| Titel: | Compositionen welche den Kautschuk und die Gutta-percha ersetzen können; von Stanislaus T. Sorel, Civilingenieur zu Paris. | 
| Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. LVII., S. 211 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        LVII.
                        Compositionen welche den Kautschuk und die
                           								Gutta-percha ersetzen können; von Stanislaus T. Sorel,
                           								Civilingenieur zu Paris.Hr. Sorel hat der Société d'Encouragement zu Paris in einer ihrer letzten
                                 										Sitzungen eine große Anzahl von Zeugen vorgelegt, welche mittelst seiner
                                 										Compositionen wasserdicht gemacht waren. Da er die nach seinem Verfahren
                                 										präparirten Zeuge sehr billig liefern kann, so rechnet er auf eine große
                                 										Verbreitung derselben, umsomehr weil der so bedeutende und stets zunehmende
                                 										Verbrauch von Kautschuk und Gutta-percha den Preis dieser beiden
                                 										Materialien nothwendig steigern muß.A. d. Red.
                           							
                        Aus Armengaud's Génie industriel, Mai 1855, S. 253.
                        Sorel's Compositionen welche den Kautschuk und die
                           								Gutta-percha ersetzen können.
                        
                     
                        
                           Die Hauptbestandtheile dieser Compositionen sind folgende Substanzen: Colophonium
                              									oder gewöhnliches Harz, Erdharz (Asphalt) oder gewöhnliches Pech, fixes Harzöl,
                              									Gutta-percha, Kalkhydrat (zu Pulver gelöschter Kalk) und Wasser.
                           Man wendet diese Substanzen beiläufig in folgenden Verhältnissen (dem Gewichte nach)
                              									an:
                           
                              
                                 Colophonium
                                   2
                                 
                              
                                 Erdharz oder Pech
                                   2
                                 
                              
                                 Harzöl
                                   8
                                 
                              
                                 Kalkhydrat (pulverförmig)
                                   6
                                 
                              
                                 Gutta-percha
                                 12
                                 
                              
                                 Wasser
                                   3
                                 
                              
                                 Pfeifenthon (Plastischer Thon)
                                 10
                                 
                              
                                 
                                 –––
                                 
                              
                                 
                                 43
                                 
                              
                           
                           Anstatt das Wasser besonders zuzusetzen, kann man mit demselben den gebrannten Kalk
                              									zu einem Brei löschen. Die Anwendung von Kalkbrei ist stets dem trocknen Kalkhydrat
                              									vorzuziehen, nur muß man bei dessen Darstellung den Kalk vor dem Zusetzen des
                              									Wassers wägen.
                           Man bereitet die Composition in einem Kessel, welcher auf geeignete Weise erhitzt
                              									wird. In denselben gibt man zuerst das Kolophonium, das Erdharz (oder Pech) und das
                              									Harzöl, welche man mit einem Spatel umrührt, bis die zwei ersten Substanzen
                              									aufgelöst sind; dann setzt man das Kalkhydrat zu, welches mit Wasser angerührt und
                              									zerrieben worden ist, bis es die Consistenz der Melasse erhielt; man fährt fort
                              									umzurühren und zu erhitzen, und nachdem die Masse in flüssigen Zustand übergegangen
                              									ist, setzt man die Gutta-percha zu, welche vorher in kleine Stücke
                              									zerschnitten wurde. Man fährt fort die Mischung umzurühren, bis die
                              									Gutta-percha aufgelöst ist; alsdann setzt man den Thon zu, in Pulverform oder
                              									mit Wasser angerührt, und vermischt ihn gut mit der Composition. Hierauf setzt man
                              									einen Ueberschuß von Wasser zu, und erhitzt das Ganze zum Siedepunkt; man zertheilt
                              									und knetet die Masse unter Wasser, hernach erhitzt man sie trocken, und endlich
                              									nimmt man sie aus dem Kessel, um sie nochmals zwischen den Walzen eines Walzwerks
                              									hindurchzulassen, damit sie homogen wird. Die so präparirte Masse ist zur Anwendung
                              									geeignet.
                           Man kann die Quantität jedes Bestandtheils der Composition vergrößern oder
                              									vermindern, je nach dem Zweck wozu sie bestimmt ist; auch kann man einzelne
                              									Substanzen weglassen oder durch andere von analogen Eigenschaften ersetzen, z.B. das
                              									Colophonium durch andere Harze, namentlich durch Burgunderpech oder durch Copal. In
                              									allen Compositionen kann man den Thon weglassen.
                           Um die Composition zäher zu machen, setzt man mehr Gutta-percha zu. Um sie
                              									noch zäher und etwas elastischer zu machen, setzt man ihr, nachdem sie präparirt
                              									ist, ein wenig von fein zertheiltem Kautschuk (geschwefelt oder nicht) zu, der aber
                              									weder geschmolzen noch aufgelöst worden ist.
                           Um die Compositionen ganz wasserdicht zu machen, setzt man ihnen fünf Procent Wachs
                              									oder Stearinsäure zu.
                           Man kann diese Compositionen mit Flatterruß oder anderen Pigmenten färben.
                           In folgender Composition ist das Harz durch Pech ersetzt:
                           
                           
                              
                                 Pech
                                   8
                                 
                              
                                 Harzöl
                                   4
                                 
                              
                                 Kalkhydrat, mit Wasser angerührt
                                   6
                                 
                              
                                 Gutta-percha
                                 16
                                 
                              
                                 
                                 –––
                                 
                              
                                 
                                 34
                                 
                              
                           In den folgenden Compositionen kommt weder Harz noch Harzöl vor:
                           
                              
                                 Pech
                                 12
                                 
                              
                                 Kalkhydrat, mit Wasser angerührt
                                   6
                                 
                              
                                 Gutta-percha
                                 16
                                 
                              
                                 
                                 –––
                                 
                              
                                 
                                 34
                                 
                              
                           In folgender Composition ist das Pech durch eben so viel Steinkohlentheer aus
                              									Gasanstalten ersetzt:
                           
                              
                                 Steinkohlentheer
                                 12
                                 
                              
                                 Kalkhydrat, mit Wasser angerührt
                                   6
                                 
                              
                                 Gutta-percha
                                 16
                                 
                              
                                 
                                 –––
                                 
                              
                                 
                                 34
                                 
                              
                           Obige Compositionen können den Kautschuk und die Gutta-percha bei ihren
                              									Hauptanwendungen ersetzen, namentlich um die Zeuge undurchdringlich zu machen, zur
                              									Anfertigung von Röhren, Treibriemen für Transmissionswellen, Fußbekleidungen, Walzen
                              									und Spindeln für Spinnmaschinen, Kapseln zum Verschließen der Flaschen.
                           Man kann diese Compositionen formen und damit Gefäße, Zierrathe etc. verfertigen.
                           Um diesen Compositionen mehr Zähigkeit zu verleihen, kann man ihnen Faserstoffe, wie
                              									Baumwolle, Wolle, Hanf, Lederabfälle etc. beimengen.
                           Man kann diese Compositionen mit dünnen Blättern von natürlichem oder geschwefeltem
                              									Kautschuk überziehen (plattiren), nachdem man die aus Composition bestehende Masse
                              									zuerst durch ein Walzwerk gehen ließ; die Vereinigung bewirkt man dann mittelst
                              									Walzens, oder durch Aufkleben mittelst einer Lösung von Kautschuk,
                              									Gutta-percha etc. Solche duplirte Blätter sind als Oberleder für wasserdichte
                              									Stiefel und Schuhe verwendbar; die Sohlen derselben können von Leder (auf unten
                              									angegebene Weise wasserdicht gemacht), oder von Gutta-percha, oder von Holz
                              									gemacht werden; als Oberleder läßt sich auch dicker Zeug oder Tuch benutzen, welches
                              									nach dem Verfahren des Erfinders wasserdicht gemacht ist.
                           
                        
                           
                           Anwendung obiger Compositionen zum Ueberziehen der Zeuge, um
                                 										sie wasserdicht zu machen.
                           Wenn die undurchdringlich zu machenden Zeuge auf gewöhnliche Weise appretirt sind, so
                              									muß man ihnen vorher den Appret durch Waschen in heißem Wasser benehmen und sie
                              									hernach mit einer in Wasser unauflöslichen Substanz appretiren, wozu sich am besten
                              									Wachs oder Stearinsäure, in Terpenthinöl aufgelöst, eignet; man breitet nämlich den
                              									Zeug auf einer gehörig erwärmten Metallplatte aus und trägt jenen flüssigen Appret
                              									mittelst einer Bürste auf.
                           Auch unauflösliche Seifen lassen sich zu diesem Appretiren der Zeuge anwenden. Man
                              									tränkt nämlich zuerst den Zeug mit einer Auflösung von gewöhnlicher Seife in Wasser,
                              									welche mehr oder weniger erwärmt ist und worin man vorher durch Erhitzen ein wenig
                              									Stearinsäure und Wachs zergehen ließ; dann wascht man den Zeug in einer Auflösung
                              									von Alaun, oder von Zinkvitriol, oder von Bleizucker, damit sich eine unauflösliche
                              									Seife bildet, hierauf läßt man den Zeug trocknen und hernach erwärmt man ihn so weit
                              									daß die Seife schmilzt.
                           Der Erfinder benutzt als lösliche Seife hierbei folgende Composition:
                           
                              
                                 Wasser
                                 60
                                 
                              
                                 gewöhnliche harte oder weiche Seife
                                   6
                                 
                              
                                 Wachs
                                   2
                                 
                              
                                 Stearinsäure
                                   1
                                 
                              
                           Man kocht zuerst die Seife, das Wachs und die Stearinsäure in bloß 20 Theilen Wasser,
                              									und erhitzt bis alle diese Substanzen aufgelöst sind, dann setzt man das übrige
                              									Wasser zu, und erhitzt noch einige Minuten.
                           Die Auflösung des Alauns etc., um diese Seife unauflöslich zu machen, muß eine
                              									Dichtigkeit von 5° Baumé haben. Man kann sie warm oder kalt
                              									anwenden.
                           Nachdem die Zeuge auf angegebene Weise mit unauflöslicher Seife appretirt worden
                              									sind, kann man obige Compositionen auf dieselben auftragen, um sie undurchdringlich
                              									zu machen.
                           Das einfachste Verfahren hierzu besteht darin, den Zeug mittelst zweier einander
                              									gegenüber befindlichen Walzen über einen Tisch zu spannen und dann die Composition,
                              									welche vorher in kleine Stäbchen zertheilt worden ist, auf dem Zeug mittelst eines
                              									hohlen metallenen Schabers, in welchem heißes Wasser oder Dampf circulirt, zu
                              									verbreiten; dieser Schaber wird so angebracht, daß er dem Zeug mehr oder weniger
                              									genähert werden kann, um
                              									der aufzutragenden Schicht eine verschiedene Dicke geben zu können. Es kann entweder
                              									der Zeug fixirt werden und der Schaber über ihn hingehen, oder umgekehrt. In beiden
                              									Fällen wendet man die Composition in dünnen, drei- oder vierseitigen Stäbchen
                              									an, welche so lang sind als der Zeug breit ist. Man legt diese Stäbchen vor den
                              									Schaber, welcher sie erhitzt, erweicht und auf dem Zeug ausbreitet.
                           Nachdem der Zeug mit der Composition überzogen ist, passirt man ihn in Wasser, damit
                              									er die Eigenschaft zu pichen verliert. Anstatt dessen kann man ihn auch mit einem
                              									fein pulverisirten Gemenge von 2 Theilen Thon und 1 Thl. Stearinsäure bestreuen.
                           Wenn der so präparirte Zeug ganz trocken ist, so firnißt man ihn (am besten mit
                              									Gummilack-Firniß). Endlich, wenn der Firniß trocken ist, läßt man den Zeug
                              									durch die Walzen eines Kalanders gehen.
                           Nach diesen Verfahrungsarten kann man auch doppelte undurchdringliche Zeuge
                              									herstellen, indem man den Ueberzug zwischen zwei ähnlichen oder verschiedenartigen
                              									Zeugen anbringt.
                           
                        
                           Compositionen, welche die fette Schmiere für Leder und
                                 										Maschinen ersetzen.
                           Folgende Composition kann als Maschinenschmiere angewandt werden, sowie um das Leder
                              									weich und undurchdringlich zu machen:
                           
                              
                                 Colophonium
                                   6
                                 
                              
                                 Harzöl
                                   6
                                 
                              
                                 Talg
                                   2
                                 
                              
                                 Fischthran oder nicht trocknendes
                                    											Pflanzenöl
                                   2
                                 
                              
                                 Gerberfett (Weißbrühe)
                                   2
                                 
                              
                                 Palmöl
                                   1
                                 
                              
                                 Wasser
                                   2
                                 
                              
                                 
                                 –––
                                 
                              
                                 
                                 21
                                 
                              
                           Man kann in diese Composition mehr oder weniger Gerberfett bringen und den Talg auch
                              									durch Schweineschmalz ersehen.
                           Folgende Composition eignet sich vortrefflich zum Wasserdichtmachen des Leders,
                              									besonders des starken Leders für die Sohlen der Stiefel und Schuhe:
                           
                              
                                 Colophonium
                                 12
                                 
                              
                                 fires Harzöl
                                   4
                                 
                              
                                 gelbes Wachs
                                   2
                                 
                              
                                 Talg
                                   2
                                 
                              
                                 
                                 –––
                                 
                              
                                 
                                 20
                                 
                              
                           
                           Man kann in dieser Composition das Wachs durch Stearinsäure ersetzen, oder weißes
                              									Wachs anstatt des gelben anwenden.
                           Um diese beiden Compositionen zu bereiten, gibt man in einen über dem Feuer stehenden
                              									Kessel alle Substanzen mit Ausnahme des Wassers; man erhitzt mäßig und rührt das
                              									Gemenge mit einem Spatel um, bis alles Harz geschmolzen ist; ist dieses der Fall, so
                              									zieht man das Feuer aus dem Ofen und läßt das Gemenge erkalten; nachdem seine
                              									Temperatur auf beiläufig 24° R. gesunken ist, setzt man das Wasser zu
                              									(welches für die erste Composition vorgeschrieben ist) und rührt kräftig um, bis
                              									dasselbe den anderen Substanzen ganz einverleibt ist.
                           Die erste dieser zwei Compositionen wird in warmem oder kaltem Zustande auf dem Leder
                              									angebracht, nach dem gewöhnlichen Verfahren der Lederbereiter und Weißgerber.
                           Um die Maschinen zu schmieren, wendet man die Composition wie die gewöhnlichen Fette
                              									an.
                           Die letztere Composition muß warm angewendet werden, um damit das Leder
                              									undurchdringlich zu machen.