| Titel: | Ueber den Antimon-Zinnober; von Hrn. E. Mathieu-Plessy. | 
| Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. LI., S. 199 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LI.
                        Ueber den Antimon-Zinnober; von Hrn. E.
                              									Mathieu-Plessy.
                        Aus dem Bulletin de la
                                 									Société industrielle de Mulhouse, 1855, Nr. 130.
                        Mathieu-Plessy, über den
                           								Antimon-Zinnober.
                        
                     
                        
                           Das Product, welches ich hier Antimon-Zinnober nenne, ist eine neue
                              									Modification des Schwefelantimons, welches ich durch Zersetzung des
                              									Dreifachchlorantimons (salzsauren Antimonoxyds) mittelst unterschwefligsauren
                              									Natrons erhalte.Dieser Antimon-Zinnober ist sowohl in Deutschland als in Frankreich
                                    											schon von andern Chemikern entdeckt worden; man sehe Strohl's Notiz im polytechn. Journal, 1849, Bd. CXIII S. 215.A. d. R.
                              								
                           Bekanntlich bildet sich orangegelbes Schwefelantimon
                              									(Dreifach-Schwefelantimon), wenn man Antimonoxyd aus seiner Lösung in Säuren
                              									mittelst Schwefelwasserstoff fällt, oder durch Schwefelkalium oder Schwefelnatrium.
                              									Wenn jedoch letztere Reagentien durch längere Berührung mit der Luft sich theilweise
                              									in schwefligsaures Salz verwandelt haben, so geben sie mit einem Antimonoxydsalz
                              									verschieden gefärbte Niederschlage, je nachdem mehr oder weniger schwefligsaures
                              									Alkali vorhanden ist.
                           Durch das Studium dieser Reaction gelang es mir, ein rothes Schwefelantimon zu
                              									erhalten, welches von den bereits bekannten Modificationen des
                              									Dreifach-Schwefelantimons sehr verschieden ist; letztere sind: 1) das oben
                              									erwähnte orangegelbe Schwefelantimon; 2) das in der Natur vorkommende Grauspießglanzerz; 3) die von
                              										Fuchs
                              									Poggendorff's Annalen, Bd. XXXI S. 578. entdeckte braunrothe Modifikation des letztem (amorphes
                              									Dreifach-Schwefelantimon), worüber in der letzten Zeit H. Rose
                              									Ebendas. Bd. LXXXIX S. 122. eine Untersuchung angestellt hat.
                           
                        
                           Bereitung des Antimon-Zinnobers.
                           Um das rothe Schwefelantimon mit allem Glanz zu erhalten, dessen es fähig ist, genügt
                              									es jedoch nicht, Auflösungen von saurem salzsaurem Antimonoxyd und
                              									unterschwefligsaurem Natron zu vermischen. Um diesen Zweck in constanter Weise zu
                              									erreichen, mußte ich zahlreiche Versuche bei verschiedenen Temperaturen und
                              									Verhältnissen anstellen, bis es mir endlich gelang ein Verfahren zu ermitteln,
                              									wornach ein schönes Product mit Leichtigkeit dargestellt werden kann.
                           Da der Antimon-Zinnober in der Folge mehrfache Anwendung finden dürfte,Professor M. Pettenkofer fand diese Farbe nur für
                                    											Oelmalerei, ferner als Leim- und Wasserfarbe brauchbar, wofür sie
                                    											eine Acquisition genannt werden darf; aber nicht für Fresco- und
                                    											Wasserglasmalerei, weil sie alkalischen Einflüssen nur kurze Zeit
                                    											widersteht, man sehe polytechn. Journal Bd. CXIII S. 217.A. d. Red. so bemühte ich mich zuerst ein praktisches Verfahren zur Bereitung des
                              									unterschwefligsauren Natrons und des salzsauren Antimonoxyds im Großen zu
                              									ermitteln.
                           Hinsichtlich des unterschwefligsauren Natrons habe ich zur
                              									Vermeidung der Krystallisationen ein Verfahren befolgt, wornach ich dieses Salz in
                              									hinreichend reinem Zustande zu einer Zeit erhielt, wo seine Darstellung noch wenig
                              									bekannt war. Dieses Verfahren beruhte auf der Anwendung des schwefligsauren Natrons.
                              									In der betreffenden AbhandlungAnnales de chimie et de physique, 1844, t. XI p. 182. zeigte ich, daß man letzteres Salz (bei der Behandlung mit Schwefel) im
                              									neutralen Zustande anwenden muß, um die Reaction der schwefligen Säure auf das
                              									unterschwefligsaure Salz zu vermeiden.
                           Um das schwefligsaure Natron zu bereiten, befolgte ich das von Hrn. Camille Köchlin angegebene Verfahren, wobei der Schwefel in einem
                              									Apparat verbrannt wird, welchen man leicht zusammenstellen kann. Ein Sieb, welches
                              									große Krystalle von kohlensaurem Natron enthält, wird in den obern Theil eines
                              									Fasses (Weinfasses) gesteckt, dessen Deckel ausgeschlagen wurde; am untern Theil des
                              									Fasses wird ein knieförmig gebogenes Ofenrohr, das eine Esse bildet, mit einem
                              									kleinen thönernen Ofen verbunden, auf welchen man den Schwefel nach und nach wirft. Man regulirt durch
                              									die Thür die Verbrennung des Schwefels nach Belieben; der Zug stellt sich ganz
                              									genügend her und nach Verlauf von drei bis vier Tagen sind die Natronkrystalle tief
                              									in ihr Inneres angegriffen. Sollte dieß nicht ganz der Fall seyn, so löst sich doch
                              									das sehr zerreibliche schwefligsaure Salz leicht ab, und man gibt den nicht
                              									angegriffenen Kern wieder in das Faß.
                           Mit dem so erhaltenen schwefligsauren Natron macht man eine Auflösung von 25°
                              									Baumé, welche man mit krystallisirtem kohlensauren Natron in der Wärme
                              									neutralisirt. Wenn letzteres Salz kein Aufbrausen mehr hervorbringt (dieß ist das
                              									beste Kennzeichen, das Lackmuspapier gibt keine genügende Anzeige), oder vielmehr,
                              									wenn in dem verdünnten schwefligsauren Salz auf Zusatz von Salzsäure eine schwache
                              									Entbindung von Kohlensäure erfolgt, so setzt man Schwefelblumen zu, worauf das
                              									Gemenge in einem irdenen Gefäß drei Stunden lang im Wasserbad erhalten wird, indem
                              									man umrührt und das verdampfende Wasser wieder ersetzt. Nachdem die Flüssigkeit
                              									erkaltet ist, filtrirt man sie und verdünnt sie auf 25° Baumé.
                           Das saure salzsaure Antimonoxyd läßt sich leicht bereiten,
                              									indem man das natürliche graue Schwefelantimon (rohen Spießglanz) in gepulvertem
                              									Zustande mit käuflicher Salzsäure erwärmt. Wenn bei gelindem Feuer die Entwickelung
                              									von Schwefelwasserstoff nachzulassen beginnt, erhitzt man einige Minuten bis zum
                              									Kochen, dann läßt man erkalten und decantirt die klare Lösung.
                           Um von dem sich entbindenden Schwefelwasserstoff nicht belästigt zu werden, kann man
                              									das Gas in eine Natronlösung leiten, oder man befestigt auf dem Kolben worin die
                              									Zersetzung vor sich geht, eine lange Glasröhre welche am Ende schwach ausgezogen
                              									ist, und erhitzt sie daselbst durch eine untergestellte Weingeistlampe. Selbst wenn
                              									der Schwefelwasserstoff in starkem Verhältniß mit Wasserdampf gemischt ist, fährt er
                              									dann fort zu brennen und belästigt also durch seinen Geruch nicht.
                           Das so erhaltene salzsaure Antimonoxyd wird mit Wasser auf 25° Baums
                              									verdünnt.
                           Zur Darstellung des Antimon-Zinnobers gießt man in eine Steinzeugschüssel 4
                              									Liter von diesem salzsauren Antimonoxyd und 6 Liter Wasser, dann 10 Liter obiger
                              									Lösung von unterschwefligsaurem Natron; letzteres löst den Niederschlag, welchen das
                              									Wasser bildete, in der Kälte rasch wieder auf; man stellt alsdann die Schüssel in
                              									ein kochendes Wasserbad, wodurch sich die Temperatur des Gemisches allmählich
                              									erhöht; gegen 30° C. fängt der Niederschlag an sich zu bilden; er ist anfangs
                              									orangegelb, wird aber
                              									nach und nach dunkler; nachdem die Temperatur der Mischung bis 55° C.
                              									gestiegen ist, nimmt man die Schüssel aus dem Wasserbad; dann läßt man den
                              									Niederschlag sich absetzen, was rasch erfolgt; man decantirt die Mutterlauge und
                              									wascht den Rückstand zum erstenmal mit Wasser welches 1/15 Salzsäure enthält; zu den
                              									folgenden Waschungen verwendet man gewöhnliches Wasser; endlich gibt man den
                              									Niederschlag auf ein Filter und trocknet ihn. In feuchtem Zustande ist der
                              									Antimon-Zinnober glänzend roth; durch das Austrocknen verliert er ein wenig
                              									von seinem Glanz. Der Niederschlag von Antimon-Zinnober würde sich auch in
                              									der Kälte bilden, aber nach dem angegebenen Verfahren erhält man ein schöneres
                              									Product und ist des Erfolges sicher.
                           
                        
                           Analyse des Antimon-Zinnobers.
                           Da die quantitative Bestimmung des Antimons nach keiner der bekannten Methoden mit
                              									großer Genauigkeit auszuführen ist, so begnügte ich mich, das Verhältniß des
                              									Schwefels zu ermitteln, um den Antimongehalt durch Differenz zu finden, nachdem
                              									vorher der Wassergehalt genau bestimmt wurde.
                           
                              
                                 0,668
                                 orangegelbes
                                 Schwefelantimon
                                 verloren
                                 0,038,
                                 bei 200° C.
                                 
                              
                                 0,808
                                 rothes
                                           
                                    											„
                                       „
                                 0,009,
                                       
                                    											„
                                 
                              
                           Aus diesem Resultat ersieht man, daß der Antimon-Zinnober ein wasserfreier
                              									Körper ist, weil sein Gewichtsverlust offenbar von unvollkommenem Austrocknen
                              									herrührt; wenn man andererseits den Gewichtsverlust des orangegelben
                              									Schwefelantimons in Aequivalenten berechnet, so ergibt sich daß dieses
                              									Schwefelantimon der Formel SbS³ + HO entspricht.
                           Es erübrigt jetzt nur noch durch die Analyse zu beweisen, daß der
                              									Antimon-Zinnober in seiner Zusammensetzung sich vom orangegelben
                              									Schwefelantimon bloß durch ein Aequivalent Wasser unterscheidet, wo sich dann die
                              									neuen Eigenschaften dieses Körpers ganz natürlich erklären.
                           2 Gramme rothes Schwefelantimon wurden mit Königswasser behandelt, welchem so viel
                              									Salpetersäure beigemischt war, daß man immer nur salpetrige Säure und niemals
                              									Schwefelwasserstoff in Ueberschuß hatte. Nach der lebhaften Einwirkung welche im
                              									Augenblick des Angriffs statt findet, bleibt Schwefel unaufgelöst; da sich dieser
                              									bei andauernder Wirkung des Königswassers und der Wärme nicht auflöste, so entschloß
                              									ich mich ihn abzusondern und sein Gewicht zu bestimmen; die Flüssigkeit wurde daher
                              									mit Weinsteinsäure versetzt, um die Fällung der Antimonsaure zu verhüten und nach
                              									ihrer Verdünnung der abgesetzte Schwefel durch Decantiren ausgewaschen; man erhält
                              									ihn hierbei mit einer kleinen Menge Wasser imprägnirt, welches beim Trocknen im Sandbad
                              									leicht verjagt wird. Von 2 Grammen Schwefelantimon bekam ich 0,046 Schwefel.
                           Die Flüssigkeit, von welcher dieser Schwefel abgesondert wurde, gab, mit salzsaurem
                              									Baryt gefallt, 3,558 schwefelsauren Baryt, entsprechend 0,488 Gr. Schwefel. Addirt
                              									man zur Gesammtmenge des gefundenen Schwefels das bei 200° C. verjagte
                              									Wasser, so hat man in Procenten:
                           
                              
                                 Wasser
                                     1,1
                                 
                              
                                 Schwefel
                                   26,7
                                 
                              
                                 Antimon, durch Differenz bestimmt
                                   72,2
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 
                              
                           eine Zusammensetzung, welche genau das Verhältniß 3 : 1 für
                              									die Aequivalente von Schwefel und Antimon gibt. Die Formel des neuen
                              									Schwefelantimons ist folglich SbS³.
                           Obige Resultate wurden unter den Augen des gelehrten Chemikers erhalten, welcher
                              									gegenwärtig das Laboratorium der Normalschule zu Paris dirigirt.