| Titel: | Neue Anwendungen des Horns. | 
| Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. LX., S. 224 | 
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                        LX.
                        Neue Anwendungen des Horns.
                        Aus
                           							    Armengaud'sGénie industriel, Mai 1855, S. 285.
                        Neue Anwendungen des Horns.
                        
                     
                        
                           Eine Erfindung, welche sich die „Société civile le Fonds commun“ zu Paris
                              									neuerlich patentiren ließ, umfaßt die nachstehenden Arbeiten:
                           Nachdem die Hörner aufgerollt, geplattet und von dem Fett, welches sie enthalten,
                              									befreiet worden sind, müssen sie in einen hölzernen Behälter geworfen werden, der
                              									mit Gutta-percha ausgefuttert ist und in demselben mehrere Tage in einem Bade
                              									liegen bleiben, welches aus 5 Theilen Glycerin auf 100 Theile Wasser besteht, oder
                              									auch ganz einfach nur aus kaltem Wasser, welches niemals gewechselt werden darf und
                              									von selbst ammoniakalisch wird, indem man nur besorgt ist, hinreichend Wasser
                              									zuzugießen um das verlorne zu versetzen. Man kann aber auch ein Bad mit
                              									nachstehenden Beimischungen auf 100 Leiter Wasser anwenden:
                           
                              
                                 Salpetersäure
                                 3
                                 Liter
                                 
                              
                                 Holzessig
                                 2
                                 Liter
                                 
                              
                                 Gerbestoff
                                 5
                                 Kilogramme
                                 
                              
                                 Weinstein
                                 2
                                      „
                                 
                              
                                 Zinkvitriol
                                 2 1/2
                                      „
                                 
                              
                           Auch kann man die Hörner mehrere Tage in ein kaltes oder warmes Bad von Leimwasser,
                              									welches aus thierischen Stoffen erzeugt ist, legen. In diesen Bädern werden die
                              									Hörner weich und elastisch, worauf man sie folgenden Arbeiten unterzieht:
                           
                           Zuvörderst werden die Hörner von dem innern Kern und dann von den Schwielen an den
                              									starken Theilen befreit.
                           Darauf werden sie mittelst eines großen Messers oder durch eine Sage getheilt. Nun
                              									hält man sie mittelst einer hineingesteckten eisernen Stange (oder Stockes von
                              									hartem Holz) über ein helles Feuer, öffnet sie mit einer Zange, indem man sie über
                              									dasselbe Feuer hält, hierauf unterwirft man sie einem starken Druck, z.B. in einer
                              									hydraulischen Presse. Der auszuübende Druck muß nach und nach erfolgen, mit
                              									Unterbrechungen von einigen Secunden, damit die Substanz sich, ohne zu zerreißen,
                              									ausdehnen und ausbreiten kann. Die Platten, zwischen denen der Druck ausgeübt wird,
                              									müssen warm, hauptsächlich aber vollkommen glatt seyn.
                           Um eine gleichmäßige Wärme zu erlangen und mit Sicherheit arbeiten zu können, müssen
                              									diese Platten mittelst Dampf erhitzt werden; je bedeutender der angewandte Druck
                              									ist, desto geringer braucht die Wärme der Platten zu seyn.
                           Nach dem Pressen muß man das Horn erkalten lassen und mittelst einer kleinen Pumpe
                              									vor dem Lösen des Druckkolbens kaltes Wasser zwischen die Eisenplatten treiben, um
                              									das Horn zu baden und sein Verziehen zu verhindern.
                           Unter der Presse müssen die Hornplatten die Dicke (des Fischbeins) erhalten, welche
                              									zu ihrer weitern Verarbeitung erforderlich ist; sollten sie zu dick seyn, so müssen
                              									sie mittelst einer horizontalen Säge zerschnitten werden.
                           Die zu pressenden Hornplatten müssen mit Fett oder Oel bestrichen werden.
                           Nach dem Pressen müssen sie aber vom Fett oder Oel durch Abreiben mit Horn oder mit
                              									Potasche wieder befreit werden, und man darf sie nicht in ein warmes Bad bringen,
                              									weil sie sich sonst verziehen könnten.
                           Im Gegentheil bringt man sie in eines von den oben erwähnten kalten Bädern und läßt
                              									sie darin so lange liegen, bis sie weiter verarbeitet werden sollen.
                           Bei Behandlung von kleinen Hornstücken ist weniger Zeit zum Erweichen erforderlich,
                              									man hat dabei aber den Nachtheil mehrere Hornstücke zusammenlöthen zu müssen. Dieß
                              									geschieht dadurch, daß man die beiden zusammenzulöthenden Stücke abschrägt und sie,
                              									nachdem man sie gehörig erwärmt hat, übereinander legt, dabei aber Sorge trägt, daß
                              									nicht das geringste Fett dazwischen kommt und die zusammenzulöthenden Flächen auch
                              										nicht einmal mit
                              									fettigen Fingern berührt werden. Die beiden, mit den abgeschrägten Flächen
                              									zusammengelegten Hornstücke werden alsdann zwischen Platten von Buchenholz und diese
                              									zwischen stark erhitzte Preßplatten gelegt, um einem starken Druck unterworfen zu
                              									werden. Darauf gießt man so lange kaltes Wasser zwischen die hölzernen Preßplatten,
                              									bis dieselben, nach dem Ausdrucke der Arbeiter, zu „singen“ aufgehört haben. Während des Abkühlens läßt man mit
                              									Pressen successiv nach. Um ein vollkommenes Löthen zu erlangen, muß man alle etwa
                              									hervorstehenden Theile sorgfältig wegschneiden. Hernach legt man die
                              									zusammengelötheten Platten einige Stunden lang in kaltes Wasser und endlich in eines
                              									von den oben erwähnten Bädern, worin man sie bis zur weitern Verarbeitung liegen
                              									läßt.
                           Das Büffelhorn ist ursprünglich nicht schwarz, und man muß es daher, nachdem es in
                              									Platten zertheilt ist, färben, sobald es die natürliche gelbe Farbe nicht behalten
                              									soll, z.B. wenn es zu Fischbeinstäben für Regenschirme und Schnürleibchen
                              									verarbeitet wird.
                           Zum Färben gebraucht man:
                           Gelbholz,
                           Rothholz,
                           Eisenvitriol.
                           Das Ganze wird zusammen gekocht; die Verhältnisse ergibt die
                              									Erfahrung, nach dem Grade der zu ertheilenden schwarzen Farbe.
                           Wenn der Kessel mit der Farbe vom Feuer genommen worden ist, muß man auf 100 Liter
                              									Wasser etwa 8 bis 10 Tropfen Salpetersäure zusetzen, dann die zu färbenden oder zu
                              									beizenden Hornstücke kurze Zeit hineinstecken, und sie hierauf trocknen lassen.
                           Dieses Bad macht das Horn noch geschmeidiger. Die auf diese Weise erhaltenen
                              									Fischbeinstäbe müssen auf gewöhnliche Weise oder durch mechanische Mittel polirt
                              									werden.
                           Man kann die so bearbeitete Hornsubstanz, und besonders die Abfälle, zur Fabrication
                              									von Haaren für jedwede Verwendung derselben benutzen. Zu diesem Zweck braucht man
                              									nur das Horn mittelst Schneidewalzen in Bänder und diese in Fäden zu zerschneiden.
                              									Diese Haare können sehr vortheilhaft diejenigen von Pferden, Ochsen und Kühen
                              									ersetzen, ja man kann sie so lang machen, daß sie sich selbst zum Weben von Zeugen
                              									verwenden lassen. Die kürzeren können als dünne Fischbeinstäbchen in Halsbinden und
                              									andern Gegenständen und die kürzesten zum Polstern u.s.w. benutzt werden.
                           
                           Die Hornsubstanz kann auch, nachdem sie auf angegebene Weise weich und elastisch
                              									gemacht worden ist, sowohl in natürlicher Farbe, als verschiedenartig gefärbt, zum
                              									Binden von Büchern und Albums, zum Ueberziehen von Necessaires und Kästchen aller
                              									Art angewendet werden, wozu man sie mit den Schildpatfarben versieht. Eben so läßt
                              									sie sich recht gut durch Pressen und Formen zu Ornamenten verschiedener Art, zu
                              									Thürschildern etc., wozu man sonst nur Metall benutzt, verwenden; deßgleichen zu
                              									Stockknöpfen, Pistolenkolben, anstatt Kupferplatten etc. zum Stecken u.s.w.