| Titel: | Der elektro-chemische Schreibapparat für den Telegraphen-Betrieb in Oesterreich, von Dr. Wilhelm Gintl, k. k. Telegraphen-Director. | 
| Fundstelle: | Band 131, Jahrgang 1854, Nr. LII., S. 194 | 
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                        LII.
                        Der elektro-chemische Schreibapparat für
                           								den Telegraphen-Betrieb in Oesterreich, von Dr. Wilhelm Gintl, k. k.
                           								Telegraphen-Director.
                        Aus der Zeitschrift des
                                 								deutsch-österreichischen Telegraphen-Vereins, 1854, Heft 1.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									III.
                        Gintl's elektro-chemischer Schreibapparat.
                        
                     
                        
                           Läßt sich auch die äußerst sinnreiche Construction des Morse'schen Schreib-Telegraphen nicht in Abrede stellen, so muß man
                              									doch dem Zeugnisse der Erfahrung gemäß offen bekennen, daß wegen der sehr
                              									schwierigen Einstellung des dabei in Anwendung gebrachten Relay und der großen
                              									Unsicherheit des Erfolges seiner Functionen, die praktische Brauchbarkeit des ganzen
                              									Apparates einen bedeutenden Eintrag erleidet.
                           Denn jede Veränderung des in der Leitungskette circulirenden elektrischen Stromes
                              									bedingt auch eine entsprechende Aenderung in der Stellung des Ankers am Relay, und
                              									weil bei ausgedehnten telegraphischen Leitungen wegen der vielfach darauf
                              									einwirkenden äußeren Einflüsse der elektrische Strom in seiner Stärke sehr häufig
                              									variirt, so muß man, um deutliche Zeichen am Apparate zu erhalten, auch die
                              									Entfernung des Ankers von den Elektro-Magneten des Relay fortwährend der
                              									jedesmaligen Stärke des elektrischen Stromes anpassen, wodurch die Correspondenz
                              									nicht nur äußerst mühsam wird, sondern auch sehr viele Zeit dabei verloren geht.
                           
                           Nebstdem führt das Relay noch den Uebelstand herbei, daß durch seine Einschaltung in
                              									die Leitung ein sehr großer Widerstand für den elektrischen Strom in dieselbe
                              									gebracht wird, welcher um so größer ausfällt, jemehr solcher Apparate an einer
                              									Telegraphenlinie aufgestellt sind, daher zur Ueberwältigung dieses Widerstandes auch
                              									eine größere Anzahl galvanischer Batterien erforderlich ist, deren Beistellung und
                              									Erhaltung bedeutende Auslagen verursacht, folglich der Apparat von dieser Seite
                              									betrachtet keineswegs ökonomisch genannt werden kann. Eine weitere nachtheilige
                              									Folge ergibt sich aus dem durch die Einschaltung mehrerer Relays in der Leitung
                              									zunehmenden Widerstande, daß bei ausgedehnten Telegraphenlinien über eine gewisse
                              									Gränze hinaus nicht mehr direct correspondirt werden kann und man daher zur
                              									Translation der Depeschen seine Zuflucht nehmen muß, mithin wieder neue
                              									Schwierigkeiten zu überwältigen hat.
                           Zur Beseitigung dieser, den ausübenden Telegraphendienst so sehr hemmenden
                              									Uebelstände bleibt keine andere Wahl, als auf den Gebrauch des Relay Verzicht zu
                              									leisten und dafür ein anderes nicht minder empfindliches, aber einfacher und
                              									verläßlicher wirkendes Hülfsmittel zur Erzeugung der telegraphischen Zeichen
                              									anzuwenden. Ich habe daher mit dem Relay auch zugleich die Elektro-Magnete
                              									zur Bewegung des Schreibhebels am Morse'schen Apparate
                              									weggelassen, und statt des elektro-magnetischen das elektro-chemische
                              									Princip zur Erzeugung der telegraphischen Zeichen angenommen. Deßhalb wurde auch von
                              									dem Morse'schen Schreib-Apparate nur das aus zwei
                              									Walzen und den dazu gehörigen Zahnrädern bestehende Zugwerk zur Bewegung des
                              									Papierstreifens beibehalten und dadurch der Apparat bezüglich seiner mechanischen
                              									Einrichtung auf die einfachste Form zurückgeführt. Statt des Hebels, welcher am Morse'schen Apparate mittelst zweier
                              									Elektro-Magnete in Bewegung gesetzt und wodurch der Schreibstift mit dem vom
                              									Zugwerke fortbewegten Papierstreifen in Berührung gebracht wird, um die
                              									telegraphischen Zeichen in denselben einzudrücken, benutze ich zur Hervorbringung
                              									dieser Zeichen einen fein zugespitzten Metallstift von Kupfer, Messing, Stahl oder
                              									Eisen, welcher in schiefer Stellung an einem Arme so angebracht ist, daß er einen
                              									halbrunden metallenen Steg, über welchen der Papierstreifen mittelst des Zugwerkes
                              									fortbewegt wird, nahezu berührt und gegen denselben federnd drückt, wenn der
                              									Papierstreifen zwischen ihm und dem Metallstege hindurchgezogen wird.
                           Der Schreibstift ist mit einem Schraubengewinde versehen und läßt sich in dem ihn
                              									haltenden Arme vorwärts- oder zurückschrauben, wodurch man denselben dem
                              									Metallstege so nahe als nothwendig bringen und wieder davon entfernen kann. Um
                              									jedoch bei dem Schreibstifte auch die schiefe Stellung desselben gegen den Metallsteg gehörig
                              									reguliren, und den Grad der Federung nach Bedarf abändern zu können, ist der ihn
                              									haltende Arm drehbar eingerichtet, und dabei eine Stellschraube angebracht, durch
                              									welche die Neigung des Schreibstiftes, und mit ihr die Federung desselben gegen den
                              									Metallsteg schnell verändert werden kann. Hiernach hat man die Stellung des
                              									Schreibstiftes vollkommen in seiner Macht, und es ist dieses die einzige Regulirung,
                              									deren der Apparat bedarf, welche übrigens sehr leicht bewerkstelligt werden kann.
                              									Hat man den Schreibstift einmal gehörig eingestellt, so ist für längere Zeit keine
                              									weitere Regulirung desselben mehr nothwendig.
                           Wenn man nun den Apparat einerseits mit dem Schreibstifte, andererseits aber mit dem
                              									Metallstege in die Leitungskette einschaltet, so wird der von einer galvanischen
                              									Batterie mittelst des Tasters in dieselbe eingeführte elektrische Strom offenbar aus
                              									dem Schreibstifte in den Metallsteg und umgekehrt übergehen, also seinen Kreislauf
                              									ungehindert vollenden können, weil zwischen beiden metallischer Contact herrscht.
                              									Sobald aber der Papierstreifen zwischen dem Schreibstifte und dem Metallstege
                              									durchgezogen wird, bewirkt die schlechte Leitungsfähigkeit des Papiers, so lange
                              									dasselbe trocken ist, eine Störung in der Circulation des elektrischen Stromes. Es
                              									muß daher dafür gesorgt werden, daß sich der Papierstreifen bei seinem Durchzuge
                              									zwischen dem Schreibstifte und dem Metallstege in einem die Elektricität gut
                              									leitenden Zustande befindet, welches am besten dadurch geschieht, daß man dazu
                              									ungeleimtes Papier anwendet und den Papierstreifen, kurz bevor er zwischen den
                              									Schreibstift und den Metallsteg tritt, ganz naß macht, wodurch er nach Maßgabe der
                              									dazu gewählten Flüssigkeit, den entsprechenden Grad von Leitungsfähigkeit
                              									erhält.
                           Zu diesem Behufe habe ich ganz nahe an dem Schreibstifte ein mit der später näher zu
                              									bezeichnenden Netzflüssigkeit gefülltes Gefäß aufgestellt, in dessen Deckel ein eben
                              									abgeschnittener Schwamm steckt, welcher, von der Flüssigkeit durchnäßt, den über
                              									seine obere Schnittfläche hingleitenden und gegen dieselbe von einer kleinen Walze
                              									sanft angedrückten ungeleimten Papierstreifen vollständig benetzt, so daß er in
                              									diesem Zustande unter den Schreibstift tritt, und die dadurch erlangte
                              									Leitungsfähigkeit desselben dem elektrischen Strome den Uebergang vom Schreibstifte
                              									in den Metallsteg gestattet. Die Wahl der Flüssigkeit zum Benetzen des
                              									Papierstreifens ist nicht gleichgültig, weil von ihr der Grad der Leitungsfähigkeit
                              									des damit benetzten Papierstreifens und davon die Wirksamkeit des ganzen Apparates
                              									abhängt. Reines Wasser macht zwar den davon vollkommen durchnäßten Papierstreifen
                              									für den elektrischen Strom schon leitend, aber wegen seiner an sich geringen
                              									Leitungsfähigkeit noch nicht in jenem Grade, wie er erforderlich ist, um auf sehr ausgedehnten
                              									Telegraphenlinien ohne Zuhülfenahme übermäßig großer Stromkräfte mit gehörigem
                              									Erfolge correspondiren zu können.
                           Es wurden daher von mir statt reinen Wassers verschiedene Salzlösungen im Wasser und
                              									sehr stark verdünnte Säuren versucht; und ich fand bezüglich des Grades der
                              									Leitungsfähigkeit, welchen sie dem damit benetzten Papierstreifen geben, daß von
                              									allen Salzlösungen mit Rücksicht auf den vom elektrischen Strome bei seinem
                              									Durchgange im Papierstreifen zugleich zu bewirkenden chemischen Proceß eine
                              									gesättigte Lösung von Kochsalz oder Alaun, und unter den Säuren sehr stark verdünnte
                              									Schwefelsäure dem Papierstreifen eine solche Leitungfähigkeit verschaffen, daß man
                              									mit derselben Stromkraft, welche der Morse'sche
                              									Schreibapparat zu seinem Betriebe auf sehr langen Telegraphenlinien erfordert, auch
                              									bei dem elektro-chemischen Apparate ausreicht.
                           Die Flüssigkeit, welche zum Benetzen des Papierstreifens dienen soll, muß aber, wie
                              									ich schon zuvor bemerkte, nach Maaßgabe der im Papierstreifen durch den elektrischen
                              									Strom einzuleitenden chemischen Wirkung entsprechend gewählt werden.
                           Denn da bei dem elektro-chemischen Schreib-Telegraphen die Zeichen auf
                              									dem Papierstreifen nicht, wie beim Morse'schen Apparate,
                              									durch bloßes Eindrücken des Schreibstiftes, sondern mittelst der vom elektrischen
                              									Strome zu bewirkenden chemischen Zersetzung einer farbig reagirenden Substanz
                              									hervorgebracht werden sollen, so muß der Papierstreifen früher mit dem
                              									entsprechenden Reagens imprägnirt, und daher auch die Flüssigkeit zum Benetzen
                              									desselben so gewählt werden, daß sie nicht allein das Papier für den elektrischen
                              									Strom in gehörigem Grade leitend macht, sondern auch bei ihrer gleichzeitig
                              									erfolgenden Zersetzung der eintretenden Reaction nicht entgegen wirkt. Es ist
                              									bekannt, daß Jodkalium in Verbindung mit Stärkekleister zu den empfindlichsten
                              									elektro-chemischen Reagentien gehört, und bei seiner chemischen Zersetzung
                              									durch den elektrischen Strom mit dem Stärkekleister eine violette Farbe liefert.
                              									Nicht minder empfindlich habe ich in dieser Beziehung eine Mischung von Cyankalium
                              									mit Salzsäure und einer gesättigten Kochsalzlösung gefunden, wobei jedoch der
                              									Schreibstift, durch welchen der elektrische Strom in den damit imprägnirten
                              									Papierstreifen geleitet wird, aus Eisen oder weichem Stahl bestehen muß. In diesem
                              									Falle gibt die durch den elektrischen Strom bewirkte Zersetzung der genannten
                              									Substanzen, und die dabei stattfindende Reaction eine dunkelblaue fast schwarze
                              									Farbe.
                           Will man daher beim elektro-chemischen Schreib-Apparate die
                              									telegraphischen Zeichen auf dem Papierstreifen in violetter Farbe erhalten, so imprägnire man den
                              									Papierstreifen vorerst mit einer Mischung von Jodkalium, Stärkekleister und Wasser
                              									in dem Verhältnisse von 1: 20: 40, d.h. man nehme auf einen Gewichtstheil Jodkalium
                              									20 Gewichtstheile von dick gekochtem Stärkekleister und 40 Gewichtstheile Wasser.
                              									Zur Imprägnirung von einem Pfunde Papier werden nach meinen Versuchen 6 Gramme
                              									Jodkalium, 120 Gramme Stärkekleister und 240 Gramme Wasser benöthigt.
                           Bei einem mit dieser Mischung imprägnirten Papierstreifen leistet nun eine gesättigte
                              									Alaunlösung oder sehr stark verdünnte Schwefelsäure, zum Benetzen desselben
                              									angewendet, sehr gute Dienste, noch besser aber wirkt eine Mischung von beiden
                              									Flüssigkeiten zu gleichen Theilen, indem dadurch dem Papierstreifen ein bedeutender
                              									Grad von Leitungsfähigkeit für den elektrischen Strom ertheilt wird, und die auf
                              									demselben durch die chemische Reaction hervorgebrachten Zeichen augenblicklich in
                              									schön violetter Farbe, und ganz genau erscheinen.
                           Sollen dagegen die telegraphischen Zeichen auf dem Papierstreifen in dunkelblauer
                              									Farbe erzeugt werden, so nehme man zur Imprägnirung desselben eine Mischung von 7
                              									Gewichtstheilen Cyankalium, aufgelöst in 45 Gewichtstheilen Wasser, welchem 1
                              									Gewichtstheil Salzsäure und 16 Gewichtstheile gesättigter Kochsalzlösung zugesetzt
                              									worden sind. Um ein Pfund Papier auf diese Art zu imprägniren, werden 70 Gramme
                              									Cyankalium, 450 Gramme Wasser, 10 Gramme Salzsäure und 160 Gramme gesättigte
                              									Kochsalzlösung erfordert.
                           Hat man das Papier mit dieser Mischung imprägnirt, so dient zum Benetzen desselben am
                              									besten eine nicht gesättigte Lösung von Kochsalz in Wasser oder in sehr stark
                              									verdünnter Schwefelsäure. Der Papierstreifen erhält dadurch einen sehr hohen Grad
                              									von Leitungsfähigkeit für den elektrischen Strom, und die telegraphischen Zeichen
                              									erscheinen auf demselben anfänglich schwach, von bläulichgrüner Farbe, werden aber
                              									in Zeit von kaum einer Minute dunkelblau und später beinahe blauschwarz.
                           Die auf beide Arten erzeugten farbigen Zeichen sind zwar bleibend, unterliegen aber
                              									nach einiger Zeit einer Farbenveränderung, welche darin besteht, daß die bei
                              									Anwendung von Jodkalium anfänglich violett erscheinenden Zeichen später gelbbraun
                              									werden, und an Intensität etwas abnehmen, wogegen bei den durch Cyankalium in
                              									Verbindung mit Salzsäure und Kochsalz erzeugten Zeichen, wie schon früher bemerkt
                              									wurde, der umgekehrte Fall eintritt. Diese Aenderung der Farbe geschieht bei den auf
                              									die eine oder andere Art erzeugten Zeichen, während der allmählichen Abtrocknung des
                              									Papierstreifens, unterbleibt aber gänzlich, sobald das Papier trocken geworden
                              									ist.
                           
                           Da in Bezug auf die in der Farbe der Zeichen vor sich gehende Veränderung es so
                              									ziemlich gleichgültig seyn dürfte, welche von beiden Arten man zur Imprägnirung des
                              									Papierstreifens wählt, hinsichtlich des Grades der Leitungsfähigkeit aber, und der
                              									damit verbundenen Kosten ein wenn auch nicht bedeutender Unterschied obwaltet, so
                              									glaube ich doch denselben hier anführen zu sollen, damit auch nicht der geringste
                              									auf die praktische Brauchbarkeit des Apparates Einfluß nehmende Umstand
                              									unberücksichtigt bleibe.
                           Nach meinem Dafürhalten ist der sehr hohe Grad der Leitungsfähigfähigkeit, welchen
                              									bei Imprägnirung des Papiers mit Cyankalium, Salzsäure und Kochsalz, die zur
                              									Benetzung verwendbare Flüssigkeit demselben ertheilt, von der größten Wichtigkeit in
                              									Bezug auf die Leistungen des Apparates, weil davon die Möglichkeit abhängt mit
                              									demselben auf sehr weite Entfernungen ohne bedeutenden Batterie-Aufwand zu
                              									correspondiren. Daher würde ich dieser Art der Imprägnirung des Papiers den Vorzug
                              									geben, wenngleich die dabei zum Vorschein kommenden Zeichen nicht augenblicklich so
                              									deutlich sind, wie bei Anwendung von Jodkalium.
                           Was die Kosten anbelangt, welche die Imprägnirung des Papiers erfordert, so sind sie
                              									zwar an sich auch nicht bedeutend, aber doch in beiden Fällen etwas verschieden.
                              									Nimmt man Jodkalium und Stärkekleister zum Imprägniren des Papiers, so betragen die
                              									Kosten für die Imprägnirung eines Pfundes Papier oder eines 160 Klafter langen
                              									Papierstreifens 30 kr. C. – M. Wird dagegen Cyankalium in Verbindung mit
                              									Salzsäure und Kochsalz angewendet, so betragen die Imprägnirungskosten für ein Pfund
                              									Papier nur 10 kr. C. – M. Es zeigt sich also die letztere Art der
                              									Imprägnirung auch in dieser Beziehung vortheilhafter.
                           Wenn man Alles, was ich bis jetzt über das Princip, auf welchem der von mir
                              									construirte Apparat beruht und über dessen Wirkungsweise anführte, gehörig
                              									zusammenfaßt, so ergibt sich daraus für denselben folgende Einrichtung, welche in
                              									der Zeichnung Fig.
                                 										17 ihren wesentlichen Bestandtheilen nach dargestellt ist.
                           W, W' sind die zwei Walzen des Zugwerkes, welche den von
                              									der Scheibe S sich abwickelnden Papierstreifen P, P zwischen dem Schreibstifte A und dem darunter befindlichen Metallstege M
                              									im gleichförmigen Zuge hindurchziehen. Unterhalb des Papierstreifens ist in der Nähe
                              									des Metallsteges das Gefäß B aufgestellt, welches die
                              									zum Benetzen des Papiers dienende Flüssigkeit enthält. Der darin steckende oben
                              									flach abgeschnittene und mit der Flüssigkeit vollgesogene Schwamm bewirkt, daß der
                              									durch die Walze w sanft angedrückte und darüber hinweggleitende
                              									Papierstreifen gehörig benetzt wird, bevor er unter den Schreibstift tritt.
                           Um den Apparat in Thätigkeit zu setzen, wird der Schreibstift A mit dem positiven Pole Z einer galvanischen
                              									Batterie durch einen Draht so verbunden, daß der elektrische Strom mittelst eines in
                              									denselben eingeschalteten Tasters T zu dem Schreibstifte
                              									gelangen kann, wenn man den Contact am Taster herstellt, dagegen aber der Zutritt
                              									des elektrischen Stromes zum Schreibstifte verhindert wird, wenn man den Contact am
                              									Taster aufhebt. Ersteres geschieht durch das Niederdrücken des Tasthebels, letzteres
                              									beim Zurückziehen desselben in die Ruhelage.
                           Auf diese Art hat man es in seiner Macht, durch längeres oder kürzeres Niederdrücken
                              									des Tasthebels den elektrischen Strom in den Schreibstift gelangen und denselben auf
                              									den unter dem Schreibstifte sich fort bewegenden Papierstreifen einwirken zu lassen,
                              									wodurch eben nach Maaßgabe der längeren oder kürzeren Dauer der Einwirkung mittelst
                              									der elektrochemischen Wirkung farbige Striche oder Punkte auf dem Papierstreifen
                              									entstehen.
                           Der zur Weiterführung des elektrischen Stromes bestimmte Metallsteg M ist zu diesem Behufe mit dem
                              									Telegraphen-Leitungsdrahte verbunden, in welchem der elektrische Strom seinen
                              									Weg bis dahin fortsetzt, wo die Leitung mit der Erde in Verbindung steht, durch
                              									welche er zu seinem Ausgangsorte zurückkehrt, und daselbst zu dem negativen Pole K der Batterie übergeht, welcher deßhalb durch einen
                              									Draht mit der Erde communicirt.
                           Sind in der Telegraphen-Leitung an verschiedenen Orten elektrochemische
                              									Apparate auf ähnliche Weise, wie eben angegeben wurde, eingeschaltet, so bringt der
                              									elektrische Strom bei seiner Circulation in der Leitung, indem er durch die
                              									Schreibstifte und die darunter in Bewegung befindlichen Papierstreifen geht, in
                              									letzteren dieselbe Wirkung hervor, und es entstehen daher auf dem Papierstreifen
                              									dieser Stationen genau jene Zeichen, welche in der Ausgangsstation erzeugt wurden,
                              									wodurch also die Verständigung dieser Station mit den übrigen, und so auch umgekehrt
                              									bewerkstelliget wird. Die Art der Einschaltung zweier Apparate in die
                              									Telegraphen-Leitung zum Behufe der gegenseitigen Correspondenz ist in Fig. 18
                              									dargestellt, wo A₁ den Schreibstift, M₁ den Metallsteg des Apparates, T₁ den Taster, K₁ den Kupfer-, Z₁ den
                              									Zinkpol der galvanischen Batterie, und E₁ die
                              									Erdleitung in der einen Station bezeichnet, während A₂, M₂, T₂, K₂, Z₂ und E₂ die gleiche Bedeutung
                              									für die andere Station haben. Die Verbindung der einzelnen Bestandtheile eines
                              									Apparates unter sich und beider Apparate mit einander wird durch die von den
                              									Batteriepolen einerseits
                              									zur Erdleitung, andererseits zum Taster, und von da zu den Schreib-Apparaten
                              									gezogenen Linien ersichtlich gemacht. Wird in Fig. 18 der Taster T₁ niedergedrückt, und dadurch der metallische
                              									Contact zwischen dem Hebel desselben, und dem positiven Poldrahte Z₁ der Batterie hergestellt, so geht der
                              									elektrische Strom in der Richtung der beigesetzten Pfeile von diesem Pole der
                              									Batterie durch den Taster zum Schreibstifte A₁
                              									des Apparates, aus diesem in den Metallsteg M₁
                              									und aus demselben mittelst der Telegraphen-Leitung zu dem Schreibstifte A₂ des Apparates der anderen Station, durch
                              									welchen er in den Metallsteg M₂, und von da durch
                              									den Taster T₂ zur Erde gelangt, in welcher er zur
                              									ersten Station zurückkehrt, und daselbst in den von der Erde zum negativen Pole der
                              									Batterie führenden Draht übergeht, und auf diese Art seinen Kreislauf vollendet.
                              									Dabei wirkt er beim Uebergange aus den Schreibstiften in die Metallstege auf die
                              									zwischen denselben befindlichen benetzten Papierstreifen, und bringt auf ihnen
                              									entweder einen farbigen Punkt oder eine Linie hervor, je nachdem der Taster T₁ nur einen Augenblick oder längere Zeit
                              									niedergedrückt und durch den hergestellten metallischen Contact dem elektrischen
                              									Strome der Weg für seinen Kreislauf geöffnet worden ist. Die entgegengesetzte
                              									Richtung aber nimmt der elektrische Strom vom negativen Pole K₂ der anderen Station, wenn der Taster Z₂ daselbst niedergedrückt wird, wobei die Einwirkung auf die
                              									Papierstreifen der beiden Apparate wie früher erfolgt.
                           Weil es aber offenbar überflüssig ist, die telegraphischen Zeichen auf dem
                              									Papierstreifen des Apparates derjenigen Station, von welcher die Correspondenz
                              									ausgeht, erscheinen zu lassen, so kann man daselbst den elektrischen Strom durch
                              									einen metallischen Nebenschluß von dem Schreibstifte unmittelbar in den Metallsteg
                              									leiten, wodurch der Papierstreifen an diesem Apparate ganz außer Spiel kömmt, und
                              									überdieß der doppelte Vortheil erreicht wird, daß man sowohl an Papier erspart, als
                              									auch den elektrischen Strom weniger schwächt.
                           Aus der Einrichtung und den Leistungen des elektro-chemischen
                              									Schreib-Telegraphen ergeben sich nun im Vergleiche mit dem Morse'schen Apparate folgende Vortheile:
                           1. Ist der elektro-chemische Apparat viel einfacher construirt, als der Morse'sche und daher weit leichter zu handhaben.
                           2. Bedarf er keines Relay wie der Morse'sche Apparat,
                              									wodurch ein sehr großer Widerstand für den elektrischen Strom aus der Leitung
                              									wegfällt, und zugleich die schwierige Manipulation beseitigt wird, welche das Relay
                              									beim Morse'schen Apparate zu seiner gehörigen Stellung
                              									erfordert, die, weil sie beständig variirt, eine außerordentliche Aufmerksamkeit des Telegraphisten in
                              									Anspruch nimmt und nicht selten, wenn es der Telegraphist übersieht, bedeutende
                              									Störungen in der Correspondenz verursacht.
                           3. Kostet der elektro-chemische Schreib-Apparat höchstens den dritten
                              									Theil von dem Anschaffungspreise eines Morse'schen
                              									Apparates.
                           4. Werden die zur Bewegung des Schreibstiftes beim Morse'schen Apparate erforderlichen Elektro-Magnete sammt Hebel und
                              									Zubehör am elektro-chemischen Schreib-Telegraphen überflüssig, weil
                              									der Schreibstift an demselben unbeweglich angebracht ist, daher auch hier noch
                              									überdieß die Localbatterie zur Activirung der Elektro-Magnete erspart
                              									wird.
                           5. Sind die bei dem elektro-chemischen Apparate auf dem Papierstreifen
                              									erscheinenden farbigen Zeichen nicht allein bleibend, sondern auch viel besser
                              									wahrzunehmen als die am Morse'schen Apparate von dem
                              									Schreibstifte in den Papierstreifen bloß eingedrückten Zeichen, welche viel schwerer
                              									zu lesen sind und mit der Zeit leicht verdrückt und unkenntlich werden.
                           Auch ist eine Aenderung der elektro-chemischen Zeichen auf dem Papierstreifen
                              									nur durch Ausradirung derselben möglich und daher eine Verfälschung der Depesche
                              									stets erkennbar, während die beim Morse'schen Apparate in
                              									den Papierstreifen bloß eingedrückten Zeichen sehr leicht hinaus- und andere
                              									dafür hineingedrückt werden können, ohne daß die vorgenommene Fälschung erkennbar
                              									ist.
                           6. Bedarf es zur Handhabung des elektro-chemischen Schreib-Telegraphen
                              									keiner besonderen Abrichtung und Einübung der Telegraphisten, weil die
                              									telegraphischen Zeichen desselben mit denen beim Morse'schen Apparate ganz übereinstimmen und dieselben mittelst des Tasters
                              									eben so schnell wie beim Morse'schen Apparate
                              									hervorgebracht werden. Ueberdieß ist die Justirung und Behandlung des
                              									elektro-chemischen Schreib-Telegraphen wegen seiner sehr einfachen
                              									Einrichtung viel leichter.
                           7. Kann durch den elektro-chemischen Schreib-Telegraphen von einer
                              									Station nach anderen mit Morse'schen Apparaten
                              									ausgerüsteten Stationen und umgekehrt anstandslos correspondirt werden, weßhalb
                              									dessen Einführung successive, bei Errichtung neuer Telegraphen-Aemter
                              									geschehen kann, ohne nöthig zu haben, alle übrigen, schon mit Morse'schen Apparaten ausgerüsteten Telegraphen-Aemter auch mit
                              									elektro-chemischen Schreib-Telegraphen zu versehen.
                           8. Ist das System der Translatoren bei dem elektro-chemischen
                              									Schreib-Telegraphen ebenso anwendbar, wie bei dem Morse'schen Apparate.
                           
                           9. Läßt sich jeder Morse'sche Apparat mit Beseitigung des
                              									Relay und der Elektro-Magnete sammt Schreibhebel auf die wohlfeilste Art in
                              									einen elektro-chemischen Schreib-Telegraphen umgestalten.
                           10. Ergibt sich bei diesem Apparate auch noch eine bedeutende Ersparniß an Papier,
                              									weil wegen der viel sichereren Führung des Papierstreifens derselbe fast nur halb so
                              									breit zu seyn braucht, als bei dem Morse'schen
                              									Schreib-Apparate, man also mit demselben Papierquantum nahe doppelt so lange
                              									ausreichen kann.
                           Diese bedeutenden Vortheile, welche der elektro-chemische
                              									Schreib-Telegraph sowohl in ökonomischer Hinsicht, als auch in Bezug auf den
                              									praktischen Telegraphenbetrieb darbietet, haben mich bestimmt, den Apparat zur
                              									Disposition des hohen Handelsministeriums zu stellen, und es steht auf Grund der
                              									damit angestellten Versuche die Einführung desselben bei den österreichischen
                              									Telegraphen-Aemtern zu erwarten.
                           ––––––––––
                           Bei Gelegenheit der deutschen Telegraphen-Conferenz, welche im vergangenen
                              									Herbste in Berlin stattfand, wurde am 18. September auf
                              									der dortigen Central-Telegraphen-Station in Gegenwart der sämmtlichen
                              									HHrn. Commissarien ein Versuch mit diesem Schreib-Apparate angestellt.
                           Es wurden zu diesem Behufe auf der Linie von Berlin nach Amsterdam – 105
                              									Meilen Entfernung – sämmtliche Zwischen-Stationen ausgeschaltet, so
                              									daß die Linie eine ununterbrochene Kette bildete.
                           Außer dem chemischen Apparate wurde auf der Berliner Station ein gewöhnlicher Morse'scher Apparat in dieselbe Leitung eingeschaltet,
                              									und derselbe mittelst einer in Amsterdam angesetzten, aus 36 Elementen bestehenden
                              										Daniel'schen Batterie in Thätigkeit gesetzt. Die
                              									Schrift kam auf beiden Apparaten gut an.
                           Nach und nach wurde nun die Zahl der Elemente bis auf sechs ermäßigt, und auch da war
                              									die Schrift noch auf beiden Apparaten gleich gut. Bei weiterer Verringerung der
                              									Elemente bis auf vier war die Schrift auf dem chemischen Apparate zwar schwach, aber
                              									noch lesbar, bei dem Morse'schen Apparate dagegen nicht
                              									mehr verläßlich; und bei der Anwendung von nur drei Elementen endlich hörte sowohl
                              									die Wirksamkeit des chemischen wie die des Morse'schen
                              									Apparates ganz auf.
                           Hieraus ergibt sich für den elektro-chemischen Schreib-Telegraphen eine
                              									etwas größere Tragweite, als für den Morse'schen Apparat.
                              									Indeß ist dabei zu
                              									erwähnen, daß der Versuch bei sehr günstiger Witterung stattfand; und es wurde die
                              									Befürchtung ausgesprochen, daß bei weniger günstiger Witterung das Ergebniß nicht so
                              									befriedigend seyn möchte, weil alsdann häufige Störungen kaum ausbleiben
                              									dürften.
                           
                        
                     
                  
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