| Titel: | Ueber die Abhaspelung der Cocons der Eria oder des Bombyx cynthia; von Hrn. Guérin-Mèneville. | 
| Fundstelle: | Band 134, Jahrgang 1854, Nr. CX., S. 389 | 
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                        CX.
                        Ueber die Abhaspelung der Cocons der Eria oder des Bombyx cynthia;
                           von Hrn. Guérin-Mèneville.
                        Aus den Comptes rendus, October 1854, Nr.
                              15.
                        Guérin-Mèneville, über die Abhaspelung der
                           Cocons der Eria.
                        
                     
                        
                           Diese Cocons, welche ich aus Turin erhalten habe, enthielten lebende Puppen. Ich
                              opferte einige derselben zu Abhaspelungs-Versuchen, die in der
                              Seidenspinnerei der HHrn. Alcan und Maillard zu Batignolles bei Paris gemacht wurden.
                           Roxburgh (1802) und nach ihm Helfer (Journal de la Société
                                 Asiatique du Bengale, 1837) meinten, daß sich aus Cocons von dieser Race
                              nur Floretseide gewinnen lasse; aus einer Abhandlung von
                              Thomas Hugon zu Nowgong im Königreich Assam (ebendas.,
                              Jahrgang 1837) scheint aber hervorzugehen, daß sich durch besondere Behandlung von
                              dem Bombyx cynthia, auch Eria genannt, Seide in ununterbrochenen langen Fäden mittelst Haspelns
                              gewinnen lassen. Die Einwohner von Assam scheinen wirkliche Grezseide davon zu erhalten; wir dürfen daher nicht, wie Hr. Savi zu Pisa in einem am 7 Julius d.
                              J. erstatteten Bericht, verzweifeln, daß es europäischen Kenntnissen und Erfahrungen
                              gelingen werde diese Cocons zu Grezseide abzuhaspeln.
                           Dazu geben die von mir angestellten Versuche auch alle Hoffnung. Die Bedingung
                              scheint mir ein Verfahren der Abhaspelung zu seyn, wobei die Cocons nicht auf der
                              Oberfläche des Beckens zu schwimmen brauchen, was allein bei dem Alcan'schen VerfahrenBeschrieben im polytechn. Journal Bd.
                                       CXXXII S. 338. der Fall ist.
                           Am 28 Sept. d. J. wurden die Versuche mit zwanzig frischen Cocons begonnen, welche
                              32,45 Gramme wogen; zehn davon suchte man durch Dampf und kochendes Wasser zu
                              erweichen, worin das Alcan'sche Verfahren im Wesentlichen
                              besteht; sie sollten die beiden Enden geben, jedes aus den Fäden von 5 Cocons
                              bestehend, welche auf dem Haspel abgewunden wurden. Nachdem man sie vier Minuten
                              lang der Wirkung des Alcan'schen Apparats ausgesetzt
                              hatte, dann noch 4, hierauf noch 5, endlich noch 7, im Ganzen 20 Minuten lang, löste
                              sich der Faden, welcher nach Beseitigung der Strusen gefunden wurde, doch nicht gut
                              ab; die Arbeiterin fand die Cocons hart und meinte sie müßten noch gekocht werden. Man brachte sie daher noch weitere 10
                              Minuten in den Apparat;
                              das Gummi, welches die Fäden zusammenleimt, widerstand jedoch, man konnte nur wenig
                              von den Faden abhaspeln, doch genug, um sie als für ununterbrochen lange zu
                              erkennen.
                           Am andern Tag wurden die übrigen zehn Cocons in demselben Apparat mit alkalischem Wasser behandelt; mm löste sich der Faden
                              leichter ab, in ununterbrochenen großen Längen, so daß sich die Cocons im Becken
                              recht schön drehten; ich zweifle daher nicht, daß sich
                              der Faden abhaspeln läßt wie derjenige der gewöhnlichen Cocons, wenn es gelingt, das
                              Gummi besser aufzulösen, welches das Ansehen und die Consistenz der Cocons so
                              pergamentartig macht.
                           Die meisten Cocons des Bombyx cynthia bestehen aus
                              orangegelber Seide; doch gibt es auch solche welche mehr oder weniger gelblich weiß
                              sind. Nach dem Auskochen nimmt diese Seide die graue Farbe des rohen Hanfs an, hat
                              aber den Glanz der gewöhnlichen Seide.
                           Ein der Akademie vorgelegtes Stück Seidenzeug, in Bengalen Corah genannt, ist von solcher Seide gefertigt und besteht offenbar aus
                              Grezseide, nicht aus Floretseide. Daß dieser Zeug, welchen ein vielgereister
                              Kaufmann, Hr. Tastet, besaß,
                              von solcher Seide stammt, dafür spricht die vollkommene Uebereinstimmung desselben
                              in Farbe und Aussehen mit der von mir verfertigten, leider zu kleinen
                              Seidenprobe.
                           Aus diesen ersten, unter so ungünstigen Umständen angestellten Versuchen scheint
                              hervorzugehen:
                           1) daß die Fäden der Cocons des Seidenwurms Eria oder Bombyx cynthia mit einem Gummi zusammengeleimt sind,
                              welches die gewöhnlichen Methoden des Abhaspelns nicht genugsam aufzuweichen oder
                              aufzulösen vermögen;
                           2) daß der Zusatz eines Alkalis zum Wasser und hinlänglich langes Kochen diese
                              Erweichung oder Auflösung des Gummis bewerkstelligen und die Ablösung des Fadens
                              ermöglichen;
                           3) daß diese, obgleich an einem Ende offenen Cocons, doch aus einem ununterbrochenen
                              Faden bestehen, welcher zu Grezseide abgehaspelt werden kann;
                           4) daß man sich zur Abhaspelung dieser Cocons des Alcan'schen Verfahrens bedienen muß, weil bei diesem die Abhaspelung vor sich
                              gehen kann, ohne daß die Cocons im Becken, wie beim alten Verfahren, obenauf
                              schwimmen.
                           Ich bemerke schließlich, daß die Eria-Cocons nicht
                              die einzigen sind, womit mein verbessertes Abhaspelungs-Verfahren versucht
                              wurde; dieß geschah auch mit andern harten und gummirten Cocons. Namentlich gelang
                              es bei den aus China kommenden, groben Cocons, von der mit Eichenblättern sich ernährenden
                              wilden Seidenwürmer-Race; die davon gewonnene Grezseide kommt, mit Ausnahme
                              der Farbe, an Schönheit und Regelmäßigkeit des Fadens unserer gewöhnlichen Seide
                              gleich.