| Titel: | Selbstwirkender Apparat zur Einwirkung auf die Bremsen der Eisenbahnwagen; erfunden von Hrn. Ed. Guérin. | 
| Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. XLIV., S. 163 | 
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                        XLIV.
                        Selbstwirkender Apparat zur Einwirkung auf die
                           								Bremsen der Eisenbahnwagen; erfunden von Hrn. Ed. Guérin.
                        Aus den Comptes
                                 								rendus, Juli 1855, Nr. 24.
                        Guérin's selbstwirkender Apparat zur Einwirkung auf die
                           								Bremsen der Eisenbahnwagen.
                        
                     
                        
                           Bis jetzt haben die Bemühungen, um mittelst der Wirkung der Bremsen die traurigen
                              									Folgen des Zusammenstoßes zweier Bahnzüge zu verhindern, sich als ungenügend
                              									gezeigt; unerachtet ihrer Anstrengungen, sind die Bremser beim Begegnen zweier Züge
                              									auf demselben Geleise oft nur im Stande die Geschwindigkeit zu vermindern, nicht
                              									aber den Zug aufzuhalten.
                           Die wie gewöhnlich eingerichteten Bremsen bedürfen acht oder zehn Umdrehungen der
                              									Kurbel und oft mehr, um den Bremsschuh fest gegen den Radkranz zu drücken. Daraus
                              									folgt, daß vor dem Augenblick, wo die Zurückstellung der Maschine und das Bremsen
                              									ihre Wirkungen vereinigt haben, um die Geschwindigkeit des Zuges aufzuhalten, die
                              									Locomotiven noch 50 bis 60 Met. durchlaufen – eine Strecke, welche schon
                              									hinreichen sollte um den ganzen Zug zum Stehen zu bringen.
                           Mittelst des Apparates, der die Bremsen selbstwirkend macht, wirken die Stößer oder
                              									Buffer der Wagen, welche mit diesem Apparat versehen sind (indem der Druck der
                              									folgenden Wagen auf sie einwirkt), mit aller Kraft auf die Bremsen und diese auf die
                              									Räder, sobald durch die Anstrengungen des Führers, den Regulator zu verschließen und
                              									nöthigenfalls den Gang der Maschine umzustellen, und durch die Bemühungen des
                              									Heizers, die Bremsen des Tenders anzuziehen, der Geschwindigkeit des Zuges ein
                              									Hinderniß dargeboten worden ist, daher das Bremsen fast augenblicklich erfolgt. Die
                              									Sicherheit der Bahnzüge wird durch diesen Apparat viel größer, weil der Führer im
                              									Stande ist, Herr der Geschwindigkeit ohne Hülfe der Bremswärter zu werden, welche
                              									letztere unter gewöhnlichen Umständen nie mit der nöthigen Schnelligkeit und bei
                              									Unfällen niemals mit kaltem Blut eingreifen. Dieses System verhindert überdieß
                              									keinerlei Verbesserung der Bremsen, es kann mit wenigen Kosten an dem jetzigen
                              									Material und an jedem neuen Wagen angebracht werden, und kostet auch bei diesen weit
                              									weniger als die jetzt gebräuchlichen Einrichtungen.
                           Beschreibung des Apparates. – Die Kraft, welche
                              									verwendet wird, um die Bremsen wirken zu lassen, ist das Resultat des Bremsens der
                              									Locomotive und des Tenders durch den Maschinisten und Heizer, wodurch der Wagenzug
                              									so viel aufgehalten wird, daß die einzelnen Wagen aufeinander drücken. Dieser
                              									Druck wird den Buffern am Ende der Wagen mitgetheilt, welche nun die Stoßfedern
                              									biegen, die ihren Stützpunkt auf der Mitte der Zugstangen nehmen. An einer dieser
                              									Zugstangen ist die Stange angebracht, welche auf die Bremse einwirkt. Aus dieser
                              									Einrichtung folgt, daß wenn auf die Buffer ein Druck einwirkt, derselbe mittelst der
                              									Stoßfedern den Bremsen mitgetheilt wird.
                           Um die Wirkung der Bremsen wieder aufzuheben, befindet sich in der Nähe des Zughakens
                              									eine Ausrückung, welche in Wirksamkeit tritt, sobald sich der Zug in Bewegung
                              									setzt.
                           Wenn man für einen Zug die Anzahl der Wagen mit selbstwirkenden Bremsen bestimmt hat,
                              									welche erforderlich ist um die ganze Impulsionskraft zu verwenden, so kann man
                              									offenbar sicher seyn, daß der ganze Zug eben so bald aufgehalten werden wird, wie
                              									eine bloße Locomotive, welche dieselbe Geschwindigkeit hat.
                           Dieses Princip wurde seit 1843 den verschiedenen Kommissionen vorgeschlagen, welche
                              									zur Prüfung der Mittel zur Verhinderung der Unfälle auf Eisenbahnen gewählt wurden.
                              									Jetzt wird es auf der Orleansbahn in Anwendung kommen, und man wird sich daher bald
                              									von den erlangten Resultaten überzeugen können.