| Titel: | Ueber die Leuchtkraft des Torfgases, von Hrn. L. Foucault. | 
| Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. XVI., S. 53 | 
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                        XVI.
                        Ueber die Leuchtkraft des Torfgases, von Hrn. L.
                              									Foucault.
                        Aus dem Cosmos, Revue
                                 									encyclopédique, Juni 1855, S. 593.
                        Foucault, über die Leuchtkraft des Torfgases.
                        
                     
                        
                           Hr. Léon Foucault, Physiker am Observatorium zu
                              									Paris, mit der Vergleichung des Torfgases und des der Stadt Paris gelieferten
                              									Steinkohlengases beauftragt, unterzog fraglichen Gegenstand einer sorgfältigen
                              									Prüfung, deren Resultate im Nachstehenden mitgetheilt werden.
                           1) Gasförmige Producte des Torfes. – Bringt man
                              									Torf in eine Retorte von Gußeisen, welche zum Dunkelrothglühen erhitzt worden ist,
                              									so entwickelt sich sogleich ein Gemenge von permanenten Gasen, und von Dämpfen die
                              									sich zu einer öligen Flüssigkeit condensiren lassen. Beide Producte trennen sich
                              									vermöge ihres verschiedenen Aggregatzustandes bei gewöhnlicher Temperatur bald von
                              									einander; nach dem Erkalten sammelt sich nämlich das Torföl in einer besondern
                              									Vorlage, während das Gas seinen Weg fortsetzt und in den Gasometer gelangt.
                           Der in den Gasometer übergehende luftförmige Kohlenwasserstoff, eines der
                              									unmittelbaren Destillationsproducte des Torfes, ist an und für sich zur Beleuchtung
                              									völlig ungeeignet, er gibt eine sehr kleine Flamme, welche wie eine Weingeistflamme
                              									über die in der Nähe befindlichen Gegenstände nur sehr wenig Licht verbreitet. Das
                              									in der Vorlage verdichtete Torföl ist eine zähe Flüssigkeit, schwärzlich, von
                              									starkem Gerüche, von gewiß sehr complicirter Zusammensetzung, welche, wenn sie einer
                              									neuen Destillation unterworfen wird, sich gänzlich in ein permanentes Gas, sehr
                              									stark gekohltes Wasserstoffgas umwandelt. Dieses letztere Gas, welches wir
                              										„Oelgas“ nennen wollen, ist bedeutend verschieden von dem
                              									bei der ersten Operation gewonnenen gasförmigen Product, denn es brennt mit einer
                              									6–8 mal größeren Flamme von bedeutender Helligkeit. Vermengt man alsdann
                              									beide Gase (das reiche und das arme), so erhält man ein Gas von mittlerer Güte,
                              									welches man den Consumenten zu liefern beabsichtigt. Dieses gemischte Torfgas
                              									besitzt aber noch ein bedeutend größeres Leuchtvermögen als das gewöhnliche
                              									Steinkohlengas, daher es ohne Zweifel bald in Aufnahme kommen wird.Man sehe die nähere Beschreibung dieser Leuchtgas-Bereitung mittelst
                                    											Torf, im polytechn. Journal Bd. CXXXVI S. 50.
                              								
                           
                           2) Methode der Lichtbestimmung. – Nachdem Hr. Foucault die gewöhnliche Bestimmungsweise mit den
                              									Schatten als zu ungenau verworfen hatte, versuchte er das von Babinet vorgeschlagene Photometer,Beschrieben im polytechn. Journal Bd. CXXXI S. 132. welches auf den Erscheinungen der chromatischen Polarisation beruht, und
                              									fand diesen Apparat zwar sehr empfindlich und theoretisch untadelhaft, aber in der
                              									Praxis zu umständlich; auch hält er die nothwendige Zuziehung eines Hülfslichtes für
                              									einen großen Mißstand, weßhalb er das Polarisationsphotometer aufgab und durch einen
                              									neuen Apparat zu ersetzen sich vornahm.
                           Die Aufgabe, welche sich Hr. Foucault bei der Construirung
                              									dieses Apparates stellte, war, zwei Theile eines und desselben Schirmes durch die
                              									directen Strahlen der zwei zu vergleichenden Lichtquellen zu beleuchten, und zwar
                              									unter der Bedingung, daß die zwei erleuchteten Stellen genau und ohne
                              									Dazwischentreten jeden sichtbaren Halbschattens einander berühren. Die
                              									Empfindlichkeit des Verfahrens hängt ab von dem mehr oder weniger vollständigen
                              									Verschwinden jeder wahrnehmbaren Gränze zwischen beiden Stellen in dem Augenblick,
                              									wo beiderseits die Bestrahlung gleich stark wird. Der hierzu dienende sehr bequeme
                              									Apparat besteht aus einem würfelförmigen Kästchen, welches von einer in ihrer
                              									eigenen Ebene beweglichen Zwischenwand in zwei gleiche Fächer geschieden ist. Die
                              									Hinterwand des Kästchens, welche gegen den Beobachter gerichtet ist, bildet ein
                              									unpolirter Schirm, welcher die Rolle der matt geschliffenen Tafel in der Camera obscura spielt. Die gegenüberstehende Wand bleibt
                              									weg; hier fallen die Strahlen der beiden Lichtquellen gesondert in ihr respectives
                              									Fach. Selbstverständlich wird der Apparat symmetrisch so gestellt, daß die
                              									Mittelwand den Winkel zwischen den beiderseitigen Lichtstrahlen, welche gegen die
                              									Mitte des Schirmes convergiren, halbirt.
                           Bei dieser Stellung kann es nun kommen, daß die Schatten der Zwischenwand, welche die
                              									Lichtquellen auf die ihnen entgegengesetzte Seite des Schirmes werfen, durch einen
                              									hellen Raum getrennt sind, oder auch daß im Gegensatze davon die beiden Schatten in
                              									einander eingreifen; aber jedenfalls ist die innere Gränze derselben scharf
                              									bestimmt. Da nun die Zwischenwand in ihrer eigenen Ebene vermittelst eines nach
                              									außen reichenden Knopfes sich verschieben läßt, so gibt man ihr diejenige Stellung,
                              									welche nothwendig ist, damit die zwei Schatten sich gerade berühren. Man bemerkt nun
                              									mit überraschender Genauigkeit den geringsten Ueberschuß der einen Erleuchtung über die
                              									andere, und da man die Stellung der beiden Flammen in seiner Gewalt hat, so kann man
                              									mit Genauigkeit die jedesmalige Entfernung derselben bestimmen, wobei die beiden
                              									Felder des Schirmes für das Auge gleich werden, indem die gemeinschaftliche Gränze
                              									verschwindet. Ist so die Gleichheit hergestellt, so hat man nur direct die
                              									Entfernungen der beiden Lichter zu messen, um daraus das Verhältniß ihres
                              									Leuchtvermögens ableiten zu können.
                           Wie man sieht, beruht die Wirkung des Schirmes auf seiner Transparenz, wie es bei den
                              									Bildern der eingestellten Camera obscura der Fall ist,
                              									und man sollte daher glauben, daß hier mattgeschliffenes Glas am Platze wäre; es
                              									zeigte sich aber bald, daß ein solcher Schirm das Licht nicht genug zerstreut, weil
                              									er zu durchsichtig ist, weßhalb die Lichtwirkung seiner Oberfläche zu sehr von der
                              									Stellung des Beobachters abhängt, was zu falschen Schlüssen Veranlassung geben kann.
                              									Darum wäre Papier vortheilhafter, wenn nicht die Ungleichheit seiner Textur die
                              									Differenzen verwischen würde, welche das Auge auf einem feineren und gleichartigeren
                              									Stoffe noch wahrzunehmen im Stande ist. Es. wurde nun der Schirm aus einer Lage von
                              										Stärkmehl gebildet, welches in Wasser suspendirt,
                              									sich in der Ruhe auf einer Fläche Spiegelglas abgesetzt hatte. Ein solcher Schirm
                              									besitzt alle erforderlichen Eigenschaften, man kann ihm dasselbe
                              									Zerstreuungsvermögen geben welches das Papier besitzt, und überdieß bietet er dem
                              									Auge alle wünschbare Feinheit und Gleichartigkeit dar. Die Wahl eines guten Schirms
                              									ist nicht ohne Bedeutung, da man auf angegebene Weise die Abschätzung der
                              									Intensitäten von dem Beobachtungsorte fast ganz unabhängig macht. Man kann ohne den
                              									Kopf zu bewegen, sich beliebig des einen wie des andern Auges bedienen oder mit
                              									beiden Augen zugleich beobachten, also auch sein Urtheil besser begründen. Dieser
                              									Apparat erfordert keine der Feinheiten der modernen Optik, und seine Anwendung ist
                              									Jedermann möglich; er bringt die Effecte der zwei Lichter gesondert einander nahe,
                              									gestattet sie durch bloße Aenderung der Distanz gleich zu machen und bietet so das
                              									Mittel, die Leuchtkraft derselben in Zahlen auszudrücken. Alles dieses geschieht mit
                              									Hülfe eines einfachen Kästchens, welches Hr. Foucault
                              									seiner Anwendung und Einrichtung wegen photomètre
                                 										à compartiments (Vergleichungsphotometer) nennt. Er hatte dabei
                              									vorzugsweise die Umgehung jeden Hülfslichtes im Auge, und man kann nun die zu
                              									vergleichenden Gase gleichzeitig vor den Apparat bringen, und ihren Flammen
                              									beliebige Entfernungen anweisen.
                           3) Photometrische Einheit. – Zur Bestimmung der
                              									Leuchtkraft einer Lichtquelle ist deren Vergleichung mit einem Lichte nöthig, das
                              									man sich leicht verschaffen und als Einheit nehmen kann. Seit langer Zeit nimmt man die Kerze als
                              									Einheit, doch bemerkt man hierbei alsbald auffallende Verschiedenheiten, denn nimmt
                              									man zwei Kerzen aus demselben Packele, so zeigt das (beschriebene) Photometer, daß
                              									ihre Leuchtkraft nur ausnahmsweise gleich ist, indem bald die eine bald die andere
                              									Kerze vorwiegt. Die Gleichmäßigkeit wird aber erzielt, wenn man ein ganzes System
                              									von Kerzen nimmt, und sie ist um so vollkommener, je mehr Kerzen man zusammenfaßt.
                              									Sieben Kerzen gruppiren sich naturgemäß zu einem hexagonalen Bündel, und wenn man
                              									dafür sorgt daß zwischen ihnen je ein Centimeter Zwischenraum ist, so brennen sie
                              									mit auffallender Gleichförmigkeit, da sich Luftströmungen bilden, welche die Flammen
                              									in die Länge ziehen und ihnen mehr Gleichförmigkeit geben, als wenn die Kerzen
                              									isolirt sind. Vierzehn Stearinsäurekerzen ohne Auswahl in zwei Bündel zusammengefaßt
                              									und in gleichen Entfernungen vor das Photometer gestellt, gaben auf dem Schirme ein
                              									genügendes Resultat, nicht als wäre die Gleichheit vollkommen und constant gewesen,
                              									aber es war so wenig Verschiedenheit als wenn zwei Gasbrenner denselben Umständen
                              									unterworfen werden.
                           4) Ergebniß der Versuche. – Da das Steinkohlengas
                              									und Torfgas ungleiche Dichtigkeit besitzen, so ist, wenn sie durch denselben Brenner
                              									ausströmen, offenbar der Verbrauch nicht derselbe; es wird ein geringeres Volumen
                              									Torfgas austreten. Beide Volumina wurden gleich, wenn das Torfgas einen um 6
                              									Millimeter größeren Druck zu erleiden hatte. Als Regel muß man bei Vergleichung des
                              									Leuchtvermögens nicht Gleichheit des Druckes, sondern Gleichheit des verbrannten
                              									Volumens anwenden.
                           Das mittlere Leuchtvermögen des Torfgases, nach dem Babinet'schen Photometer bestimmt, und dasjenige des Pariser
                              									Steinkohlengases zu 100 angenommen, ist: 1) bei gleichem Drucke 149, 172, 136, 212,
                              									im Mittel 167; 2) bei verbrauchtem gleichem Volumen 169, 269, im Mittel 209. Mit dem
                              									Vergleichungsphotometer ergab sich die mittlere Intensität bei gleichem Drucke zu
                              									278, bei gleichem Volumen zu 331.
                           Das Mittel von fünf Bestimmungen mit der Einheit oder dem Bündel von sieben Kerzen,
                              									nach dem Vergleichungsphotometer gemessen, gab den Brenner Torfgas zu 23 1/4 Kerzen,
                              									denselben Brenner mit Steinkohlengas zu 6 3/10 Kerzen. Die Zahlen der Kerzen in
                              									einander dividirt, geben für das Torfgas 342, wenn das Pariser Steinkohlengas zu 100
                              									angenommen wird; durch directe Vergleichung beider Gase fand man 331, also bis auf
                              									1/30 dieselbe Zahl, was sehr zu Gunsten der angewandten photometrischen Einheit
                              									spricht.
                           
                           Endlich wurde noch das Leuchtvermögen des (unvermischten) Gases bestimmt, welches das
                              									Torföl liefert; bei gleichem Drucke, die Intensität des Pariser Steinkohlengases zu
                              									100 angenommen, ergab diejenige des Torföl-Gases im Mittel die Zahl 705, bei
                              									gleichem Volumen aber die Zahl 756.
                           Hr. Foucault bemerkt am Schlusse seines Berichts über die
                              									Leuchtkraft des Torfgases: „Ich habe nachgewiesen 1) daß das Gas, welches
                                 										der Torf unmittelbar bei seiner Destillation liefert, fast gar keine Leuchtkraft
                                 										besitzt, wogegen das mit Torföl dargestellte Leuchtgas eine 7 bis 8mal größere
                                 										Leuchtkraft besitzt als das Pariser Steinkohlengas; 2) daß das Gemisch von
                                 										Torfgas und Torföl-Gas (wie es in der Gasanstalt am boulevard de Strasbourg zu Paris dargestellt wird)
                                 										im Verlauf von zwei Wochen beständig eine größere Leuchtkraft ergab als das
                                 										Steinkohlengas, in einem wandelbaren Verhältniß von 1 1/2 bis 3.“