| Titel: | Verfahren zur Gewinnung des Zuckers aus den Runkelrüben, von Hrn. Cail zu Paris. | 
| Fundstelle: | Band 136, Jahrgang 1855, Nr. XCIX., S. 443 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        XCIX.
                        Verfahren zur Gewinnung des Zuckers aus den
                           Runkelrüben, von Hrn. Cail
                           zu Paris.
                        Aus Armengaud's Génie industriel, Februar 1855,
                              S. 104.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Cail's Verfahren zur Gewinnung des Zuckers aus den
                           Runkelrüben.
                        
                     
                        
                           Um den Saft oder den Zucker aus den Runkelrüben zu gewinnen, wendet man hauptsächlich
                              zweierlei Verfahrungsarten an: mechanischen Druck, oder Aussüßung der (frischen oder
                              getrockneten) Rüben.
                           Das wesentlichste Hinderniß bei letzterm Verfahren bestand immer in der Geneigtheit
                              des Rübensaftes zum Gähren, sowohl während seines Aufenthalts in den Rüben als auch
                              in den Apparaten.
                           Das von Hrn. Cail
                              vorgeschlagene Verfahren gestattet nach seiner Versicherung, unter Vermeidung der
                              Nachtheile des Aussüßens, die allgemeinen Vortheile dieses Processes anzuwenden. Er
                              sagt:
                           
                              „Die Unreinheit des Saftes, welcher durch Maceration in der Kälte oder bei
                                 gewöhnlicher Temperatur aus den frischen, in Scheiben oder in Würfeln
                                 zerschnittenen Rüben gewonnen wurde, und selbst desjenigen Saftes welcher durch
                                 Pressen der zu Brei zerriebenen Rüben erhalten wurde, rührt von den fremdartigen
                                 Stoffen her, die mit dem aufgelösten Zucker aus dem Zellgewebe der Runkelrübe
                                 fließen, hauptsächlich aber von dem vegetabilischen Eiweißstoff, der in großer
                                 Menge in dieser Pflanze vorhanden ist. Diese Substanzen sind die wirksamste
                                 Ursache der Gährung, welche der Saft erleidet, sobald er aus den Rüben extrahirt
                                 ist, denn der reine Zucker zersetzt sich nicht leicht.“
                              
                           
                              „Bei allen Macerationsprocessen der frischen Runkelrüben verfährt man
                                 stets so, daß man die in Scheiben oder Würfel zerschnittene Rübe unmittelbar in
                                 kaltes oder warmes Wasser wirft; der vegetabilische Eiweißstoff, welcher bei der
                                 angewendeten Temperatur von 40 bis 50° C. vollständig (?) im Wasser
                                 löslich ist, verbreitet sich daher in der gebildeten Zuckerlösung. Um nun diesen
                                 Eiweißstoff abzuscheiden, muß man zu der Reinigung des Saftes schreiten, wozu
                                 man ihn mit Kalk läutert, der alsdann nur mittelst des so kräftig wirkenden
                                 Beinschwarzes wieder aus dem Saft entfernt werden kann.“
                              
                           Bei dem Verfahren des Hrn. Cail
                              bringt man den in der Runkelrübe enthaltenen vegetabilischen Eiweißstoff durch ein
                              vorläufiges Sieden mit
                              Dampf zum Gerinnen, und man laugt alsdann die gedämpften Rüben mit kaltem oder
                              lauwarmem Wasser aus. Auf diese Weise wird der in der Runkelrübe enthaltene
                              Eiweißstoff unauflöslich gemacht, und das nachher hinzukommende Wasser nimmt den
                              Zucker ohne den Eiweißstoff auf. Nach dieser Methode erhält man daher einen sehr
                              reinen Saft, dessen Läuterung sehr leicht ist und der sehr wenig Schaum gibt. Man
                              braucht daher auch nur sehr wenig Kalk anzuwenden.
                           Zur Ausführung dieses Processes bedient sich der Erfinder eines ununterbrochen
                              wirkenden Filtrirapparates mit verschlossenen Gefäßen, welcher in Fig. 20 und 21 dargestellt
                              ist.
                           Dieser Apparat besteht aus verschlossenen blechernen Gefäßen (Filtern), in welche man
                              die in kleine Stückchen oder Scheiben zerschnittenen frischen Rüben wirft; nachdem
                              sie damit gesüllt sind, läßt man am Boden eines jeden Gefäßes einen Strom von
                              Hochdruckdämpfen einziehen, der sich in der Masse verbreitet, sie von unten nach
                              oben durchdringt, erwärmt und sich dann verdichtet. Wenn der Dampf den obern Theil
                              des Filters erreicht hat, was man mittelst eines dort angebrachten Hahnes, durch den
                              er entweichen muß, erkennen kann, so ist das Kochen (Dämpfen) vollendet; man sperrt
                              alsdann den Dampfzufluß ab und läßt in den obern Theil des Filters einen starken,
                              kalten oder warmen Wasserstrom gelangen, der die Runkelrüben umgibt, indem er das
                              Filter anfüllt. Nachdem das Filter voll ist, öffnet man den Abflußhahn am Boden
                              desselben und es entsteht nun ein Wasserstrom von oben nach unten, wodurch die Masse
                              der in dem Gefäß enthaltenen Rüben ausgewaschen oder ausgesüßt wird.
                           Man kann mehr oder weniger dichten Saft erhalten, indem man die Flüssigkeit von einem
                              Filter auf das andere übergehen läßt; ein Satz von sechs Filtern ist vollkommen
                              hinreichend.
                           Fig. 20 ist
                              ein äußerer Aufriß des Apparates, der hier nur mit drei Filtern, statt sechs,
                              gezeichnet ist, da die drei letzten eben so construirt sind.
                           Fig. 21 ist
                              ein entsprechender Grundriß.
                           Die verschlossenen blechernen Filter A, A', A² u.s.w., stehen mittelst Hebern mit einander in
                              Verbindung. Am Boden sind diese Filter mit einem durchlöcherten oder Siebboden
                              versehen, auf dem die Rübenschnitte liegen und durch den der durch das Auswaschen
                              gebildete Saft abfließt.
                           Zwei Behälter, von denen der eine heißes und der andere kaltes Wasser enthält, sind
                              einige Meter über dem obern Theil der Filter angebracht. Eine Röhre a (Fig. 21) kommt von dem
                              Warmwasserbehälter her, eine andere Röhre b von dem
                              Kaltwasserreservoir. Doppeltwirkende Hähne C vertheilen
                              auf jedem Filter nach Belieben heißes oder kaltes Wasser, je nachdem man den
                              Hahnschlüssel in der einen oder andern Richtung dreht.
                           Die Rübenschnitte werden durch die oberen Mannlöcher d
                              eingetragen. Diese Oeffnungen müssen während des Betriebes verschlossen werden.
                              Andere Mannlöcher D sind am Boden der Filter vorhanden
                              und dienen zu ihrer Entleerung.
                           Jeder Heber, welcher von dem Boden des Filters zu dem obern Theil des andern geht,
                              ist mit einem Hahn e, e' versehen, während ein anderer
                              Hahn e² dazu dient, die Verbindung zwischen dem
                              Filter A und demjenigen A² oder überhaupt zwischen dem ersten und dem letzten Filter der Reihe
                              zu unterbrechen.
                           Jeder Heber ist am untern Theil mit einem Entleerungshahn f,
                                 f' versehen; auch haben die Filter Entleerungshähne g, g', g² welche sich in die allgemeine
                              Entleerungsröhre h öffnen.
                           Endlich haben die Filter am Boden Hähne j, durch welche
                              der Dampf eingelassen wird, und Hähne k am Deckel, durch
                              welche der Dampf ausströmt.
                           Betrieb des Apparates. – Die Filter A etc. werden mit Runkelrüben, die in Würfel oder
                              Scheiben zerschnitten worden sind, gefüllt, und es werden alsdann die Mannlöcher d wieder verschlossen. In diesem Augenblick läßt man am
                              Boden mittelst der Hähne j Dampf in die Filter
                              einströmen, und öffnet zu gleicher Zeit die Hähne k,
                              damit der Dampf ausströmen kann, wenn er die Masse der Runkelrüben durchdrungen hat.
                              Sobald aus einem von diesen Hähnen Dampf ausströmt, verschließt man ihn, so wie auch
                              den entsprechenden Hahn j, und das Filter befindet sich
                              nun in dem Zustande um das Waschwasser aufzunehmen.
                           Nachdem das erste Filter A auf diese Weise vorbereitet
                              ist, läßt man durch den obern Theil Wasser hineingelangen, warmes oder kaltes, je
                              nach dem gewählten Verfahren; das Filter füllt sich mit Wasser, welches die Rüben
                              umgibt und den Zucker daraus auflöst.
                           In der Regel hat die durch Aufguß auf das erste Filter erlangte Flüssigkeit nicht die
                              hinreichende Dichtigkeit um zum Verkochen benutzt werden zu können. Statt sie
                              alsdann durch den Hahn g abzulassen, öffnet man den Hahn
                              e, der dem großen Heber entspricht, und dann geht
                              die von dem ersten Filter A herrührende zuckerige
                              Flüssigkeit in das Filter A' über; sollte die
                              Flüssigkeit, nachdem sie durch beide Filter gegangen ist, noch nicht die
                              erforderliche Dichtigkeit haben, so läßt man sie auf das dritte Filter gelangen
                              u.s.f., bis der geeignete Dichtigkeitsgrad erlangt worden ist.
                           
                           Um die Dichtigkeit der Flüssigkeit, nachdem sie durch ein Filter gegangen ist, zu
                              probiren, zieht man eine gewisse Menge derselben durch die Hähne f ab, von denen für jeden Heber einer vorhanden ist.
                              Zeigt sich die Flüssigkeit hinreichend dicht, so öffnet man einen Hahn g und der Saft begibt sich in den Sammelbehälter. Auf
                              das erste Filter A strömt fortwährend Wasser, damit der
                              in diesen Rüben enthaltene Zuckerstoff gänzlich ausgezogen wird; dasselbe geht aus
                              dem ersten in das zweite, dritte etc. Filter über. Wenn die Rüben in dem ersten
                              Filter gänzlich entzuckert sind, so verschließt man den Hahn, durch welchen das
                              Wasser herbeikommt, öffnet den Hahn für das nächste Filter, dessen Rüben dann
                              ebenfalls erschöpft werden, u.s.f.
                           Die Rübenrückstände werden durch die Mannlöcher D aus dem
                              Filter genommen und durch frische ersetzt.
                           Die Eigenthümlichkeit des hier beschriebenen Verfahrens besteht einzig in dem Kochen
                              der Rüben mit Dampf, ehe sie mit Wasser ausgewaschen oder entzuckert werden.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
