| Titel: | Ueber die Fabrication des Aluminiums; von Hrn. Sainte-Claire Deville. | 
| Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. XXXVI., S. 125 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XXXVI.
                        Ueber die Fabrication des Aluminiums; von Hrn.
                           								Sainte-Claire Deville.
                        Aus den Comptes
                                 								rendus, Juni 1855, Nr. 25.
                        Deville, über die Fabrication des Aluminiums.
                        
                     
                        
                           Ich lege nun der (französischen) Akademie der Wissenschaften die ersten Proben von
                              									Aluminium vor, welches ich auf Kosten des Kaisers in der Fabrik chemischer Producte
                              									zu Javel im Großen darstellte; das dabei angewandte Verfahren theile ich hier
                              									summarisch mit, indem ich mir vorbehalte, es in den Details etwas später zu
                              									veröffentlichen.
                           Die technische Bereitung der Materialien zur Darstellung des Aluminiums, nämlich des
                              									Chloraluminiums und des Natriums, betrachte ich als ein gelöstes Problem; durch die
                              									tägliche Anwendung der Apparate wird man aber, wie bei allen andern Producten,
                              									hinsichtlich der Fabrication im Großen Fortschritte machen.
                           Um das Chloraluminium zu erhaltenMan sehe Deville's frühere Abhandlung über die
                                    											Darstellung des Aluminiums, im Polytechn. Journal Bd. CXXXIV S. 284.A. d. Red., läßt man Chlorgas auf ein vorher calcinirtes Gemenge von Thonerde und
                              									Steinkohlentheer einwirken. Die Operation wird in einer Gasretorte mit großer
                              									Leichtigkeit und Vollkommenheit ausgeführt. Nach meinen Beobachtungen wird eine
                              									höchstens 2 Decimeter dicke Schicht des Gemenges vom Chlorgas vollständig zersetzt,
                              									folglich immer alles Chlorgas absorbirt. Das erzeugte Chloraluminium wird in einer
                              									gemauerten Kammer verdichtet, welche innerlich mit Fayence überzogen ist; es bildet
                              									dann eine compacte Masse von beträchtlicher Dichtigkeit, welche aus schwefelgelben
                              									Krystallen besteht. Dieses Chloraluminium enthält nur sehr wenig Eisen, von welchem
                              									es bei seiner Behandlung behufs der Gewinnung des Aluminiums gänzlich gereinigt
                              									wird, weil man seinen Dampf über Eisenspitzen ziehen läßt, welche auf beiläufig
                              									400° C. erhißt sind; das Anderthalb-Chloreisen, welches so flüchtig
                              									wie das Chloraluminium ist, verwandelt sich in Berührung mit dem Eisen in
                              									Einfach-Chloreisen und wird verhältnißmäßig sehr beständig. Das in Dampfform
                              									aus dem Apparat entweichende Chloraluminium verdichtet sich dann zu farblosen und
                              									durchsichtigen Krystallen.
                           Das Natrium wird jetzt in großen und kleinen Gefäßen mit einer merkwürdigen
                              									Leichtigkeit bereitet. Ich habe mit der größten Sorgfalt den Einfluß der Temperatur,
                              									der Heizflächen und der Geschwindigkeit des Natriumdampfes beim Austritt aus meinen
                              									Apparaten studirt und mich überzeugt, daß sich dieses Metall, wenn man das
                              									Verhältniß zwischen der Heizfläche und dem Querschnitt der Röhren durch welche es
                              									abzieht, gehörig regulirt, bei einer ziemlich niedrigen Temperatur darstellen ließe,
                              									welche vielleicht dem Schmelzpunkt des Silbers nahe kommt. Schon gegenwärtig werden
                              									meine Cylinder viel weniger erhißt, als die bei der Zinkfabrication gebräuchlichen
                              									Muffeln. Ich bin jetzt beschäftigt, das Natrium in Apparaten mit ununterbrochenem
                              									Betriebe darzustellen. Die Destillation des Natriums unterbleibt ganz, denn man
                              									erhält es sogleich rein.Deville's früheres Verfahren zur Darstellung des
                                    											reinen Natriums wurde im polytechn. Journal Bd. CXXXIV S. 369 mitgetheilt.
                                    											Das Verhältniß der Materialien, welches er jetzt bei der Fabrication dieses
                                    											Metalles im Großen anwendet, hat er im Cosmos
                                    											vom 22. Juni veröffentlicht:Man nimmt: wasserfreies kohlensaures Natron, 4000 Gewichtstheile; Kreide, 150
                                    											Theile; trockne Steinkohle von Charleroy, 450 Theile; diese Substanzen
                                    											werden pulverisirt, sorgfältig gemengt und bei der Rothglühhitze
                                    											calcinirt.A. d. Red.
                              								
                           Um das Chloraluminium auf das Natrium einwirken zu lassen, benutzt man noch metallene
                              									Röhren, deren Form und Behandlung in technischer Hinsicht nicht ganz entsprechen.
                              									Bei dieser letzteren Operation ist auch die Ausbeute nicht genügend; durch neue
                              									Versuche hoffe ich jedoch diese Schwierigkeiten bald beseitigen zu können.
                           ––––––––––
                           Professor Dumas übergab der Akademie von Seite des Hrn.
                              										Deville große und schöne Massen von Chloraluminium,
                              									von metallischem Natrium und von Aluminium in Stangen, welche in der Fabrik zu Javel
                              									dargestellt wurden, wo auf Kosten Sr. Majestät des Kaisers die Versuche zur Ermittelung eines Verfahrens
                              									für die industrielle Fabrication des Aluminiums gemacht werden. Er bemerkte darüber
                              									Folgendes:
                           
                              „Da von dem Chloraluminium schon gegen 300 Kilogramme dargestellt worden
                                 										sind, so kann ich versichern, daß die jetzige Bereitungsart sich für den
                                 										technischen Betrieb vollkommen eignet.
                              
                           
                              Die Darstellungsweise des Natriums, welche Hr. Deville
                                 										mit so viel Glück umgestaltet hat, liefert dieses Metall mit einer
                                 										überraschenden Regelmäßigkeit und Leichtigkeit.
                              
                           
                              Da das Chloraluminium und das Natrium beide rein sind, so ist es auch das
                                 										Aluminium, welches sie liefern.
                              
                           
                              Die Materialien zur Darstellung des Aluminiums, nämlich der Ammoniakalaun zur
                                 										Bereitung der Thonerde, das Chlor, die Kohle, das kohlensaure Natron und die
                                 										Kreide, sind sämmtlich sehr wohlfeil; sie dürften jetzt schon zusammen für 1
                                 										Kilogr. Aluminium höchstens 32 Francs betragen; beim Beginn dieser
                                 										Untersuchungen wurde aber das Kilogr. Natrium zu 1000 Francs angesetzt, wobei
                                 										sich die Gestehungskosten von 1 Kilogr. Aluminium bloß durch das erforderliche
                                 										Natrium schon auf 3000 Francs belaufen würden.Hr. Moigno theilt in diesem Betreff im Cosmos vom 22. Juni Folgendes mit:
                                       													„Vor einem Jahre kostete das Kilogramm Natrium noch 800 bis 1000 Fr.; jetzt
                                          													verkauft man es (in Paris) zu 100 Fr., während es kaum auf 30 Fr. zu
                                          													stehen kommt. 1 Kilogr. Chloraluminium
                                          													kostet nur 1 Fr. 25 Cent. Die zur Darstellung von 1 Kilogr.
                                          													Aluminium erforderlichen Substanzen kosten daher jetzt nur 31 Fr. 25
                                          													Cent.; aber seine Bereitung ist gegenwärtig noch so schwierig, daß
                                          													das reine Aluminium zur Zeit so theuer wie das Gold, zehnmal theurer
                                          													als Silber ist. Prof. Dumas stellt für
                                          													die Zukunft, bei der Fabrication des Aluminiums in Marseille, eine
                                          													Erniedrigung seines Preises auf 5 Fr. per Kilogramm (!) in Aussicht.“
                                       											A. d. Red.
                                 									
                              
                           
                              Die Arbeiten in der Fabrik zu Javel haben aber nicht nur die Möglichkeit der
                                 										Fabrication des Aluminiums in großem Maaßstab durch wahrhaft technische
                                 										Verfahrungsarten nachgewiesen, sondern auch der Wissenschaft den Besitz eines
                                 										Reagens von größter Wichtigkeit, zu sehr mäßigem Preise, nämlich des Natriums
                                 										gesichert. Dieses Metall, welches fast so energisch wie das Kalium wirkt, bietet
                                 										bei seiner Bereitung oder seiner Handhabung keine der Schwierigkeiten des
                                 										letztern dar. Es ist jetzt durch zahlreiche und entscheidende Versuche erwiesen,
                                 										daß es sich eben so leicht darstellen läßt wie das Zink; daß es in vollem Fluß
                                 										mit der Luft in Berührung bleiben kann, ohne sich zu entzünden; daß man es
                                 										unmittelbar ganz rein mittelst ununterbrochen betriebener Apparate erhalten
                                 										kann. Ein Agens wie das Natrium, der Wissenschaft und den technischen Künsten
                                 										wohlfeil zur Verfügung gestellt, wird nicht lange ohne wichtige und vielseitige
                                 										Anwendungen bleiben.
                              
                           
                           
                              Die Arbeiten in der Fabrik zu Javel öffnen überdieß der metallurgischen Industrie
                                 										einen neuen Weg. Die gebräuchlichen Metalle wurden bisher in der Regel durch
                                 										Reduction ihrer Oxyde (gerösteten Erze) mit Kohle dargestellt. Die Darstellung
                                 										des Aluminiums im Großen lehrt uns, daß sich die Metalle auch aus ihren
                                 										(wasserfreien) Chloriden abscheiden lassen; für gewisse Metalle ist dieses
                                 										Verfahren unumgänglich nothwendig, für andere dürfte es den alten Methoden
                                 										vorzuziehen seyn. Gewisse Metalle (die Grundlagen der Alkalien und Erden),
                                 										welche der Industrie bisher nicht zugänglich waren, fallen jetzt in ihr
                                 										Gebiet.
                              
                           
                              Marseille scheint mir in Frankreich der geeignetste Platz zu seyn, um diesem
                                 										neuen Industriezweig denjenigen Aufschwung zu geben, welchen er verdient. Es
                                 										gehen daselbst täglich ungeheure Quantitäten von Salzsäure verloren, welche
                                 										benutzt werden könnten, um das zur Bildung des Chloraluminiums erforderliche
                                 										Chlor zu liefern. Nirgends ist die Schwefelsäure zur Abscheidung der Thonerde
                                 										aus dem Thon wohlfeiler. Das kohlensaure Natron wird daselbst in größtem
                                 										Maaßstabe mittelst des Seesalzes der Salzgärten fabricirt.
                              
                           
                              Endlich muß ich noch beifügen, daß das Aluminium einen Klang wie das Glockengut
                                 										gibt, eine Eigenschaft, welche man bisher bei keinem (einfachen) Metall in
                                 										seinem reinen Zustande beobachtet hat.“