| Titel: | Ueber die Versuche des Hrn. Hirn, die mittelbare Reibung betreffend, und über das mechanische Aequivalent der Wärme; von Prof. G. Decher. | 
| Autor: | Georg Decher [GND] | 
| Fundstelle: | Band 136, Jahrgang 1855, Nr. XCIII., S. 415 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XCIII.
                        Ueber die Versuche des Hrn. Hirn, die mittelbare Reibung
                           betreffend, und über das mechanische Aequivalent der Wärme; von Prof. G. Decher.
                        Decher, über Hirn's Versuche bezüglich der mittelbaren Reibung und
                           das mechanische Aequivalent der Wärme.
                        
                     
                        
                           Die ziemlich umfangreiche Abhandlung, von deren erstem Theil der vorhergehende
                              Artikel einen gedrängten Auszug gibt, und von welcher zu wünschen wäre, daß sie
                              weniger Worte und mehr Thatsachen brächte, stößt fast ohne Ausnahme alle Gesetze um,
                              welche bisher für die Reibung aufgestellt wurden und die seit Morin's Versuchen als hinreichend begründet angesehen werden, und wenn
                              auch nicht zwischen den äußersten Gränzen der Geschwindigkeit, der reibenden Fläche
                              u.s.f., doch für die bei
                              den meisten Anwendungen vorkommenden Gränzen derselben als genügend annähernd an die
                              Wahrheit gelten konnten.
                           Hr. Hirn läßt nur eines dieser Gesetze bestehen und gerade
                              dasjenige, von dem man es am wenigsten hätte erwarten sollen:
                           
                              „Wenn die beiden sich reibenden Flächen trocken auf einander laufen und
                                 keine Luft zwischen dieselben eintreten kann, wenn also die Reibung unmittelbar
                                 ist (und sich die reibenden Körper offenbar einander angreifen müssen), dann ist
                                 die Reibung unabhängig von der Geschwindigkeit (!?).“
                              
                           
                              „Wenn dagegen eine gute Schmiere angewendet und diese beständig erneuert
                                 wird, so ist die Reibung der Geschwindigkeit selbst nahezu proportional, bei
                                 nicht beständiger Erneuerung aber der Quadratwurzel aus der Geschwindigkeit
                                 (!).“
                              
                           Die Reibung wird also in beiden Fällen mit der Geschwindigkeit Null, oder wird doch
                              für sehr kleine Geschwindigkeiten sehr klein, da hier auch die Bedingung einer constanten Temperatur gewiß
                              leicht zu erfüllen ist?!
                           Die Versuche, aus welchen Hr. Hirn diese und die andern
                              auf Seite 411 mitgetheilten Gesetze geschlossen hat, sind von demselben seiner
                              Abhandlung nicht beigefügt worden; denn in den angehängten Tabellen, welche sich auf
                              die Größe der Reibung beziehen, kommen nur zwei Geschwindigkeiten vor, und kein
                              Versuch ohne Anwendung von Schmiere, und es ist zu bedauern, daß er seine Gesetze in
                              Betreff des Einflusses der Geschwindigkeit nicht auch durch den von ihm besprochenen
                              und sehr praktisch benannten Versuch geprüft hat, welcher darin besteht, eine leere
                              Karden-Trommel durch die Maschine eine kürzere oder längere Zeit hindurch in
                              einer nahe gleichförmigen Bewegung zu erhalten, dann die Verbindung mit dem Motor
                              plötzlich aufzuheben, und die Umdrehungen zu zählen, welche die Trommel macht bis
                              sie zur Ruhe kommt, oder richtiger, die Zeit zu beobachten, während welcher sie sich
                              ohne Triebkraft noch bewegt. Wenn MK² das
                              Massenmoment der Trommel, φ die veränderliche
                              Winkelgeschwindigkeit, φ₀ die anfängliche,
                              bei der Auslösung des Treibriemens stattfindende, F die
                              Reibung, und r den Halbmesser der Zapfen bedeutet, so
                              hat man mit Vernachlässigung des Luftwiderstandes allgemein
                           MK² dφ/dt = – Fr.
                           Ist nun F nach der gewöhnlichen Annahme constant oder
                              unabhängig von der Geschwindigkeit, so gibt diese Gleichung für die Dauer T der verzögerten Bewegung den Werth:
                           T = φ₀ MK²/Fr,
                           
                           welcher zeigt, daß dann die Dauer der verzögerten Bewegung
                              einfach der anfänglichen Geschwindigkeit proportional ist. Ist dagegen F der Quadratwurzel aus der Geschwindigkeit proportional
                              also F = f √φr so hat man
                           MK² dφ/dt = – fr √φr
                              
                           und
                           T = 2MK²/(fr √r) √φ₀;
                           es wäre dann T der Quadratwurzel
                              aus φ₀ proportional, würde also erst
                              doppelt so groß, wenn φ₀ viermal so groß
                              geworden wäre.
                           Wäre aber die Reibung der Geschwindigkeit selbst proportional, also F = frφ, so
                              folgte aus
                           MK² dφ/dt = – fr²φ
                              
                           für die Dauer der Bewegung allgemein
                           Δt = MK²/fr² log. (φ₀/φ)
                           also für φ = 0, T = ∞, d.h. in diesem Falle käme die Trommel gar
                              nicht zur Ruhe, oder wegen des Luftwiderstandes erst nach einer sehr langen Zeit und
                              zwar unabhängig von der anfänglichen Geschwindigkeit. Wer irgend einmal ein
                              Schwungrad beobachtete, weiches man mit verschiedenen anfänglichen Geschwindigkeiten
                              bis zur Ruhe auslaufen ließ, wird kaum zweifelhaft darüber seyn, daß von diesen drei
                              Resultaten das erste die meiste Wahrscheinlichkeit für sich hat.
                           Solche Versuche waren allerdings viel entscheidender für die Gesetze der Reibung, als
                              die von Hrn. Hirn mitgetheilten und mit seiner Reibungswaage angestellten Versuche; denn dieser Apparat
                              beruht, wie mehrere andere ähnliche, auf der Bedingung einer gleichförmigen Bewegung
                              der Trommel und einer constant bleibenden Reibung, und ist schon deßhalb eben so
                              wenig geeignet genügende Resultate für die Gesetze der Reibung zu liefern, als die
                              auf den Stoß des Wassers sich gründenden Apparate geeignet sind, die Geschwindigkeit
                              des Wassers in einem Flußbette zu messen. Wenn man dann noch erwägt, daß nach der
                              obigen Beschreibung dieser Reibungswaage das Massenmoment
                              des beweglichen Hebels mit dem Lager und der Waagschale wenigstens 10
                              Meterkilogramme beträgt, so wird man aus der Gleichung:
                           10 dφ/dt = 0,115F – 0,281p,
                           
                           welche sich auf die Bewegung dieses Hebels bezieht, und worin
                              F die Größe der augenblicklichen Reibung und p das auf die Waagschale aufgelegte Gewicht in
                              Kilogrammen bezeichnet, schließen, daß schon eine bedeutende Aenderung in der
                              Reibung erfordert wird, um jenen Hebel, wenn er gerade im Gleichgewicht war, wieder
                              in Schwingungen zu versetzen. Und doch soll dieser Hebel nur nach langer Zeit ins
                              ruhende Gleichgewicht gekommen und niemals fünf Minuten lang im Gleichgewicht
                              geblieben seyn?
                           Um so wunderbarer ist die Uebereinstimmung der für diesen Fall sehr zahlreich
                              mitgetheilten Versuche mit dem im vorigen Artikel angegebenen empirischen
                              Gesetze:
                           p = A/1,0492t = B/1,0492t – i
                                 ,
                           eine Uebereinstimmung, wie sie nicht leicht ein Experimentator
                              in ähnlichen Fällen erreicht haben dürfte; denn die beigefügte Tabelle, worin die
                              durch den Versuch gefundenen Belastungen der Waagschale von Grad zu Grad (!) des
                              100theiligen Thermometers angegeben sind, stellt folgende Vergleichung auf:
                           
                              
                                 Temperat.
                                       Die Trommel taucht
                                    in                Olivenöl:
                                      Die Trommel
                                    taucht
                                    in            
                                    Wallrathöl:
                                   Die Trommel taucht
                                    in    gereinigt. Olivenöl.
                                 
                              
                                 
                                 p beobachtet.
                                 p
                                    berechnet.  
                                 p beobachtet.
                                 p
                                    berechnet.  
                                 p beobacht.
                                 p berechnet.
                                 
                              
                                 
                                     Kilogr.
                                     Kilogr.
                                     Kilogr.
                                     Kilogr.
                                     Kilogr.
                                     Kilogr.
                                 
                              
                                     60°
                                      0,67
                                      0,67
                                      0,19
                                      0,19
                                       
                                    –
                                       
                                    –
                                 
                              
                                     55
                                      0,85
                                      0,85
                                      0,24
                                      0,24
                                      0,56
                                      0,56
                                 
                              
                                     50
                                      1,06
                                      1,08
                                      0,29
                                      0,30
                                      0,70
                                      0,71
                                 
                              
                                     45
                                      1,35
                                      1,39
                                      0,39
                                      0,39
                                      0,89
                                      0,90
                                 
                              
                                     40
                                      1,74
                                      1,75
                                       
                                    –
                                       
                                    –
                                      1,15
                                      1,15
                                 
                              
                                     35
                                      2,23
                                      2,23
                                      0,64
                                      0,63
                                      1,48
                                      1,46
                                 
                              
                                     32
                                       
                                    –
                                       
                                    –
                                      0,78
                                      0,73
                                       
                                    –
                                       
                                    –
                                 
                              
                                     30
                                      2,82
                                      2,83
                                       
                                    –
                                       
                                    –
                                      1,87
                                      1,86
                                 
                              
                                     29
                                       
                                    –
                                       
                                    –
                                      0,91
                                      0,85
                                       
                                    –
                                       
                                    –
                                 
                              
                                     25
                                      3,56
                                      3,61
                                      1,10
                                      1,05
                                      2,45
                                      2,37
                                 
                              
                                     20
                                       
                                    –
                                       
                                    –
                                       
                                    –
                                       
                                    –
                                      3,00
                                      3,00
                                 
                              
                           Ungeachtet dieser Uebereinstimmung gehört aber ein starker Glaube dazu, um sich zu
                              diesem Gesetze zu bekennen. Daß sich die Reibung vermindert, wenn das Oel durch eine
                              höhere Temperatur einen höhern Grad von Flüssigkeit erhält, ist leicht begreiflich;
                              daß aber unter gleichen Umständen die Reibung bei 60° über fünfmal kleiner
                              seyn soll, als bei 25°, und bei einem Temperatur-Unterschied von
                              100° C. fast 122mal kleiner oder größer, das geht doch wohl über die
                              Gränzlinie des Zutrauens, welches man in die Versuche des Hrn. Hirn setzen kann. In demselben Hefte der industriellen Gesellschaft zu
                              Mülhausen, welches die Abhandlung des Hrn. Hirn enthält, sind auch
                              vergleichende Versuche des Hrn. Gustav Dollfus über die
                              Reibungswiderstande verschiedener Oele und bei verschiedenen Temperaturen
                              mitgetheilt. Dort findet man aber folgende Zahlen:
                           
                              
                                 Temperat.  
                                     Reibungswiderstand              
                                    von
                                 
                              
                                 
                                 Wallrathöl.
                                 Knochenfett.
                                 
                              
                                     25°
                                       19
                                       40
                                 
                              
                                     39
                                       16
                                       38
                                 
                              
                                     50
                                       13
                                       
                                    –
                                 
                              
                                     78
                                       10
                                       25
                                 
                              
                                   100
                                         8
                                       18
                                 
                              
                                   340
                                         4
                                         7
                                 
                              
                           Der Unterschied zwischen den Ergebnissen dieser Versuche, welche übrigens mit einem
                              ähnlichen auf das Gleichgewicht der Reibung gegründeten Apparate (demjenigen von Mac-Naught) angestellt wurden, und den Versuchen
                              des Hrn. Hirn ist auffallend genug, um ihn nicht näher
                              andeuten zu dürfen. Hr. Hirn findet aber in dem Falle, wo die Schmiere nicht
                              beständig erneuert wird, noch viel größere Unterschiede in den Reibungswiderständen
                              bei verschiedenen Temperaturen; denn seine Tabelle enthält unter der Ueberschrift:
                              „die Trommel ist mit Wallrathöl geschmiert“, eine Sparte,
                              aus welcher ich folgende Angaben ziehe.
                           
                              
                                 Temperatur:
                                 60°,   
                                  50°,   
                                  42°,   
                                 29°,6,   
                                 23°,2,
                                 
                              
                                 Reibungswiderstand:   
                                 0,4,
                                 1,04,
                                 1,61,
                                  4,85,
                                  6,35.
                                 
                              
                           Es wäre demnach die Reibung bei 60° über 15mal kleiner als bei 23°!
                              Wenn das wahr wäre, dann würde es schon die Kosten lohnen, in einer Spinnerei alle
                              Lager durch circulirenden Dampf auf einer Temperatur von 60 und noch mehr Graden zu
                              erhalten; denn man würde ja statt 100 Pferdekräfte an Reibung zu verlieren, nur noch
                              6 bis 7 verlieren, also 93 bis 94 Pferdekräfte zu weiterer Verwendung erübrigen!
                           Hr. Hirn hat ferner in seine Abhandlung eine Bemerkung
                              eingeflochten, welche in dem obigen Auszuge übergangen wurde, welche aber der
                              Erörterung nicht unwerth ist. Derselbe sagt:
                           
                              „Diese verschiedenen Betrachtungen scheinen mir sehr deutlich zu erklären,
                                 wie mehrere Beobachter und ausgezeichnete Gelehrte zu der Ansicht verleitet
                                 wurden, daß die Geschwindigkeit ohne fühlbaren Einfluß auf den Werth der Reibung sey, und
                                 so ein Princip aufzustellen, welches, wenn ich mich so ausdrücken darf, in
                                 directem Widerspruch mit dem Instinct der Personen
                                 steht, welche gewissermaßen unter den Maschinen leben.“
                              
                           Alle Achtung vor diesem Instinct; was aber jene Personen unter Reibung verstehen, ist
                              die durch die Reibung verzehrte Arbeit, und diese ist
                              allerdings der Geschwindigkeit proportional, wenn die Reibung
                                 selbst constant bleibt; weil der Weg, den jeder gleitende Punkt einer
                              Maschine in derselben Zeit zurücklegt, der Geschwindigkeit derselben proportional
                              ist. Wenn also bei einer Maschine für eine gewisse Geschwindigkeit die Hälfte der
                              bewegenden Arbeit absorbirt wird, so darf man diese Maschine nur doppelt so schnell
                              laufen lassen, um die ganze bewegende Arbeit durch die Reibung zu verzehren, wie
                              dieß z.B. bei einem ablaufenden Uhrwerk der Fall ist.
                           Wäre aber nach Hrn. Hirn die Reibung an und für sich der
                              Geschwindigkeit proportional, so würde die von derselben verzehrte Arbeit wie das
                              Quadrat der Geschwindigkeit wachsen, was von dem Instinct jener Personen gewiß nicht bejaht wird.
                           Wenn die Reibung, wie es wahrscheinlich ist, in einiger Abhängigkeit von der
                              Geschwindigkeit v steht, so kann dieselbe nur eine
                              Function von der Form
                           F = a + bv
                              n
                              
                           seyn, worin b gegen a sehr klein und auch n
                              höchstens gleich 2 ist.
                           Was endlich die von Hrn. Hirn zuletzt noch hingeworfenen
                              Gesetze betrifft, wonach die Reibung der Quadratwurzel aus dem Druck und der
                              reibenden Fläche proportional seyn soll, so ist das erste, für welches er nicht
                              einen Versuch mitzutheilen für gut fand, zu abgeschmackt, um einer langen
                              Widerlegung zu bedürfen; daß ein Waggon auf einer horizontalen Bahn bei gleicher
                              Schmierung und einer vierfachen Belastung erst einen doppelt so großen Widerstand leiste, glaubt Hr. Hirn selbst nicht.
                           Der Einfluß der reibenden Fläche auf die Größe der Zapfen-Reibung dürfte noch
                              derjenige Punkt seyn, welcher am meisten Zweifel gestattet, aber auch am
                              schwierigsten zu entscheiden ist, da man hier eine der reibenden Flächer selbst
                              vertauschen muß, und eine vollkommen gleiche Beschaffenheit zweier solchen Flächen
                              (Lager oder Zapfen) schwer herzustellen ist. Es genügt dabei auch nicht, wie es Morin gethan hat, nur Zapfen von verschiedenen
                              Durchmessern zu nehmen, da es bei gleich langen Zapfen nur auf den dem
                              Berührungsbogen entsprechenden Centriwinkel ankommt, die Reibung an und für sich als
                              tangentiale Kraft betrachtet also dieselbe bleibt, wenn der Zapfen sein Lager z.B.
                              immer nach einem Halbkreis berührt, ob er einen großen oder kleinen Durchmesser hat,
                              vorausgesetzt, daß sonst Alles gleich bleibt, daß das Oel bei dem dünneren Zapfen
                              durch den Druck nicht mehr weggequetscht wird als bei den dickeren, u.s.f. Es ist
                              also hier nur eine verschiedene Länge des Zapfens oder eine verschiedene Breite des
                              Lagers entscheidend, dabei ist aber sorgfältig darauf zu sehen, ob sich in diesem
                              breiteren Lager der Zapfen nicht klemmt; denn dieses Klemmen der Zapfen, welches bei
                              einem genau passenden Lager schon durch einen sehr kleinen Winkel zwischen der
                              geometrischen Achse des Zapfens und der des Lagers sehr bedeutend wird, ist meistens
                              die Ursache des größern Reibungswiderstandes in breiteren Lagern. Ich kann daher
                              auch in diesem Punkte der Behauptung des Hrn. Hirn, die
                              Reibung sey der Quadratwurzel der reibenden Fläche proportional, nicht mehr Glauben
                              schenken, als in den übrigen, und zwar um so weniger, als er dafür nur einen Versuch
                              anführt, darin bestehend, daß man an zwei Spinnmaschinen von 310 Spindeln die
                              Plattband von 20 Millimeter Breite durch solche von 12 Millimet. Breite ersetzte und
                              in beiden Fällen die verzehrte Arbeit durch ein Dynamometer bestimmte.
                           Ob sich Hr. Hirn überzeugt hat, daß außer der kleinern
                              Reibungsfläche sonst keine Ursache vorhanden war, durch welche die verzehrte Arbeit
                              sich verminderte, weiß ich nicht; welches Zutrauen aber die angeführten Messungen
                              mit dem Dynamometer verdienen, geht aus einer Tabelle hervor, in welcher
                              vergleichende Versuche über die von jenen Spinnmaschinen bei Anwendung verschiedener
                              Oele verzehrten Arbeiten zusammengestellt sind, und zwar nach Angabe zweier
                              Dynamometer. Man findet darin folgende Resultate:
                           
                              
                                 Angewendetes Oel.  
                                                 Arbeitsverlust
                                                             
                                    nach
                                 
                                 
                              
                                 
                                           
                                    demIten Dynamometer.  
                                         
                                    demIIten Dynamomet.
                                 
                              
                                 
                                      Meterkilogr.
                                     Meterkilogr.
                                 
                              
                                 Wallrathöl
                                             55
                                           44,5
                                 
                              
                                 Olivenöl
                                             62,5
                                           62,5
                                 
                              
                                 Knochenfett
                                             62,5
                                           66
                                 
                              
                                 Fischthran
                                             56
                                           79
                                 
                              
                           Hr. Hirn bemerkt dabei ausdrücklich, daß beide Dynamometer
                              bei allen diesen Versuchen mit demselben Olivenöl und in gleicher Menge geschmiert
                              waren, und scheint bei der auf diese Versuche gegründeten Berechnung des relativen
                              Werthes der angewendeten Oelsorten den Angaben beider Dynamometer gleiches (!) Zutrauen geschenkt zu
                              haben, obgleich der erste für Wallrathöl und Fischthran einen nahe gleichen
                              Arbeitsverlust angibt, während nach dem zweiten der Arbeitsverlust beim Fischthran
                              bald doppelt so groß ist, als beim Wallrathöl.
                           Ich kann diese Bemerkungen nicht schließen, ohne auch einige Worte zu sagen über den
                              Hauptzweck, welchen Hr. Hirn bei seinen Versuchen vor
                              Augen gehabt haben dürfte, und über jene Fiction, welcher sich so viele Physiker wie
                              einer schon unumstößlich bewiesenen Wahrheit hinzugeben scheinen, und die man mit
                              den Namen: mechanisches Aequivalent der Wärme bezeichnet
                              hat. Newton ließ seine Hypothese über die allgemeine
                              Schwere 20 Jahre hindurch ruhen, weil er in den Zahlen, durch welche er sie zu
                              begründen hoffte, einen Unterschied von 1/7 ihres Mittelwertes fand; heutzutage
                              dagegen genügen vielen Physikern einige Zahlenwerthe, deren Unterschiede 1/5 und
                              noch mehr betragen dürfen, um darauf Gesetze von der größten Allgemeinheit zu
                              gründen!
                           Jener Hauptzweck des Hrn. Hirn scheint die Ermittelung der
                              durch die Reibung erzeugten Wärmemenge gewesen zu seyn. Im ersten Theil seiner
                              Abhandlung schließt er aus seinen Versuchen das in dem vorhergebenden Artikel
                              ausgesprochene Gesetz für die mittelbare Reibung, daß wenn durch die Reibung unter
                              Anwendung reiner Oele eine mechanische Arbeit von 370 Meterkilogr. verzehrt worden
                              war, immer so viel Wärme erzeugt wurde, als erfordert wird, um die Temperatur von 1
                              Kil. Wasser um 1° C. zu erhöhen; er ist jedoch noch nicht im Reinen mit sich
                              über jene Versuche, bei welchen die Reibung eine unmittelbare war, oder unreine Oele
                              angewendet wurden. Auf diesen Punkt kommt derselbe in einer seiner Abhandlung
                              beigefügten sehr langen Note zurück, worin er ganz und gar für das von Mayer aufgestellte Princip, welches er selbst
                              „si hardi“ (so kühn, oder so gewagt?)
                              nennt, schwärmt, obgleich seine eigenen Versuche schon gegen den ersten Theil
                              desselben sprechen.
                           Gegen diesen ersten Theil, in folgender Weise ausgesprochen: „die Wärmemenge, welche durch Reibung, Stoß oder
                                    Aenderungen in der Gestalt und dem Volumen der Körper erzeugt wird, ist
                                    jedesmal der für diese Zwecke verwendeten mechanischen Arbeit
                                    proportional“ ist gar nichts einzuwenden; denn das proportional seyn setzt noch nicht voraus, daß alle mechanische Arbeit in Wärme umgesetzt wird; es kann
                              unter ähnlichen Verhältnissen immer ein gleicher
                              aliquoter Theil der Arbeit zur Wärme-Erzeugung verwendet werden. Sobald man
                              aber hier den Satz nur noch dahin erweitert, daß man behauptet, die Einheit der
                              Arbeit erzeuge unter allen jenen Umständen eine gleiche
                              Wärmemenge, so überschreitet man schon weit das sichere Gebiet der Erfahrung, und verliert sich,
                              dieser vorauseilend, in das Gebiet luftiger Speculationen.
                           Die Resultate der bisherigen Versuche über die Reibung von Mayer, Joule und Hrn. Hirn sind gewiß nicht der
                              Art übereinstimmend, daß dadurch eine Ueberzeugung für die Erzeugung einer gleichen
                              Wärmemenge durch die gleiche Arbeit nicht einmal bei jeder Art von Reibung begründet würde, und noch viel weniger ist dieß
                              für die Erzeugung der Wärme bei dem Stoß oder der Form- und Volumenänderung
                              der Fall. Am allerwenigsten hat Hr. Hirn Ursache zu
                              dieser Ueberzeugung, nachdem er selbst gefunden haben will, daß
                           1) die geringste Wärmemenge erzeugt werde, wenn Metalle
                              trocken auf einander laufen und sich stark angreifen, weil alsdann 425 Meterkil.
                              verwendet würden, um 1 Wärmeeinheit zu erzeugen – eine Zahl, welche
                              derjenigen gleichkommt, die Joule für die Reibung von
                              Flüssigkeiten gefunden hat;
                           2) daß die größte Wärmemenge erzeugt werde, wenn die beiden Metalle trocken auf
                              einander gleiten, ohne sich anzugreifen, da dann zu einer Calorie nur 315 Meterkil.
                              verwendet würden;
                           3) daß dagegen die mittelbare Reibung unter Anwendung von Oelen das Mittel zwischen
                              den vorhergehenden Resultaten halte, und 365 Meterkilogr. für eine Calorie
                              verwende.
                           Wie man sich nach solchen Resultaten noch zu dem Glauben bekennen kann, daß eine und
                              dieselbe Menge verlorene Arbeit unter allen Umständen
                              eine gleiche Wärmemenge erzeuge, das zu begreifen ist mir nicht gegeben.
                           Aber mehr als kühn oder gewagt ist es, wenn man jenen Satz jetzt schon, ehe kaum ein
                              einziger Versuch dafür spricht, umkehrt und nicht nur behauptet, daß alle verlorene Arbeit in Wärme umgesetzt werde,
                              sondern auch daß dieselbe Wärmemenge unter allen Umständen
                                 dieselbe mechanische Arbeit leiste.
                           Was man bisher höchstens bewiesen hat, ist daß unter gleichen
                                 Umständen die Wärmeerzeugung der verlorenen Arbeit proportional ist, und
                              wenn wir recht viel zugeben, daß dieß selbst unter verschiedenen Umständen der Fall
                              seyn kann. Aus welchen Versuchen will man denn aber schließen, daß alle verlorene Arbeit Wärme wird? Ist es nicht denkbar
                              und wahrscheinlich, daß durch die Reibung, den Stoß u.s.f. kleine mechanische, von
                              der Wärme gänzlich verschiedene vibrirende Bewegungen in den betreffenden Körpern
                              hervorgerufen werden, welche mit den schallerregenden Schwingungen verwandt sind,
                              und selbst oft als solche auftreten, sich der Erde und der umgebenden Luft
                              mittheilen und so in
                              dieser Masse einen Theil jener verlorenen Arbeit verschwinden lassen? Es geht in der
                              Natur allerdings weder ein Stoff noch eine erzeugte Wirkung verloren; ein Centner
                              Zucker, welchen ich in Wasser aufgelöst in das Meer gieße, ist für die Natur auch
                              nicht verloren, für uns aber nicht mehr wahrnehmbar vorhanden, und in gleicher Weise
                              verhält es sich mit derjenigen Arbeit, welche für jene vibrirende Bewegungen der mit
                              der Erde in Verbindung stehenden Lager oder Unterlagen verwendet wird.
                           Wird nicht durch Reibung auch Elektricität erzeugt, also für diese ein Theil der
                              mechanischen Arbeit in Anspruch genommen? Diese Elektricität kann allerdings auch
                              wieder Wärme erzeugen; wird aber Jemand so kühn seyn, zu behaupten, daß jene durch
                              Reibung erzeugte Elektricität unter allen Umständen dieselbe Wärmemenge erzeuge?
                           Der einzige Versuch meines Wissens direct aus der Erfahrung nachzuweisen, daß eine
                              Wärme-Einheit wirklich eine Arbeit zu leisten im Stande sey, welche
                              derjenigen ziemlich nahe komme, die bei der Reibung zur Erzeugung einer
                              Wärme-Einheit verwendet wird, ist von Professor Kupffer in Petersburg gemacht worden. Leider aber ist dieser Versuch,
                              welcher aus dem Bulletin de l'Académie des sciences de
                                 St. Pétersbourg in mehrere wissenschaftliche Journale ohne Bedenken
                              zu erregen übergegangen istMan findet den betreffenden Aufsatz in Poggendorff's Annalen Bd. LXXXVI S. 310., so unglücklich ausgefallen, daß ich nicht umhin
                              kann, ihn hier ausführlich zu beleuchten, da vielleicht Viele gerade durch die von
                              Hrn. Prof. K. erzielten Resultate zu dem Glauben an das sogenannte mechanische
                              Aequivalent der Wärme mögen verleitet oder darin bestärkt worden seyn.
                           Hr. Prof. Kupffer denkt sich einen Cylinder von Metall,
                              dessen Länge und Halbmesser der Einheit gleich sind, einmal durch einen mechanischen
                              Zug der Länge nach gestreckt, und dann durch Wärme ausgedehnt, und vergleicht nun
                              die Wirkung der von dem Cylinder aufgenommenen Wärme mit der jenes mechanischen
                              Zuges in doppelter Weise.
                           I. Wenn a die Längen-Ausdehnung des Cylinders für
                              eine Temperatur-Erhöhung vom Eis- bis zum Siedepunkte bezeichnet, so
                              würde nach Poisson die Ausdehnung 2a seyn, wenn die Wärme nur in der Richtung der Länge wirksam wäre. Nimmt
                              man dann die Wärme, welche einem gleichgroßen Wasser-Cylinder mitgetheilt
                              werden muß, um ihn von 0° bis 190° zu erwärmen, als Einheit an, und
                              bezeichnet die specifische Wärme des Metalles, aus welchem der Cylinder besteht, mit
                              m, das specifische Gewicht desselben mit S, so ist
                           
                              mS
                              
                           die Wärmemenge, welche der Metall-Cylinder selbst
                              aufnimmt, wenn er von 0° bis 100° erwärmt wird, also diejenige
                              Wärmemenge, welche als Zug wirkend die Verlängerung 2a
                              erzeugen würde. Bezeichnet man endlich die Ausdehnung, welche derselbe Cylinder
                              durch die Gewichts-Einheit erleidet, mit δ
                              und mit c das mechanische
                                 Aequivalent der Wärme-Einheit, oder den Druck (!), welchen diese Wärmemenge ausübt, so ist
                           
                              cmS
                              
                           der Druck, welchen die von dem Cylinder aufgenommene Wärme
                              ausübt, oder die Kraft, welche die Dehnung 2a erzeugt.
                              Man hat damit, weil die Ausdehnungen, die ein Draht erleidet, den angewandten
                              Kräften proportional sind, die Gleichung:
                           a)   1/δ = cmS/2a
                                oder   c = 2a/mSδ
                           welche für c immer denselben Werth
                              geben muß, aus welchem dehnbaren Stoff auch der Cylinder gebildet ist.
                           Hr. Kupffer nimmt den englischen Zoll als Einheit der
                              Länge, das russische Pfund als Gewichts-Einheit und berechnet mit theils von
                              ihm selbst bestimmten Werthen von δ und S, theils mit den von Regnault und Dulong gegebenen Werthen von m und a für folgende Metalle
                              die beistehenden Werthe für c:
                           
                              
                                 Eisendraht
                                 c = 247800
                                 
                              
                                 Messingdraht    
                                 c = 220600
                                 
                              
                                 Platindraht
                                 c = 205050
                                 
                              
                                 Silberdraht
                                 c = 223900
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 Mittelwerth
                                 c = 224325,
                                 
                              
                           und schließt daraus, daß die als Einheit angenommene Wärme im
                              Mittel auf π Quadratzoll einen Druck von 224325
                              russischen Pfunden von 4397 (im Original steht 4327) Atmosphären ausübt.
                           Lassen wir diese Betrachtung einstweilen unberührt, und fügen wir dieser Tabelle noch
                              den Werth von c für einen Glas-Cylinder bei. Nach
                              den Versuchen von Colladon und Sturm (Poggendorff's Annalen Bd. XII S. 39)
                              wurde eine Glasröhre von 1 Meter Länge und 13,3 Quadratmillimet. Querschnitt durch
                              ein Gewicht von 8 Kilogr. um 0,06 Millimeter, also um 0,00006 ihrer Länge gedehnt.
                              Die relative Dehnung dieser Röhre würde also für ein russisches Pfund
                           
                           0,00006 × 1/(8 × 2,4418..) = 0,0000030714
                           und damit ergibt sich für einen Glascylinder von 1 engl. Zoll
                              Halbmesser
                           δ = 0,0000030714 . 13,3/π(25,3995)² = 0,000000020156.
                           Man hat ferner nach Dulong für Glas
                           a = 0,000861     m = 0,177
                           und wird ohne großen Fehler
                           S = 2,45
                           setzen können; mit diesen Werthen folgt dann aus der obigen
                              Gleichung
                           c = 197020,
                           und dieser Werth entfernt sich von dem für Eisen noch weiter
                              als der für Platin, so daß der Unterschied nahe 1/4 von dem Mittelwerthe
                              beträgt.
                           Aber auch abgesehen von den Unterschieden in den Werthen von c wird man einerseits schon aus der Natur der Wärme schließen und sich
                              anderseits ganz bestimmt durch die Gleichung (a)
                              überzeugen, daß es gar keinen Sinn hat, von einem Druck
                              zu reden, welchen die Einheit der Wärme ausübt. Denn dieser Gleichung (a) fehlt das wesentliche Erforderniß der Homogeneität;
                              sie gibt daher einen ganz andern Druck für eine bestimmte Wärme-Einheit, wenn
                              man andere Maaß-Einheiten zu Grunde legt, oder was auf dasselbe herauskommt,
                              sie gibt denselben Druck für sehr verschiedene Wärmemengen. Nehmen wir z.B.
                              metrisches Maaß, und zwar einen Cylinder von 1 Centimet. Höhe und Halbmesser, also
                              auch diejenige Wärme, welche die Temperatur eines solchen Cylinders von Wasser von
                              0° auf 100° erhöht, und welche (2,54)³ d. i. über 16mal in der
                              frühern Wärme-Einheit enthalten ist, als neue Einheit für die Wärme, und das
                              Kilogramm als Einheit für das Gewicht, so bleiben die Werthe von a, m und S ungeändert, aber
                              δ ändert sich proportional der
                              Gewichtseinheit und verkehrt proportional der Flächeneinheit; man hat daher für
                              Silber, dessen c mit dem obigen Mittelwerth nahe
                              zusammentrifft,
                           δ = 0,00000002854 × 2,4418.. ×
                              (2,5399..)² = 0,0000004496
                           und findet damit und den übrigen dem Silber angehörenden
                              Werthen nach Gleichung (a)
                           c = 14215 Kilogr.
                           Dieser Druck wirkt nun auf π
                              Quadrat-Centimeter; auf einen Quadratcentimeter kommt also ein Druck von
                           
                              
                                 
                                 4524 Kilogr.
                                 
                              
                                 oder
                                 4389 Atmosphären,
                                 
                              
                           d. i. derselbe Druck,
                              welchen Hr. K. für seine über 16mal größere Wärme-Einheit findet, da der
                              obige Mittelwerth von c auch etwas größer ist, als das
                              c für Silber.
                           Viel merkwürdiger aber, als diese Vergleichung der mechanischen Wirkung der Wärme mit
                              einem Druck, ist die nun folgende Erklärung des Hrn. Professors, die ich wörtlich
                              anführen muß, da sie eine solche großartige Begriffsverwirrung enthält, wie ich sie
                              keinem Schüler verzeihen würde.
                           II. „Das mechanische Aequivalent der Wärme kann auch auf eine andere Art
                                 ausgedrückt werden.“
                              
                           
                              „Der oben angeführte Metallcylinder wird durch die Schwerkraft eines
                                 Pfundes um die Größe δ ausgedehnt; das
                                 Gewicht p = 1/δ
                                 würde ihn also um 1 Zoll verlängern; man kann also die elastische Kraft des
                                 Cylinders damit bezeichnen, daß man sagt, sie hebe das Gewicht p um einen Zoll in die Höhe; denn sie hält der Kraft p, die um 1 Zoll herabgesunken ist, das
                                    Gleichgewicht.“
                              
                           Ich weiß nicht, über was man sich hier mehr wundern muß, über die neue Art, die
                              veränderliche elastische Kraft durch eine bestimmte unveränderliche Arbeit zu
                              erklären, oder über die neue Art, die Arbeit einer solchen veränderlichen Kraft
                              durch das Gewicht auszudrücken, dem sie in irgend einer Lage das Gleichgewicht hält!
                              Die Kraft 1/2 p dehnt denselben Cylinder um 1/2 Zoll
                              aus, man kann also die elastische Kraft des Cylinders auch damit bezeichnen, daß man
                              sagt, sie hebe das Gewicht 1/2 p um einen halben Zoll in
                              die Höhe; denn sie hält der Kraft 1/2 p, die um 1/2 Zoll
                              herabgesunken ist, das Gleichgewicht! Und ist vielleicht die Arbeit, welche
                              erfordert wird, um den Cylinder um 1 Zoll zu dehnen, gleich der Arbeit von p Pfunden 1 Zoll hoch gehoben? Ich werde diese Frage
                              weiter unten beantworten, da sie auf das Folgende keinen Einfluß hat. Hr. K. fährt
                              fort:
                           
                              „Erhitzt man denselben Minder um 100° C., so dehnt er sich um die
                                 Größe a aus; nach der obigen HypotheseOben war es ein von Poisson bewiesener Satz,
                                       von dessen Richtigkeit ja die der ganzen Rechnung abhängt, der übrigens,
                                       nebenbei bemerkt, allerdings von Lamé
                                       bezweifelt oder vielmehr für unrichtig erklärt wird. würde er sich um 2a ausdehnen, wenn die
                                 Wärme nur in einer Richtung wirkte, wie das Gewicht p; die Wärmemenge, die diese Ausdehnung hervorbringt, ist w.mS, wenn wir die
                                 Wärmemenge, die dazu gehört, um einen Cylinder Wasser von einem Höhe = Radius = 1
                                 vom Frierpunkt bis zum Kochpunkt zu erhitzen, mit w
                                 bezeichnen.“
                              
                           Die Wärmemenge also, welche kurz vorher als Einheit für die
                                 Wärme angenommen wurde, wird jetzt mit w
                              bezeichnet, d.h. auf eine neue Wärme-Einheit bezogen, welche w mal in jener enthalten, also w mal kleiner ist! Natürlich wird auch die Wärmemenge w.mS, welche der
                              Metall-Cylinder aufnimmt, in diesen neuen unbekannten Wärme-Einheiten
                              ausgedrückt gedacht.
                           
                              „Hieraus folgt, daß
                              
                           
                              w.mS/2a
                              
                           
                              die Wärmemenge ist, die eine Ausdehnung von 1 Zoll hervorbringen würde; oder (?)
                                 da die Kräfte, die gleiche Wirkung hervorbringen, gleich seyn müssen, so ist
                              
                           
                              b)   p =
                                 w.mS/2a (!!)
                              
                           
                              Wir haben aber auch
                              
                           
                              p = 1/δ und mSδ/2a = 1/c, also w = c (!)
                              
                           
                              Die Menge Wärme, die dazu nöthig ist um einen Wassercylinder, dessen Höhe =
                                 Radius = 1 ist, vom Frierpunkt bis zum Kochpunkt zu erhitzen, ist also fähig
                                 224325 russische Pfunde auf 1 Zoll Höhe zu erheben.“
                              
                           Welche unsinnigen Schlüsse und Folgerungen! Die Wärmemenge
                              w.mS/2a, die eine Ausdehnung von 1 Zoll hervorbringen würde, d.h. die Zahl,
                              welche angibt wie oft die oben bemerkte neue unbekannte
                              Wärme-Einheit in dieser Wärmemenge enthalten ist, wird der Zahl von Pfunden gleichgesetzt, welche eine Ausdehnung
                              von 1 Zoll hervorbringen würden!Es haben n Schafe denselben Werth, wie p Pferde; folglich hat man die Gleichung n = p!? Dieß wird dann noch mit einem Resultat der ersten Betrachtung, wo die
                              Wärme-Einheit eine ganz andere war, verglichen, und herausgebracht, daß w = c ist, und das heißt
                              doch, daß die frühere Wärme-Einheit die neue so oft enthält, als der Druck
                              c Pfunde beträgt? O nein, nach Hrn. K. bedeutet das,
                              daß diese Wärme-Einheit c Pfunde 1 Zoll hoch zu
                              heben vermag!
                           
                           Wie kommen denn diese w oder c Wärme-Einheiten zur Höhe eines Zoll? Es war ja w.mS/2a die Zahl der Wärme-Einheiten oder Pfunden (denn das ist bei Hrn.
                              K. gleich bedeutend), welche einen Zoll hoch gehoben werden?!
                           Der Hr. Professor ist nur etwas confus geworden, indem er etwas schon Gesagtes in
                              einer neuen unklar gedachten Weise darstellen wollte. Denn was er nun mit w bezeichnet und Wärmemenge
                              nennt, ist nichts anders, als was er vorher mit c
                              bezeichnet und Druck in Pfunden genannt hat, und die
                              Gleichung (b) ist genau die erste der obigen Gleichungen
                              (a). Neu ist nur die Entdeckung, daß dieser Drucke,
                              welcher nur den Weg 2a zu machen hatte, plötzlich einen
                              Weg von 1 Zoll zurücklegt, weil cmS/2a
                              die Kraft ist, die eine Verlängerung von 1 Zoll hervorbringen
                                 würde!?
                           Ich möchte doch den Unsinn sehen, welcher mit einem solchen
                              mathematisch-physikalischen Gallimathias nicht bewiesen werden könnte! Es ist
                              freilich auch ein verwünschter Zufall, daß die so herausgewundene Arbeit einer
                              Wärme-Einheit mit dem von Joule gefundenen
                              mechanischen Wärme-Aequivalent so nahe übereinstimmt.
                           Wie groß ist denn nun die wirkliche Arbeit, welche die Wärme durch die Ausdehnung
                              eines festen Körpers leistet? Geben wir diesem Körper die Form eines Würfels von 1
                              Decimeter Seite und sey wie oben a die
                              Längen-Ausdehnung durch die Wärme zwischen 0° und 100°, und δ die mechanische Verlängerung desselben durch 1
                              Kilogr. Zugkraft. Dieser Würfel wird, um die Größe x
                              gestreckt, einem Zug x/δ Kilogr. das Gleichgewicht halten, und dieser Zug wird auch das
                              Aenderungsgesetz der Arbeit seyn, welche erfordert wird, um die Dehnung x hervorzubringen, in Bezug auf die Dehnung x selbst als unabhängige Veränderliche genommen. Für die
                              Arbeit K, welche erfordert wird, um die Längenausdehnung
                              a hervorzubringen, hat man also den Werth
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 136, S. 429
                              
                                 
                                 Um den Cylinder des Hrn. Prof. Kupffer um 1 Zoll zu dehnen,
                                    ist also nur die Arbeit 1/2δ oder 1/2 p Zoll-Pfund nothwendig.
                                 
                              
                           
                           Diese Arbeit leistet aber die Wärme, welche der Würfel aufnimmt, und welche 100mS der gewöhnlichen metrischen Wärme-Einheiten
                              (wodurch 1 Kil. Wasser um 1° C. erwärmt wird) beträgt, dreimal, weil sie den
                              Würfel nach drei Richtungen ausdehnt. Bezeichnen wir also die Arbeit, welche eine
                              solche Wärme-Einheit bei der Ausdehnung leistet, in Meter-Kilogrammen
                              ausgedrückt mit A, so hat man
                           c)   100mSA =
                              3a²/20δ,
                                   A = 3a²/2000mSδ,
                           und man überzeugt sich leicht, daß diese Gleichung homogen
                              ist, wenn man die Seite des Würfels = n Decim. annimmt;
                              denn dieser nimmt dann 100mSn³
                              Wärme-Einheiten auf, und dehnt sich um na
                              Decimeter aus; die Zugkraft von 1 Kilogr. dehnt ihn um nδ/n² = δ/n Decimet.; man hat also
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 136, S. 430
                              
                           wie vorher.
                           Berechnen wir darnach A für Eisen und Glas, indem wir für
                              jenes die Werthe: δ = 0,000000005, a = 0,001182, m = 0,11379,
                              S = 7,55, für dieses die Werthe δ = 0,000000009975, a
                                 = 0,000861, m = 0,177, S
                                 = 2,45 zu Grunde legen, so finden wir
                           
                              
                                 für
                                    Eisen    
                                 A = 0,487 Meterkil.,
                                 
                              
                                   „  Glas
                                 A =
                                    0,257        „
                                 
                              
                           Die Arbeit, welche demnach die Wärme-Einheit durch die Ausdehnung dieser
                              Körper an und für sich leistet, ist sehr gering; es leuchtet aber ein, daß sie viel
                              größer werden kann, wenn diese Ausdehnung dazu angewendet wird, einen Druck
                              hervorzubringen oder eine Last zu heben.
                           Zur Berechnung einer solchen Arbeit fehlen übrigens die nothwendigen Gegebenen,
                              namentlich der Coefficient für die Ausdehnung eines stark belasteten Stabes.
                           Warum aber, um die mechanische Wirkung der Wärme kennen zu lernen, seine Zuflucht zu
                              festen Körpern nehmen, wo diese Wirkung immer eine einseitige ist. Warum nimmt man
                              nicht trockne atmosphärische Luft, für welche alle Größen so genau bestimmt sind,
                              und bei welcher uns gar kein Hinderniß entgegensteht, die ganze Arbeit zu ermitteln,
                              welche die Wärme durch Ausdehnung zu leisten im Stande ist?
                           Denken wir uns einen durch die Wärme unveränderlichen Cylinder, dessen Querschnitt
                              Q Quadratmeter beträgt, bis zu einer Höhe h Meter mit trockner Luft von 0° und 0,76 Meter Spannung
                              gefüllt und durch einen genau passenden Kolben, dessen Gewicht gerade dem Druck
                              einer Atmosphäre gleich sey, also 10330 . Q Kilogr.
                              betrage und der sich ohne Reibungswiderstand verschieben lasse, von einem darüber
                              befindlichen vollkommen leeren Raum abgesperrt. Wird diese Luft auf 1° C.
                              erwärmt, so dehnt sie sich, weil das Gefäß unveränderlich ist, nur in die Höhe aus
                              und die ganze aufgenommene Wärme wird zu dieser Ausdehnung verwendet, durch welche
                              der Kolben um 0,003665 . h Meter gehoben, also eine
                              Arbeit von
                           0,003665 . 10330 . Qh
                              Meter-Kilogr.
                           geleistet wird. Die specifische Wärme dieser Luft von
                              constanter Spannung ist nach Regnault
                              
                           0,2377,
                           ihr ursprüngliches specifisches Gewicht ist 0,0012987;
                              folglich beträgt die von derselben aufgenommene Wärmemenge
                           1,2987 × 0,2377 . Qh
                              
                           metrische Wärme-Einheiten; und eine
                              Wärme-Einheit leistet hier eine Arbeit von
                           (0,00365 . 10330)/(1,2987 . 0,2377) = 122,6
                              Meter-Kil.,
                           also nur 1/3 von dem sogenannten mechanischen
                              Wärme-Aequivalent der HHrn. Mayer und Joule. Man wird sich auch leicht überzeugen, daß diese Arbeit
                              dieselbe bleibt, wenn man dem Kolben das doppelte oder n
                              fache Gewicht gibt, wodurch die eingeschlossene Luft, wenn ihre Temperatur constant
                              bleibt, auf den Raum 1/n Qh zusammengedrückt wird,
                              vorausgesetzt, daß der Ausdehnungscoefficient und die specifische Wärme der Luft von
                              n Atmosphären Spannung dieselben bleiben wie für
                              Luft von 1 Atmosphäre.
                           Unsere besten Dampfmaschinen verbrauchen für 1 Pferdekraft per Stunde 1 1/2 Kil. guter Steinkohlen; nimmt man nun an, daß von 1 Kil.
                              solcher Kohlen nur 5500 Wärme-Einheiten an das Wasser im Kessel abgegeben
                              werden, und daß die in der Maschine verlorne Arbeit 2/3 von der nutzbaren Arbeit
                              beträgt, so erhalten wir, 75 Meter-Kil. per
                              Secunde für 1 Pferdekraft gerechnet,
                           
                              
                                 für 8250 Wärme-Einheiten
                                 450000 Meter-Kil. Arbeit
                                 
                              
                                           
                                    1            „
                                  54
                                    1/2          „
                                 
                              
                           also nahe 3/7 der oben berechneten.
                           
                           Schließlich noch die Bemerkung, daß die obige Betrachtung nicht zu Gunsten derjenigen
                              spricht, welche von der Ansicht ausgehen, daß wenn die Wärme
                                 eine Arbeit leiste, sie als Wärme verschwinde und in Arbeit verwandelt
                                 werde. Denn die ausgedehnte Luft besitzt noch alle ihr mitgetheilte Wärme,
                              wenn sie die Arbeit von 122 Meter-Kilogr. geleistet hat; es ist also für
                              diese Arbeit gar keine Wärme verzehrt worden, und dasselbe ist der Fall, wenn man
                              einen Dampfcylinder mit ganzer Füllung arbeiten läßt und von einer Abkühlung durch
                              den Cylinder Umgang nimmt. Jene Ansicht beruht hauptsächlich auf der Vorstellung,
                              daß die Wärme nur in Bewegung bestehe; mit dieser
                              Vorstellung dürfte es aber nicht nur sehr schwer seyn, die Erscheinungen der
                              Wärmecapacität und der gebundenen Wärme genügend zu erklären; sie scheint mir selbst
                              ganz und gar unvereinbar mit den Erscheinungen der Wärmeleitung, namentlich mit der
                              Erfahrung, daß alle Körper, selbst die sogenannten besten Leiter nur ein sehr
                              geringes Leitungsvermögen für die Wärme besitzen und das geringste vielleicht gerade
                              der Luft zukommt, welche die strahlende Wärme, d. i. die offenbar als Bewegung sich
                              äußernde Wärme am besten fortpflanzt, endlich daß man einen Körper um so länger warm
                              erhalten kann, mit je schlechteren Leitern man ihn umgibt. Soll die innere Bewegung
                              eines Körpers, gleichviel ob sie in einer Bewegung der Stofftheilchen selbst, oder
                              der diese umgebenden Aether-Atmosphären besteht, um so länger fortdauern, je
                              mehr man ihn mit andern Stoffen umgibt, welche eine ähnliche Bewegung nur schwer
                              anzunehmen vermögen? Meine Mechanik sträubt sich einstweilen noch gegen die Bejahung
                              dieser Frage und daher auch gegen die Annahme obiger Vorstellung, daß die Wärme nur in Bewegung bestehe.
                           Augsburg, den 15. Juni 1855.