| Titel: | Mechanismus, um die Einwirkung des Magneten auf seine Armatur zu reguliren, von Hrn. Robert Houdin. | 
| Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. XLVIII., S. 180 | 
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                        XLVIII.
                        Mechanismus, um die Einwirkung des Magneten auf
                           								seine Armatur zu reguliren, von Hrn. Robert Houdin.
                        Aus dem Cosmos, Revue
                                 									encyclopedique, 1855, t VI p. 578.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									III.
                        Houdin's Mechanismus, um die Einwirkung des Magneten auf seine
                           								Armatur zu reguliren.
                        
                     
                        
                           Wenn es sich darum handelt, die von den Elektromagneten auf ihre Armatur ausgeübte
                              									Einwirkung nutzbar zu machen, um einen mechanischen Effect hervorzubringen, sey es
                              									um einen Zeiger auf einem Zifferblatte zu drehen, einen Hammer zu heben, der an eine
                              									Glocke schlagen soll u.s.w., so stößt man auf eine ziemlich bedeutende
                              									Schwierigkeit, die man bisher nur unvollkommen bewältigen konnte und welche daher
                              									rührt, daß die magnetische Anziehung eine nothwendigerweise veränderliche Kraft ist.
                              									Befindet sich nämlich die Armatur in dem Augenblick wo der Elektromagnet in
                              									Thätigkeit tritt, in einer gewissen Entfernung, so ist die Anziehung unmerklich und
                              									wächst in dem Maaße als die Armatur sich nähert, nach der zumeist angenommenen
                              									Theorie, umgekehrt wie das Quadrat der Entfernung. Die Anziehung, welche
                              									fortgepflanzt und nutzbar gemacht werden soll, ist also zuerst sehr klein, fast
                              									Null, und wird dann sehr bedeutend. Will man nun die durch die Bewegung der Armatur
                              									entstandene Kraft mit Hülfe eines Hebels weiter führen, welcher unveränderliche Arme
                              									Besitzt, an denen einerseits die Kraft, andererseits die Last angebracht ist, so
                              									wäre der hervorgerufene Effect nicht nur sehr unregelmäßig, sondern auch sehr
                              									gering, und auf diese Weise würde man nur einen kleinen Theil der bewegenden Kraft
                              									oder des Nutzeffects der galvanischen Säule verwenden. Es wäre z.B. fast unmöglich,
                              									auf diese Art den schweren Hammer, welcher die Glocke einer großen Uhr in
                              									Schwingungen versetzen soll, aufzuheben, und man hat sich deßhalb darauf beschränkt,
                              									nur relativ sehr kleine Massen der elektrischen Wirkung auszusetzen, die Armatur
                              									immer sehr nahe bei dem Elektromagneten zu lassen, oder seine Geschwindigkeit mit
                              									Hülfe einer Feder zu reguliren, deren Widerstand mit der ausgeübten magnetischen
                              									Anziehung zunahm. In beiden Fällen erlitt man einen ansehnlichen Verlust nutzbarer
                              									Kraft.
                           Hr. Robert Houdin war so glücklich, das wichtige Problem
                              									auf eine vollkommen genügende Weise zu lösen. Der Mechanismus, mittelst dessen er
                              									die Einwirkung des Magneten auf seine Armatur regulirt, erhielt von ihm den Namen
                              										Vertheiler (répartiteur), und dessen Construction ist so einfach, daß es auffallen
                              									muß, wie sie so lange unbekannt bleiben konnte; doch enthalten selbst die neuesten
                              									und geschätztesten Werke über Bewegungslehre nichts davon. Statt gerader und in
                              									ihrer Länge unveränderlicher Hebelarme nimmt der Erfinder gekrümmte, wie sie in Fig. 11 und
                              										12
                              									dargestellt sind, die sich um feste Punkte drehen, und deren durch den
                              									Berührungspunkt bestimmte Länge sich stets ändert. Die sehr schwierige Theorie des
                              									Vertheilers ist zur Zeit mathematisch nicht entwickelt; wir begnügen uns daher,
                              									Gestalt, Spiel und Effect des Mechanismus anzugeben.
                           Der Vertheiler besteht, wie man sieht, aus einem System von drei gekrümmten Hebeln,
                              									von denen der mittlere einen gleicharmigen Schwengel vorstellt, während die beiden
                              									äußeren so gerichtet sind, daß wenn der erste, der Hebel der Kraft, den Mittlern an
                              									seinem einen Ende, so weit als möglich von dessen Mittelpunkte angreift, dann der
                              									zweite, der Hebel der Last, im Gegensatze den Mittelhebel gerade ganz nahe an dessen
                              									festem Mittelpunkte berührt.
                           Fig. 11 zeigt
                              									den Vertheiler in der Anfangsstellung; wenn die Armatur eben angezogen wird, wirkt
                              									die Kraft am möglichst langen Arme, was auch seyn muß, da die bewegende Kraft hier
                              									die geringste Größe hat. In dem Maaße als die Armatur näher rückt, also die
                              									bewegende Kraft wächst, nähert sich der Berührungspunkt des ersten Hebels, wie Fig. 12 zeigt,
                              									dem Drehpunkte des Schwengels, die Kraft wirkt daher an einem um so kürzeren Arme,
                              									als sie stärker wird. So wird nun eine stetig veränderliche und wachsende Kraft
                              									gleichmäßig vertheilt, regulirt und in eine ziemlich constante Kraft umgewandelt,
                              									die eine Art Mittel oder Durchschnitt zwischen der sehr geringen Wirkung am Anfange
                              									und der sehr bedeutenden am Ende, d. i. bei der Berührung der Armatur und des
                              									Elektromagneten darstellt. Strenge genommen würde, wenn man mit einer Kraft zu thun
                              									hätte, welche umgekehrt wie die einfache Entfernung wächst, es genügen, nur zwei
                              									gekrümmte Hebel, also die Hälfte des in der Abbildung dargestellten Apparates
                              									anzuwenden; man ist aber zur Annahme des ganzen Mechanismus gezwungen, wenn man eine
                              									Kraft beherrschen und ausgleichen will, welche abnimmt, wenn das Quadrat der
                              									Entfernung wächst. Die Resultate, welche durch diese eben so einfache als sinnreiche
                              									Uebertragung der Bewegung erhalten wurden, übertreffen alle Erwartung, daher wir uns
                              									vorbehalten, später darauf zurückzukommen.
                           
                        
                     
                  
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