| Titel: | Ueber die Darstellung des Eisenoxyds aus kleesaurem Eisenoxydul, dessen Eigenschaften und technische Anwendung; von Professor Dr. A. Vogel jun. | 
| Autor: | Prof. Dr. August Vogel [GND] | 
| Fundstelle: | Band 134, Jahrgang 1854, Nr. LXXVIII., S. 271 | 
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                        LXXVIII.
                        Ueber die Darstellung des Eisenoxyds aus
                           kleesaurem Eisenoxydul, dessen Eigenschaften und technische Anwendung; von Professor Dr.
                           A. Vogel
                           jun.
                        Vogel, über die Darstellung des Eisenoxyds aus kleesaurem
                           Eisenoxydul.
                        
                     
                        
                           Vor einigen Monaten habe ich ein neues Verfahren zur Darstellung von
                              chemisch-reinem Eisenoxyd aus kleesaurem Eisenoxydul in diesem Journal (Bd.
                              CXXXII S. 275) mitgetheilt. Das auf diese Weise gewonnene Eisenroth hat sogleich
                              nach den ersten damit vorgenommenen Proben als Polirmittel die Aufmerksamkeit der
                              Techniker in hohem Grade auf sich gezogen. Nicht nur in dem berühmten optischen
                              Institute von Merz und Söhnen und von anderen namhaften Optikern wurden damit
                              überaus gelungene Versuche als Polirmittel für achromatische Gläser angestellt,
                              sondern es ist zu demselben Zwecke auch von Hrn. Ministerialrath v. Steinheil mit dem günstigsten
                              Erfolge in Anwendung gekommen. (S. Beilage.)
                           Die genannten Versuche haben jetzt auf das Unzweifelhafteste ergeben, daß das aus
                              kleesaurem Eisenoxydul nach meiner Methode dargestellte chemisch reine Eisenoxyd
                              vermöge seiner überaus großen Härte und feinsten Vertheilung weit schneller,
                              sicherer und schöner die höchste Politur achromatischer Gläser bewirkt, als es mit allen übrigen,
                              auch den besten bisher bekannten Polirmitteln möglich war, – drei Vorzüge,
                              welche dem neuen Verfahren einen Platz in der mechanischen Optik wohl zu sichern im
                              Stande sind.
                           Durch die günstige Aufnahme und auszeichnende Anerkennung, welche meiner Erfindung zu
                              Theil geworden, sehe ich mich veranlaßt, meine seitdem über den Gegenstand gemachten
                              neuen Beobachtungen mitzutheilen. Da ich mehreren Technikern auf deren Ansuchen
                              praktischen Unterricht in der Ausführung meines Verfahrens ertheilt habe, wobei es
                              sich natürlich vor Allem um eine einfache, leicht ausführbare und möglichst
                              ergiebige Methode der Darstellung handelte, so ist mir dadurch reiche Gelegenheit zu
                              weiteren Erfahrungen geboten worden.
                           Der chemische Vorgang bei der Darstellung des Eisenoxyds aus kleesaurem Eisenoxydul
                              ergibt sich aus folgender Formel:
                           
                              
                                 2
                                 
                                    
                                    
                                 FeO +C²O³
                                 SO³ + 7 aq       + 3 aq
                                    
                                 = 278= 126
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                     Fe²O³
                                 = 78,40
                                 
                              
                           Statt dieser Werthe abgerundete Zahlen angenommen liefern
                           FeO + SO³ 280 + C²O³ 126 =
                              Fe²O³ 80.
                           Aus dieser Rechnung ergibt sich, daß man stets 2/3 von dem angewandten Gewichte der
                              Kleesäure an Eisenoxyd erhalten sollte. Die Ausbeute beträgt aber immer nur die
                              Hälfte derselben, auch bei tadellos ausgeführter Arbeit.
                           Meine fortgesetzten Versuche haben gezeigt, daß der Defect beim Niederschlagen des
                              Eisenvitriols durch Kleesäure dadurch entsteht, daß die durch Zersetzung mit
                              Kleesäure frei gewordene Schwefelsäure des Eisenvitriols einen Theil des kleesauren
                              Eisenoxyduls in Auflösung erhält oder vielmehr dessen Abscheidung verhindert. Die
                              von dem gelben Niederschlage, nachdem sich derselbe beim Erkalten gesetzt hat,
                              zuerst abgegossene sehr saure Flüssigkeit von gelblichgrüner Farbe besteht demnach
                              aus Schwefelsäure, etwas unzersetztem Eisenvitriol, – da man diesen, um einen
                              Verlust an Kleesäure zu vermeiden, im Ueberschusse anwendet, – aus Wasser und
                              einer der fehlenden Menge von Eisenoxyd entsprechenden Quantität von kleesaurem
                              Eisenoxydul. Man kann sich von der Gegenwart der letzteren überzeugen, indem man der
                              Flüssigkeit Ammoniak zusetzt, wodurch ein grüner Niederschlag entsteht; bei
                              vorsichtiger Neutralisation mit einer verdünnten Säure löst sich das gefällte
                              Eisenoxyd-Oxydul und es kömmt der charakterische gelbe Niederschlag des
                              kleesauren Eisenoxyduls zum Vorschein. In ähnlicher Weise kann die Kleesäure in der
                              durchgelaufenen Flüssigkeit nachgewiesen werden, wenn man sie mit Chlorcalcium fällt und den
                              gewaschenen Niederschlag mit verdünnter Salpetersäure behandelt; das Filtrat gibt
                              durch Ammoniak einen Niederschlag von kleesaurem Kalk.
                           Bei einer ins Größere betriebenen Fabrication des Eisenroths ist dieser Verlust in
                              Anbetracht des hohen Werthes des Präparates gerade nicht unbedeutend, und es schien
                              mir wohl der Mühe werth, eine einfache Methode zur vollständigen Gewinnung des
                              kleesauren Eisenoxyduls aufzusuchen. Dem Uebelstande eines Verlustes ließe sich
                              schon von vornherein begegnen, wenn man statt mit Kleesäure, die Fällung mit
                              kleesaurem. Ammoniak vornehmen würde. Es wird damit eine sehr ergiebige Ausbeute,
                              d.h. eine der ganzen Quantität der darin enthaltenen Kleesäure nahezu entsprechende
                              Menge Eisenoxyd gewonnen. Dieß hat aber den Uebelstand, daß das kleesaure Ammoniak
                              kein Handelsartikel ist und durch die Darstellung dieses Salzes die Fabrication
                              complicirt und ungeachtet größeren Ertrages doch vertheuert werden müßte. Dasselbe
                              ist der Fall mit dem neutralen kleesauren Kali, wobei überdieß ein schwer lösliches
                              und daher durch Waschen schwer zu entfernendes Salz als Nebenproduct entsteht,
                              welches neben seiner Härte, wenn es auch nur in den geringsten Spuren in dem
                              Eisenroth vorhanden wäre, diesem als Polirpulver in Beziehung der Sicherheit seiner
                              Anwendung bedeutend Eintrag thun würde. Das gewöhnlich im Handel vorkommende
                              Kleesalz gewährt keinen Vortheil, da es im Preise von der Kleesäure nur unbedeutend
                              verschieden ist. Der sauren Flüssigkeit Potasche oder Soda hinzuzusetzen zur
                              nachträglichen Gewinnung des darin gelösten kleesauren Eisenoxyduls, ist allerdings
                              ein sicheres, aber zu kostspieliges Mittel.
                           Ich habe es versucht die Neutralisation der Schwefelsäure durch caustischen Kalk
                              herzustellen. Allein die zu große Menge Gyps, welche sich dabei bildet und natürlich
                              von dem Eisenoxyd nicht wohl zu trennen ist, macht diese Methode unausführbar.
                           Am besten gelingt die Abscheidung des kleesauren Eisenoxyduls aus den Waschwassern
                              durch metallisches Eisen. Bringt man ein Stück Stabeisen in die saure Lösung, so
                              entsteht sogleich eine starke Wasserstoffgas-Entwickelung unter
                              gleichzeitiger Abscheidung eines feinen gelben Pulvers von kleesaurem Eisenoxydul.
                              Durch Temperatur-Erhöhung wird die Abscheidung wesentlich befördert. Zu dem
                              Ende hat man nur nöthig die zuerst abgegossene Flüssigkeit in einer geräumigen
                              Schale oder in einem Glase auf den Ofen zu setzen und ein Stück Eisen hineinzulegen.
                              Wenn sich fast keine Gasblasen mehr entwickeln, ist die Operation vollendet und das
                              kleesaure Eisenoxydul wird abfiltrirt. Durch weiteres Abdampfen der Mutterlauge
                              werden reine Krystalle von Eisenvitriol gewonnen.
                           
                           Ein Stück Eisen ist der feinen Limatur vorzuziehen, da es im Ueberschuß angewendet
                              unverändert zurückbleibt, während letztere von dem kleesauren Eisenoxydul nicht
                              wieder getrennt werden kann. Das auf solche Weise aus der Mutterlauge gewonnene
                              kleesaure Eisenoxydul gibt nach dem Waschen und Trocknen ein vortreffliches
                              Eisenoxyd, welches indeß, da man natürlich nicht chemisch reines metallisches Eisen
                              anwendet, mit dem aus den Lösungen dargestellten nicht zu vermengen ist. Statt des
                              metallischen Eisens kann auch Zinkblech angewendet werden.
                           Zur Darstellung der beiden Lösungen, von Eisenvitriol und Kleesäure, genügt es, wie
                              ich mich überzeugt habe, dieselbe kochend heiß durch ein Leintuch durchzugießen. Das
                              Filtriren durch Papier geht sehr langsam, so daß die Lösungen erkalten, und da der
                              Niederschlag sich nur bei erhöhter Temperatur gehörig absetzt, dieselben vor ihrer
                              Vermischung wieder erwärmt werden müßten. Man verfährt am einfachsten auf die Weise,
                              daß die kochende Lösung von Eisenvitriol in eine geräumige Porzellanschale durch ein
                              Leintuch durchgegossen wird; man wechselt hierauf das Tuch und gießt durch dieses
                              die ebenfalls kochende Lösung der Kleesäure in die Eisenvitriolauflösung. Es
                              entsteht nun sogleich der gelbe Niederschlag, dessen Absatz durch wiederholtes
                              Umrühren mit einem Holzstabe befördert wird. Es bedarf kaum der Bemerkung, daß die
                              Anwendung von Glasstäben zu vermeiden ist, indem durch zufälliges Ablösen eines
                              einzigen Glassplitters die ganze Operation vernichtet würde. Zu den beiden Lösungen
                              ist destillirtes Wasser anzuwenden.
                           Der Niederschlag setzt sich in der Schale sehr schnell ab; die überstehende
                              Flüssigkeit wird nach dem vollständigen Erkalten abgegossen und zu weiterer
                              Verarbeitung in der oben beschriebenen Weise aufbewahrt. Nachdem das kleesaure
                              Eisenoxydul gehörig gewaschen ist, wozu gewöhnliches Wasser genommen werden kann,
                              bis das Waschwasser kaum mehr sauer reagirt, wird es auf ein Papierfiltrum gebracht
                              und nach völligem Abtropfen getrocknet.
                           In meiner oben citirten Abhandlung habe ich angegeben, das kleesaure Eisenoxydul in
                              einem Metallkessel zu erhitzen. Meine seitherigen Versuche haben mich überzeugt, daß
                              die Umsetzung des kleesauren Eisenoxyduls in Eisenoxyd langsam und bei einer nicht
                              zu hohen Temperatur vorzunehmen ist. Das vom Filtrum genommene getrocknete kleesaure
                              Eisenoxydul wird in einem Metallkessel unter beständigem Umrühren mit einem eisernen
                              Spatel schwach erwärmt, bis das feine Pulver eine zimmtbraune Farbe angenommen hat.
                              Sobald sich einzelne rothschwarze Punkte zeigen, nimmt man den Kessel vom Feuer und
                              die Operation vollendet sich von selbst, wenn unter beständigem Umrühren der Zutritt der
                              atmosphärischen Luft zu allen Theilen gehörig vermehrt wird. Man erhält dadurch ein
                              Product von der allergrößten Feinheit. Wird dagegen das Erhitzen, wenn auch in einem
                              flachen Metallgefäße, ohne Umrühren der Masse vorgenommen, so bedecken die an der
                              Oberfläche liegenden Schichten die unteren, wodurch wegen Mangels an Sauerstoff die
                              metallischen Eisentheilchen nicht mehr vollständig zu Eisenoxyd verbrennen. Zuletzt,
                              um die noch übrigen Spuren von kleesaurem Eisenoxydul vollständig zu zersetzen, kann
                              ohne Nachtheil eine höhere Temperatur bis zum Glühen gegeben werden. Eine Stunde im
                              Porzellantiegel in der Weißglühhitze erhalten, gewinnt das Eisenoxyd an Harte,
                              verliert aber an Feinheit.
                           Der nach meiner Methode dargestellte Colcothar unterscheidet sich von anderen Sorten,
                              auch von den feingeschlämmtesten, durch seine Leichtigkeit und das Gefühl beim
                              Reiben zwischen den Fingern. Ein Erkennungsmerkmal bietet sich auch dar durch sein
                              Verhalten zur Salzsäure. Während alle durch Glühen von Eisenvitriol entstandenen
                              Sorten, die ich bis jetzt wenigstens zu untersuchen Gelegenheit hatte, sich nur
                              unvollständig nach längerem Kochen in Salzsäure auflösen, so ist dagegen der aus
                              kleesaurem Eisenoxydul dargestellte Colcothar in schwach erwärmter Salzsäure leicht
                              und vollständig löslich. Die salzsaure Lösung gibt mit Chlorbaryum keinen
                              Niederschlag, was mit den gewöhnlichen Sorten von geschlämmtem Eisenoxyd, die ich
                              bisher untersuchen konnte, stets der Fall ist. Allerdings muß vorausgesetzt werden,
                              daß das Eisenoxyd, um diese Probe zu bestehen, genau nach der von mir gegebenen
                              Vorschrift an einem staubfreien Orte dargestellt sey; namentlich ist es nöthig, daß
                              der gelbe Niederschlag durch Waschen von Schwefelsäure möglichst befreit werbe. Ist
                              die Zersetzung des kleesauren Eisenoxyduls vorgenommen, bevor dieser Zeitpunkt
                              eingetreten, so wirkt die Schwefelsäure auf das metallische Eisen und bildet
                              Eisenvitriol, welcher sich bei längerem Glühen nicht mehr völlig zersetzt. Man
                              erhält dann Colcothar, welcher Spuren von basisch schwefelsaurem Eisenoxyd mit sich
                              führt.
                           Es ist allerdings ein großer Umweg, Eisenoxyd aus kleesaurem Eisenoxydul zu gewinnen.
                              Indessen steht ein derartiges Verfahren nicht vereinzelt da in der chemischen
                              Technik. Ich will unter vielen nur ein Beispiel, die Alaunfabrication, erwähnen.
                           Die große Anwendung des Kali- und Ammoniakalauns gründet sich nur auf seinen
                              Gehalt an schwefelsaurer Thonerde, da die übrigen Bestandtheile für den Färber und
                              Kattundrucker fast werthlos sind. Jenes Salz aber rein zu erhalten, ist von der
                              Eigenschaft abhängig, welche der Alaun besitzt, aus seiner concentrirten Lösung in
                              großen wohl ausgebildeten Krystallen sich abzuscheiden. Die Reinheit der Thonerde in diesem Salze, welche
                              für die Anwendung des Alauns erforderlich ist, setzt die Käufer in den Stand,
                              Schwefelsäure, Wasser und Alkali zu bezahlen, obgleich dieselben, ausgenommen für
                              die Erzielung der Krystalle, nutzlos sind. Aber die schwefelsaure Thonerde wird von
                              vielen anderen fremden Salzen, welche sie bei der Fabrication begleiten, besonders
                              vom Eisen, mit großer Schwierigkeit getrennt, so daß man lieber die großen Kosten,
                              welche aus der Darstellung des Alauns erwachsen, aufwendet, da man diesen leicht
                              durch Krystallisation reinigen kann. Wie nun in der Alaunfabrication Schwefelsäure,
                              Wasser und Alkali lediglich für den Zweck der chemischen Reindarstellung wirksam
                              auftreten, so ist es bei meinem Verfahren der Gewinnung von Eisenoxyd die Kleesäure;
                              sie übernimmt aber zugleich neben der Erzielung chemischer Reinheit die auf
                              mechanischem Wege so mühsame, unsichere Arbeit der feinen Vertheilung.
                           
                        
                           Beilage I.
                           Die Unterzeichneten bezeugen dem Hrn. Professor Vogel, daß das von ihm erfundene
                              chemisch-reine Eisenoxyd, welches durch Hrn. Michael Hofmeister erzeugt wird, zum Poliren
                              optischer Gläser zu empfehlen ist, indem dasselbe schneller und schöner, als das im
                              Handel vorkommende, polirt.
                           München, den 29. Juli 1854.
                           G. Merz und Söhne.
                           
                        
                           Beilage II.
                           Ich bezeuge hiedurch, daß das chemisch-reine Eisenoxyd,
                              welches Hr. Professor Vogel
                              bereiten läßt und an mich abgegeben hat, sich zum Poliren optischer Gläser
                              vorzüglich eignet, schnell wirkt und eine hohe Politur gibt, weßhalb ich dasselbe
                              bestens empfehlen kann.
                           München, den 4. November 1854.
                           Steinheil,                k.
                              Ministerialrath und Conservator.
                           
                        
                           Beilage III.
                           Das vom Hrn. Professor Vogel chemisch bereitete Polirpulver wurde in meiner Werkstätte
                              probirt und hat sich ausgezeichnet bewährt; man bringt mit diesem Pulver in einem
                              Sechstel der mit den besten anderen bekannten Polirmitteln nöthigen Zeit eine Fläche
                              zur höchsten Politur mit der größten Sicherheit, weßhalb ich dasselbe mit dem besten
                              Erfolge seit drei Monaten verwende.
                           München, den 17. November 1854.
                           Karl Stollnreuther,Mechaniker und Optiker.