| Titel: | Ueber Anwendung des phosphorsauren Kalks und Natrons statt des Kuhkoths in der Kattundruckerei. | 
| Fundstelle: | Band 134, Jahrgang 1854, Nr. XLV., S. 141 | 
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                        XLV.
                        Ueber Anwendung des phosphorsauren Kalks und
                           Natrons statt des Kuhkoths in der Kattundruckerei.Aus der sehr empfehlenswerthen Schrift: Die Färberei und Kattundruckerei von
                                    Edward Andrew
                                       Parnell. Aus dem Englischen übersetzt und durch die neuesten
                                    Untersuchungen und Vervollkommnungen vervollständigt von Heinrich Bertsch,
                                    Professor an der Industrieschule in St. Gallen. Mit 18 Holzschnitten und 25
                                    gedruckten Stoffmustern, (240 Seiten.) Leipzig, Verlag der Renger'schen
                                    Buchhandlung. 1853. A. d. Red.
                           
                        Ueber Anwendung des phosphorsauren Kalks und Natrons statt des
                           Kuhkoths in der Kattundruckerei.
                        
                     
                        
                           In den letzten Jahren ist der Kuhdünger in allen gut eingerichteten Druckereien
                              Englands ganz oder zum Theil durch eine Auflösung von phosphorsaurem Natron und
                              phosphorsaurem Kalk ersetzt worden, welche als Koth-Surrogat (sel de bousage,
                              Kuhmistsalz) bekannt und für Mercer, Prince und Blyth patentirt ist.
                           Dieses Salz wird durch Vermischen von Knochenasche mit Schwefelsäure dargestellt. Es
                              entsteht dadurch saurer phosphorsaurer Kalk, oder eine Auflösung von phosphorsaurem
                              Kalk in freier Phosphorsäure. Hierauf setzt man kohlensaures Natron zu, um die freie
                              Säure vollständig zu neutralisiren, und dampft das Gemisch ab; bis der Rückstand
                              fast trocken wird. Mischt man die so erhaltene Masse mit Wasser, so erhält man eine
                              Auflösung von phosphorsaurem Natron, welche etwas phosphorsauren Kalk enthält, und ein weißer
                              Schlamm von schwefelsaurem, kohlensaurem und etwas phosphorsaurem Kalk bleibt
                              ungelöst, den man beim Gebrauche der Flüssigkeit sorgfältig aufrühren sollte.
                           Dieses Präparat ist für sich selbst kein wirksames Surrogat für alle wesentlichen
                              oder wenigstens für alle wichtigen Bestandtheile des Kothbreies. Um die erweichende
                              und reinigende Substanz der eiweißartigen Materie des Kothes zu ersetzen, muß man
                              die genannte Flüssigkeit mit einer Leimlösung oder mit Gallerte unter einer anderen
                              Form vermischen. In den meisten Druckereien gebraucht man hierzu eine Auflösung von
                              Knochenleim, Reinigungsflüssigkeit genannt, welche man
                              erhält, indem man Knochen fast eine Woche lang mit Wasser kocht, das Fett, welches
                              an die Oberfläche kommt, abschöpft, und die Lösung von Gallerte in Wasser abdampft,
                              bis sie eine Dichtigkeit von etwa 22° B. besitzt. Mercer hat zuerst auf den Nutzen dieses Zusatzes zu den phosphorsauren
                              Salzen aufmerksam gemacht.
                           Wenn der gehangene Zeug in der Mischung von Surrogat und Gallerte durchgenommen wird,
                              erleichtert die letztere die Abscheidung der lose verbundenen Beize bedeutend, und
                              verhindert ihre Wiederbefestigung, während der phosphorsaure Kalk und das
                              phosphorsaure Natron des ersteren dazu dienen, die Thonerde und das Eisenoxyd durch
                              Verwandlung derselben in phosphorsaure Salze in innigere Verbindung mit dem Zeuge zu
                              bringen. Die vorher mit der Thonerde und dem Eisenoxyd verbundenen Säuren (wenn
                              diese Basen als basische Salze vorhanden waren) verbinden sich zu gleicher Zeit mit
                              dem Natron und dem Kalke des Surrogats.
                           Die beste Methode, dieses Surrogat auf gebeizte Zeuge anzuwenden, ist nach Mercer folgende: Der Zeug wird der Wirkung zweier
                              Surrogatlösungen nach einander ausgesetzt; die zuerst angewendete, welche bedeutend
                              stärker ist als die andere, kann sich in einem gewöhnlichen Kothtroge befinden, der
                              nicht weniger als 1200 Maaß hält und mit einer Reihe von Walzen versehen ist, so daß
                              etwa 20 Ellen Zeug zu gleicher Zeit eingetaucht sind. Die schwächere Surrogatlösung
                              wird in einem Waschtroge angewendet.
                           Man bereitet sich zuerst eine Normallösung des Surrogats, Surrogatflüssigkeit, durch Auflösung des Surrogats in heißem Wasser, 1
                              Pfund auf 1 Maaß Wasser. 12 Maaß dieser Surrogatflüssigkeit und 4 Maaß der
                              Reinigungsflüssigkeit (Knochenleimauflösung) werden in den Trog gebracht, dieser mit
                              heißem Wasser gefüllt und die Stücke mit einer Geschwindigkeit von 45 Ellen in der
                              Minute durchgenommen. Die Temperatur der Auflösung kann im allgemeinen dieselbe
                              seyn, wie die des Kothbades beim gewöhnlichen Kothe; für Krappviolett und Hellroth sollte sie nie
                              über 60° C. (48° R.) steigen, aber für Krappschwarz und Dunkelroth
                              darf sie etwas höher seyn. Die Flüssigkeit muß häufig durch Zusatz frischer Mengen
                              von Surrogatflüssigkeit und Reinigungsflüssigkeit erneuert werden. 2 Maaß der
                              ersteren und 1/2 Maaß der letzteren können für jede 30 bis 50 Stücke zugesetzt
                              werden, je nach der Größe der Muster oder der Menge und Concentration der Beize auf
                              dem Zeuge.
                           Wenn sie aus dem ersten Troge kommen, werden die Stücke in Wasser gut ausgewaschen,
                              worauf sie in der schwächeren Surrogatlösung ausgeschwungen werden. Diese Auflösung
                              kann in einem Waschtroge von etwa 600 Maaß enthalten seyn, und diese Menge von
                              heißem Wasser sollte 1 Maaß Surrogatflüssigkeit und 1/2 Maaß Reinigungsflüssigkeit
                              enthalten. In dieser Flüssigkeit werden 28 bis 30 Stücke 20 bis 25 Minuten lang bei
                              einer um 10° niedrigem Temperatur als die der zuerst angewandten Lösung
                              ausgerungen. Der zweite Trog muß durch Zusatz von 2 Schoppen Surrogatflüssigkeit und
                              1 Schoppen Reinigungsflüssigkeit für je 28 Stücke erneuert werden. Beide Tröge
                              sollten jeden Morgen frisch gefüllt und am Abend geleert werden.
                           Die einzige Operation, welcher die Stücke vor dem Färben noch unterworfen werden, ist
                              ein tüchtiges Waschen in Wasser; bei schweren Mustern sollten sie auch zwischen den
                              Quetschwalzen durchgelassen und dann wieder gewaschen werden.
                           Wo der Gebrauch des Kothes nur theilweise durch den des Surrogats ersetzt worden ist,
                              werden die Stücke manchmal zuerst durch den gewöhnlichen Kothbrei genommen, und dann
                              in einer schwachen Surrogatlösung, gemischt mit Reinigungsflüssigkeit oder Leim,
                              ausgerungen. Man kann die Waaren auch zuerst auf gewöhnliche Weise in einem Gemisch
                              von der halben Quantität Koth mit der Hälfte der oben angegebenen Mengen von
                              Surrogatflüssigkeit und Reinigungsflüssigkeit durchnehmen, und dann in einer
                              Surrogatlösung von derselben Stärke wie die zweite, ohne allen Koth angewendete. Für
                              Krapproth scheint die Mischung von Koth und Surrogat vortheilhafter zu seyn, als
                              Surrogat oder Koth allein, aber für Krappviolett und Schwarz wird das Surrogat
                              allein vorgezogen.
                           Mit Thonerde gebeizte Tücher sollten dem Kothe oder Surrogate nicht so lange
                              ausgesetzt werden, daß sich die Thonerde mit einer hinreichenden Menge Phosphorsäure
                              verbinden kann, weil die Farbstoffe die Phosphorsäure nicht leicht aus einer solchen
                              Verbindung verdrängen. Das phosphorsaure Eisenoxyd dagegen wird von den Farbstoffen
                              leicht zersetzt.
                           In einigen wenigen Fällen, wo es von besonderer Wichtigkeit ist, ein Fließen oder
                              Austreten der bedruckten Stellen so viel als möglich zu verhüten, kann man die Stücke in
                              einer Mischung von Kreide und Leim mit heißem Wasser ausringen, statt sie im
                              Kothbade oder im Surrogate zu behandeln. Die Kreide befestigt in solchen Fällen die
                              Beize auf dem Zeuge, indem sie dem basischen Salze seine wenige Säure entzieht; die
                              vom Wasser losgewaschene, locker verbundene Beize wird von der Kreide
                              niedergeschlagen, und so das Anhängen derselben an den Zeug verhindert. Wenn die
                              Waaren eine Thonerdebeize enthalten, sollte das Ausringen in Kreidewasser nicht zu
                              lange fortgesetzt und nur wenig Kreide angewendet werden, da sonst die
                              niedergeschlagene Thonerde selbst durch einen Ueberschuß an Kreide weggeschafft
                              werden könnte.