| Titel: | Experimental-Untersuchungen über einige Gegenstände der angewandten Elektricitätslehre; von Professor C. Kuhn in München. | 
| Autor: | Carl Kuhn [GND] | 
| Fundstelle: | Band 136, Jahrgang 1855, Nr. XXII., S. 82 | 
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                        XXII.
                        Experimental-Untersuchungen über einige
                           Gegenstände der angewandten Elektricitätslehre; von Professor C. Kuhn in München.
                        Kuhn, über die Benutzung des Erdreichs als Leiter Volta'scher
                           Ströme.
                        
                     
                        
                           I.
                              Ueber die Benutzung des Erdreichs als Leiter Volta'scher
                                 Ströme und einige andere damit zusammenhängende Einzelheiten.
                           (Schluß von S. 29 des vorhergehenden Heftes.)
                           6. Aus diesen Erörterungen ließen sich zwar manche nützliche Folgerungen für die
                              Anwendung der Erdleitung bei den in neuester Zeit einen hohen Grad von Wichtigkeit
                              erlangten beweglichen Militär-Telegraphenleitungen
                              machen. Meine Absicht kann es aber nicht seyn, auf alle hiezu gehörigen
                              Einzelnheiten bei dieser Gelegenheit einzugehen, und es werden daher nur die
                              nachstehenden Punkte herausgehoben.
                           Die Bodenleitung kann bekanntlich nach den schon längst festgestellten Thatsachen
                              unter allen Umständen und zwar mit dem größten Nutzen für die allgemeinen
                              Telegraphen-Linien in Anwendung gebracht werden, wenn man die Erdelektroden
                              entweder unmittelbar im Horizontalwasser, also in Brunnen oder tiefliegende Gewässer
                              etc. oder sehr tief in den Boden in ganz durchnäßtes und zu allen Zeiten
                              Feuchtigkeit enthaltendes Erdreich legen kann.
                           Jedesmal also, wenn diese günstigen Umstände sich darbieten, wird auch für bewegliche
                              Militär-Telegraphen der Einschaltung und Benützung der Erde als einen Theil
                              des Schließungsleiters kein wesentliches Hinderniß sich in den Weg stellen.
                              Ungehindert und mit Sicherheit wird also die eine Hälfte des Schließungsleiters
                              durch die Erde für den genannten Zweck ersetzt werden können, wenn man an jeder der Endstationen, welche zur Kette gehören, die
                              Erdelektroden in einen Brunnen versenken oder in ein Flußbett etc. eingraben kann,
                              oder wenn die Zeit und die sonstigen Umstände es zulassen, solch tiefe Oeffnungen
                              graben lassen zu können, deren Enden in feuchtem Erdreich oder an Stellen sich
                              befinden, die beständig von Wasser umspült und mit unterirdischen Wasserschichten in
                              Communication stehen, wenn man den Elektroden diese feuchten Lager gibt etc. Bis zu
                              welcher Tiefe hiebei gegraben werden muß, um mit Sicherheit die Erdelektroden
                              einlegen zu dürfen, dafür läßt sich keine bestimmte Regel angeben. Es hängt dieß
                              offenbar von localen Umständen ab, und selbst an einem und demselben Orte ist ja die
                              äußere Terrainbeschaffenheit sowohl wie die innere an verschiedenen Stellen
                              verschieden, und es können einzelne Stellen einer und derselben Oertlichkeit in
                              Niederungen und nahe am Wasserspiegel, andere nicht weit von diesen entfernte aber
                              so hoch liegen, daß, wenn kein Brunnen in deren Nähe ist, das Ergründen von
                              günstigen Lagern für die Elektroden nicht bloß wegen der hiezu nöthigen Zeit nicht
                              ausgeführt werden kann, sondern sogar zu den Unmöglichkeiten für jene Verhältnisse
                              gehören müßte, unter welchen allein nur die Anlegung und Benützung absolut
                              beweglicher Militär-Telegraphen denkbar ist. So gibt es z.B. in der Nähe von
                              München manche Punkte, von welchen an dem einen die Brunnen in einer Tiefe von fast
                              100 Fuß, an dem andern die Brunnen in 30 Fuß, und wieder andere, wo dieselben in
                              noch geringerer Tiefe angetroffen werden; daß aber solche Abwechselungen in anderen
                              Gegenden in ähnlicher oder gar in noch grellerer Weise vorkommen könnten, bedarf
                              keiner weiteren Erwähnung. Die im Geniedienste sowohl, wie im Ingenieurfache aus der
                              Praxis gewonnenen Erfahrungen geben immer die Mittel an die Hand, um über diese
                              Punkte entscheiden zu können, um zu erfahren, ob ein Eingraben oder Vorwärtskommen
                              mit dem Erdbohrer oder nur durch Anwendung anderer Mittel zulässig, welche Zeit
                              hiezu erforderlich ist, um unter gegebenen Bedingungen eine gewisse Tiefe zu
                              erreichen etc. Diese Erfahrungen werden aber auch überall, und selbst wenn sie nur
                              eine geringe Näherung liefern würden, ausreichen, um über den fraglichen Punkt
                              entscheiden und angeben zu können, ob unter Anwendung der zu Gebote stehenden Mittel
                              die nothwendigen und günstigsten Lager für die Erdelektroden erworben werden
                              können.
                           Sind nun die Umstände so günstig, um die Erde als Schließungsleiter der beweglichen
                              Telegraphenkette nehmen zu dürfen, so ist es für diesen Zweck nicht nöthig, die
                              metallischen Enden der Leitungskette mit Kupfer- oder Zinkplatten zu
                              versehen. Steht die Benützung eines Brunnens zu Gebote, so wird man nur die Drahtenden mit einem Körper
                              von nicht zu unbedeutendem Gewichte, der zum Ueberfluß noch an seiner Oberfläche
                              leitend gemacht werden kann, fest verbinden, und jenen Körper in das Wasser
                              versenken. In allen andern Fällen reicht es aus, wenn nur die Drahtenden der
                              Leilungskette metallisch mit einem eisernen Stößer etc., oder selbst nur mit dem zum
                              Ausgraben der Oeffnung angewendeten Erdbohrer leitend verbunden werden. Befindet
                              sich die Elektrode nicht in Wasser, sondern nur in feuchtem Boden, so ist für einen
                              beständigen künstlichen Wasserzufluß zu dieser Stelle zu sorgen, wenn die
                              Leitungsgüte der Kette nicht nach und nach mangelhaft werden soll.
                           Dieß sind also die Umstände, welche im Allgemeinen zu beachten seyn dürften, wenn man
                              versichert seyn kann, daß die Erdelektroden je zweier zusammengehöriger Stationen
                              durch feuchtes Erdreich oder durch Wassermassen verbunden sind.
                           Sind aber diese Umstände nicht vorhanden, oder besitzt nur eine der Stationen eine
                              solche günstige Lage, die andere aber nicht, oder ist durch andere Verhältnisse die
                              Erfüllung obiger Bedingungen nicht begünstiget, so kann man weder durch Benützung
                              von noch so großen Metallplatten als Erdelektroden, noch durch Anwendung anderer
                              Localmittel dem eingeschalteten Erdboden diejenige Leitungsfähigkeit beibringen, die
                              er nothwendig hat, um den Uebergang der Elektricität von einer Elektrode zur anderen
                              in solcher Menge zu gestatten, daß deutliche Zeichen selbst der empfindlichsten bis
                              jetzt bei Telegraphen-Apparaten angewendeten Indicatoren möglich gemacht
                              werden können.
                           In solchen Fällen muß daher auf die Einschaltung der Erde verzichtet und ein
                              Doppeldraht angewendet werden (ob diese Fälle vielleicht bei Anwendung von beweglichen Militärtelegraphen die häufigsten seyn
                              könnten oder nicht, mag durch das Urtheil der Militär-Ingenieure entschieden
                              werden), und man wird als Schließungsleiter einer solchen militärischen
                              Telegraphenkette nur Drahtseile von der nothwendigen Dicke, ähnlich wie sie im
                              Großen für submarine Leitungen verwendet werden, benützen, deren Einzeldrähte im
                              Innern gut gegen einander isolirt, und die an ihrer Oberfläche mit einem
                              Gutta-percha-Ueberzuge umpreßt sind, dieselben theilweise (nach dem
                              Vorgange der englischen Ingenieure) in die Erde durch ein leicht anzuwendendes
                              Mittel oberflächlich eingraben, theilweise aber, wo es nöthig ist, über Stützen von
                              passender Höhe gehen lassen, und an jedem Ende der Leitung die Verbindung des
                              Doppeldrahtes mit den Apparaten etc. in zweckmäßiger Weise vornehmen.
                           7. Da die Umstände es jetzt nicht gestatten, auf andere Erscheinungen, die mit den
                              bis jetzt behandelten Gegenständen zusammenhängen, und die mir zu eigenen
                              Untersuchungen Veranlassung gaben, einzugehen, so bringe ich vor dem Schlusse dieser
                              Arbeit in gedrängter Kürze und ohne nähere gründliche
                                 Erörterungen einige Beobachtungen zur Sprache, denen theilweise schon seit
                              längerer Zeit gründliche Aufmerksamkeit geschenkt wurde,Steinheil. Ueber Telegraphie, insbesondere durch
                                    galvanische Kräfte. München 1838, S. 17. Dann in der Abhandl.: Beschreib.
                                    und Vergleich. der galv. Telegraphen Deutschlands. Abh. der II. Cl. d. k.
                                    Akad. der Wissensch. V. Bd. III.Jacobi. Ueber die Polarisation der
                                    Leitungsdrähte. Bullet de la classe phys. math. etc.
                                       de l'Academie des Sc. de St. Pétersbourg. VII. 1.Barlow. Elektr. Ströme in
                                    Telegraphen-Leitungen. Berliner Berichte, III. 555, IV. 412.Baumgartner. Ueber die Wirk. der nat. Elektr. auf
                                    elektrom. Telegraphen. Sitzungsber. der math. naturw. Classe der Wiener
                                    Akad. etc. J. 270. die theilweise aber mir neu zu seyn scheinen.
                           a. Bekanntlich kann man an einer jeden
                              Telegraphenleitung, in welcher die ganze Leitungskette mittelst eines Galvanometers
                              ohne Anwendung einer Volta'schen Stromquelle geschlossen wird, beständig einen
                              größeren oder geringeren Ausschlag der Galvanometernadel wahrnehmen. Hieraus geht
                              also hervor, daß die ganze Leitungskette, auch wenn keine Stromquelle eingeschaltet
                              ist, sich beständig in jenem Zustande befindet, in welchem sie magnetische
                              Wirkungen, jedoch im Allgemeinen nur durch Ablenkungen der Nadel eines empfindlichen
                              Multiplicators, ausüben kann.
                           Da der eine Theil der Leitungskette über der Erde sich befindet, und aus einem
                              ausgespannten Kupfer- oder verzinktem Eisendrahte von bedeutender Ausdehnung
                              besteht, während die andere Hälfte derselben die Erde selbst ist, so können nicht
                              bloß an den in verschiedenen Entfernungen von einander befindlichen Stellen des
                              metallenen Theiles des Leiters bedeutende Temperatur-Unterschiede
                              stattfinden, sondern es werden auch an denjenigen Punkten, an welchen die Verbindung
                              zwischen Erde und den Enden der Kette sich befinden, die Temperaturen bedeutend
                              verschieden seyn. Nun kann aber jede Temperatur-Verschiedenheit an
                              verschiedenen Theilen des Schließungsleiters für sich schon elektrische Ströme
                              erzeugen, um so mehr werden daher die Veranlassungen zur Entstehung von Strömen in
                              dem vorliegenden Falle vorhanden seyn, als die Kette aus so völlig ungleichartigen
                              Leitern von so bedeutender Ausdehnung zusammengesetzt ist, wie dieß bei jeder
                              Telegraphen-Leitung stattfindet, und die Stärke dieser Ströme wird daher
                              nicht bloß wechseln müssen, sondern kann je nach den Umständen zuweilen bedeutend
                              groß, zu andern Zeiten aber auch wieder sehr gering ausfallen. Man hat daher mit
                              Recht als Hauptquelle dieser sogenannten tellurischen Ströme die verschiedenartige
                              Erwärmung der einzelnen Stellen der Leitungskette, und diese Ströme selbst als
                              sogenannte thermo-elektrische betrachtet. – Wenn nun auch die Wärme
                              als Hauptquelle dieser
                              Ströme betrachtet werden muß, so ist es doch noch nicht bestimmt ausgemacht, daß
                              diese auch die einzige Quelle der letzteren, oder ob die Ursache dieser Ströme nicht
                              zusammengesetzterer Natur ist. Ich bin der nachstehenden Beobachtungen halber
                              geneigt, mich der letzteren Meinung zu bekennen.
                           Die Erdstrecken, die ich untersuchte, und von denen in den Art. 1 und 5 ausführlich
                              die Rede war, sind bekanntlich von zweierlei Längen gewesen. Die eine zu 75' Länge
                              war vom 20. December Mittags bis zum 30. December Nachmittags 2, die andere zu 120'
                              Länge aber war vom 30. December 3 Nachmittags bis zum 4. Januar Morgens 11
                              eingeschaltet, und von den zum Schließen der Kette verwendeten Drähten war der eine
                              auf dem Boden liegende in Gutta-percha-Röhren eingehüllt, der andere
                              weit kürzere als jener, war theilweise in der Luft ausgespannt. Vom 20. bis zum 22.
                              December konnte ich bei eingeschaltetem Galvanometer und mit Ausschaltung der
                              Volta'schen Batterie von einem Erdstrome nichts bemerken; erst vom 27. December an
                              (wo die Bodenfeuchtigkeit schon bedeutend zugenommen hatte) und dann an allen
                              folgenden Tagen nahm ich einen zwar veränderlichen, aber immer nicht unbedeutenden
                              Ausschlag der Galvanometernadel wahr, wenn ich bloß die Kette mittelst des
                              Multiplicators schloß. So waren die Ablenkungen der Galvanometer-Nadel
                           
                              
                                 am 29. December im
                                    Mittel:  „  30.        
                                    „        „      
                                    „
                                 17°, Maximum:
                                    38°,      
                                    „
                                 23°,0,
                                    Minimum:45°,0,        „
                                 10°,030°,0
                                 
                                    
                                    
                                  für die
                                    75'    langeErdstrecke.
                                 
                              
                                   „  30.        
                                    „        „      
                                    „  „  31.        
                                    „        „      
                                    „
                                 35°,      
                                    „13°,      
                                    „
                                 50°            „ –
                                 13°,0   –
                                 
                                    
                                    
                                 für die
                                    120'    lange  Strecke.
                                 
                              
                           Es scheint zwar dieser Strom nie eine besondere Stärke bei den von mir an den
                              eingeschalteten Erdstrecken gemachten Beobachtungen angenommen zu haben; aber es ist
                              immerhin bemerkenswerth, daß dennoch bei Einschaltung der ganzen Drahtlänge des
                              Rheostaten (dessen reducirte Länge – 29410 Widerstands-Einheiten oben
                              gefunden wurde) der Ausschlag nicht um einen ganzen Grad, unter Einschaltung der
                              oben erwähnten Widerstandsrolle (von 132817' reducirter Länge) die Angaben des
                              Galvanometers nur etwa um 1°,5 vermindert wurden, und daß ferner dieser Strom
                              nie seine Richtung wechselte.
                           Um zu sehen, welchen Einfluß ungleiche Erwärmungen verschiedener Stellen der
                              Leitungskette auf seine Größe im Allgemeinen haben können, wurden zuerst an
                              einzelnen Stellen der einen Hälfte der metallenen Leitungskette, und hierauf an
                              neben einander liegenden Stellen der anderen Hälfte des Drahtes mittelst Weingeiststammen örtliche
                              Erhitzungen vorgenommen: es wurde aber in beiden Fällen der
                                 Ausschlag des Galvanometers (um Unbedeutendes) vermindert. – Wurde
                              aber in die erste Oeffnung heißes Wasser (beiläufig vierzig Maaß mit einer
                              Temperatur von 65–70° R.) geschüttet, während der Feuchtigkeitszustand
                              der anderen Elektrode ungeändert blieb, so ging der Ausschlag des Galvanometers von
                              33°,5 auf 38°, wurde hingegen die zweite Elektrode in derselben Weise
                              behandelt, so ging die Nadel von 38° auf 34° zurück. Hieraus geht also
                              hervor, daß jener Erdstrom von der ungleichartigen Erwärmung der Leitungsdrähte
                              selbst gar nicht abzuhängen scheint, daß er dieselbe Richtung hat, wie ein
                              Thermostrom, der entsteht, wenn man die eine (südwestliche Elektrode) erhitzt, und
                              die andere abkühlt. Obgleich kein augenscheinlich wahrnehmbarer Grund der ungleichen
                              Erwärmung der beiden Erd-Elektroden vorhanden war, so möchte doch, vielleicht
                              der ungleichen Bodenwärme beider Stellen wegen, ein Theil der Entstehungsursache
                              jenes Stromes hierin zu suchen seyn; daß aber dieser Theil nicht der größere war,
                              geht aus jenen Versuchen und noch daraus hervor, daß die Stärke des Erdstromes
                              insbesondere abnahm, wenn die in den Oeffnungen befindliche Wassermenge nach und
                              nach versickert war. Dieser Erdstrom scheint daher von tiefer liegenden Stellen
                              auszugehen, und möchte wohl zum größten Theile in der Ungleichartigkeit der
                              Leitungskette selbst (Kupferdraht, Erde, Feuchtigkeit etc.) seinen Entstehungsgrund
                              haben, obgleich die Elektroden entweder beide in Zinkplatten oder beide in
                              Eisenstangen bestanden, also unter sich gleichartig waren.
                           Meine Beobachtungen veranlassen mich zu der Behauptung, daß der Erdstrom, mag seine
                              Entstehungsweise irgend welche seyn, unter wechselnden Umständen, wie sie bei
                              Telegraphen-Leitungen nicht selten vorkommen können, nicht bloß immer an
                              Intensität variirt, sondern auch in manchen Fällen einen solch hohen Stärkegrad
                              erreichen kann, um Erscheinungen hervorzubringen, die man sonst anderen Ursachen
                              zuschreibt; während zuweilen die Stärke dieses Stromes auch verschwindend klein
                              werden kann.
                           b) Außer dem hier erwähnten Erdstrome verdient noch eine
                              andere Erscheinung, die ich zu beobachten Gelegenheit hatte, besondere Erwähnung.
                              Ich bemerkte nämlich bei allen meinen Versuchen, die ich mit zusammengesetzten und einfachen Ketten vornahm,
                              daß wenn der Strom kürzere oder längere Zeit durch die aus Kupferdraht von größerer
                              oder geringerer Länge gebildete Kette und gleichzeitig durch einen Commutator und
                              ein auf gewöhnliche Weise eingeschaltetes Galvanometer ging, die Nadel des letzteren
                              nie den ursprünglichen Stand wieder annahm, wenn die Stromquelle ausgeschaltet wurde
                              und dabei die Draht-Leitung geschlossen blieb, während die Nadel ihren ersten Stand wieder annahm,
                              wenn entweder die ganze Drahtkette geöffnet, oder mit Ausschließung der letzteren
                              die Galvanometer-Drahtenden nur unter sich in metallische Berührung
                              kamen.
                           Es geht also durch einen jeden Draht, der längere oder kürzere
                                 Zeit als Schließungsleiter einer Volta'schen Stromquelle diente, auch nach dem
                                 Aufhören der Einwirkung der letzteren ein elektrischer Strom.
                           Von diesem Strome, dessen nähere Untersuchung nicht hieher gehört, zeigte sich, daß
                              seine Intensität eine Function der Dauer und der Stärke des primären Stromes ist,
                              seine Bewegung immer im entgegengesetzten Sinne von letzterem erfolgt, daß seine
                              Dauer ebenfalls von jenen Umständen abhängig zu seyn scheint und im Allgemeinen
                              nicht groß ist (bei den von mir angestellten Beobachtungen dauerten diese
                              Gegenströme zwischen 3 und 15 Minuten), daß ferner derselbe bis zum Verschwinden
                              gebracht werden konnte, wenn man in die Drahtkette ein kürzeres Stück Kupferdraht
                              von sehr geringem Leitungswiderstande, das vorher nicht für die Kette benützt wurde,
                              einschaltete; daß aber derselbe sogleich sich wieder kund gab, wenn dieser
                              fremdartige Draht aus der Kette genommen, und letztere wie früher geschlossen wurde.
                              Endlich zeigte sich, daß dieser Strom abnahm, wenn man irgend eine Stelle des einen
                              oder des andern Polardrahtes stärker oder minder stark erhitzte, und daß er
                              überhaupt durch Erwärmen des Drahtes, gleichviel an welcher Stelle des letzteren,
                              bleibend vernichtet werden konnte.
                           Aus diesen kurzen Andeutungen geht also hervor, daß dieser Strom im Allgemeinen von
                              geringer Stärke zu seyn scheint, daß er zwar nicht thermischen Ursprunges, seine
                              Entstehungsursache aber eine complicirte seyn mag. Es folgt aber hieraus auch
                              weiter, daß der Volta'sche Strom selbst den Schließungsleiter in einen
                              eigenthümlichen, von seinem ursprünglichen, vor dem Durchgange des primären Stromes
                              ganz verschiedenen Zustand zu versetzen strebt, daß beim Aufhören dieses Stromes der
                              frühere moleculare Gleichgewichtszustand wieder in dem Schließungsdrahte sich
                              herzustellen sucht, daß aber hiezu eine gewisse und meßbare
                                 Zeit gehört, daß endlich die Vorgänge selbst, unter welchen diese Herstellung
                                 des Gleichgewichtszustandes erfolgt, in der geschlossenen Drahtkette ähnliche
                                 Erscheinungen hervorbringen können, wie der Volta'sche Strom selbst.
                           c) Es wird endlich noch bemerkt, daß die oben (S. 17 u.
                              20) aufgeführten Beobachtungsresultate, so wie anderweitige vorgenommene
                              Untersuchungen zu der
                              Vermuthung berechtigen, daß wenn der Schließungsleiter einer Volta'schen Kette aus
                              Leitern von verschiedener Aggregationsform zusammengesetzt ist, die
                              Leitungsfähigkeit der metallischen festen Leiter scheinbar zunimmt, daß aber
                              jedenfalls die Rolle, welche ein fester Körper als Leiter hiebei einnimmt, nicht
                              unwichtige Modificationen erfährt.
                           Es könnenkönnten diese Gegenstände hier keiner weiteren Erörterung unterzogen werden; es
                              wird deßhalb nur zu bemerken unternommen, daß die Vorgänge in einer Volta'schen
                              Kette um so zusammengesetzter zu werden scheinen, je
                              ungleichartiger an Beschaffenheit die Schließungsleiter der Kette unter sich
                              genommen werden, daß selbst bei vollkommen prismatischen, aber ungleichartigen
                              Leitern die Bedingungen der Verbreitung der Volta'schen Ströme von einem Leiter auf
                              die Verbindungsstelle eines nächsten etc. nicht bloß von den bekannten
                              Leitungswiderständen der Größe der Querschnitte etc., sondern noch von anderen
                              Umständen abhängig gemacht werden dürften, welche durch die elektrischen
                              Polarisations-Erscheinungen kaum ersetzt werden können; endlich daß die so
                              mächtige Quelle der Volta'schen Elektricität, welche bei der Zusammenwirkung von
                              ungleichartigen Leitern auftritt, selbst wieder die ergiebigste unter allen Ursachen
                              ist, welche die so bedeutende und bekanntlich fortwährend andauernde
                              Veränderlichkeit der Volta'schen Ketten hervorbringt.
                           
                        
                           Allgemeine Resultate der vorstehenden
                                 Betrachtungen.
                           1. Unter gewöhnlichen und oben schon bezeichneten normalen Umständen und für
                              Temperaturen zwischen 9° R. und 12° R. ist der für Volta'sche Ströme
                              sich darbietende specifische Leitungswiderstand des für die vorliegenden
                              Untersuchungen benützten Neusilberdrahtes im Mittel gleich 11,32, der des
                              Eisendrahtes, wie er für diese Gelegenheit angewendet wurde, gleich 5,64, wenn ich
                              den specifischen Leitungswiderstand des oben erwähnten Normal-Kupferdrahtes
                              gleich 1 annehme.
                           2. Wenn feste und flüssige Leiter gleichzeitig zum Schließen einer Volta'schen Kette
                              benützt werden, so treten scheinbare Modificationen in dem Leitungswiderstande der
                              metallischen Leiter ein, die aber, wie oben erwähnt, in andern Vorgängen zu suchen
                              sind.
                           3. Der Leitungswiderstand einer aus unter sich gleichen Paaren zusammengesetzten
                              Volta'schen Batterie ist geringer, als die Summe der Widerstände der einzelnen
                              Elemente, aus denen sie zusammengesetzt ist, sich herausstellt, wenn man jedes
                              Element für sich als eine Volta'sche Kette betrachtet und untersucht. – Ebenso nimmt der
                              Widerstand einer längere Zeit im Gebrauche befindlichen Volta'schen Batterie in weit
                              geringerem Maaße zu, als der eines einzelnen Elementes, wenn dieses eine
                              selbstständige Kette bilden und keinen Bestandtheil der Batterie ausmachen
                              würde.
                           4. Jeder Volta'sche Strom erzeugt nach seinem Aufhören in dem in sich zurückkehrenden
                              Schließungsleiter einen durch eine meßbare Zeit andauernden Gegenstrom, dessen
                              Intensität von der Stärke des primären Stromes und von der Dauer des letzteren im
                              Allgemeinen abhängig ist.
                           5. Wenn man von der Leitungsfähigkeit des Erdreichs für Volta'sche Ströme überhaupt
                              sprechen will, also wenn eine solche angenommen werden soll, so zeigt es sich, daß
                              jene als fortwährend veränderlich betrachtet werden muß, und daß dieselbe lediglich
                              nach der Menge der Bodenfeuchtigkeit sich richtet. Sie ist daher nur dann als
                              unmeßbar groß anzusehen, wenn zum Uebergange der Elektricität von der einen
                              Erdelektrode zur andern eine Wasserfläche von entsprechender und zwar von einer
                              Ausdehnung sich darbietet, die für die vorhandenen Umstände als unbegränzt
                              betrachtet werden kann.
                           6. Jedesmal wenn die Erde einen Theil einer Volta'schen Leitungskette ausmachen soll,
                              ist es nicht ausreichend die metallischen Enden der Leitung in den Boden einzugraben
                              und dieselben nur einmal mit Wasser zu begießen, sondern es ist auch unumgänglich
                              nothwendig, daß die Erd-Elektroden so tief in den Boden gebracht werden und
                              an solche Stellen zu liegen kommen, wo sie beständig mit Feuchtigkeit umgeben sind,
                              und daß die leitende Verbindung der Elektroden durch Feuchtigkeit hergestellt
                              ist.
                           Die Größe der Oberflächen der Erdelektroden ist hiebei, und insbesondere bei großer
                              Distanz derselben nicht von erheblichem Belange, wenn jene Hauptbedingungen entweder
                              erfüllt sind, oder durch die herrschenden Umstände erfüllt werden können.
                           München, im März 1855.