| Titel: | Ueber die Verfälschungen der Chocolate und die Mittel ihrer Erkennung; von Hrn. Letellier, Apotheker in Ronen. | 
| Fundstelle: | Band 134, Jahrgang 1854, Nr. XXII., S. 68 | 
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                        XXII.
                        Ueber die Verfälschungen der Chocolate und die
                           Mittel ihrer Erkennung; von Hrn. Letellier, Apotheker in Ronen.
                        Aus dem Journal de pharmacie, Mai 1854, S.
                              368.
                        Letellier, über die Verfälschungen der Chocolate und die Mittel
                           ihrer Erkennung.
                        
                     
                        
                           Von allen Nahrungsmitteln wird keines so viel verfälscht, als die Chocolate. Ehe wir
                              die Mittel angeben, wie man sich dieselbe frei von jeder Verfälschung verschaffen
                              kann, muß hier bemerkt werden, daß man auch mit wohlfeileren Cacaosorten, wenn sie
                              nur vorher durch die jedem Fabrikanten bekannten Verfahrungsweisen von ihren
                              wässerigen Theilen und ihrer Schärfe befreit worden sind, reine Chocolate von sehr
                              angenehmem Geschmack bereiten kann. Reiche Leute können immerhin ihrem verwöhnten
                              Gaumen besser zusagende theurere Sorten wählen.
                           Die zahlreichen Verfälschungen der Chocolate werden vorgenommen mit Weizen-, Reis-, Linsen-, Erbsen-,
                                 Bohnen- und Türkischkornmehl, mit Kartoffel- oder anderm Stärkmehl, mit
                              Oliven- und Süßmandelöl; mit Eigelb- mit Kalbs- oder Hammeltalg,
                                 Calamit-Storax, Tolubalsam, Perubalsam, getrockneten und pulverisirten
                                 Cacaoschalen, gerösteten Mandeln, Bassora-Gummi, arabischem Gummi,
                                 Dextrin, Zinnober oder rothem Schwefelquecksilber, Mennige, rothen, ockerartigen
                                 Erden und Ziegelmehl.
                           Eine der gewöhnlichsten Verfälschungen ist der Zusatz von Stärkmehl oder Mehl. Mit
                              Wasser oder Milch angemacht, wird solche Chocolate merklich dick und der Betrug ist
                              augenfällig, so daß keine weitere Prüfung nothwendig ist. Uebrigens ist solche
                              Chocolate auch an ihrem pappigen Geschmack, am Geruch und an der kleisterartigen
                              Consistenz, welche sie beim Kochen annimmt, leicht zu erkennen.
                           Bisweilen ist es jedoch nothwendig, der Chocolate gummi- oder stärkmehlhaltige
                              Substanzen zuzusetzen: manche Cacaosorten, besonders von den Inseln, enthalten
                              nämlich nicht genug Schleimtheile, um die Cacaobutter in der Flüssigkeit schwebend
                              zu erhalten; dieselbe schwimmt sodann auf ihrer Oberfläche, was wenigstens ein
                              offenbarer Beweis ist, daß der angewandte Cacao vor seiner Verarbeitung zu Chocolate
                              nicht erschöpft worden ist. Der Fabrikant kann alsdann, ohne des Betrugs bezichtigt
                              zu werden, die Absonderung der Cacaobutter dadurch erschweren, daß er auf 1 Kilogr.
                              Cacao 1 bis 2 Fingervoll mit Diastas bereitetes Dextrin oder Traganthgummi, auch
                              Weizenmehl zusetzt. Dieser Zusatz, um die Menge des im Cacao natürlich enthaltenen
                              Schleims um einige Procente zu vermehren, ist so gering, daß die Chocolate beim
                              Kochen nicht dick wird. Der Consument kann diesen Zusatz nicht merken, er wird nur
                              durch die chemische Analyse entdeckt. Der Zweck der Speculation, welche in die
                              ordinären Chocolatesorten bis 20 Procent fremdartiger Substanzen bringt, ist hier
                              nicht vorhanden.
                           Die beim Kochen dickwerdende Chocolate ist als schlecht zu verwerfen, weil die darin
                              enthaltene große Menge, meistens verdorbenen Mehls, sie schwerverdaulich macht;
                              ferner weil der dazu verwendete Cacao immer von schlechter Qualität ist, endlich
                              weil nur solcher Chocolate die obenerwähnten Mineralsubstanzen zugesetzt werden. Die
                              auf solchen Gewinn ausgehenden Chocolatefabrikanten kaufen nämlich in der Regel nur
                              verlegenes Weizenmehl, Stärkmehl zweiter und dritter Qualität, und verdorbenes
                              Bohnenmehl; Haus dieser Ausschußware, welche höchstens als Verdickungsmittel beim
                              Zeugdruck und für Apprete tauglich ist, werden jene reicheingewickelten Chocolaten
                              bereitet, welche der Pariser Specereihändler zu 70, 80 bis 90 Centimes das halbe
                              Kilogr. kauft, je nach der Menge des Mehls, des Hammeltalgs oder der frischen
                              Butter, welche zugesetzt wurden, um aus dem Ganzen ein scheinbar homogenes Gemenge
                              zu machen.
                           Wenn hingegen die mit Wasser oder Milch bereitete Chocolate nicht dick wurde, so
                              erscheinen stets, nachdem sie einige Minuten ruhig stand, an der Oberfläche kleine
                              ölige Kügelchen – gewöhnlich Augen genannt. – Dieses fette Aussehen
                              ist der reinen Chocolate eigenthümlich; je nach dem angewandten Cacao ist es aber
                              mehr oder weniger auffallend. Der Cacao-Caraque gibt eine Chocolate, auf
                              welcher kaum einige kleine Kügelchen zu sehen sind, der Cacao von Maragnan, und
                              besonders der von den Inseln, gibt eine Chocolate von fettem Ansehen und einem
                              angenehmen Geruch und
                              Geschmack, welche auch in reichlicher Menge die nahrhaften und stärkenden
                              Bestandtheile des Cacao-Caraque enthält.
                           Einige Fabrikanten entziehen dem Cacao den größten Theil seiner Butter, welche sie
                              den Parfumeurs verkaufen. Aus dem so seines Hauptbestandtheils beraubten Cacao
                              bereiten sie Chocolate, welcher sie ein der entzogenen Butter ziemlich gleiches
                              Gewicht Olivenöl oder Hammeltalg zusetzen; oft werden auch geröstete Mandeln etc.
                              zugesetzt. Dieser Betrug ist jedoch bald entdeckt; solche Chocolate muß nämlich
                              gleich verzehrt werden, denn sie wird bald ranzig und es kommen auch sehr leicht
                              Insecten und Larven darüber. Es hat diese Chocolate ziemlich dieselbe Farbe, wie
                              eine gute; aber ihr Käsegeruch verräth die in ihr enthaltenen thierischen Fette;
                              ihre Ranzigkeit den Oelsamen; ferner stellt sich, wenn verdorbener oder zu stark
                              gerösteter Cacao angewandt wurde, ein talgartiger Geruch und ein bitterer
                              Schimmelgeschmack ein.
                           Es kömmt ferner vor, daß die Fabrikanten, dem Wunsch der Detailverkäufer
                              entsprechend, geringere Chocolatesorten in Papiere für bessere Sorten, z.B.
                              Chocolate von Nr. 1 in Papiere von Nr. 2, einwickeln. In Frankreich haben die
                              verschiedenen Sorten in der Regel folgende Zusammensetzung:
                           
                              
                                 Nr.
                                 1
                                 enthält
                                 20  Procent
                                 fremdartiger 
                                 Substanzen
                                 
                              
                                   „
                                 2
                                     „
                                 15
                                         „
                                         „
                                 
                              
                                   „
                                 3
                                     „
                                 10
                                         „
                                         „
                                 
                              
                                   „
                                 4
                                     „
                                   7 1/2 
                                         „
                                         „
                                 
                              
                           Der Bruch der Chocolate, an welchem der Käufer ebenfalls die Güte zu erkennen glaubt,
                              ist verschieden je nach der Temperatur welcher die Chocolate während ihres Erkaltens
                              ausgesetzt war. Dieselbe Chocolate kann bald einen braunen, dichten, bald einen
                              körnigen, gelblichen Bruch geben; in letzterem Fall, namentlich wenn sie schon eine
                              Zeit lang bereitet ist, körnt sie sich zwischen den Zähnen und muß ein wenig gekaut
                              werden, um wieder ihren öligen Zustand anzunehmen. Davon überzeugte ich mich schon
                              oft bei reinen Chocolaten. Dieß rührt, wie gesagt, daher, daß sie zur Sommerszeit
                              beim Erkalten keiner hinlänglich niedrigen Temperatur ausgesetzt worden war. Bis zu
                              einem gewissen Punkt kann man allerdings die Güte einer Chocolate nach dem
                              physischen Ansehen ihres Bruches beurtheilen; während die reine Chocolate einen
                              braunen dichten, oder gelblichen fast warzigen Bruch hat, ist derjenige der
                              verfälschten hingegen gelblichgrau, von steinigem Ansehen und hat winkelige
                              Unebenheiten. Auch läßt sich nach einiger Uebung beim Brechen eines
                              Chocolate-Täfelchens der angenehme Wohlgeruch des Cacaos von dem ranzigen
                              oder Käsegeruch der verfälschten Sorten unterscheiden. Manchmal bildet sich auf der
                              Oberfläche der Chocolate nach einiger Zeit ein weißlicher, schimmelartiger Ueberzug,
                              welcher jedoch ihre Güte nicht beeinträchtigt; dieß tritt ein, wenn die Chocolate
                              etwas heiß in die Formen gebracht wurde. Uebrigens wird jede an feuchtem Ort
                              aufbewahrte Chocolate bald schimmelig und nimmt einen unangenehmen Geruch an; man
                              bewahre sie daher an trockener und kühler Stelle auf.
                           Die gewöhnlichen Arome der Chocolate sind der Zimmet und die Vanille. Der
                              Calamit-Storax, in gewisser Menge der Vanille zugesetzt, hat die merkwürdige
                              Eigenschaft, deren Geruch zu erhöhen; er ist auch manchmal in der
                              Vanille-Chocolate enthalten.
                           Es wäre zu wünschen, daß die Chocolate-Fabrikanten angehalten würden, ihren
                              Namen auf ihr Fabricat zu setzen, und damit die Verantwortlichkeit für ihre Waare zu
                              übernehmen.
                           
                        
                           Folgerungen:
                           1) Man verwerfe als schlecht jede Chocolate, welche beim Kochen dick wird, weil das
                              dazu angewandte Mehl oder Stärkmehl gewöhnlich ein schlechtes ist und dieser
                              Chocolate bisweilen aus Gewinnsucht sogar schädliche Mineralstoffe zugesetzt werden,
                              wie Zinnober, rother Ocker, Ziegelmehl etc. um die Farbe herzustellen oder ihr
                              Gewicht zu vermehren;
                           2) auch ist jede Chocolate als schlecht zu verwerfen, auf welcher Insectenstiche zu
                              bemerken sind, weil dieß nur bei verfälschter oder schlecht bereiteter Chocolate der
                              Fall ist;
                           3) eine Chocolate, welche mit Wasser oder Milch zubereitet, mehr oder weniger große
                              und zahlreiche Oeltröpfchen auf der Oberfläche wahrnehmen läßt, halte man nicht für
                              schlecht. Es ist dieser Umstand vielmehr ein Beweis, daß der angewandte Cacao vor
                              feiner Verarbeitung nicht eines Theils seiner Butter beraubt wurde. Aus erschöpftem
                              Cacao bereitete Chocolate, welcher etwas Oel oder Talg zugesetzt wurde, ist beim
                              Brechen eines Täfelchens an ihrem unangenehmen, ranzigen Geruch leicht zu
                              erkennen;
                           4) das weißliche und marmorirte Ansehen, welches die Chocolate manchmal hat, ist kein
                              Grund ihre Güte zu bezweifeln. Dasselbe rührt nur daher, daß sie noch etwas warm
                              geformt wurde;
                           5) der Bruch ist je nach der Temperatur, welcher die Chocolate bei ihrem Erkalten
                              ausgesetzt war, verschieden. Bei guter Chocolate ist er braun oder gelblich und wie
                              warzig; bei verfälschter ist er grau, gelblich, mit winkeligen Unebenheiten; auch
                              zeigen sich manchmal, wenn die Chocolate Mineralstoffe enthält, röthliche Furchen
                              darauf;
                           
                           6) gute Chocolate besitzt einen reinen Cacao-Geruch, einen kühlenden und
                              angenehmen Geschmack; zwischen den Zähnen verhält sie sich fettig.
                           7) Um Chocolate gut zuzubereiten, weicht man ein Täfelchen in 2–3 Löffelvoll
                              Wassers auf; man verrührt sie mittelst eines Querls und setzt dann nach und nach die
                              anzuwendende Menge Wassers oder Milch zu; man erhitzt zum Sieden, indem man
                              beständig umrührt, und wenn die Chocolate dick werden soll, rührt man in die Milch,
                              ehe man sie der Chocolate zusetzt, einen oder zwei Löffelvoll guten Weizenmehls oder
                              Stärkmehls ein. Anstatt des Weizenmehls oder Stärkmehls kann man auch einen
                              Eßlöffelvoll Reismehl zusetzen, umrühren und einige Minuten kochen lassen; man
                              erhält so eine angenehm schmeckende Chocolate, welche Aehnlichkeit mit geschlagenem
                              Nahm hat.