| Titel: | Vortheilhaftes Verfahren, die reichen Joachimsthaler Erze zu Gute zu bringen; von Adolph Patera. | 
| Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. XVII., S. 57 | 
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                        XVII.
                        Vortheilhaftes Verfahren, die reichen
                           								Joachimsthaler Erze zu Gute zu bringen; von Adolph Patera.
                        Aus dem Jahrbuche der k. k. geolog. Reichsanstalt,
                              								Vter Jahrg., Nr. 3.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. I.
                        Patera's Verfahren, die reichen Joachimsthaler Erze zu Gute zu
                           								bringen.
                        
                     
                        
                           Ich richtete mein Hauptaugenmerk auf Auffindung einer möglichst einfachen Methode,
                              									nach welcher alle hiesigen reichen Erze gleichförmig, mit sehr geringen Kosten und sehr geringem
                              									Metallabgang zu Gute gebracht werden können; die folgende dürfte gewiß allen
                              									Anforderungen entsprechen. Regnault untersuchte das
                              									Verhalten der Schwefelmetalle beim Erhitzen in einer Atmosphäre von Wasserdampf; die
                              									meisten Metalle verwandeln sich in Oxyde, während Schwefelwasserstoffgas entweicht,
                              									die edlen Metalle verlieren einfach ihren Schwefel und blieben metallisch
                              										zurück.Annales de Chimie et de Physique, 2 série,
                                       												t. LXII p. 334.
                              									Cumenge schlug dieses Verfahren für Fahlerze vor.Ann. des Mines, 5. série, t. I p. 425. – Cumenge kam zu folgenden Resultaten. Enthalten die Erze neben dem
                                    												Schwefel noch Arsen und Antimon, so lassen sich diese
                                    											durch Rösten unter Einfluß des Wasserdampfs vollständig entfernen (was bei der
                                    											gewöhnlichen Röstung wegen Bildung von Antimon- und Arsensäure nicht
                                    											gelingt), sofern nur hinreichend Schwefel vorhanden ist. – Ein
                                    											Kupfererz von Mouzaïa in Algier, welches nahezu 30 Proc. Arsen und
                                    											Antimon enthielt, mit Zuschlag von 25 Proc. Kupferkies in Flammöfen mit
                                    											Wasserdampf bei einer mäßigen Rothglühhitze geröstet, gab nach der Operation
                                    											nur noch eine Spur jener Metalle. Die mit dem überschüssigen Wasserdampf
                                    											entweichenden Producte wechseln, wie ein Versuch im Kleinen lehrte, nach dem
                                    											Hitzegrad und der Dauer der Operation; es fanden sich unter diesen Producten
                                    											stets Schwefelwasserstoff und eine gelbrothe, aus Arsen, Antimon und
                                    											Schwefel bestehende Substanz, oft auch schweflige Säure und zuweilen
                                    											Antimon- und Arsenwasserstoff. Der Röstproceß kann ohne Schwierigkeit
                                    											so geleitet werden, daß nach Entfernung der flüchtigen Metalle noch
                                    											hinreichend Schwefel zur Bildung des Steins bleibt.Bei einem Röstversuch mit Erzen, die neben flüchtigen Metallen Silber enthielten, gelang es Cumenge durch Mithülfe des Wasserdampfs Arsen und
                                    											Antimon ohne Rückhalt und ohne Verlust an Silber auszutreiben; dabei
                                    											verblieb das Silber (nicht aber die anderen Metalle) regulinisch in dem
                                    											Röstproduct und man könnte es mithin aus diesem durch unmittelbare
                                    											Amalgamation mit Quecksilber ausziehen.A. d. Red. Ich versuchte es
                              									mit den verschiedenen Gattungen der hiesigen Erze mit sehr günstigem Erfolge.
                           Der Apparat, dessen ich mich bei den Versuchen im Kleinen bediente, bestand aus einer
                              									Muffel (ohne Zuglöcher), deren vorderer Theil mit einem Steine verschlossen war, in
                              									welcher das Rohr einer Destillirblase eingekittet war. Der Dampf gelangte durch ein
                              									am Muffeldache angebrachtes Rohr in einen Woulf'schen
                              									Apparat, wo er durch Abkühlen condensirt wurde. Mit dem Wasserdampf wurden auch die
                              									Röstproducte niedergeschlagen, welche in metallischem Arsen, arseniger Säure, etwas
                              									Schwefel und einigem mitgerissenem Erzpulver bestanden. In dem die Muffel
                              									verschließenden Steine war eine kleine, mit einem Thonpfropf verschließbare
                              									Oeffnung, um den Vorgang beobachten und das Erz mit einem Haken umwenden zu
                              									können.
                           Reines Rothgültigerz war bald in metallisches Silber verwandelt. Ein Erz mit einem
                              									Sibergehalte von 18 Mark im Centner wurde nach fünfstündigem Rösten vollkommen frei
                              									von Arsen; das reducirte Silber konnte darin mit freiem Auge wahrgenommen werden.
                              									Dasselbe war, da die Temperatur etwas zu hoch war, zu Kügelchen geschmolzen, welche
                              									sich theilweise mit dem Sichertroge von dem übrigen Erzpulver abscheiden ließen;
                              									dieselben hatten eine Größe von Hirsekorn bis zum feinsten weißen Schlamm, welcher
                              									wegen der sphärischen Gestalt seiner Theilchen auf der Oberfläche des Wassers
                              									schwamm.
                           Auf diese Weise wird das Silber in jedem Erze, mag es darin schon als Metall oder mit
                              									Schwefel, Schwefelarsen oder Schwefelantimon vorkommen, metallisch erhalten, und es
                              									kommt nun darauf an, ein Auflösungsmittel zu finden, um es von der trüben Bergart zu trennen. Ich
                              									versuchte es, das Silber in Chlorsilber zu verwandeln, um es dann mit Kochsalzlösung
                              									extrahiren zu können. Ich wendete dazu Kupferchlorid, Eisenchlorid, eine mit
                              									Chlorgas gesättigte Kochsalzlösung an. Ich machte die Versuche sowohl bei
                              									gewöhnlicher Temperatur als auch bei Hochhitze; konnte jedoch immer nur einen Theil
                              									des Silbers gewinnen; die Rückstände blieben so reich, daß an ein Gelingen der
                              									Versuche kaum zu denken war. Ich verließ endlich diesen Weg und wendete mäßig
                              									verdünnte Schwefelsäure an, und der Erfolg war ein günstiger. Noch günstiger waren
                              									die Resultate, welche ich bei Anwendung eines Gemenges von mäßig verdünnter
                              									Schwefelsäure und Salpeter erhielt, welches Gemenge Keiz
                              									zum Auflösen des Silbers bei der Goldscheidung unter dem Namen Königin-Wasser vorschlägt.Schubarth's technische Chemie, Bd. II S. 393.Das Silber löst sich rasch auf und der Silbergehalt der Rückstände sinkt; von
                              									den vorhandenen Oxyden lösen sich Nickel-, Kobalt-, Kupfer- und
                              									Wismuth-Oxyd auf. Eisen kommt wenig in die Lösung, da das geglühte Eisenoxyd
                              									nur wenig in Säure löslich ist. Außerdem enthält die Lösung Arsensäure, da es ohne
                              									Schwefelkieszuschlag nicht gelingt, das Arsen vom Nickel und Kobalt durch Rösten zu
                              									entfernen. Das Auflösen geschieht, da die Lösung hinreichend verdünnt ist, in
                              									hölzernen Bottichen. Die silberhaltige Lauge wird von dem Rückstande abgegossen,
                              									worauf derselbe mit Wasser ausgelaugt wird. Das Silber wird mit Kochsalz als
                              									Chlorsilber gefällt; dasselbe setzt sich schnell zu Boden, wird mittelst eines
                              									einfachen galvanischen Apparates reducirt und dann eingeschmolzen; die vom
                              									Chlorsilber getrennte Lauge wird, wie ich dieß später beschreiben werde, auf Nickel,
                              									Kobalt, Kupfer und Wismuth verarbeitet.
                           Es ist dieß gewiß der einfachste, sicherste und billigste Weg; man hat es dabei
                              									allein mit silberhaltiger Lauge und einem wenig Silber enthaltenden Rückstand zu
                              									thun; es fallen alle Zwischenproducte weg, und sollten die Rückstände nach der
                              									ersten Operation noch zu reich seyn, so können sie, da die Manipulationskosten sehr
                              									gering sind, leicht ein zweites, ja selbst ein drittes Mal aufgearbeitet werden. Der
                              									Gehalt der Rückstände von 14–18 markigen Erzen war nach zweimaligem Rösten
                              									und Auslaugen 10–12 Loth per Centner; da aber
                              									kaum fünfzig Procent vom Erze übrig bleiben, so erscheint derselbe sehr gering. Der
                              									Metallverlust kann nur ein sehr unbedeutender seyn, wenn alle Vorsicht angewendet
                              									wird, um Laugeverzettelung zu vermeiden.
                           
                           Bei den Versuchen, welche ich im Großen anstellte, war der Apparat derselbe wie bei
                              									denen im Kleinen, nur war die Muffel 6 Zoll hoch, 21 Zoll breit, 36 Zoll lang; der
                              									Dampf-Abkühlungsapparat bestand aus Röhren von Thon und Weißblech, welche in
                              									Bottichen durch darauf gegossenes kaltes Wasser abgekühlt wurden, wie Fig. 3 zeigt,
                              									auf der nur ein Kühlbottich von mehreren hintereinanderstehenden abgebildet ist.
                           Obwohl die von einem hiesigen Töpfer angefertigten Muffeln untauglich waren und bald
                              									zersprangen, so konnte man doch erkennen, daß der Verlauf des Processes im Großen
                              									ebenso wie im Kleinen günstig vor sich gehe. Es condensirte sich in den ersten
                              									Röhren der Wasserdampf, mit demselben die mitgerissenen Erztheilchen; die erhaltene
                              									Lauge war eine concentrirte Lösung von arseniger Säure, welcher metallisches Arsen
                              									beigemengt war. Die letzten Röhren, welche schon wieder in die Esse mündeten, waren
                              									mit weißer arseniger Säure beschlagen, welche nur sehr wenig Silber enthielt. Der
                              									Röstverlust wird sich daher auf diese Weise gewiß bedeutend vermindern, wo nicht
                              									ganz vermeiden lassen.
                           Da, wie gesagt, bei den Versuchen die hier angefertigten Muffeln zu Grunde gingen, so
                              									wurden die nächsten Posten in einem kleinen Flammofen geröstet, in welchem der
                              									Wasserdampf unmittelbar vor der Feuerbrücke das Erz bestrich. Auch hier waren die
                              									Resultate ganz günstig, nur ist es lästig, daß man in den
                              									Flugstaub-Condensator mit dem Flugstaube auch die Verbrennungsproducte des
                              									Röstholzes bekommt.
                           Die mit Kochsalz entsilberte Lauge enthält noch Arsen, Kupfer, Wismuth, Eisen, Nickel
                              									und Kobalt.
                           Dieselbe wird, um das Arsen zu entfernen, mit einer Lösung von Eisenchlorid versetzt,
                              									wodurch sich arsensaures Eisenoxyd bildet. Durch fein gepulverten Kalkstein fällt
                              									dieses sowohl als das überschüssig zugesetzte Eisenoxyd, und die Lösung ist frei von
                              									Arsen und Eisen.
                           Aus der neutralen Lösung fallen Kupfer und Wismuth leicht durch Schwefelwasserstoff
                              									als Schwefelmetalle, und nach Entfernung dieser Metalle werden Kobalt und Nickel
                              									gemeinschaftlich durch Aetzkalk gefällt. Die auf diese Weise gewonnenen Oxyde von
                              									Kobalt und Nickel sind sehr rein; sie enthalten 80–90 Proc. Kobalt und
                              									Nickel, und können entweder so in den Handel gebracht werden, oder sie werden, was
                              									auch leicht zu bewerkstelligen ist, getrennt und in jede im Handel gewünschte Form
                              									gebracht.
                           Die Versuche sind so weit gediehen, daß die nöthigen Apparate vollendet und die
                              									Arbeiter ziemlich abgerichtet sind; es ist eine Partie von 2 1/2 Ctr. Erz von
                              									7–14 Mk. Eilbergehalt bereits zu Probe aufgearbeitet, wobei sämmtliche
                              									Metalle nach oben beschriebener Methode gewonnen wurden. Gestützt auf die bei
                              									diesen Versuchen gemachten Erfahrungen entwarf ich folgende Kostenberechnung für
                              									diese Manipulation.
                           Angenommen, daß sechs Mann in einem Tage zwei Centner vollständig aufarbeiten, was
                              									bei der großen Einfachheit des Verfahrens bei einiger Uebung möglich seyn wird, so
                              									würden die Auslagen für 100 Centner seyn:
                           
                              
                                 600 zwölfstündige Schichten à 30 kr.
                                   300 fl.
                                 
                              
                                 Rösten à Centner 1 6/10 fl.
                                   160  „
                                 
                              
                                 Säure zum Auflösen à Ctr. 7 fl. 15 kr.
                                   725  „
                                 
                              
                                 Kochsalz per Ctr. 5 Pfd., à Ctr. 10
                                    											fl.
                                     50  „
                                 
                              
                                 Kalkstein   „
                                    											  „  beiläufig 1/2 Ctr., à 20 kr.
                                     16  „
                                 
                              
                                 Eisenchlorid
                                 
                                    
                                    
                                 Salzsäure 10 Pfd. per Ctr.
                                    												à 10 fl.Eisenoxyd 10
                                    											„      „    
                                    											„   à   5 „
                                 
                                    
                                    
                                   150  „
                                 
                              
                                 Aetzkalk per Ctr. beiläufig 30 kr.
                                     50  „
                                 
                              
                                 Schwefelwasserstoff
                                 
                                    
                                    
                                 Schwefeleisen, von der Hütte LecheSchwefelsäure
                                    												per Ctr. 10 Pfd., à 10 fl.
                                 
                                    
                                    
                                   100  „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 1551 fl.
                                 
                              
                           Es kämen sonach an Darstellungskosten für einen Centner Erz 15 fl. 30 kr. und bei
                              									einem Durchschnittshalte von nur fünf Mark käme die Mark Silber erst auf 3 fl. 10
                              									kr., wenn alle Kosten dem Silber angelastet werden. Da aber die hiesigen Erze alle
                              									etwas Kupfer und Wismuth und durchschnittlich ungefähr 5 Procent Kobalt und Nickel
                              									enthalten, deren völlige Zugutemachung in obiger Berechnung mit inbegriffen ist, so
                              									kann man mit großer Zuversicht annehmen, daß diese Metalle allein die ganzen Kosten
                              									decken werden und daß das Silber als Nebenproduct erhalten werden wird. Diese
                              									Resultate sind sowohl bei der Amalgamation als beim Schmelzhüttenbetriebe mit den
                              									Joachimsthaler reichen Erzen nie zu erreichen; denn würden die Kosten dieser
                              									Processe auch um mehr als die Hälfte herabsinken, würde der Silberverlust bis auf
                              									ein Minimum herabgebracht, so würde doch die Zugutebringung der Nebenproducte (Stein
                              									und Speise) auf Kupfer, Wismuth, Kobalt und Nickel wieder dieselben Kosten
                              									verursachen, mit welchen nach der oben beschriebenen Methode auch zugleich das
                              									Silber ausgebracht wird.
                           Die so günstigen Resultate, welche ich bei der Urangelbdarstellung, bei welcher ein
                              									ganz ähnlicher Vorgang befolgt wurde, erhielt, lassen mich an einem glänzenden
                              									Erfolge dieser Manipulation auch ganz im Großen nicht zweifeln.
                           
                        
                     
                  
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