| Titel: | Ueber ein Insect, welches die Runkelrüben in ihrem zartesten Alter zerstört; von Hrn. Bazin. | 
| Fundstelle: | Band 134, Jahrgang 1854, Nr. CXXIX., S. 431 | 
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                        CXXIX.
                        Ueber ein Insect, welches die Runkelrüben in
                           ihrem zartesten Alter zerstört; von Hrn. Bazin.
                        Aus den Comptes rendus, Juli 1854, Nr.
                              3.
                        Bazin, über ein Insect, welches die Runkelrüben
                           zerstört.
                        
                     
                        
                           Wer sich mit dem Bau der Runkelrübe abgibt, weiß, daß sich dem Aufgehen und der
                              ersten Entwickelung derselben große Schwierigkeiten darbieten. Bald gehen die Keime
                              im Boden zu Grunde, bald sterben die kaum dem Boden entschlüpften Pflänzchen so
                              rasch ab, daß die Ursache des Nebels sehr schwer zu entdecken ist. Gewöhnlich sind es die zuerst eingesäeten
                              Rüben, welche am meisten zu leiden haben. Wenn ihr Wachsthum nur langsam vor sich
                              geht, sey es wegen kalter Witterung, oder zu armen Bodens, so ist die Pflanze
                              verloren; sie kämpft eine Zeit lang fort, unterliegt aber jedesmal. Auch die
                              Trockenheit beschleunigt ihren Untergang. Ist das Erdreich leicht, locker, so ist
                              die Gefahr groß, der Tod fast unvermeidlich; ist der Boden hingegen schwer,
                              zusammengedrückt, so ist die Ernte wahrscheinlich gerettet. Endlich kann man, wenn
                              man die Runkelrüben mehrere Jahre nach einander auf demselben Felde anbaut, sicher
                              seyn, daß sie mehr oder weniger beschädigt werden.
                           Diese Beobachtungen machen alle Landwirthe, und der Schade ist so beträchtlich, daß
                              sie jedes Jahr ein ziemlich großes Quantum Runkelrüben frisch ansäen müssen, weil
                              die ersten Saaten zu ungleich aufgehen oder gar nicht aus dem Boden treten.
                           Was ist nun die Ursache des Uebels? Ein Oïdium?
                              Oder ein atmosphärischer Einfluß? – Keineswegs. Es gibt ein ganz kleines
                              Coleopter (hornflügeliges Insect), welches der Beobachtung sehr leicht entgeht;
                              dasselbe verbirgt sich in dem Boden, wo es die Keime der Runkelrübe, sobald sie
                              erscheinen, zernagt. Man hebe die Erdschollen etwas auf, und man wird oft unzählige
                              Mengen von diesem Insect finden; nicht selten auch mehrere um ein einziges Samenkorn
                              herum. Wenn die Anzahl dieser Insecten beträchtlich ist und sie schon vor dem
                              Aufgehen der Runkelrüben ausgekrochen sind, so ist die ganze Ernte in Gefahr;
                              geringer ist der Schade, wenn die Insecten erst nach dem Aufgehen der Pflanzen
                              erscheinen. Sie greifen die Wurzeln an, höhlen kleine Löcher darin aus, welche sie
                              theilweise ausfressen, zerstören sie aber nicht immer ganz. Die Runkelrüben entgehen
                              oft dem Tode, besonders wenn das Erdreich feucht und schwer und das Wachsthum
                              lebhaft ist.
                           Dieses Insect begnügt sich aber nicht mit dem Angriff der Wurzel; es kömmt, bei
                              schönem Wetter, aus der Erde heraus, kriecht den Stengel hinauf und zerfrißt die
                              Blätter. Ich sah einigemal diese Insecten in Gruppen auf einer kleinen Rübenpflanze,
                              welche nach einigen Stunden bloß noch ein blätterloser Stengel war, bald verwelkt
                              und tobt. Die Runkelrüben sind mithin, wenn sie aufgegangen, noch keineswegs außer
                              Gefahr. Es kommt sogar oft vor, daß eine Anzahl dieser Insecten mit dem Zernagen der
                              Wurzeln beschäftigt ist, während andere ihre Nahrung an deren Blättern suchen, ein
                              natürlich schlimmer, oft tödtlich ausgehender Fall.
                           
                           Erwähntes Insect ist die Atomaria linearis (Stephens), A. pygmaea
                              (Heer). Dasselbe ist schmal, linienförmig,
                              kaum 1/2 Millimeter lang, von rostrother bis schwarzbrauner Farbe. Im Jahr 1839
                              beobachtete ich es zum erstenmal zu Mesmil St.-Firmin. Vor 7–8 Jahren
                              setzte Hr. Macquart die
                              Landleute des Nord-Departements davon in Kenntniß., Es zeigt sich im Mai und
                              Juni, seltener im Juli und August. Folgende Mittel wende ich mit Erfolg zum Schuhe
                              der Runkelrüben gegen dieses Insect an.
                           Erstens wechsle man mit der anzubauenden Frucht.
                           Zweitens drücke man das Erdreich mittelst Walzen fest. Die Atomaria scheint sich in einem festem Medium nicht gern aufzuhalten;
                              überdieß verhindert das um die Pflanze herum festgedrückte Erdreich deren Tod,
                              selbst wenn ihre Wurzel unter dem Boden von den Insecten angegriffen und
                              durchgebissen worden ist.
                           Die dritte Regel ist, daß man das Feld gut bestellt, gehörig düngt und erst dann
                              säet, wenn die Jahreszeit hinlänglich vorgeschritten ist, daß das Wachsthum kräftig
                              vor sich gehen kann; die thätig treibende Pflanze ersetzt dann durch neue Blätter
                              den Schaden welchen ihr die Insecten zufügen, und fährt fort sich zu entwickeln.
                           Viertens muß man, wenn man sieht, daß sich die Insecten übermäßig vermehren, und
                              besonders wenn man genöthigt ist noch einmal zu säen, den Samen nicht sparen, in
                              verzweifelten Fällen sogar die doppelte Menge desselben aufwenden.
                           Dieses sind die wahrhaft praktischen, landwirtschaftlichen Mittel, welche ich als
                              wirksam erkannt habe. Seitdem ich dieselben anwende, bleiben meine Runkelrüben immer
                              verschont, während diejenigen meiner Nachbarn oft vernichtet werden.