vergleichenden Lichtquellen nicht verstellt werden können, so
                              									bringt man den Kreuzungspunkt der zwei Rohre T, T' in
                              									gleicher Entfernung vom Normallicht oder in bekannten Entfernungen an und verstellt
                              									also das Normallicht, um die Gleichheit der Intensität oder die Neutralisation der
                              									polarisirten Strahlen zu erzielen.
                           Die Commission hat ihre Versuche mit diesem Photometer bei Hrn. Chopin, Fabrikant von Gasapparaten (rue du Roule,
                                 										No. 7 in Paris) angestellt. Der neue Brenner und der alte Brenner wurden
                              									neben einander auf zwei Gasuhren angebracht; man machte mittelst des beschriebenen
                              									Photometers ihre respectiven Lichter gleich demjenigen einer vollkommen brennenden
                              									Moderatorlampe, und nachdem die Gleichheit hergestellt war, maß man an der Gasuhr
                              									die in denselben Zeit verbrauchten Gasmengen; dabei ergab sich, daß wenn der alte
                              									Brenner 165 Liter Gas consumirte, der neue Brenner nur 122 verbrauchte; die
                              									Differenz war also 43 Liter, fast das Drittel des Gesammtverbrauchs. Hiernach würde
                              									man im Jahr zu 300 Tagen durch Anwendung der neuen Brenner fast 600 Kubikmeter Gas
                              									zu 30 Centimes oder 180 Franken ersparen. Die Commission beobachtete, daß die Flamme
                              									des neuen Brenners etwas gelber, aber verlängerter und viel ruhiger war; jene
                              									unaufhörlichen Schwankungen, welche das Licht abwechselnd dunkler und heller machen
                              									und das Gesicht sehr ermüden, fanden nicht mehr statt. Hr. Pouillet, welcher früher bei Gelegenheit eines von einem andern Erfinder
                              									vorgeschlagenen Brenners schon derartige Versuche angestellt hatte, glaubte sich zu
                              									erinnern, daß die Gläser sehr bald zerbrechen, wenn man die Brenner mit heißer Luft
                              									speist; dieß ist jedoch bei dem Jobard'schen Brenner
                              									nicht der Fall; der Ankaufspreis desselben ist allerdings höher als bei den
                              									gewöhnlichen Brennern, und die tägliche Handhabung desselben umständlicher, wofür
                              									man aber durch die Ersparniß an Gas reichlich entschädigt wird. Bei der Macht der
                              									Gewohnheit glauben wir, daß unter diesen Umständen Jobard's verbesserter Brenner sich nur langsam Bahn brechen wird; Babinet's neuer Photometer dürfte aber zur Bestimmung der
                              									Leuchtkraft des Gases, der Oele, Kerzen etc. in der Industrie leicht Eingang
                              									finden.