| Titel: | Theorie und Construction eines neuen, auf Polar-Coordinaten gegründeten Planimeters; von Professor G. Decher. | 
| Autor: | Georg Decher [GND] | 
| Fundstelle: | Band 136, Jahrgang 1855, Nr. XLI., S. 168 | 
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                        XLI.
                        Theorie und Construction eines neuen, auf
                           Polar-Coordinaten gegründeten Planimeters; von Professor G. Decher.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Decher, Beschreibung eines neuen Planimeters welches auf
                           Polar-Coordinaten gegründet ist.
                        
                     
                        
                           Beim Durchlesen der im polytechn. Journal Bd. CXVI
                                 S. 424 u. f. mitgetheilten Beschreibung des Planimeters von Wetli erwachte in mir sogleich das Bedenken, ob nicht die
                              drehende Wirkung, welche die den Stift führende Hand beim Nachfahren des Umfanges
                              der zu berechnenden Figur auf den Wagen oder Schlitten ausübt, und welche bald
                              vorwärts bald rückwärts
                              gerichtet ist, nach und nach eine tobte Bewegung erzeugen müsse, welche der
                              Genauigkeit des Instrumentes bedeutenden Eintrag thun dürfte; dieser Zweifel legte
                              mir den Gedanken nahe, daß der betreffende Uebelstand bei einem auf
                              Polar-Coordinaten gegründeten Instrumente, bei welchem
                                 alle Bewegungen nur um oder gegen eine feste verticale Achse stattfänden,
                              vermieden werden könne, und veranlaßte mich, weiter über die Construction eines
                              solchen Instrumentes nachzudenken. Die Theorie desselben war bald festgestellt und
                              der darauf gegründete Entwurf versprach zugleich ein einfacheres und für viele Fälle
                              zweckmäßigeres Instrument als das von Wetli construirte;
                              ich wollte aber darüber nichts veröffentlichen, bis ein solches ausgeführt sey und
                              ich Versuche damit angestellt hätte. Die seitdem durch Prof. Dr. Bauernfeind bekannt gemachte complicirtere
                              Einrichtung, welche Hr. Hofrath Hansen dem Wetli'schen Planimeter geben zu müssen glaubte, um
                              dasselbe möglichst zuverlässig zu machen, war nicht geeignet, mich von meinem
                              obengenannten Bedenken zu befreien und meinen Glauben an die Vorzüge meines
                              Instrumentes, namentlich in Betreff der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und
                              Bequemlichkeit in der Anwendung wankend zu machen, und diesem Glauben möge man es zu
                              gut halten, wenn ich meinem frühem Vorsatz untreu werde und die beabsichtigte
                              Einrichtung meines Instrumentes vor der noch in ziemlicher Ferne stehenden
                              Ausführung veröffentliche, in der Hoffnung, daß sich ein Mechaniker finden werde,
                              welcher dasselbe der Ausführung werth hält.
                           Betrachten wir zunächst die Theorie des Instrumentes. Die Polar-Coordinaten in
                              der Ebene bestehen bekanntlich in dem Fahrstrahl CM =
                              r, Fig. 7, welcher die
                              Entfernung eines Punktes M von dem Pol oder der zur
                              Ebene senkrechten Achse C mißt, und aus dem Winkel ACM = ω, welchen der
                              Fahrstrahl CM mit einer in der Ebene gezogenen
                              fixen Geraden CA einschließt. Ferner hat man für
                              die Fläche O₁ des Sectors CBDEC den Ausdruck:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 136, S. 169
                              
                           worin α₀ und α₁ die Winkel ACB und ACE der begränzenden
                              Fahrstrahlen CB und CE mit der Geraden AC bedeuten und r₁ durch die Gleichung:
                           r₁ = f₁ (ω)
                           der begränzenden Curve BDE
                              in Function von ω gegeben vorausgesetzt wird.
                              Ebenso hat man für die Oberfläche O₀ des Sectors
                              CBFEC den Werth;
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 136, S. 170
                              
                           worin nun die Curve BFE
                              durch die Gleichung:
                           r₀ = f₀ (ω)
                           ausgedrückt gedacht wird. Für die Fläche O der geschlossenen Figur BDEF, welche den Pol C nicht einschließt,
                              findet man demnach den Ausdruck:
                           1) Textabbildung Bd. 136, S. 170
                              
                           Schließt die zu berechnende Figur dagegen den Pol C ein,
                              wie in BDEF, Fig. 8, und ist nun
                           r = f (ω)
                           die Gleichung ihrer Begränzung, so hat man einfach
                           2) Textabbildung Bd. 136, S. 170
                              
                           als Ausdruck für ihre Oberfläche.
                           Sey nun AA, Fig. 9, eine horizontale
                              Ebene, auf welcher wir die zu berechnende Figur aufgetragen annehmen wollen, BB eine dazu senkrechte feste Achse, CC eine unbiegsame Gerade, welche sich sowohl um
                              die Achse CC drehen, als auch durch dieselbe in
                              der Richtung ihrer Länge verschieben läßt, und welche an einem Ende den Stift D trägt, der dem Umfang der auszumessenden Figur folgen
                              soll; E, E und F, F seyen
                              zwei vertical-stehende Räder, welche auf derselben Achse a, a befestigt sind und mit dieser Achse in Bezug auf
                              die Gerade CC eine unveränderliche Lage behalten;
                              das erstere und etwas größere von beiden stützt sich auf die Ebene AA und wälzt sich auf dieser ab, wenn die Gerade
                              CC um BB
                              gedreht wird; auf dem kleinern F, F dagegen ruht die
                              horizontale Scheibe H, H, welche sich um die auch in der
                              Geraden CC befestigte und allen Bewegungen
                              derselben folgende Achse G dreht, mit hinreichendem
                              Drucke so auf, daß sie vermöge der Reibung durch das Rad F,
                                 F umgedreht wird; endlich sey J, J ein
                              vertical-stehendes Rädchen, welches wieder auf der Scheibe H, H ruht, dessen Achse b, b
                              aber so mit dem Träger K, L, M verbunden ist, daß sie
                              mit der Geraden CC und den übrigen Achsen BB, aa und G in derselben Vertical-Ebene liegt, und daß sie
                              zwar auch wie die a, a an der drehenden Bewegung der
                              Geraden CC Theil nimmt, daß sie aber in Bezug auf B, B keine Verschiebung erleiden kann, daß also das
                              Rädchen J, J immer in derselben Entfernung von BB bleibt. Es wird dann einleuchten, daß der ganze
                              Apparat auf der Achse B, B ruhend sich mit dem Stifte
                              D um diese Achse dreht, daß die Räder E, E und F, F, die Scheibe
                              H, H und das Rädchen J,
                                 J in Bezug auf ihre Achsen in Ruhe bleiben, wenn der Stift D längs einer durch B
                              gehenden Geraden oder längs eines constanten Fahrstrahls geführt wird, daß dagegen
                              eine drehende Bewegung dieser Theile des Apparates um ihre Achsen eintritt, sobald
                              der Stift D sich um die Achse B,
                                 B bewegt oder einen Winkel Δω um den Pol B beschreibt, da
                              sich alsdann das Rad E, E auf der Ebene AA abwälzt, also sich und das Rad F, F und die auf ihm ruhende Scheibe H, H und diese wieder das Rädchen J, J umdreht; und die Aufgabe besteht nun darin, diese Bewegungen so
                              einzurichten, daß der auf der Achse des Rädchens J, J
                              sitzende Zeiger Z beim Umfahren der zu berechnenden
                              Figur einen Winkel Δϕ beschreibt,
                              welcher der Fläche dieser Figur proportional ist.
                           Bezeichnen wir dazu die Entfernung des Stiftes G von der
                              Achse B, B oder die Länge des Fahrstrahls mit r, die Halbmesser der Räder E,
                                 E und F, F mit h₁ und h₂, den unveränderlichen
                              Abstand ED der Ebene des Rades E, E von dem Stifte D mit
                              a, die gleichfalls unveränderlichen Abstände GF und GE der
                              Räder F, F und E, E von der
                              Achse G der Scheibe H, H mit
                              h₃ und b, ferner
                              die constante Entfernung Ji des Rädchens J, J von der festen Achse BB mit c und den Halbmesser dieses Rädchens
                              mit h₄, so haben wir zuerst
                           BE = r – a,   GJ = r +
                              c – (a + b).
                           Nehmen wir dann r einen Augenblick als constant an und
                              drehen die Gerade CC um den Winkel Δω, so wälzt das Rad E, E den Bogen (r –
                              a) Δω ab,
                              es dreht sich also dabei um den Winkel
                           Δψ₁ = (r – a)/h₁ Δω,
                           ebenso wie das Rad F, F, von
                              welchem deßhalb ein Punkt des Umfanges den Bogen
                           h₂Δψ
                              ₁ = h₂/h₁ (r – a) Δω
                              
                           zurücklegt. Der Berührungspunkt F
                              dieses Rades und der Scheibe H, H beschreibt denselben
                              Bogen und die letztere dreht sich um den Winkel
                           Δψ₂ = h₂/h₃ Δψ₁ = h₂/h₃ . (r – a)/h₁ Δω;
                           der Berührungspunkt J der Scheibe
                              und des Rädchens J, J beschreibt darnach den Bogen
                           
                           (r + c
                              – (a + b)) Δψ₂ = h₂/h₃ (r – a)/h₁ (r + c
                              – a – b) Δω
                              
                           und das Rädchen selbst dreht sich um den Winkel
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 136, S. 172
                              
                           Daraus ergibt sich das Verhältniß der Aenderung von ϕ in Bezug auf die Aenderung von ω
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 136, S. 172
                              
                           welches für ein veränderliches r
                              in das nur für eine augenblickliche Lage und Größe von r
                              geltende Aenderungsgesetz
                           3) Textabbildung Bd. 136, S. 172
                           übergeht, worin man sich nun r als
                              eine Function von ω zu denken hat. Macht man
                              demnach noch
                           4)   c – b – a = a   oder   c = b + 2a,
                           so wird einfach
                           5) Textabbildung Bd. 136, S. 172
                           Bewegt sich also der Stift D längs der Curve BDE, Fig. 7, so dreht sich der
                              Zeiger Z um einen Winkel
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 136, S. 172
                              
                           folgt der Stift dann aber der Curve EFB, so geht der Zeiger um einen Winkel
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 136, S. 172
                              
                           zurück, und zeigt am Ende, wenn der Stift wieder in B angekommen ist, noch eine Drehung
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 136, S. 172
                              
                           oder
                           
                           6) Textabbildung Bd. 136, S. 173
                           Dieser Ausdruck, verglichen mit dem Werthe (1) für die Fläche
                              O dieser Figur gibt die Beziehung:
                           7) Textabbildung Bd. 136, S. 173
                           und zeigt, daß die Fläche einer Figur,
                                 welche den Pol
                              C (die Achse B, Fig. 9) nicht einschließt, unabhängig von der Constanten
                              a
                              unmittelbar durch den Drehungswinkel des Zeigers gemessen
                                 wird.
                           Schließt dagegen die Figur welche berechnet werden soll, die Achse B oder den Pol C, Fig. 8, ein, so
                              wird sich der Zeiger fortwährend in demselben Sinne drehen und zwar, während der
                              Stift den ganzen Umfang der Figur beschreibt, um einen Winkel
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 136, S. 173
                              
                           Dieser Werth, verglichen mit dem Werthe (2) für die Fläche O der betreffenden Figur, gibt die Gleichung
                           8) Textabbildung Bd. 136, S. 173
                           man hat daher in diesem Falle, um die FlächeOzu erhalten, zu der Angabe des Zeigers noch die constante
                                 Kreisfläche πa
                                 ² zu addiren, welche sich durch Versuche
                              leicht finden läßt, wenn man ein und dieselbe Figur einmal nach der ersten Art
                              ausmißt, d.h. so, daß die Achse B außerhalb der Figur
                              liegt, und dann nach der zweiten Art, indem man diese Achse in die Figur hinein
                              versetzt.
                           Der Werth von O wird dagegen wieder unabhängig von a, wenn die zu berechnende Figur von zwei geschlossenen
                              Linien begränzt wird und beide den Pol C einschließen,
                              wie in Fig.
                                 10, wobei man aber der innern Linie mit dem Stift im Sinne der negativen
                              ω folgen, die Figur also in der Richtung ABCADEFDA umfahren muß, gerade so, als wenn bei
                              AD eine Unterbrechung des ringförmigen Raumes
                              wäre, in welchem Falle die Figur nur in der Richtung ABCadEFDA umfahren werden kann.
                           Nach dem Vorhergehenden ist die Angabe des Instrumentes unabhängig von den Größen c und b; diese stehen aber
                              unter sich und zu der Größe a in einer durch die Gleichung (4) ausgedrückten
                              Abhängigkeit, durch welche die Einrichtung des Instrumentes bedingt wird und zwar in
                              Verbindung mit den andern Bedingungen, daß das Rädchen J,
                                 J immer auf der Scheibe H, H aufliegen muß, und
                              daß der Stift D nicht unter diese Scheibe kommen darf.
                              Bezeichnet man nun den größten Werth von r, d.h. die
                              größte Entfernung des Stiftes D von der Achse BB, mit R, so erhält
                              man als größten Abstand des Rädchens von der Achse G der
                              Scheibe den Werth: R + c
                              – a – b, oder
                              mit der Bedingungsgleichung (4) den Werth: R + a, welcher nach den ersten der genannten Bedingungen
                              zugleich die Größe des Halbmessers der Scheibe vorstellt. Darnach erhält aber diese
                              Scheibe, auch wenn man a möglichst klein macht, eine
                              ziemliche Größe im Vergleich zu der Größe der Figuren, für welche das Instrument
                              anwendbar ist. Es dürfte daher zweckmäßiger seyn, die Größe a negativ zu machen, d.h. den Stift D zwischen
                              die Achse B, B und das Rad E,
                                 E zu setzen; man hat dann
                           BE = r + a,   c = b
                              – 2a,   GJ = r – a,
                           also noch wie früher (Gleichung 5)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 136, S. 174
                              
                           der Halbmesser H der Scheibe wird
                              dadurch R – a, und
                              das Instrument kann überhaupt für gleiche Größe der Anwendbarkeit eine geringere
                              Ausdehnung erhalten; denn wenn auch durch die ebengemachte Annahme und die zweite
                              der obigen Bedingungen die Größe b so beschränkt wird,
                              daß sie nicht kleiner werden kann, als H + a oder kleiner als R, so
                              wird doch dadurch c nicht viel größer als R – a.
                           Durch die vorhergehende Annahme in Betreff der Größe a
                              entsteht aber die neue Schwierigkeit, daß der Stift D
                              oder die ihn ersetzende optische Achse der Loupe durch die Achse a, a der Räder E, E und F, F gehen müßte; diese Schwierigkeit läßt sich indessen
                              leicht heben, wenn man beachtet, daß der Stift D nicht
                              nothwendig in der durch BB und CC gehenden Ebene liegen muß. Denn ist D, Fig. 11, die
                              Horizontalprojection des Stifts, B die der festen Achse,
                              also BD der Fahrstrahl r, und bezeichnet man die Projection Bd
                              dieses Fahrstrahls auf die Gerade CC' mit r' und die constanten Entfernungen dC' und dD mit
                              a und f, so hat man nach
                              dem Frühern
                           9) Textabbildung Bd. 136, S. 174
                           es ist aber auch
                           r'² = r²
                              – f²
                           
                           und daher wird im jetzigen Falle
                           10) Textabbildung Bd. 136, S. 175
                           Für eine geschlossene Figur, welche den Pol nicht einschließt, bleibt also die
                              frühere Gleichung
                           11) Textabbildung Bd. 136, S. 175
                           für eine solche aber, welche den Pol einschließt, wird
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 136, S. 175
                              
                           oder wenn man
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 136, S. 175
                              
                           setzt
                           12)    O = kΔϕ + πl²;
                           es ändert sich also gegen die frühere Annahme nichts, weil die
                              Fläche πl² ebenso wie πa² durch den Versuch bestimmt
                              werden muß.
                           Endlich wäre noch das Instrument so einzurichten, daß der oben mit k bezeichnete Coefficient, welcher die von der
                              Winkel-Einheit (57°,29..) repräsentirte Fläche ausdrückt, nicht zu
                              groß wird, damit der der Flächeneinheit entsprechende Winkel Δϕ nicht zu klein ausfällt. Theilt
                              man, wie es am zweckmäßigsten ist, das Zifferblatt in 100 gleiche Theile und drückt
                              den Winkel Δϕ durch n solcher Theile aus, so hat man
                           Δϕ = 2π/100 n
                              
                           und damit wird
                           13)    O = h₃h₄ h₁/h₂ π/100 n;
                           für die einem solchen Theile entsprechende Fläche ergibt sich
                              also der Werth
                           14)     f
                              = h₃h₄ h₁/h₂ π/100 n
                              
                           und dieser wird, da h₁/h₂ immer größer als 1 werden muß, um so kleiner,
                              je kleiner h₃ und h₄ sind, d.h. je näher das Rad FF an
                              der Achse G der Scheibe H,
                                 H, und je kleiner das Rädchen J, J ist.
                           Diesen Bemerkungen gemäß beabsichtige ich, dem Instrumente die in den Figuren 12 bis 15
                              dargestellte Einrichtung zu geben.
                           
                           A ist eine kreisförmige ebene Scheibe von starkem
                              Spiegelglase, welche in einen messingenen Ring B gefaßt
                              und in der Mitte kreisförmig durchbohrt ist, um hier die conische Achse C befestigen zu können, und zwar mittelst der Schraube
                              g, deren Kopf zugleich als Stütze für die Mitte der
                              Scheibe A dient, wenn dieselbe auf die Ebene aufgesetzt
                              wird, auf welcher die zu berechnende Figur gezeichnet ist. Auf der Achse C und zum Theil von der Feder p getragen, dreht sich die conische Hülse D
                              mit dem Träger E, in welchem der ganze übrige Theil des
                              Instrumentes ruht. Dazu besitzt derselbe zwei horizontale Arme F und in den Enden derselben die conisch zugespitzten
                              Schrauben G, welche eine horizontale Drehungsachse für
                              den Rahmen H bilden, so daß sich dieser um dieselbe
                              zwischen dem Träger E passend auf und nieder bewegen
                              läßt. Auf diesen Rahmen H sind die abgeschrägten Leisten
                              J aufgeschraubt, welche dem an seinen Seiten in
                              gleicher Weise abgeschrägten Rahmen K zur Führung dienen
                              und demselben eine leichte aber sichere Verschiebung in der Richtung seiner Länge
                              gestatten. In der Mitte dieses Rahmens K (der Breite
                              nach) sind die kleinen Träger M befestigt, deren
                              Schrauben m der Achse O mit
                              den Rädern N und N' als
                              Drehungspunkte dienen; das Rad N ist etwas größer im
                              Durchmesser als N' und ruht auf der Ebene A auf und zwar mit einem Drucke, welcher hinreichend
                              seyn dürfte, um die gleitende Bewegung des Rades N auf
                              der Scheibe A zu verhindern, wenn der Rahmen K um die Achse C gedreht
                              wird, da sich das Gewicht der Rahmen H und K und der darauf befestigten Theile nur auf die Achse
                              G, G und das Rad N
                              vertheilt, und nach unserer Einrichtung die Länge der Arme F schon wegen des nöthigen Spielraumes für die Bewegung des Rades N' so bemessen ist, daß der Schwerpunkt aller dieser
                              Theile immer zwischen die Achse G, G und das Rad N fällt, auch wenn dieses bis an die Hülse D hin verschoben wird. Man könnte indessen, um in dieser
                              Beziehung vollkommen sicher zu seyn und zugleich zu verhindern, daß die
                              Spiegelscheibe A bei der nach der Länge des Rahmens K stattfindenden Verschiebung des Rades N verkritzt werde, dieses letztere auf dem Umfange mit
                              einem sehr dünnen Ueberzug von feinem Leder oder Kautschuk bekleiden; ich für meinen
                              Theil habe indessen die Ueberzeugung, daß bei dem stattfindenden Drucke das Rad N auch mit blanker Metallfläche nicht gleitet, wenn der
                              Rahmen K stetig um C gedreht
                              wird.
                           Auf dem Rahmen K ist ferner der Träger P aufgeschraubt, welcher das Lager für den cylindrischen
                              Zapfen der kreisförmigen ebenen Scheibe Q enthält; diese
                              Scheibe ist unterhalb noch durch eine kleinere ebene Scheibe R verstärkt und ruht mittelst dieser auf dem Rade N', auf das sie mit ihrem ganzen Gewichte drückt, und dadurch wieder
                              hinreichende Reibung erzeugt, um ein vollkommenes Abwälzen zwischen beiden zu bewirken, auch wenn die
                              Scheibe R eine blanke Metallfläche darbietet, welche
                              ebenso wie die obere Ebene der Scheibe Q nur fein
                              abgeschliffen und nicht polirt zu seyn braucht.
                           Endlich ist auf dem Rahmen K, welcher vorn in den
                              ringförmigen Griff L zur Führung desselben endigt, noch
                              der Träger W für die vertical stehende Loupe Z befestigt, und zwar so, daß die Schraube q durch einen länglichen Schlitz hindurchgeht, und der
                              Träger W sich mittelst der Druck- und
                              Zugschrauben i und k nach
                              der Länge des Rahmens K etwas verschieben läßt, um der
                              Bedingungsgleichung (4) in der Form:
                           a = (c – b)/2
                           durch Correction der Größe a so
                              genau wie möglich genügen zu können. Der Träger W ist
                              nach unten bis nahe an die Scheibe A hin verlängert und
                              trägt dort eine horizontale, bis in die Achse der Loupe reichende feine Stahlspitze
                              h, welche die Gestalt eines längs seiner Achse
                              durchschnittenen Kegels hat, und den ebenen Achsenschnitt der Scheibe A zuwendet, und deren äußerste Spitze beim Gebrauch des
                              Instrumentes auf der zu berechnenden Figur herumgeführt wird. Statt dieser Spitze
                              kann indessen, wenn man es vorzieht, eben so leicht ein mit einem kleinen Ringe
                              versehenes Glasplättchen angebracht werden; am besten dürfte es aber seyn, um jede
                              Parallaxe zu vermeiden (bei der von Hansen angewendeten
                              freien Loupe ohne begränzte Ocularöffnung scheint mir dieselbe ziemlich groß werden
                              zu können), statt der einfachen Loupe ein nur aus Objectiv und Ocular
                              zusammengesetztes Mikroskop von nicht starker Vergrößerung anzubringen und den
                              Index, Stahlspitze oder Glasplättchen mit Ring, wie gewöhnlich zwischen dem Objectiv
                              und Ocular zu befestigen, wobei aber das Centriren dieses Index nothwendig und die
                              Loupe wieder complicirter wird.
                           Der Träger E geht über die Scheibe Q hinweg und besitzt über derselben zwei Ansätze S mit Schrauben, von deren Spitzen der Rahmen T festgehalten wird mit der Freiheit, sich um diese Spitzen wie um eine
                              horizontale Achse zu drehen; in der Mitte dieses Rahmens dreht sich, ebenfalls in
                              Spitzen laufend, die Achse V, auf welcher das wie die
                              Räder N und N' am Rande
                              abgerundete Rädchen U und das etwas kleinere gezahnte
                              conische Rädchen b befestigt sind, und über demselben
                              Rahmen liegt, auf drei Stützen a befestigt, das
                              Zifferblatt Y. Die Zeigerachse f ruht in einer auf dem Rahmen T befindlichen
                              Querleiste X und trägt ein conisches Rädchen c, von gleicher Größe wie b,
                              in welches dasselbe eingreift, so daß der Zeiger mit dem Rädchen U in derselben Zeit einen Umgang macht. Der Druck des Rahmens T und der daran befestigten Theile vertheilt sich auf
                              das Rädchen U und die Achse i,
                                 i nahezu gleich und bewirkt wieder die zur wälzenden Bewegung des Rädchens
                              U erforderliche Reibung. Endlich bietet jener Rahmen
                              und das darauf befestigte Zifferblatt Raum und Stützpunkte genug, um das Zeigerwerk
                              noch weiter und in der Art zu vervielfältigen, daß man auch die Anzahl der
                              Umdrehungen des Zeigers ablesen kann.
                           Nach dieser Beschreibung und der vorausgehenden Theorie des Instrumentes wird es kaum
                              nothwendig seyn, über dessen Anwendung etwas Weiteres zu sagen; es mögen daher noch
                              folgende Bemerkungen erlaubt seyn.
                           Wenn das Instrument in der Größe der Zeichnung ausgeführt wird, so kann der Rahmen
                              K oder die Loupe eine geradlinige Bewegung von 6,5
                              Centim. erhalten und damit die Fläche einer Figur berechnet werden, welche in einen
                              Kreis von 13Cm. Durchmesser beschrieben
                              ist, wenn die Achse C über den Mittelpunkt dieses
                              Kreises gestellt wird; es beträgt daher die größte Fläche, welche damit berechnet
                              werden kann, etwa 130 □Cm.. Die in
                              dem Entwurfe angenommenen Maaße, welche auf die Angabe des Instrumentes Einfluß
                              haben, sind
                           h₁= 20mm,   h₂ = 18mm,   h₃ = 9mm,
                                h₄ = 3mm,98;
                           man hat daher nach (13) und (14)
                           O = (20 . 9 . 3,98)/(18 . 100) πn□mm = 1,25 n□mm;
                           f = 1,25 □mm;
                           ein Theil des Zifferblattes entspricht also einer Fläche von 1
                              1/4 □mm, oder ein Umgang des Zeigers
                              einer Fläche von 125 □mm = 1 1/4
                              □Cm.. Würde man das Instrument
                              in der doppelten Größe ausführen und alle Verhältnisse beibehalten, so würde die
                              Fläche f viermal so groß, also
                           f = 5 □mm,
                           bei einer größten berechenbaren Fläche von 500 □Cm.
                           Gegen das Planimeter von Wetli oder Hansen steht das meinige in einem Nachtheil, welcher auf den ersten
                              Anblick vielleicht nicht unwesentlich genannt werden möchte, und welcher darin
                              besteht, daß die richtige Angabe des Instrumentes an die genaue Erfüllung der
                              Bedingung (4) gebunden ist. Wenn diese Bedingung nicht genau erfüllt ist, wenn man
                              hat
                           r + c – b + a = r – a + δ statt r –
                              a
                              
                           
                           so wird
                           dϕ/dω = 1/k (r² – a²) + 1/k (r + a) δ
                              
                           und
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 136, S. 179
                              
                           oder
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 136, S. 179
                              
                           der Fehler γ in der Angabe
                              des Zeigers ist also im ersten Falle, wo der Pol außerhalb der Figur liegt,
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 136, S. 179
                              
                           im zweiten, wo er von der Figur eingeschlossen wird,
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 136, S. 179
                              
                           und daher offenbar am größten, wenn r constant ist und seinen größten Werth R hat;
                              dieser größte Fehler ist demnach
                           Γ = 2π
                                 δ/k (R + a);
                           setzt man in diesen Ausdruck die obigen unserer Construction
                              zu Grunde liegenden Maaße und noch R = 65mm, a = 10mm, und drückt Γ in Theilen des Zifferblattes aus, so wird
                           Γ = 100/2π .
                              (18 . 2π)/(10 . 9 . 3,98) . 75 δ = 188,4 δ,
                           und man hat für δ = 0,01mm, Γ =
                              1,884; dieser Fehler in der Angabe des Zeigers entspricht aber einer Fläche von
                              2,355 □mm, um welche die Fläche des
                              Kreises zu groß oder zu klein gefunden wird, je nachdem δ positiv oder negativ ist.
                           In dieser Größe des Fehlers liegt aber auch das Mittel ihn zu beseitigen; denn wenn
                              man denselben für diesen größten Kreis, welcher ohne unterliegende Figur, also auch
                              ohne die mit dem Nachfahren unzertrennlichen Fehler beschrieben werden kann, indem man den Rahmen K durch die Leisten J
                              festklemmt, durch Correction der Stellung der Loupe so klein als möglich gemacht
                              hat, so wird er für kleinere Figuren, und namentlich für solche, bei welchen auch
                              eine Bewegung im Sinne der negativen ω
                              stattfindet, verschwindend klein werden.
                           Dieser Nachtheil meines Instrumentes, wenn man ihn nach dem Vorhergehenden noch so
                              nennen kann, da er nur auf eine vorzunehmende Correction zurückkommt, dürfte
                              indessen nach meiner Ansicht durch die Vorzüge desselben mehr als aufgewogen
                              werden.
                           Außerdem, daß die bei dem Wetli'schen Planimeter
                              stattfindende, den Principien der angewandten Mechanik widerstrebende Bewegung eines
                              Wagens mittelst eines einarmigen Hebels und der daraus folgende schon von Stampfer bemerkte Fehler beseitigt ist, und hier alle
                              Bewegungen in ungezwungener Weise stattfinden, halte ich auch die Beseitigung des
                              bei jenem Planimeter angewendeten Drahtes zur Bewegung der Scheibe für einen Vorzug,
                              da sich dieser Draht bei längerer Anwendung des Instrumentes dehnen und durch die
                              fortwährende Biegung und Streckung selbst zerreißen wird, und mit dem Einspannen
                              eines neuen Drahtes eine Aenderung in der Angabe des Instrumentes eintritt, wenn der
                              neue mit dem alten nicht vollkommen gleiche Dicke hat.
                           Die Angabe des Wetli'schen Planimeters kann nur dadurch
                              geprüft werden, daß man einer vorgezeichneten einfachen Figur nachfährt, und die
                              Angabe des Instrumentes mit der geometrischen Berechnung vergleicht, während bei
                              meinem Instrumente Kreise von verschiedenen Halbmessern beschrieben werden können,
                              ohne daß man mit dem Auge der Figur folgen muß, also auch ohne die von diesem
                              Nachfahren unzertrennlichen Fehler.
                           Bei jenem Instrumente kann der Werth eines Theiles auf dem Zifferblatte nur durch
                              Abdrehen oder Abschleifen des Rädchens U auf eine
                              bestimmte Fläche zurückgeführt werden; dieser Zweck kann daher nur nach vielen
                              Proben und nach den Versuchen von Stampfer und Bauernfeind kaum so erreicht werden, daß nicht eine
                              Correction nothwendig würde. Bei meinem Instrumente kann man dagegen, ohne das
                              Rädchen U zu ändern, durch eine kleine Verschiebung der
                              Achse O mittelst der Schrauben m das Verhältniß h₃/h₂, also auch den Coefficienten k und den Werth eines Theiles auf dem Zifferblatt ändern
                              oder corrigiren, und diese Operation kann gleichzeitig mit der Correction der
                              Stellung der Loupe vorgenommen werden.
                           
                           Ferner dürfte auch die bei meiner Einrichtung erzielte Bequemlichkeit, daß man das
                              Zifferblatt direct vor sich hat und bei jeder Stellung des Instrumentes leicht
                              ablesen kann, nicht zu übersehen seyn.
                           Endlich glaube ich noch erwähnen zu müssen, daß mein Instrument sich namentlich für
                              die Berechnung der Mittelwerthe aus physikalischen Beobachtungen, welche durch
                              sogenannte Auto- oder Metrographen aufgezeichnet worden, eignen dürfte, da diese Instrumente
                              viel einfacher werden, wenn man jene Beobachtungen auf eine gleichförmig sich
                              umdrehende Scheibe aufzeichnet, als wenn man dazu einen geradlinig sich bewegenden
                              Papierstreifen anwendet; auf diese Scheibe kann dann mein Planimeter unmittelbar
                              aufgesetzt und die Fläche des Sectors berechnet werden, welcher von der
                              aufgezeichneten Figur und den beiden, Anfang und Ende der Beobachtungszeit
                              bezeichnenden Radien begränzt wird. Nennt man diese Fläche S, die Umlaufszeit der Scheibe T, die Zeit der
                              Beobachtung t und den gesuchten Mittelwerth h, so hat man für den der Beobachtungszeit
                              entsprechenden Drehungswinkel ω den Werth
                           ω = 2π T/t
                              
                           und da der mit dem constanten Mittelwerth h beschriebene Kreissector der Sectorfläche S gleich seyn muß, die Gleichung
                           1/2 h²ω = πh² T/t = S,
                           woraus sich jener Mittelwerth in der Form
                           h = √(ST/πt)
                           ergibt.
                           Zum Schluß erlaube ich mir, noch auf eine Probe dieser Instrumente aufmerksam zu
                              machen, welche weder von Stampfer noch von Bauernfeind erwähnt wird und welche mir besonders
                              geeignet erscheint, über die Genauigkeit des Instrumentes Aufschluß zu geben,
                              namentlich in Betreff der etwa vorhandenen todten Bewegung. Diese Probe besteht
                              darin, daß man zuerst eine Figur ein- oder mehrmal vorwärts, im Sinne des
                              Zifferblattes, und dann wieder eben so oft rückwärts umfährt, wobei der Zeiger am
                              Ende auf den frühern Standpunkt zurückgehen müßte, wenn keine todte Bewegung
                              vorhanden ist, während sich im entgegengesetzten Falle die Größe derselben schon bei
                              einmaligem Umfahren der Figur verdoppeln wird; dadurch kann also das Vorhandenseyn
                              einer solchen todten Bewegung leicht erkannt und ihre Größe ermittelt werden, da
                              sich die Fehler ist der Führung des Index nahezu compensiren werden.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
