| Titel: | Ueber die französische Methode, dem Horne eine schöne rothe Farbe zu ertheilen; von A. Lindner in Berlin. | 
| Fundstelle: | Band 131, Jahrgang 1854, Nr. CXXIV., S. 449 | 
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                        CXXIV.
                        Ueber die französische Methode, dem Horne eine
                           								schöne rothe Farbe zu ertheilen; von A. Lindner in Berlin.
                        Aus dem polytechnischen Centralblatt, 1854,
                              								Liefer. 5.
                        Lindner, Verfahren dem Horne eine schöne rothe Farbe zu
                           								ertheilen.
                        
                     
                        
                           Die gewöhnliche von den Kammmachern in Anwendung gebrachte Beize, um dem Horne ein
                              									schildpattähnliches Ansehen zu geben, besteht bekanntlich aus einem Gemenge von
                              									Soda, Kalk und Bleiweiß. Diese Beize bewirkt braune, oft schmutzig schwarzbraune
                              									Flecken, wenn deren Einwirkung länger als 15–20 Minuten andauerte. Die
                              									französischen Fabricate der Art zeichnen sich durch eine feurigrothe Flammirung aus,
                              									die besonders bei durchgehendem Lichte angenehm ins Auge fällt. Aus diesem Grunde
                              									wurde ich mehrfach aufgefordert, eine Beize zusammenzusetzen, mittelst welcher man
                              									unseren Fabricaten ebenfalls diese rothe Farbe ertheilen könne. Ein näheres Studium
                              									der Natur des Hornes, und namentlich die Vergleichung derselben mit der der Wolle,
                              									brachten mich bald zu der Ueberzeugung, daß jene braunen Flecken unserer Fabricate
                              									Ablagerungen fein zertheilten Schwefelbleies seyen. Ich ging nun darauf aus,
                              									dasselbe in der Hornsubstanz dadurch zu zerlegen und in Bleioxyd zu verwandeln, daß
                              									ich den nachfolgenden Farbebädern (die ich für sich auf das vorher mit verschiedenen
                              									Metalloxyden behandelte Horn ohne Erfolg angewendet hatte) Aetznatron hinzufügte.
                              									Dieß gelang mir vollständig und ich erhielt nunmehr die schönsten rothen Farben,
                              									sowohl durch Behandlung des gebeizten Hornes mit Rothholz, als auch mit
                              									Orseilledecocten. Vielleicht wirkt der Zusatz von Aetznatron auch noch um deßwillen
                              									vortheilhaft, weil durch denselben gleichzeitig das im Horne enthaltene Fett gelöst
                              									wird.
                           Meine Methode, so wie sie in Berlin jetzt allgemein in Ausübung gekommen ist, besteht
                              									wesentlich in Folgendem: Das mit verdünnter Salpetersäure (3 Theile Wasser auf 1
                              									Theil Salpetersäure) bei einer Temperatur von 25–30° R. präparirte
                              									Hörn wird mit der gewöhnlichen, aus 2 Theilen Soda, 1 Theil frisch gebranntem Kalk
                              									und 1 Theil Bleiweiß bereiteten Mischung angebeizt. Diese Operation lasse man indeß
                              									nur 10–15 Minuten andauern, damit die dadurch erzeugten Flecken nur
                              									gelbbraun, nicht dunkelbraun erscheinen. Man spüle hierauf die Beize ab, drücke das
                              									noch anhängende Wasser mit einem Tuche ab, und bringe das so vorbereitete Horn in
                              									eine kalte Farbebrühe, bestehend aus 4 Theilen Rothholzbrühe zu 10° Baumé; und 1 Theil
                              									Aetznatronlauge von 20° Baumé. Endlich ziehe man das Horn durch
                              									Wasser, drücke es nochmals sorgfältig ab und polire es nach 12 bis 16 Stunden.
                           Kann man die Rothholzbrühe nicht haben, so beschaffe man sich dieselbe durch
                              									Extrahiren von 1 Pfd. Fernambuk mit 5 bis 7 Pfd. Wasser in der Siedhitze. –
                              									Die Natronlauge erhält man bei jedem Seifensieder unter dem Namen Feuerlauge.
                           Fügt man der Beize neben Bleiweiß noch Zinkweiß hinzu, so erhält man bläulichere
                              									Nüancen. – Zinnsalze nüanciren ins Scharlachrothe.