| Titel: | Ueber Sesamöl und dessen Unterscheidung von Olivenöl; von Dr. J. J. Pohl. | 
| Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. LXI., S. 227 | 
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                        LXI.
                        Ueber Sesamöl und dessen Unterscheidung von
                           								Olivenöl; von Dr. J. J. Pohl.
                        Aus den Sitzungsber. der kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu Wien, Bd. XII.
                        Pohl, über Sesamöl und dessen Unterscheidung von
                           								Olivenöl.
                        
                     
                        
                           Unter den Verfälschungsmitteln des Olivenöls nimmt jetzt das Sesamöl den ersten Rang
                              									ein, ja es kommt sogar bloßes Sesamöl als Olivenöl im Handel vor. Da der Preis des
                              									Sesamöls geringer ist als der des Olivenöls, so erscheint eine einfache und sichere
                              									Unterscheidungsweise beider Oele so wie die Erkennung einer Verfälschung des einen
                              									mit dem andern von Wichtigkeit. Wenn die folgenden Bemerkungen über die
                              									Unterscheidungsmittel beider Oele den gestellten Anforderungen auch nicht in jeder
                              									Beziehung Genüge leisten, so dürften sie dennoch bei der bisherigen fast gänzlichen
                              									Unkenntniß der Eigenschaften des Sesamöles einige Beachtung verdienen.
                           Das Sesamöl, bereits den alten Römern bekannt, stammt von Sesamum orientale. einer ursprünglich in Ostindien einheimischen Pflanze,
                              									welche aber in allen südlicheren Gegenden gedeihet. Es werden von Sesamum orientale drei Varietäten in Indien
                              									unterschieden: suffed till, mit weißen Samenkörnern; kala till, mit zum Theil gefärbten Körnern, und tillee oder black till mit
                              									braunschwarzen Samenkörnern, von welch letzterer Gattung die größte Menge des im
                              									Handel vorkommenden Oeles stammen soll. Black till soll
                              									45 Procent vom Gewichte der Samen an Oel liefern.Reports by the Juries for the Exhibition of the Works
                                       												of Industry of All Nations. 1851, pag.
                                    											81. Das Oel dient als Speiseöl und gibt beim Verbrennen einen feinen Ruß, von dem man
                              									sagt, daß er vorzugsweise zur Bereitung der ächten Tusche diene.Martius: Die ostindische
                                    											Rohwaaren-Sammlung der Friedrich-Alexanders-Universität
                                    											zu Erlangen, gr. 8. Erlangen 1853, S. 31.
                              								
                           Das von mir untersuchte Sesamöl hatte eine goldgelbe Farbe, einen sehr schwachen
                              									Geschmack, ähnlich dem des Hanfes und war geruchlos. Nach monatlangem Stehen in
                              									einer unvollkommen verschlossenen Flasche trat der hanfähnliche Geschmack in Folge
                              									einer Oxydation deutlich hervor und zugleich stellte sich ein schwacher ranziger
                              									Geruch ein.
                           Die weiteren Eigenschaften liefert nachstehende Uebersicht im Vergleiche mit den
                              									Eigenschaften des Olivenöles.
                           
                              
                                       Sesamöl:
                                       Olivenöl:
                                 
                              
                                 Die Dichte beträgt bei 15° C.
                                    											0,9230; bei 17,5° 0,9210; bei 21,3° 0,9183; die Dichte des
                                    											Wassers bei 17,5° gleich der Einheit gesetzt. Im Mittel wird also
                                    											durch eine Temperaturveränderung von Einem Grad Celsius die Dichte des Oeles
                                    											um 0,00075 verändert.Sesamöl erscheint bei 4° C. noch vollkommen
                                    											klar, nur etwas dickflüssig; es gefriert erst bei – 5° C. zu
                                    											einer gelblich-weißen, durchscheinenden, etwas schmierigen Masse von
                                    											der Consistenz des Palmöles, welche ganz gleichförmig ist, ohne Spur eines
                                    											griesigen Absatzes.Bis 100° erhitzt kommt es scheinbar ins
                                    											Kochen, die Bildung von Dampfbläschen hält aber nur einige Zeit an; bei
                                    											150° beginnt es die Farbe zu ändern, sie wird immer lichter bis zu
                                    											215°, bei welcher Temperatur sich weiße Dämpfe entwickeln.
                                 Die Dichte des Olivenöles ist nach Brandes und ReichBrandes, Archiv des
                                          													Apotheker-Vereines im nördlichen Deutschland Bd. XXI S.
                                          													155. bei 15,6° C. 0,9135 bis 0,9275; nach Schübler und UreErdmann's Journal für techn. und ökonom.
                                          													Chemie Bd. II S. 381. bei 15° C. 0,9176; bei
                                    											7,5° aber gleich 0,9205, wornach Ein Grad
                                    											Temperatur-Unterschied eine Aenderung von 0,00039 in der Dichte
                                    											bedingt. Ich fand die Dichte einer Sorte von Olivenöl bei 17,5° C.
                                    											gleich 0,91635, bei dieser Temperatur die Dichte des Wassers gleich Eins;
                                    											ferner bei 15° zu 0,91780 und bei 10,5° gleich 0,91500; die
                                    											Aenderung in der Dichte durch 1° C. Temperatur-Unterschied im
                                    											Mittel zu 0,00060.Erstarrt nach Schübler bei
                                    											+ 2,5° C., manchmal erfolgt aber schon bei 10° die Bildung
                                    											eines weißen griesigen Absatzes.Olivenöl wird bereits bei 120°
                                    											lichter gefärbt, bei 180° steigen viele
                                 
                              
                                 Jetzt erkalten gelassen, färbt sich das Oel wieder
                                    											dunkler, ohne jedoch die ursprünglich Farben-Intensität zu
                                    											erreichen.
                                 Dampfblasen in demselben auf und es zeigen sich weiße
                                    											Dämpfe. Bei 220° ist das Oel fast vollkommen farblos. Jetzt erkalten
                                    											gelassen, nimmt es seine ursprüngliche gelbe Farbe nicht wieder an, schmeckt
                                    											und riecht jedoch ranzig.
                                    										
                                 
                              
                                 Bei 335° beginnt die Entwickelung
                                    											von Dampfblasen in dem Oele unter starkem Rauchen, das Thermometer steigt
                                    											nun bei ungeänderter Flamme der unter das Siedegefäß gestellten Lampe bis
                                    											398°, beginnt aber dann wieder zu sinken. Bei meinem Versuche fiel es
                                    											rasch auf 390, nach einer Minute auf 385,5°, welche Temperatur das
                                    											Thermometer durch fünf Minuten anzeigte, worauf es auf 382,5° sank,
                                    											hier wieder vier Minuten constant stehen blieb, um nach weiteren zwei
                                    											Minuten auf 376° zu sinken. Nach abermals verstrichenen fünf Minuten
                                    											langem Stillstand sank die Quecksilbersäule rasch auf 373,5° C., wo
                                    											sie zehn Minuten unter beständigem, scheinbarem Kochen constant verweilte.
                                    											Nach Ablauf letztgenannter Zeit wurde der Versuch unterbrochen.Von
                                    											ungefähr 300° an färbte Lichte nur Spuren eines zeisiggrünen sich das
                                    											Oel immer dunkler und dunkler, zuletzt war es dunkel-gelbbraun
                                    											geworden. Das erkaltete Oel zeigte wie das Glycerin, bei auffallendem Lichte
                                    											deutlich eine zeisiggrüne Reflexfarbe.
                                    										
                                 Bei 328° beginnt es scheinbar zu kochen, das
                                    											Thermometer steigt jedoch beständig bis 394°, während das Olivenöl
                                    											sich wieder dunkler färbt nach einer Minute sank bei meinem Versuche die
                                    											Temperatur der kochenden Flüssigkeit auf 387,5°; nach abermals einer
                                    											Minute auf 380°, nach einer dritten Minute auf 377,5°. In neu
                                    											verflossenen vier Minuten zeigte das Thermometer nur mehr 371°, wo es
                                    											zwei Minuten constant blieb, um dann rasch auf 369° zu sinken. Nach
                                    											fünf Minuten war die Quecksilbersäule auf 367,5° gesunken und endlich
                                    											nach abermals zwei Minuten auf 364°, worauf der Versuch beendet
                                    											wurde.Das Oel erscheint nun schön dunkel-goldgelb, selbst nach
                                    											dem Erkalten; es zeigt bei auffallendem Reflexes und ist syrupdick. Nach
                                    											vierundzwanzigstündigem Stehen haben sich daraus feste, weiße,
                                    											krystallinische Theilchen abgeschieden, die sich nach dem Auskochen mit
                                    											Wasser als Fettsäure erwiesen.
                                 
                              
                           Ich muß bemerken, daß die letzteren Beobachtungen in Folge des auftretenden, sehr
                              									heftigen Acrolëingeruches ohne weitere Vorkehrungen kaum möglich sind; wenn man aber
                              									neben die weite Eprouvette, welche das Oel enthält, ein Uhrglas, gefüllt mit
                              									Ammoniak, stellt, so daß letzteres ebenfalls schwach erwärmt, rasch verdampfen muß,
                              									so können obige und alle ähnlichen Versuche im Zimmer an jedem beliebigen
                              									Arbeitstische ohne die geringste Belästigung durch den Acrolëingeruch
                              									vorgenommen werden.
                           
                              
                                 Mit Schwefeläther geschüttelt gibt Sesamöl
                                    											eine weiße Emulsion; nach kurzem Stehen sondern sich die beiden
                                    											Flüssigkeiten und das Oel ist fast völlig entfärbt.Mit gepulvertem
                                    											Indigo bis gegen 300° erhitzt, löst es letztern und gibt eine in
                                    											dünnen Schichten schön roth-violette Flüssigkeit (die Farbe des
                                    											Indigodampfes), dickere Schichten sind völlig undurchsichtig. Beim Erkalten
                                    											geht die Farbe der Lösung mehr ins Blaue, ohne daß zuletzt eine Entfärbung
                                    											und Abscheidung des Indigos einträte.
                                 Das Verhalten gegen Schwefeläther ist gleich dem des
                                    											Sesamöles.Olivenöl bis gegen 300° mit Indigo erhitzt, zeigt
                                    											dieselben Erscheinungen wie das Sesamöl.Es tritt also nach dem Erkalten
                                    											ebenfalls keine Entfärbung der Lösung ein, wie man gewöhnlich an nimmt; nach
                                    											14tägigem Stehen war die Flüssigkeit noch immer violettblau
                                    											gefärbt.
                                 
                              
                                 Mit concentrirter engl. Schwefelsäure
                                    											zusammengebracht, wird das säure Oel nach wenigen Augenblicken dunkel
                                    											rothbraun und gallertartig. Mit der Säure erhitzt, entsteht dieselbe Färbung
                                    											und starkes Ausschäumen unter Entweichen von schwefliger Säure. Nach dem
                                    											Erhitzen mit Wasser vermischt, bildet sich ein käsiger, zum Theil weißer,
                                    											zum Theil purpurfarbiger Niederschlag.
                                 Mit concentrirter engl. Schwefelsäure behandelt, das
                                    											Oel im Ueberschuß, tritt nach kurzer Zeit, wie bereits Heydenreich bemerkte,Polytechn. Journal, 1842, Bd. LXXXV S.
                                          											58.  eine grüngelbe Färbung ein, während Olivenöl
                                    											mit einem Säureüberschuß grau-braun-gelb und dick wird. Beim
                                    											Erhitzen des Gemenges dasselbe Verhalten wie beim Sesamöle. Nach dem
                                    											Versetzen mit Wasser entsteht bloß ein käsiger, weißer
                                    											Niederschlag.
                                 
                              
                                 Concentrirte Salzsäure bringt in der Kälte
                                    											keine Veränderung hervor, selbst bis zum Kochen erhitzt, bleibt die Farbe
                                    											des Oeles goldgelb und die Dünnflüssigkeit desselben scheint nicht
                                    											geändert.
                                 Wird mit concentrirter Salzsäure etwas lichter, noch
                                    											mehr beim Kochen damit, ohne eine weitere Veränderung zu zeigen.
                                 
                              
                                 Salpetersäure färbt das Sesamöl orangegelb, ebenso
                                    											beim Erwärmen, nur entsteht dann Aufschäumen und es bildet sich eine dicke
                                    											schaumige Masse.
                                 Olivenöl wird von Salpersäure in der Kälte etwas
                                    											lichter gefärbt, in der Hitze jedoch goldgelb; die Flüssigkeit schäumt beim
                                    											Erwärmen stark, bleibt jedoch vollkommen klar. 
                                 
                              
                                 Mit Bleizuckerlosung in einer Eprouvette
                                    											geschüttelt, entsteht schon nach dreimaligem Schütteln eine dicke, weiße
                                    											Emulsion.
                                 Mit Bleizuckerlösung unter gleichen Umständen wie das
                                    											Sesamöl behandelt, ebenfalls Bildung einer weißen Emulsion, welche jedoch
                                    											weniger Consistenz besitzt.
                                 
                              
                           Aus dieser Vergleichung geht hervor, daß das Verhalten des Sesamöles beim Erwärmen,
                              									ferner das gegen concentrirte Schwefelsäure und Salpetersäure benutzt werden kann,
                              									um es vom Olivenöle zu unterscheiden. Schließlich mache ich noch auf den niedrigen
                              									Erstarrungspunkt des Sesamöles gegen den des Olivenöles aufmerksam, wornach die
                              									unreineren Sorten in kälteren Jahreszeiten dem Olivenöle als Brennmaterial
                              									vorzuziehen sind. Auch für Maschinenschmiere empfiehlt sich eine Beimischung von
                              									Sesamöl.