| Titel: | Der Kornmotten-Tödter, ein mechanischer Reiniger der Getreidekörner; von Hrn. Doyère zu Paris. | 
| Fundstelle: | Band 136, Jahrgang 1855, Nr. LXXVI., S. 337 | 
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                        LXXVI.
                        Der Kornmotten-Tödter, ein mechanischer
                           Reiniger der Getreidekörner; von Hrn. Doyère zu
                           Paris.
                        Aus Armengaud's Génie industriel, März 1855, S.
                              127.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              V.
                        Doyère's Kornmotten-Tödter.
                        
                     
                        
                           Das Conserviren des Getreides ist jetzt eine der wichtigsten Tagesfragen; die
                              verschiedenen Verfahrungsarten, welche bisher zu diesem Zweck vorgeschlagen worden
                              sind, lassen sich in nachstehender Weise classificiren:
                           1) Chemische Processe; 2) das Darren mittelst heißer Luft in Oefen (chauffourage); 3) das Austrocknen in Trockenkammern oder
                              Darren; 4) das Darren mittelst Wasserdampf; 5) die Aufbewahrung in Silos oder
                              überhaupt in luftdicht verschlossenen Gefäßen und Räumen; 6) das Umschaufeln; 7)
                              Lüftungsapparate; 8) das Waschen und Trocknen; 9) die ununterbrochene Bewegung; 10)
                              der Stoß.
                           Zur 9ten Classe gehört der im polytechn. Journal Bd. CXXXV S. 99 beschriebene Speicher des Hrn. Huart und zur 10ten Classe die Kornreinigungsmaschine Herpin's, beschrieben in Bd. CXXXIV S. 111.
                           Im Folgenden beschreiben wir einen Apparat, in welchem, ebenfalls mit Hülfe des
                              Stoßes, die Kornwürmer zerstört werden, weßhalb man ihn Motten-Tödter (tue-teigne)
                              genannt hat.
                           Als im Jahr 1849 bei dem damaligen französischen Handels- und
                              Agricultur-Minister, Hrn. Dumas, von allen Seiten
                              viele Klagen über die Verwüstungen des Kornwurms einliefen, beschloß derselbe, das
                              Uebel und die Mittel zu dessen Abhülfe genau untersuchen zu lassen; der Minister
                              beauftragte hiermit den Professor der Zoologie Hrn. Doyère.
                           Hr. Doyère durchreiste daher die Landestheile, in
                              denen das Uebel besonders herrschte, untersuchte es und zugleich die zur Abhülfe
                              angewendeten Mittel.
                           Nachdem er nacheinander die meisten der oben angegebenen Mittel zum Conserviren des
                              Getreides und zur Zerstörung der Insecten geprüft hatte, fand er, daß von allen der
                              Stoß noch das wirksamste war.
                           Er construirte darauf seinen Motten-Tödter, welcher
                              die Körner auf mechanischem Wege von den sie benachtheiligenden Insecten reinigt und
                              der in Fig.
                                 33 und 34 abgebildet ist.
                           Diese Maschine besteht im Wesentlichen aus zwei concentrischen Cylindern, von denen
                              der äußere festliegt und eine Trommel oder einen Mantel bildet, während sich der
                              andere innere um seine Welle dreht. Die beiden Basen oder Deckel des erstem
                              Cylinders sind genau verschlossen, um jedes Einströmen von Luft zu verhindern, so
                              daß sie nur die Zapfen des innern Cylinders an ihrem Centrum durchlassen. Zwischen
                              beiden Cylindern bleibt ein ringförmiger Raum.
                           Der bewegliche Cylinder ist parallel mit seiner Welle mit Blättern, den sogenannten
                              Schlägern versehen, welche das Getreide während des
                              Umlaufs des Cylinders mit Gewalt schleudern; das so geschleuderte Getreide wird von
                              den Kanten aufgefangen, mit denen die innere Seite der Trommel versehen ist, und
                              nachher von den Blättern wieder aufgenommen. Auf diese Weise entsteht eine Reihe von
                              Stößen, wodurch die Insecten zerstört werden.
                           Zu sehr vervielfacht, würde diese Aufeinanderfolge eine zu bedeutende mechanische
                              Kraft erfordern; der Erfinder hat daher die geringe Anzahl der Kanten und ihre
                              Entfernung von einander der Art combinirt, daß zum Tobten aller Insecten und zum
                              Angreifen und Zerbrechen der Körner eine Triebkraft hinreicht, welche die von zwei
                              oder drei Menschen nicht übersteigt. Für das franz. Kriegsministerium wurde ein
                              solcher Apparat hergestellt, welcher von acht bis zehn Menschen in Bewegung gesetzt
                              wird und womit man in der Stunde bis 60 Cntr. Getreide reinigen kann.
                           Der bewegliche Cylinder wird durch ein Vorgelege, bestehend aus zwei Rädern und zwei
                              Getrieben, die mit Kurbeln versehen sind, in Bewegung gesetzt.
                           Die Trommel ist auf ihrer obern Seite mit einem Trichter oder Aufschütter versehen,
                              mittelst dessen man das Getreide in die Trommel bringt. An dem untern Ende desselben
                              befindet sich eine Oeffnung, welche durch einen Schieber nach Belieben verschlossen
                              werden kann. Durch diese Oeffnung fällt das Getreide in den ringförmigen Raum,
                              welcher die beiden Cylinder von einander trennt.
                           Nachdem das Getreide vielfachen Stößen unterworfen worden ist, tritt es durch die
                              untere vordere Oeffnung der Trommel heraus und wird 25 bis 30 Fuß weit geworfen.
                           Die Wirkung dieses Werfens oder Schleuderns besteht in der Reinigung der Körner,
                              welche sich von selbst nach ihrem verschiedenen Gewicht und ihrer verschiedenen
                              Dichtigkeit von einander absondern. Die besten Körner bleiben am Kopf des Wurfs
                              liegen und werden auf diese Weise von den kleinen und von Insecten angegriffenen
                              Körnern getrennt, welche letztere vor der Oeffnung des Apparates liegen bleiben. Die
                              kleinen Steinchen, welche nach den gewöhnlichen Verfahrungsarten so schwierig
                              abzusondern sind, werden über die schweren Körner hinaus geschleudert.
                           
                           Bringt man den Apparat in einen Windstrom, so daß derselbe auf ihn einwirken kann, so
                              werden Stroh, Staub und andere leichte Körper durch dieselbe Operation entfernt,
                              welche die Insecten zerstört.
                           Es wird so eine vollständige Reinigung des Getreides bewirkt, welche mechanisch und
                              unter einer andern Form das fast überall nach dem Ausdreschen übliche Werfen oder Schleudern des
                              Korns ersetzt.
                           In dem Aufschütter ist ein doppelter Rost angebracht, welcher die rundlichen
                              Unreinigkeiten von gewisser Größe und auch lange dünne Körper, wie Nägel, Stroh
                              u.s.w., aufhält.
                           Die Peripheriegeschwindigkeit des umlaufenden Cylinders oder die lineare
                              Entwickelung, welche durch zwanzig Kurbelumgänge bewirkt wurde, muß zur Zerstörung
                              der Kornwürmer etwa 750 bis 800 Meter per Minute
                              betragen. Zur Zerstörung der Motten, deren Raupen sich nicht im Innern des Getreides
                              befinden und welche daher der Stoß unmittelbar trifft, sind 600 bis 650 Meter
                              hinreichend. Diese Geschwindigkeit entspricht 16 oder 17 Kurbelumdrehungen in der
                              Minute.
                           Bis jetzt hat man in dem Getreide, welches mit der erstem Geschwindigkeit gereinigt
                              worden war, noch kein Insect wieder bemerkt – ein Beweis, daß sie in allen
                              ihren Zuständen, selbst als Eier, zerstört werden.
                           Wir brauchen wohl nicht hinzuzusetzen, daß es durchaus nothwendig ist dem Apparat
                              eine zweckmäßige Geschwindigkeit zu geben, weil man sonst dem Nachtheil ausgesetzt
                              wäre, daß einige Insecten in dem Getreide zurückblieben.
                           Der Apparat kann aber auch als solcher zum mechanischen
                                 Umschaufeln oder Umstechen des Getreides
                              angewendet werden, und es ist dieß vortheilhafter, als das gewöhnliche Umstechen mit
                              hölzernen Schaufeln; die Körner werden besser abgekühlt, gut polirt und gereinigt.
                              Ein solches Umschaufeln, an schönen Sommertagen in freier Luft vorgenommen, würde
                              auch das beste und einfachste Mittel seyn, um feuchtes Getreide abzutrocknen. Nach
                              im Großen angestellten Versuchen, die durch einen amtlichen Bericht bekannt geworden
                              sind, kommt dieses Umarbeiten nicht höher zu stehen, als das gewöhnliche
                              Umstechen.
                           Die Maschine kann eben so gut durch Menschen als durch Elementarkräfte in Bewegung
                              gesetzt werden.
                           Allerdings wird der Mottentödter die unmögliche Aufgabe nicht lösen, die Insecten
                              vollständig zu vernichten, welche dem Getreide, während es auf dem Halme steht oder
                              in Garben liegt, schaden. Dagegen vertilgt er mit der größten Wirksamkeit und
                              absolut alle Insecten, welche das ausgedroschene Korn angreifen, und diese sind es, welche
                              die größten Verwüstungen anrichten. In mehreren statistischen Tabellen, welche von
                              landwirtschaftlichen Vereinen hergestellt worden sind, wird der Verlust, den die
                              Ernten durch die Verwüstungen der Insecten da erleiden, wo sie am häufigsten
                              vorkommen, auf ein Viertel, ein Drittel, ja selbst auf die Hälfte angegeben. Man hat
                              bewiesen, daß bei einem sich selbst überlassenen Getreidehaufen, in welchem die
                              Insecten ohne alle Störung fressen und sich vermehren können, der Verlust 75 Proc.
                              betragen, ja daß das Getreide gänzlich unbrauchbar werden kann. Man wird dieß auch
                              leicht begreifen, wenn man die außerordentliche Fruchtbarkeit einiger von diesen
                              Insecten, z.B. des Kornwurms, berücksichtigt, von welchem ein einziges Paar jährlich
                              6000 Nachkommen erzeugen kann.
                           Das Mehl aus solchem zernagten Getreide ist gänzlich verdorben und kann nur mit
                              Nachtheil für die Gesundheit benutzt werden.
                           Die französische Regierung und die Akademie der Wissenschaften zu Paris haben nicht
                              gezögert, ihre Aufmerksamkeit auf den Apparat des Hrn. Doyère zu richten und den Erfinder zu weiterer Verfolgung seiner
                              Untersuchungen zu ermuthigen. So hat ihm die Akademie in ihrer Sitzung am 30. Januar
                              1854 einen Montyon'schen Preis für seine Erfindung und
                              deren glückliche Resultate zuerkannt.Man s. den Bericht im polytechn. Journal Bd. CXXXI S. 394. Die Regierung ihrerseits hat den Apparat mehrere Monate lang durch das
                              Proviantamt zu Versailles probiren lassen und ihn dann für alle größeren
                              Militärmagazine angeschafft.
                           Gleich Anfangs hat die Maschine des Hrn. Doyère
                              auch die Aufmerksamkeit der gebildetsten Landwirthe im Cher-Departement auf
                              sich gezogen; dieselben hatten sich unter dem Vorsitz des
                              Departements-Präfecten zu einer Commission vereinigt, welche die Mittel
                              untersuchen sollte, wodurch man den Kornwurm tödten kann, der in dem Departement so
                              große Verheerungen anrichtet. Diese Commission hat schon im Juni 1853 bei der
                              Regierung den Antrag gestellt: „dieselbe wolle einen solchen Apparat auf
                                 ihre Kosten in jedem Canton-Hauptort aufstellen lassen, damit er von
                                 allen kleinen Landwirthen des Cantons benutzt werden kann, und zwar unter
                                 Aufsicht einer hierzu erwählten Cantonal-Commission; die Regierung wolle
                                 ferner Zwangsmaßregeln ergreifen, um alle Landwirthe zu nöthigen, alles zur
                                 Aussaat und zur Nahrung bestimmte Getreide der Wirkung des Mottentödters zu
                                 unterwerfen und kein Getreide aufzubewahren, welches nicht bis zum 1. März jedes
                                 Jahres mittelst dieser Maschine gereinigt worden ist.“
                              
                           
                           Eine Maschine von Mittlern Dimensionen, welche 300 bis 400 Fr. (80 bis 110 Thlr., 140
                              bis 190 rhn. Gulden) kostet, kann mit Hülfe von drei bis vier Arbeitern in einer
                              Stunde 20 bis 30 Zollcentner Getreide vollständig reinigen.
                           Aus der Beschaffenheit des Apparates ergibt sich von selbst, daß er nur auf die im
                              Innern der Körner oder in den sie trennenden Zwischenräumen befindlichen Insecten
                              einwirken kann. Der Erfolg der Operation im Mottentödter wird daher um so sicherer
                              seyn, je sorgfältiger man die an den Mauern und an der Decke des Magazins
                              befindlichen Insecten beseitigt; diese Reinigung der Mauern und Decken muß von Zeit
                              zu Zeit mit Besen bewirkt werden, wo man dann umsomehr überzeugt ist, daß die
                              Insecten in dem Apparat getödtet werden.
                           Einer oder zwei Arbeiter, je nach der Anzahl derer, die an den Kurbeln stehen, müssen
                              während des Betriebes den Aufschütter füllen und den Abfall der Körner in den
                              Cylinder reguliren.
                           Man muß die richtige Größe der Oeffnung am Fuß des Aufschütters, durch welche das
                              Getreide zwischen die beiden Cylinder gelangt, ermitteln. Ein zu weites Aufziehen
                              des Registers kann den Betrieb erschweren, indem alsdann zu viel Körner einfallen;
                              ein zu geringes Oeffnen veranlaßt eine Kraftverschwendung. Uebung gibt den Arbeitern
                              in dieser Beziehung bald die richtige Praxis.
                           Ehe die Maschine in Bewegung gesetzt wird, muß der Aufschütter angefüllt werden, und
                              ist dieß geschehen, so läßt man die Kurbeln umgehen und zwar in solcher Richtung,
                              daß das Getreide aus der untern Oeffnung der Trommel ausgeworfen werden kann; dann
                              öffnet man das Register, um wieder Getreide zwischen die Cylinder gelangen zu
                              lassen, und füllt den Aufschütter, sobald es erforderlich ist.
                           Das Getreide wird bei der Reinigung, wie schon bemerkt, wenigstens 24 bis 30 Fuß weit
                              über die Oeffnung hinausgeworfen; es muß daher zwischen dem Apparat und der Mauer
                              des Magazins, wo es aufgeschüttet wird, nothwendig ein solcher Raum bleiben, weil
                              sonst die Körner gegen die Wand fliegen, den Arbeitern hinderlich seyn und die so
                              treffliche Reinigung und Separation, welche der Apparat bewirkt, vereiteln
                              würden.
                           Bei der Peripherie-Geschwindigkeit des umlaufenden Cylinders von 800 Metern
                              per Minute erfolgte das Herausschleudern gut und die Kurbeln machten alsdann 20
                              Umgänge in der Minute.
                           Sobald die Arbeit vollendet ist, verschließt man das Register.
                           Um den Widerstand des Räderwerks oder die Reibung zu vermindern, muß man jenes stets
                              gereinigt und gut geschmiert erhalten.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
