| Titel: | Ueber die Beeinträchtigung der Haltbarkeit von gußeisernen Gegenständen durch ungleichmäßige Abkühlung derselben nach dem Gusse; vom Maschinen-Ingenieur Hagen in Hannover. | 
| Fundstelle: | Band 131, Jahrgang 1854, Nr. LIII., S. 204 | 
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                        LIII.
                        Ueber die Beeinträchtigung der Haltbarkeit von
                           								gußeisernen Gegenständen durch ungleichmäßige Abkühlung derselben nach dem Gusse; vom
                           								Maschinen-Ingenieur Hagen in Hannover.
                        Aus dem Notizblatt des hannoverschen
                                 								Architekten- und Ingenieur-Vereins, 1853, Bd. III S. 57.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									III.
                        Hagen, über die Beeinträchtigung der Haltbarkeit von gußeisernen
                           								Gegenständen durch ungleichmäßige Abkühlung derselben nach dem Gusse.
                        
                     
                        
                           Wer die Gesetze der Schwindung und Zusammenziehung des Gußeisens bei dessen
                              									Erstarrung nach dem Gießen genauer kennt, wird ihren großen Einfluß auf die
                              									Haltbarkeit der fertigen Stücke sehr hoch anschlagen und in der Constructionslehre
                              									die Beachtung dieser Gesetze für eben so wichtig halten, als eine aus der
                              									Festigkeitslehre richtig entnommene Rechnung für die einzelnen Stärken eines
                              									Stückes. Wie oft ereignet es sich in einer Gießerei, daß Gegenstände, welche zum
                              									Tragen oder Uebertragen schwerer Lasten bestimmt sind, schon vor ihrer Aushebung aus
                              									der Gießform Risse und Sprünge zeigen oder solche durch die geringen Erschütterungen
                              									beim Putzen erhalten. Von welchen gefährlichen Folgen kann es begleitet seyn, wenn
                              									Sachen im Vertrauen auf ihre volle Haltbarkeit in Gebrauch genommen werden, weil sie
                              									sich während ihrer Bearbeitung ganz erhalten und keinerlei äußere Zeichen ihres
                              									Mangels an innerem Zusammenhalt an sich tragen. Der Bruch erfolgt dann, früher oder
                              									später, gewiß, und wenn der Constructeur die Ursache nur in seinen
                              									Festigkeitsformeln sucht, so wird er mit Mißtrauen gegen diese erfüllt werden
                              									müssen.
                           Der Gießer schreibt solche Vorgänge auf die von ihm sogenannte
                              										„Spannung“ im Stücke, welche, sowie auch eine andere nicht
                              									minder wichtige Erscheinung „das Saugen“, ihr Entstehen in der
                              									ungleichzeitigen Erstarrung und Schwindung des in die Gießform eingegossenen Eisens
                              									haben. Dünnere Theile von kleinerem Querschnitte werden früher erkalten als massigere Theile von
                              									größerem Querschnitte; entlegene vom Ganzen abspringende Theile früher als
                              									zusammenliegende und sich verbindende; flach liegende Theile früher als in die Tiefe
                              									der Form springende; die den Außenseiten der Form nahe liegenden früher als die der
                              									Innenseite zugewendeten; die mit kälterem feuchterem Formmaterial von größerer
                              									Wärmeleitung in Berührung befindlichen Theile früher als die mit warmem getrocknetem
                              									oder gebranntem Material von geringerer Wärmeleitung bedeckten u.s.w. Kommt das
                              									Eisen auf seinem Laufe vom Eingusse nach den entfernten Stellen der Form an, so wird
                              									es ermattet seyn und deßhalb früher in Erstarrung übergehen als das Eisen in der
                              									Nähe des Eingusses und in den Partien der Form, welche vom Durch- und
                              									Nachströmen der heißen Masse vorgewärmt wurden.
                           Die Wirkungen aller dieser Einflüsse und Unregelmäßigkeiten liegen sehr nahe; die
                              									früher erkaltenden Theile werden schwinden und in ihrer Zusammenziehung die mit
                              									ihnen in Verbindung stehenden noch hoch temperirten, vielleicht gar flüssigen
                              									Partien, an den Verbindungsstellen zuerst aussaugen oder in der Art nach sich
                              									ziehen, resp. zusammendrücken, daß hierbei ein Zustand
                              									ohne Spannung gedacht werden kann. Geht nun aber die Erstarrung auch auf diese
                              									Theile über und sind bei ihrer eigenen Schwindung die früher erkalteten Theile nicht
                              									durch Elasticität entsprechend nachgiebig, so müssen die sich entgegen arbeitenden
                              									Kräfte in den schwächern Theilen die Haltbarkeit ganz oder theilweise aufheben.
                           Wird sich so in den meisten Fällen die Spannung in Gußstücken erklären lassen, so
                              									erklärt sich das Saugen des früher erstarrenden Eisens aus Theilen, welche noch
                              									flüssiges Eisen enthalten, ebenso aus der einfachen Ursache. Ein massiver
                              									gußeiserner Cylinder, der mit dem Eingusse auf einer der kreisrunden Stirnflächen
                              									eingeformt ist, wird im äußern Umfange zuerst erstarren, die dann in Schwindung
                              									übergehende Kruste wird durch ihren nach Innen gerichteten Druck einen Theil der
                              									innern noch flüssigen Masse nach dem Eingusse zu ausweichen lassen, und wenn nun bei
                              									ringsum fortschreitender Erstarrung von Außen nach Innen die innern heißen
                              									Eisentheile nachträglich ebenfalls schwinden und sich zusammenziehen, so kann man
                              									sich denken, daß es schließlich an Eisenmasse fehlen wird, um die an der Achse des
                              									Cylinders liegenden Stellen ausgefüllt und massiv zu erhalten. Zerschlägt man solche
                              									Cylinder, so finden sich gewöhnlich in der Mitte nahe unter dem Eingusse
                              									Drüsenöffnungen mit so loser zackiger Eisenmasse an den Wänden, daß sie durch
                              									leichte Hammerschläge in krystallisirten Eisenklumpen abfällt. Auf den Bruchflächen
                              									ist aber jedesmal deutlich zu erkennen, wie das Gefüge nach der Mitte immer
                              									grobkörniger und lockerer wird und so das Eisen in eine Eigenschaft übergeht, bei der von Festigkeit
                              									gar nicht mehr die Rede seyn kann. Erhält der Gießer durch Nachstoßen mit einem
                              									Stabe die Eingußöffnung offen und gießt während der Erstarrung flüssiges Eisen nach,
                              									so wird dieses vom Gußkörper begierig nachgesogen und immer dazu beitragen, die
                              									Drüsen möglichst zu vermeiden und ein dichteres Gefüge zu erzielen.
                           Dieses Nachsaugen und die Bildung grobkörniger Bruchgefüge ist besonders bemerkbar
                              									und nachtheilig bei massigen Gußstücken, deren Haltbarkeit dadurch unter Umständen
                              									ebenso beeinträchtigt werden kann, als die Haltbarkeit anderer Sachen durch die
                              									vorhin besprochene Spannung.
                           Handelt es sich nun um die Mittel, mit denen der Spannung und dem Saugen entgegen zu
                              									arbeiten ist, so wird der Gießer nur solche verwenden können, welche auf möglichst
                              									gleichmäßige Abkühlung aller Theile eines Stückes berechnet sind. Er kann gleich
                              									nach geschehenem Gusse die voraussichtlich leichter erkaltenden Partien der Form
                              									bedeckt und warm halten, massigere langsamer erkaltende von Sand entblößen; er hat
                              									in der dort weniger, hier mehr gerötheten Eisenfarbe ein zuverlässiges Anhalten, wo
                              									er die Kühlung zurückhalten und wo er sie befördern muß; er kann durch richtiges
                              									Ansetzen der Eingüsse, durch die Wahl des Formmaterials und durch vieles andere
                              									Zuthun die schädlichen Wirkungen ungleicher Kühlung vermindern, wenn er nur nicht
                              									Modelle oder Zeichnungen bekommt, welche durch ihre fehlerhafte Gestalt und
                              									Stärken-Vertheilung alle seine derartigen Bemühungen erfolglos lassen.
                           Angemessene Constructionen, in denen die vorerwähnten Erscheinungen gehörig
                              									berücksichtigt sind, tragen außerordentlich dazu bei, dem Gießer eine Aufgabe zu
                              									erleichtern, und da sich eine Gießerei nicht verantwortlich hält für ein Mißlingen,
                              									welches auf Fehler in den ihr zugeschickten Modellen und Zeichnungen zurückgeführt
                              									werden kann, so ist es für den Mechaniker und Baumeister von doppelter Wichtigkeit,
                              									in seinen Constructionen vorsichtig zu Werke zu gehen.
                           Was er in dieser Beziehung thun kann, mögen ihm einige aus der Praxis genommene
                              									bestimmte Beispiele zeigen.
                           Der Guß des Druckcylinders einer hydraulischen Presse ist besonders geeignet, das
                              									Saugen und die Bildung grobkörniger haltloser Querschnittsflächen zu
                              									veranschaulichen, weßhalb ich darüber ausführlicher sprechen will.
                           In den Rüben-Zuckerfabriken, wo der Rübenbrei mit hydraulischen Pressen
                              									ausgepreßt wird, kommt es sehr häufig vor, daß Druckcylinder der Länge nach
                              									durchplatzen, ohne daß die Bruchflächen unganze Stellen oder überhaupt gröbere Gußfehler
                              									zeigen, welche als Ursache des Bruches angesehen werden können, auch ohne daß die
                              									Schuld auf unvorsichtige oder böswillige Behandlung der Sicherheitsventile des
                              									Pumpwerkes zu schieben ist. Der Maschinenbauer, welcher von dem Fabrikanten zur
                              									Verantwortung herangezogen wird, untersucht den Fall; er findet die
                              									Sicherheitsventile ganz in Ordnung, findet die Wand des Cylinders ungleich stärker
                              									als der beabsichtigte höchste Druck der Presse nöthig macht, und wenn er nun noch
                              									obenein hört, daß dieser Bruch schon bei etwa halbem Drucke der Presse entstanden
                              									ist, so wird er ganz rathlos, verständigt sich mit dem Fabrikanten über den Schaden
                              									und die Ursache bleibt gewöhnlich unbekannt. Aus der Art und Weise, wie der Cylinder
                              									gegossen und construirt ist, kann man sich aber viele Fälle erklären, bei denen der
                              									Cylinder trotz der genügenden Wandstärke und gußfehlerfreien Beschaffenheit eine
                              									ganz außer Verhältniß stehende geringe Haltbarkeit besitzt. Fig. 10 zeigt das
                              									gewöhnliche Verfahren, wie Preßcylinder eingeformt und abgegossen werden; die ganze
                              									Form wird unterhalb der Hüttensohle aufgebauet und in ihr fest gestampft, das Modell
                              										A steht mit der Mündung nach unten im untersten
                              									Ladentheile, der Kern B, von gebranntem Lehm, wird oben
                              									durch dünne Blechstützen a (Kernsteifen) gegen die Form
                              									abgestützt und schließlich für den sogenannten verlornen Kopf eine Oeffnung C gelassen, welche 12'' bis 15'' hoch ist und an der
                              									engsten Stelle 6'' bis 8'' Durchmesser mißt. Durch die beiden Eingußröhren b, b gelangt das oben eingegossene flüssige Eisen
                              									zunächst in den unten gestellten dicken Cylinderkopf, steigt in der Form hoch, bis
                              									es oben aus der Oeffnung C überläuft. c sind Strohseile oder lockere Stricke, welche aus der
                              									Hüttensohle herausgeführt, beim Gusse angezündet werden und zur Ableitung von Gasen
                              									dienen.
                           Die Erstarrung des Eisens wird nun am äußern Umfange der Form beginnen, an der innern
                              									Kernseite aber aufgehalten, weil hier die Kühlung an dem gebrannten Lehm, und
                              									überhaupt die Ausstrahlung der Hitze nach Innen verschwindend klein ist gegen dort,
                              									wo die Wärme ringsum einen Ausweg hat und immer ein kühlenderes Formmaterial von
                              									größerer Wärmeleitung angewendet wird. Tritt nun das Festwerden und die Schwindung
                              									des sich am Kerne befindlichen Eisens später ein, so wird das gewaltsame
                              									Zusammengehen der äußeren Kruste erst einen Theil der flüssigen Masse hinwegdrücken,
                              									und da dieser nun bei fortschreitender Erstarrung von Außen nach Innen nicht
                              									vollständig zurückkehren kann, wenn die innere Kruste sich bildet und zusammensinkt,
                              									so entsteht mitten in der Wand ein grobkörniges lockeres Gefüge, was sich jedesmal
                              									unter sonst gleichen
                              									Umständen um so gröber zeigt, je dicker die Wand ist und was endlich sogar in kleine
                              									hohle Räume übergehen kann. Viel frappanter als in den Wandungen zeigt sich diese
                              									Erscheinung noch im Innern des dickern Cylinderkopfes und namentlich oben unter dem
                              									verlorenen Kopfe. Wird derselbe abgeschlagen, so stößt man oft auf Drusen, in welche
                              									eine ganze Faust bequem eingelegt werden kann und welche bis nahe an die innere
                              									Cylinderwand reichen, so daß schon aus diesem Grunde mancher Guß unbrauchbar
                              									geworden ist. Daß eine Cylinderwand, welche nur in ihrer innern und äußern Kruste
                              									wirklich haltbares, dazwischen aber gelockertes Eisen hat, nicht den vollen
                              									Widerstand leisten kann, wird nun erklärlich seyn, und ebenso erklärlich, daß unter
                              									Umständen eine dickere Wand weniger als eine dünnere halten kann, weil bei dieser
                              									eine gleichmäßigere Erkaltung und deßhalb ein gleichförmigeres dichteres Gefüge
                              									vorhanden ist. Auch wird ein kürzerer Cylinder gleichförmiger auf dem Bruche
                              									ausfallen als ein längerer.
                           Eine andere Schwächung der Haltbarkeit eines Cylinders, wenn dieser nämlich, wie in
                              									der Figur, mit angegossenen dicken Verstärkungen behufs Verbindung mit dem Helme
                              									durch schmiedeiserne Preßstangen versehen ist, besteht darin, daß das Saugen der
                              									dünnern Cylinderwand aus dem flüssigen Eisen des Kopfes wegzieht und dadurch,
                              									besonders an der Uebergangsstelle, ebenfalls sehr leicht Saugöffnungen oder lockeres
                              									Eisen entstehen.
                           Was kann nun die Gießerei und was die Construction des Stückes dazu beitragen, diese
                              									Uebel möglichst abzuwenden? Die erstere wird einen großen Fehler begehen, wenn sie,
                              									wie es an vielen Orten geschieht, die Form über der Hüttensohle aufbauet und zu dem
                              									auswendigen Formmaterial nassen Sand und nicht, wie es durchaus seyn soll,
                              									getrocknete Masse nimmt. Der Gießer muß nach dem Gusse sofort dazu schreiten, mit
                              									einem Stabe in dem verlornen Kopfe einen Canal offen zu halten, durch welchen mit
                              									kurzen Intervallen Eisen nachgegossen und dadurch das Saugen aus den massiveren
                              									Theilen des Cylinders selbst verhütet wird.
                           Die Construction dagegen wird ihr Streben darauf richten müssen, der Cylinderwand die
                              									zulässig geringste und den anderen Theilen eine damit möglichst übereinstimmende
                              									Stärke zu geben. Da nun bei einer bestimmten Druckkraft, welche eine Presse ausüben
                              									soll, die Wandstärke des Cylinders von dem Durchmesser desselben der Art abhängig
                              									ist, daß die erstere genau in dem Verhältnisse dünner seyn kann, wie der letztere
                              									größer wird, so ist nicht genug zu empfehlen, solchen Cylindern so große Durchmesser
                              									zu geben, als praktische Gegengründe anderer Art nur irgend gestatten, um durch die
                              									Stärkenberechnung auf das geringste Maaß der Wanddicke zu gelangen.Es bezeichne D und d
                                    											die Durchmesser, S und s die Wandstärken, P und p die Drückungen pro
                                    											1 Quadratzoll in Pfunden von den Cylindern zweier Pressen; k sey die sichere absolute Festigkeit von 1
                                    											Quadratzoll Gußeisen.Denkt man sich in beiden Cylindern einen Ring von 1'' Höhe abgegränzt, so
                                    											werden diese Ringe einen Querschnitt von (d'' .
                                    												1'' . p Pfd.)/(2 . k) und (D'' . 1'' . P Pfd.)/(2 . k) Quadratzoll haben
                                    											müssen, um gegen das Zerreißen geschützt zu seyn, und dieselbe Stärke in
                                    											Zollen müssen die Cylinderwände haben. Es verhält sich also S : s = D . P : d . p, und wenn der Gesammtdruck
                                    											auf die Preßkolben in beiden Pressen gleich angenommen wird, so ist P : p = d² :
                                       												D², mithin S : s = D . d²
                                    												: d . D² = d :
                                       												D.Es mag noch darauf aufmerksam gemacht werden, daß ein Cylinder mit größerem
                                    											Durchmesser bei sonst gleichem Gesammtdrucke leichter im Gewichte ausfallen
                                    											muß als einer mit kleinerem Durchmesser, und daß deßhalb oft bedeutend an
                                    											Eisen gespart werden kann. Bei großen und massigen Cylindern sollen die Preßstangen-Ansätze gar
                              									nicht mit angegossen werden, die Cylinder sollen vielmehr mit gleich dicker Wand bis
                              									zur Mündung auslaufen und hier mit einem ringsum laufenden Rande versehen seyn, mit
                              									welchem sie dann in ein besonders zu gießendes Kopfstück eingesetzt werden.
                              									Gestattet man sich aber bei kleineren und kürzeren Cylindern aus Rücksicht auf
                              									billigere Herstellung und Bearbeitung das Zusammengießen beider Stücke, so sehe man
                              									außer auf möglichste Gleichhaltung der Stärken noch darauf, daß der Rundtheil in den
                              									dicken Kopftheil nicht mit einer scharfen Ecke n, Fig. 11,
                              									sondern durch eine eingesetzte starte Hohlkehle übergeht, so wie denn überhaupt
                              									scharfe Ecken an Stellen, wo Theile zusammenlaufen, gänzlich zu vermeiden sind. Es
                              									werden sich an Verbindungsstellen schwacher Theile mit dicken, besonders wenn der
                              									Uebergang ohne eingesetzte Ecken geschieht, immer Spuren zeigen, wie erstere aus
                              									letzteren gesogen haben. Bei einer gußeisernen Stange mit kreuzförmigem
                              									Querschnitte, Fig.
                                 										12, werden scharfe Ecken im Kreuzpunkte meistens eingesogen und unter
                              									sich, wenn nicht Oeffnungen, doch schlechtes Eisen zeigen. Man soll deßhalb auch den
                              									Boden des Preßcylinders nicht eben und mit scharfer Ecke gegen die Wand laufend
                              									construiren, sondern die Form von einem Halbkreise nicht sehr abweichen lassen und
                              									die Stärke mit der von der Cylinderwand ziemlich gleich halten.
                           Daß eine so ungleiche Abkühlung wie die bei einem Preßcylinder von unzweckmäßiger
                              									Construction auch eine nachtheilige Spannung im Stücke zurücklassen muß, läßt sich
                              									wohl erwarten. Ich will dieselbe jedoch in diesem Falle, wo sie von untergeordneter
                              									Wichtigkeit ist, nicht weiter verfolgen, sondern ihre zerstörende Wirkung an einigen
                              									andern Beispielen vorstellen. Hat man es mit einem gußeisernen Fenster zu thun,
                              									dessen Sprossen dünn sind, dessen einfassender Rahmen aber dick ist, so werden die
                              									erstern ungleich rascher erkalten, sich zusammenziehen und die noch heiße, leicht
                              									folgende Eisenmasse des Rahmens an den Verbindungsstellen theils aussaugen, theils
                              									mit sich ziehen. Erkaltet und schwindet der Rahmen nachträglich auch, so werden die
                              									dünnen Sprossen rückwirkenden Widerstand leisten und wenn sie nicht durch ihre
                              									Elasticität aus der Ebene des Fensters weichen, so muß ein Bruch im Rahmen
                              									entstehen. Man verhütet diesen Bruch, wenn dem Rahmen keine zu sehr von den Sprossen
                              									abweichende Stärke gegeben wird und wenn der Gießer in nöthigen Fällen nach dem
                              									Gusse den Rahmen von Sand frei macht und rasch abkühlen läßt.
                           Von der verderblichsten Wirkung kann die Spannung in Rädern aller Art werden. Die
                              									Abkühlung des Kranzes, der Speichen und der Nabe muß als ganz gleichmäßig
                              									vorausgesetzt werden, wenn das Rad gar keine Spannung und die volle Haltbarkeit
                              									besitzen soll. Bei kleinern Rädern mit großer Ebenmäßigkeit aller Theile und
                              									namentlich mit einer nicht zu dicken Nabe, ist dieß gewöhnlich anzunehmen, bei
                              									größern Rädern wächst die Schwierigkeit mit dem Durchmesser, und der Praktiker wird
                              									in jedem besondern Falle die Gränze kennen, wo diese Schwierigkeit gar nicht mehr zu
                              									überwinden ist. Er ordnet dann entweder Theilungsfugen an den Stellen des Rades an,
                              									wo sie den Zweck nicht hindern und zugleich der Spannung sichern Ausweg geben, oder
                              									er läßt die einzelnen Theile des Rades gießen und diese nachher zu einem Ganzen
                              									zusammenarbeiten. Die Natur dieser Spannung ergibt sich aus ihrer Entstehung,
                              									während diese so verschieden ist wie die verschiedene Beschaffenheit der Räder
                              									selbst. Hat das Rad eine im Verhältniß zu Kranz und Speichen sehr dicke Nabe, so
                              									erkalten jene früher als diese, treiben die noch nachgiebige Nabe zusammen und wenn
                              									diese nachher selbst schwindet, so folgen die erstarrten zusammenhängenden Theile
                              									des Kranzes und der Speichen nicht mehr; sie zerreißen entweder oder behalten eine
                              									Spannung, welche die Arbeitsfähigkeit des Rades in Frage stellt. Ist es ein
                              									Schwungrad mit massivem Kranze, so wird dieser gewöhnlich später als Nabe und
                              									Speichen schwinden und auf diese einen nachtheiligen Druck nach Innen ausüben.
                              									Erstarret eine Seite des Rades früher als die anderen Seiten, so wird der spannende
                              									Druck nicht allein radial, sondern auch zugleich transversal gerichtet seyn.
                           Auch hierbei kann sich der Gießer nur durch Sorge für gleichmäßige Abkühlung
                              									schützen; er kann aber auch außerordentlich viel dadurch thun und es durch Uebung und
                              									Aufmerksamkeit dahin bringen, auch sehr große Räder vor Spannung zu schützen, wobei
                              									er in der helleren oder dunkleren Färbung der verschiedenen Theile des Rades immer
                              									ein sicheres Anhalten hat, Kühlung zu fördern oder zurückzuhalten.
                           Der Constructeur sorgt wie immer für gleichmäßige Stärkenvertheilung, macht besonders
                              									die Radnaben nicht unnöthig stark, gibt den Speichen bei leichteren Sachen
                              									(Riemscheiben oder kleinen Schwungrädern) keine geradlinige, sondern eine einfach
                              									oder doppelt gebogene und dadurch elastisch nachgiebige Form u.s.w. Muß er vom Gusse
                              									in einem ungetheilten Stücke abgehen, so läßt er bei Schwungrädern Theilungsfugen
                              									quer durch den Kranz, und bei Stirnrädern radial durch die Nabe gießen und letztere
                              									nachher mit einem schmiedeisernen Bande umziehen. Reichen diese Mittel auch nicht
                              									mehr aus und wird der Guß des Rades in einzelnen Stücken nöthig, so kommen so viele
                              									verschiedene Constructionen zur Anwendung, daß die Mittheilung derselben hier zu
                              									weit führen würde.
                           Eine kreisrunde Scheibe, welche am Umfange dünn ist und nach der Mitte zu dick
                              									anläuft oder hier mit einer Verstärkung versehen ist, wie z.B. die Scheibe einer
                              									Turbine, welche den Schaufelkranz trägt, empfängt sehr häufig schon in der Gießlade
                              									am äußern Umfange einen radial laufenden Riß. Das Innere der Scheibe wird nämlich
                              									nicht so rasch kühlen und schwinden als der äußere Umfang, aber der Schwindung des
                              									letztern so viel Widerstand entgegenstellen, daß Spannung und in Folge dessen der
                              									Riß entsteht. Die concave Form, Fig. 13, welche man einem
                              									Turbinenteller gewöhnlich gibt, ist nöthig, damit der Mitteltheil dem Drängen des
                              									Kranzes seitwärts ausweichen kann.
                           Die angeführten Beispiele werden ausreichen, um die Entstehung, Wirkung und Verhütung
                              									des Spannens und Saugens in Gußstücken aufzuklären; sie zeigen zur Genüge, wie
                              									schwierig unter Umständen die Herstellung von tragfähigem Gußwerk seyn kann und wie
                              									wichtig es bei größern Bauten aus Gußeisen ist, auf die Tüchtigkeit der Fabrication,
                              									nicht minder aber auch bei der Construction auf die Ausführbarkeit eines guten
                              									Gusses zu achten.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
