| Titel: | Ueber zwei Darstellungsmethoden des Aluminiums und über eine neue Form des Siliciums; von Hrn. Henri Saint-Claire Deville. | 
| Fundstelle: | Band 134, Jahrgang 1854, Nr. LXXXI., S. 284 | 
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                        LXXXI.
                        Ueber zwei Darstellungsmethoden des Aluminiums
                           und über eine neue Form des Siliciums; von Hrn. Henri Saint-Claire Deville.
                        Aus den Comptes rendus, August 1854, Nr.
                              7.
                        Deville, über zwei Darstellungsmethoden des Aluminiums und über
                           eine neue Form des Siliciums.
                        
                     
                        
                           Neue Versuche haben mich in meiner bisherigen Ueberzeugung bestärkt, daß das
                              Aluminium, wovon die gewöhnlichen Thonarten ungefähr 25 Procent enthalten, ganz
                              vorzüglich geeignet ist ein allgemein gebräuchliches Metall zu werden. Das Resultat
                              meiner ersten UntersuchungenPolytechn. Journal Bd. CXXXI S.
                                       270. hat sich vollkommen bestätigt, seitdem ich das Aluminium in beträchtlicher
                              Menge besitze. Große Medaillen die ich von demselben schlagen und Platten welche ich
                              davon fertigen ließ, haben an der Luft keine Veränderung erlitten, und kleine Barren
                              sind seit mehreren Monaten täglich angefaßt worden, ohne ihren Glanz zu verlieren.
                              Dieses Metall ist so wenig oxydirbar, daß es der Einwirkung der Luft in einer bis
                              zur Temperatur der Goldprobe erhitzten Muffel widersteht. Beim Abtreiben auf der
                              Capelle verbrennt das Blei und die Bleiplatte schmilzt neben dem Aluminium, dessen
                              Eigenschaften unverändert bleiben. Wenn das Aluminium sich mit Blei legirte, so
                              würde man letzteres offenbar abtreiben können.
                           Das Aluminium leitet die Elektricität achtmal besser als das Eisen und folglich eben
                              so gut oder noch besser als das Silber.
                           Bei der Classification der Metalle nach den Prinzipien Thenard's ist das Aluminium nicht wie bisher dem Magnesium, ZinkMan wird mir gestatten, das Zink neben das Magnesium zu stellen; denn das
                                    Zink zersetzt bei 100° C. merklich das Wasser und außerdem ist das
                                    reine Zinkoxyd, der gewöhnlichen Annahme entgegen, durch Wasserstoffgas
                                    nicht reducirbar, in welchem es sich unter Bildung von künstlichem Galmei
                                    verflüchtigt. Vor zwei Jahren habe ich eine analytische Methode
                                    veröffentlicht, welche sich auf diese Eigenschaft des Zinks gründet; seitdem
                                    hat Hr. Debray,
                                    dieselbe durch zahlreiche Versuche geprüft und außerdem gefunden, daß das
                                    Zinkoxyd der reducirenden Wirkung des Sumpfgases widersteht, in welchem es
                                    sich vollständig verflüchtigt. und Mangan beizugesellen, sondern in eine Gruppe mit dem Chrom, Eisen,
                              Nickel und Kobalt zu setzen; letztere Metalle haben nämlich die gemeinschaftliche
                              Eigenschaft, von schwacher oder concentrirter Salpetersäure nicht angegriffen zu
                              werden, sie werden in derselben passiv.
                           
                           Das Aluminium amalgamirt sich, wie auch das Eisen, nicht (direct) mit dem
                              Quecksilber, und nimmt kaum Spuren von Blei auf. Mit dem Kupfer gibt es leichte,
                              sehr harte und sehr weiße Legirungen, selbst wenn das Kupfer 25 Procent des
                              Gemisches beträgt. Das Aluminium charakterisirt sich besonders durch die Fähigkeit
                              mit dem Kohlenstoff und hauptsächlich mit dem Silicium eine graue, körnige und
                              spröde Verbindung (Gußaluminium) zu bilden, die sehr leicht krystallisirt. Die
                              Spaltungsflächen scheinen sich unter rechten Winkeln zu schneiden.
                           Wenn man dieses Gußaluminium mit Salzsäure behandelt, so zeigt der sehr unangenehme
                              Geruch des entweichenden Wasserstoffgases die Gegenwart des Kohlenstoffs an.
                              Hauptsächlich enthält es aber Silicium, welches sich im reinen Zustande abscheidet,
                              wenn man concentrirte kochende Salzsäure fortgesetzt einwirken läßt. Es scheint mir
                              unzweifelhaft, daß sich das Silicium in dem Gußaluminium in demselben Zustande
                              findet, wie der Kohlenstoff im grauen Roheisen.
                           Dieses Silicium bildet im reinen Zustande glänzende metallische Plättchen, den
                              Platinfeilspänen sehr ähnlich, und in dieser Form unterscheidet es sich wesentlich
                              von dem Silicium welches Berzelius beschrieben hat. Ich
                              glaube daß sich diese neue Form des Siliciums zu dem gewöhnlichen Silicium verhält
                              wie der Graphit zur Kohle. Dieser Körper besitzt bei einer vollständigeren
                              Unveränderlichkeit alle chemischen Eigenschaften welche Berzelius dem bei der unvollständigen Verbrennung des gewöhnlichen
                              Siliciums bleibenden Rückstande zuschreibt. Damit man sich von seiner Indifferenz
                              gegen die Einwirkung der kräftigsten Reagentien eine Vorstellung machen kann, führe
                              ich an, daß das neue Silicium im Sauerstoffstrom zum Weißglühen erhitzt werden kann,
                              ohne sein Gewicht zu ändern (und ohne Kohlensäure zu geben, wie das
                              Kohlenstoffsilicium); daß es der Einwirkung der Fluorwasserstoffsäure widersteht,
                              und sich bloß in einer Art Königswasser, welches aus Fluorwasserstoffsäure und
                              Salpetersäure besteht, auflöst. Geschmolzenes Kali verwandelt es nach und nach in
                              Kieselerde.
                           Dieses Silicium leitet die Elektricität wie der Graphit.
                           Das Gußaluminium, aus welchem ich das Silicium abscheide, enthält davon über 10
                              Procent. Es scheint, daß sich zur Bildung dieses Gußmetalls das Silicium im status nascens befinden muß; denn wird Aluminium in
                              einem Thontiegel geschmolzen, so greift es dessen Wände anIch stelle jetzt unschmelzbare und unangreifbare Tiegel dar, aus geglühter
                                    Thonerde welche mittelst gallertartiger Thonerde plastisch gemacht ist., macht das Silicium frei, verbindet sich aber nicht mit demselben; das Metall hat seine
                              Hämmerbarkeit unverändert behalten und man findet im Tiegel ein chocolatebraunes
                              Pulver, welches mit dem Silicium von Berzelius fast
                              identisch ist. Man wird später sehen, daß dieses Gußmetall das erste Product ist,
                              welches sich bei der Wirkung der galvanischen Säule auf Chloraluminium und
                              Chlorsilicium bildet, welche in dem unreinen Präparat, das man der Zersetzung
                              unterwirst, stets nebeneinander vorkommen.
                           Ich theile hier nur zwei Darstellungsmethoden des
                                 Aluminiums mit, die einzigen welche ich genau kenne und oft ausgeführt
                              habe.
                           1. Verfahren mittelst Natrium. – Man bringt in eine
                              dicke Glasröhre von 3 bis 4 Centimeter Durchmesser 200 bis 300 Gramme
                              Chloraluminium, welches man zwischen zwei Asbestpfropfen einschließt, und leitet
                              luftfreies und trocknes WasserstoffgasUm das Wasserstoffgas luftfrei zu machen, leitet man es durch eine mit
                                    Platinschwamm und Platinmohr gefüllte Glaskugel, die man schwach erhitzt;
                                    man trocknet es dann mit Natronkalk aus. durch, indem man in diesem Gasstrom das Chloraluminium mittelst einiger
                              Kohlen erhitzt, um die Chlorwasserstoffsäure, das Chlorsilicium und den
                              Chlorschwefel, mit welchen es stets verunreinigt ist, auszutreiben. Man bringt dann
                              in die Glasröhre möglichst große Schiffchen, deren jedes einige Gramme zwischen
                              Fließpapier getrocknetes Natrium enthält. Nachdem die Röhre mit Wasserstoffgas
                              gefüllt ist, schmilzt man das Natrium und erhitzt das Chloraluminium, welches
                              destillirt und sich unter Weißglühen, das nach Belieben gemäßigt werden kann,
                              zersetzt. Die Operation ist beendigt, wenn alles Natrium verschwunden ist und das
                              gebildete Chlornatrium genug Chloraluminium absorbirt hat, um mit demselben
                              gesättigt zu seyn. Das Aluminium ist dann in Chlor-Aluminium-Natrium
                              eingeschlossen, einem Doppelsalz welches leicht schmelzbar und nicht flüchtig ist.
                              Man nimmt die Schiffchen aus der Glasröhre, bringt sie in eine Porzellanröhre welche
                              mit einem Vorstoß versehen ist, und leitet durch diese einen Strom trocknes und
                              luftfreies Wasserstoffgas. Darauf erhitzt man bis zum lebhaften Rothglühen; das
                              Chlor-Aluminium-Natrium destillirt ohne Zersetzung und wird in dem
                              Vorstoß aufgefangen; nach der Operation findet man in jedem Schiffchen alles
                              Aluminium zu einem oder höchstens zwei dicken Kügelchen zusammengeschmolzen. Man
                              wäscht dieselben in Wasser, welches noch eine kleine Menge sauer reagirendes Salz
                              und braunes Silicium wegnimmt. Um alle Kügelchen zu einem einzigen Stück
                              zusammenzuschmelzen, bringt man sie nach dem Reinigen in eine Porzellanschale und gibt etwas von dem
                              bei der vorigen Operation destillirten Chlor-Aluminium-Natrium als
                              Flußmittel hinzu; die Schale wird in einer Muffel bis zum Schmelzpunkt des Silbers
                              erhitzt, wobei die Kügelchen zu einem glänzenden Stück zusammenschmelzen, das man
                              erkalten läßt und wäscht. Man muß endlich das Metall in einem bedeckten
                              Porzellantiegel so lange geschmolzen erhalten, bis die Dämpfe jenes Doppelsalzes,
                              mit welchem das Metall stets imprägnirt bleibt, gänzlich verschwunden sind. Man
                              findet das Metallstück mit einer Thonerdehaut überzogen, welche durch die theilweise
                              Zersetzung des Flußmittels entstand.
                           Man begreift, daß man das Natrium durch den Dampf desselben, welcher sich so leicht
                              bildet, ersetzen könnte; ich werde später auf die Abänderung des eben beschriebenen
                              Apparats zurückkommen, welche zur Anwendung dieser Darstellungsmethode erforderlich
                              ist.
                           II. Verfahren mittelst der galvanischen Säule.– Man
                              zersetzt mittelst des galvanischen Stroms das schon erwähnte DoppelsalzMan sehe das mit dieser Methode wesentlich übereinstimmende Verfahren von Bunsen, im polytechn. Journal Bd. CXXXIII S. 273. A. d. Red. von Chlor-Aluminium-Natrium (Al²Cl³, NaCl). Zur
                              Bereitung des Aluminiumbades vermischt man 2 Gewichtstheile Chloraluminium mit 1
                              Theil ausgetrocknetem und gepulvertem Kochsalz in einer Porzellanschale welche bis
                              200° C. erhitzt ist; die Verbindung geht unter Wärmeentwickelung bald vor
                              sich. und man erhält ein bei 200° sehr flüssiges Liquidum, welches bei dieser
                              Temperatur nicht flüchtig ist. Man bringt diese Flüssigkeit in einen glasirten
                              Porzellantiegel, den man mittelst einiger Kohlen auf der Temperatur von beiläufig
                              200° erhält. Als negative Elektrode dient ein Platinblech, auf welchem sich
                              das Aluminium, mit Kochsalz gemengt, als eine grauliche Kruste ablagert. Die
                              positive Elektrode besteht in einem vollkommen trocknen porösen Gefäße, welches
                              geschmolzenes Chlor-Aluminium-Natrium enthält und in welches ein die
                              Elektricität zuführender KohlencylinderDiese Kohle löst sich sehr rasch im Bade auf und verwandelt sich in Pulver;
                                    deßhalb ist das poröse Gefäß nothwendig. getaucht ist; an diese Elektrode begeben sich das Chlor und ein wenig
                              Chloraluminium welches von der Zersetzung des Doppelsalzes herrührt; dieses
                              Chloraluminium würde sich verflüchtigen und verloren gehen, wenn man nicht etwas
                              Kochsalz in das poröse Gefäß brächte; das nicht flüchtige Doppelsalz wird so wieder
                              gebildet und die Dämpfe hören auf. Es ist nur eine geringe Anzahl von Elementen zur
                              Zersetzung des Doppelsalzes erforderlich; schon zwei genügen.
                           
                           Man entfernt das Platinblech, wenn es mit metallhaltigem Niederschlag hinreichend
                              bedeckt ist; man läßt es erkalten, zerbricht die Salzmasse und bringt das Blech
                              neuerdings in den Strom. Die abgeblätterte rohe Salzmasse wird in einem
                              Porzellantiegel, den man in einen Thontiegel stellt, ohne Zusatz geschmolzen und
                              nach dem Erkalten mit Wasser behandelt; dadurch wird ein großer Theil des Kochsalzes
                              gelöst und es bleibt ein graues Metallpulver zurück, welches man durch mehrmalige
                              Schmelzungen mit Zusatz des schon oft erwähnten Doppelsalzes als Flußmittel zu einem
                              Metallkönig vereinigt.
                           Die ersten Portionen des nach diesem Verfahren erhaltenen Metalls sind fast immer
                              spröde; sie sind das Gußaluminium, von welchem oben die Rede war. Man kann jedoch
                              mittelst der galvanischen Säule ein eben so schönes und eben so reines Metall
                              erhalten, als mittelst Natrium, wenn man nämlich reines ChloraluminiumHr. Deville bemerkt in
                                    einem Schreiben an die Redaction des Cosmos (Tome V pag. 391):
                                    „Ich habe in meiner Abhandlung die Darstellungsweise des
                                       Chloraluminiums nicht beschrieben, weil es in Frankreich allgemein nach
                                       einem dem Bunsen'schen ähnlichen Verfahren
                                       bereitet wird, nämlich nach der von Ebelmen
                                       für das Chlorsilicium angegebenen Methode. Die tubulirten Retorten von
                                       Steinzeug, welche zu dieser Operation dienen, erhält man bei den
                                       Verkäufern chemischer Gerätschaften zu Paris; nur muß man bei deren
                                       Auswahl die innen mit Bleioxyd glasirten ausschließen. – Als
                                       Vorlage benutzte ich eine Glasglocke mit Glastubulus, welcher letztere
                                       in den schrägen Hals der Retorte gesteckt wurde; die weite Mündung der
                                       Glocke verschloß ich mit einem Trichter, dessen breiter Rand auf die
                                       Glocke gekittet wurde. (Das trockne Chlorgas wird mittelst eines
                                       Porzellanrohrs in den Tubulus der Retorte geleitet.) Ich habe in diesem
                                       Apparat, mittelst eines Gemenges von geglühter Thonerde und Kohle mit
                                       Oel, in einem Tage fast fünf Kilogramme Chloraluminium bereitet. Es ist
                                       dieß eine ganz leichte Operation; die in die Retorte gebrachte Thonerde
                                       wird fast gänzlich als Chloraluminium verflüchtigt.“
                                     anwendet, und in der That entfernt man bei letzterm Verfahren mittelst des
                              Wasserstoffgases das Silicium, den Schwefel und selbst das Eisen (das in
                              Einfach-Chloreisen übergeht, welches bei der angewandten Temperatur nicht
                              flüchtig ist), während alle diese Verunreinigungen in der Flüssigkeit, welche man
                              durch die Säule zersetzt, zurückbleiben und mit den ersten Portionen des reducirten
                              Metalls abgeschieden werden.