| Titel: | Neues Verfahren den Schwefel bei der Behandlung der Traubenkrankheit anzuwenden; von Hrn. C. J. Thirault. | 
| Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. LXIII., S. 233 | 
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                        LXIII.
                        Neues Verfahren den Schwefel bei der Behandlung
                           								der Traubenkrankheit anzuwenden; von Hrn. C. J. Thirault.
                        Aus den Comptes
                                 								rendus, Juni 1855, Nr. 23.
                        Thirault's neues Verfahren den Schwefel bei der Behandlung der
                           								Traubenkrankheit anzuwenden.
                        
                     
                        
                           Unter den zahlreichen Mitteln welche bisher gegen die Traubenkrankheit versucht
                              									worden sind, hatte der Schwefel den größten Erfolg. Seine Anwendung in Form von
                              									Schwefelblumen, ist jedoch mit mehreren Uebelständen verbunden; es ist nämlich eine
                              									sehr große Menge Schwefel erforderlich, um ein wenig von demselben auf den
                              									Weinstöcken zu verbreiten; damit die Operation gelingt, muß ferner die Atmosphäre
                              									ruhig seyn, denn der geringste Wind reicht hin, um den aufgestreuten Schwefel
                              									wegzublasen; überdieß muß die Operation am Morgen, beim Thau, vorgenommen werden,
                              									damit der Schwefel haftend bleibt. Wegen dieser verschiedenen Uebelstände kam der
                              									Schwefel, obgleich er sich als Heilmittel bewährte, wohl nicht allgemein in
                              									Gebrauch.
                           Ich suchte daher ein Verfahren zu ermitteln, wornach sich der Schwefel sehr leicht
                              									anwenden läßt; dieß gelang mir mittelst folgenden Präparats:
                           
                              
                                 käufliche Kali-Schwefelleber
                                    											(Dreifach-
                                    											bis    Fünffach-Schwefelkalium)
                                    1
                                 Pfund
                                 
                              
                                 Salzsäure
                                  1/4
                                    „
                                 
                              
                                 Wasser
                                 100
                                    „
                                 
                              
                           Man löst die Schwefelleber in der Hälfte der Wassermenge auf, der andern Hälfte setzt
                              									man die Säure zu, und vermischt dann die Flüssigkeiten. In der so erhaltenen
                              									Flüssigkeit ist einerseits Schwefel suspendirt enthalten, andererseits
                              									Schwefelkalium und Schwefelwasserstoff aufgelöst.
                           Dieses Präparat kann bei jeder Witterung angewendet werden, vorausgesetzt daß es
                              									nicht regnet. Man hat nur die Vorsicht zu beobachten, daß man die Vermischung der
                              									Flüssigkeiten nach Maaßgabe des Bedarfs vornimmt, also die Flüssigkeit sogleich nach
                              									ihrer Bereitung anwendet, während sie milchig ist und der Schwefel sich noch nicht
                              									abgesetzt hat. Ich habe einmaliges Begießen der Weinstöcke mit dieser Flüssigkeit
                              									hinreichend gefunden; übrigens könnte man nach Verlauf einiger Tage eine zweite
                              									Behandlung vornehmen, wenn man noch Spuren der Krankheit bemerkt. Außer ihrer
                              									unmittelbaren Wirkung hat diese Lösung noch den Vortheil, daß der auf den
                              									Weinstöcken fixirte Schwefel während einiger Tage Schwefelwasserstoff entwickelt,
                              									mit dem er sich im Augenblick seiner Fällung so zu sagen verbunden hatte; überdieß
                              									wird in Folge der Zersetzung des Schwefelkaliums in Berührung mit der Luft neuer
                              									Schwefel in Freiheit gesetzt; die Rebe bleibt daher lange genug mit Schwefel in
                              									Berührung, daß derselbe sicher seine Wirkung ausüben kann.
                           Ich benutzte zu meinen Versuchen ein Rebengeländer von solcher Ausdehnung daß es in
                              									gewöhnlichen Zeiten ein Stückfaß Wein liefert; dasselbe war vom oïdium vollständig inficirt; die Versuche wurden
                              									im August v. J. angestellt, wo die Krankheit in ihrer ganzen Intensität war. Keine
                              									Traube war an diesen Stöcken gesund; ein pulverförmiges Netz, das charakteristische
                              										Zeichen der
                              									Krankheit, überzog fast alle Beeren. Ich behandelte nur einen Theil der Weinstöcke,
                              									der andere diente zur Vergleichung. Das Resultat war entscheidend. Eine Woche nach
                              									dem Begießen mit Schwefelmilch war bei den betreffenden Weinstöcken das
                              									pulverförmige Netz, welches die Beeren einhüllte, ganz verschwunden; dieselben
                              									wurden durchsichtig, entwickelten sich rasch, und kamen frühzeitig genug zur Reife,
                              									um nicht neuerdings von dem oïdium inficirt zu
                              									werden, welches die nicht begossenen Weinstöcke überzog. Dagegen kamen die der
                              									Behandlung nicht unterzogenen Weinstöcke gar nicht zur Reife, die Beeren derselben
                              										vertrockneten.Hr. Saint-Quentin (Comptes rendus, Juli 1855, Nr. 1) empfiehlt bei diesem Verfahren
                                    											die Kali-Schwefelleber durch das wohlfeilere
                                    											Fünffach-Schwefelcalcium zu ersetzen, welches man auf nassem Wege
                                    											bereitet, indem man Kalkhydrat, in Wasser vertheilt, längere Zeit mit
                                    											Schwefel kocht und filtrirt. Nach beiden Methoden benutzt man 75 Procent des
                                    											angewandten Schwefels; während aber zur Bereitung der
                                    											Kali-Schwefelleber (auf trocknem Wege) ein dem des Schwefels gleiches
                                    											Gewicht Potasche angewendet werden muß, sind von gebranntem Kalk nur 7/16
                                    											des Schwefelgewichts erforderlich.