| Titel: | Beschreibung eines Verfahrens zur Steigerung des pyrometrischen Wärmeeffectes jedes Brennstoffes. | 
| Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. XC., S. 349 | 
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                        XC.
                        Beschreibung eines Verfahrens zur Steigerung des
                           								pyrometrischen Wärmeeffectes jedes Brennstoffes.
                        In Bayern am 25. Juni 1853 für die HHrn.
                           								Oberappellationsgerichts-Präsident v. Heintz,
                           								Ministerialrath K. A. Steinheil und Oberpostrath K. Erter privilegirt. – Aus dem Kunst- und
                                 								Gewerbeblatt, 1855, S. 519.
                        zur Steigerung des pyrometrischen Wärmeeffectes jedes
                           								Brennstoffes.
                        
                     
                        
                           Unser neues Verfahren, den Temperaturgrad der Verbrennung eines brennbaren Stoffes in
                              									atmosphärischer Luft zu erhöhen, besteht einfach darin, die Verbrennung unter einer
                              									höheren Pression als die atmosphärische zu effectuiren. Es ist eine bekannte
                              									Thatsache und wir haben sie durch eine eigene Versuchsreihe aufs Neue bestätigt
                              									gefunden, daß atmosphärische Luft mit Leuchtgas (1/10) gemengt in einem
                              									verschlossenen Gefäß durch den elektrischen Funken entzündet mit einer um so
                              									größeren Expansionskraft detonirt, je stärker das Luft- und Gasgemenge vor
                              									der Entzündung comprimirt war. Es ist auch für sich einleuchtend, daß wenn in
                              									demselben Raume und in derselben Zeit die doppelte oder dreifache Gewichtsmenge
                              									eines brennbaren Körpers vollständig verbrennt, dieser
                              									Raum eine doppelte oder
                              									dreifache Wärmemenge enthalten müsse, die sich nach dem Mariotte'schen und nach dem Gay-Lussac'schen Gesetze, modificirt durch die Dulong'sche Bestimmung der specifischen Wärme bei constantem Volumen, in
                              									der meßbaren Pression der erhitzten Gasarten (des Verbrennungsproductes) kund gibt.
                              									Nichtsdestoweniger findet sich in unsern neuesten metallurgischen Werken (s. Scheerer's Lehrbuch der Metallurgie, Braunschweig 1848)
                              									die Ansicht aufgestellt und zur Grundlage einer Theorie gemacht, daß jeder brennbare
                              									Körper nur im Maximum mit derjenigen Temperatur verbrennen könne, welche der zur
                              									vollständigen Verbrennung erforderlichen Sauerstoffmenge entspricht und modificirt
                              									durch die beigegebenen andern Gasarten auf das Verbrennungsproduct übergeht. Dieß
                              									ist ganz richtig in Bezug auf die Quantität der Wärme,
                              									aber nicht in Bezug auf die Intensität oder den pyrometrischen Effect. Die Menge
                              									oder Quantität der Wärme, die sich aus der Verbindung eines Gewichtstheils des
                              									brennbaren Stoffes mit den zur vollständigen Verbrennung erforderlichen
                              									Gewichtstheilen Sauerstoff ergibt, kann nicht vermehrt
                              									werden, aber der durch das Thermometer meßbare Hitzgrad,
                              									wenn in denselben Raum mehr verbrennende Gewichtstheile gebracht, diese concentrirt,
                              									zusammengedrückt werden. Nach der geltenden Ansicht kann z.B. Kohlenstoff in
                              									Sauerstoff mit keiner höhern Temperatur als mit 9873° C., in atmosphärischer
                              									Luft nicht heißer als mit 2458° C. verbrennen. Dieses Resultat allgemein
                              									ausgesprochen ist unrichtig. Es wird richtig durch den Beisatz „bei atmosphärischer Spannung.“ Wie aber
                              									die Spannung der verbrennenden Gasarten größer wird, d.h. wie in derselben Zeit und
                              									im selben Raume mehr Theile zur Verbrennung kommen als bei offener Feuerung
                              									zugeleitet werden können, steigt auch in gleichem Maaße die Temperatur, gerade so
                              									wie es die Detonationen bei comprimirten und entzündbaren Gasgemengen
                              									unwidersprechlich nachweisen, und also längst hätten lehren können, wenn man die
                              									Folgerung auf den continuirlichen Verbrennungsproceß übertragen hätte. Allein es
                              									scheint, ein Versuch hat irre geleitet – das Gebläse mit gepreßten Gasen
                              									– bei welchem die Temperatur nicht erheblich steigt. Der Grund liegt jedoch
                              									darin, daß man die gepreßten Gase wieder in die freie Luft entweichen und in dieser
                              									verbrennen ließ, wobei sie sich natürlich bis zur atmosphärischen Spannung ausdehnen
                              									und schon dadurch viele Wärme binden.
                           Um daher innerhalb gewisser Gränzen jeden brennbaren Körper mit beliebig hoher
                              									Temperatur mit Luft zu verbrennen, ist es nur erforderlich den Verbrennungsproceß so
                              									einzuleiten, daß er bei höherer Spannung des Heizraumes
                                 										continuirlich erhalten werde.
                           
                           Dieß wird erlangt bei Flammenöfen, wenn Luft und Gas mit einer größern Pression in
                              									den Feuerraum getrieben werden, als die Pression in der Abzugsöffnung der
                              									Verbrennungsproducte ist. Gesetzt es verbrenne bei 4 Zoll
                              									Quecksilber-Manometer Windpression in der Zeiteinheit die Gewichtseinheit
                              									eines Gemenges Luft und Gas mit 1000° C., so wird, wenn die Pression für Luft
                              									und Gas bis zu dem Punkte gesteigert wird, daß nun in dieser Zeiteinheit 10
                              									Gewichtseinheiten in denselben Verbrennungsraum geführt werden, die Temperatur auch
                              									10mal höher, d. i. 10000° werden. Bei 10000° C. ist aber jede Luft
                              									37mal größer als bei 0°, und entsteht daher nicht nur in dem Ofenraum eine
                              									höhere Temperatur als man bisher durch Verbrennen von Leuchtgas erhalten konnte,
                              									sondern ein so mächtiger Strom der erhitzten und ausgedehnten Verbrennungsproducte,
                              									welche aus dem Ofen entweichen, daß er zum Betriebe einer Kraftmaschine eben so gut
                              									als ein ähnlicher Strom von Wasserdampf von gleicher Spannung und gleichem
                              									Durchmesser verwendet werden kann.
                           Daß solche Oefen ausreichend stark gebaut seyn müssen, um der innern Pression zu
                              									widerstehen, daß die Abzugsöffnung für die Verbrennungsproducte verstellbar in der
                              									Größe, daß Luft und Gas getrennt comprimirt und eingeführt werden müssen, versteht
                              									sich von selbst.
                           Soll festes Brennmaterial statt Gas verwendet werden, so muß der Ofen zur Beschickung
                              									und zum Abführen der Asche oben und unten eine Vorrichtung erhalten, welche das
                              									Einbringen gestattet, ohne den luftdichten Schluß zu unterbrechen. In diesem Falle
                              									ist nun comprimirter Wind allein zur Verbrennung ausreichend, und es muß die
                              									Windmenge in solchem Verhältniß zur Gesammtoberfläche des Brennmaterials stehen, daß
                              									eine vollständige Verbrennung erzielt wird.
                           Die hohe Temperatur der abziehenden Verbrennungsproducte kann ganz ähnlich wie ein
                              									Knallgasgebläse zum Erglühen darin festgehaltener Körper, Kalk, Kohle etc., benutzt
                              									und somit auch als Leuchtkraft verwendet werden.
                           Bezüglich des Nutzeffectes, mit welchem der beiße Luftstrom als Triebkraft angewendet
                              									werden kann, ist vorerst zu bemerken, daß die specifische Wärme der Luftarten nahe
                              									4mal kleiner ist, als die desselben Gewichtes Wasser; daß daher heiße Luft von
                              									gleicher Spannung und gleichem Volum mit Dampf 4mal weniger Wärmemenge erfordert und
                              									daher im Allgemeinen in ökonomischer Hinsicht vortheilhafter ist als Dampf. Dazu
                              									kommen aber noch zwei Umstände, welche zu Gunsten der Luft wirken, erstens daß in
                              									geschlossenem gespanntem Raume geheizt wird, wodurch die Wärmecapacität sich nahe um 1/2
                              									der bei constantem Druck vermehrt, und zweitens, daß alle
                                 										Wärme benutzt wird, daß kein besonderes Feuer, kein besonderer Schlott für
                              									die Erwärmung nöthig wird, wie jetzt bei Dampf und bei der calorischen Maschine.
                           Da nun zugleich die allervollkommenste und vollständigste Verbrennung – ohne
                              									Rauch – ohne Kohlenoxydgas – erzielt wird, so ist die durch den
                              									chemischen Verbrennungsproceß erzeugte Hitze auch vollständig verwendet, und es wird
                              									das Maximum der möglicher Weise zu erreichenden Arbeit auch wirklich erzielt werden,
                              									wenn die Expansion des erhitzten Luftstromes bis dahin
                              									benutzt wird, daß die Luft bei einer Minimaltemperatur aus der Maschine tritt. Dieß
                              									erlangt man, wenn der Luftstrom durch eine Dampfturbine geht.
                           Daß die Arbeitskraft des erhitzten Gasstromes größer sey als die zur Compression von
                              									Luft und Gas erforderliche Arbeit, ist ohne Rechnung zu ersehen. In welchem Maaße
                              									der Arbeitseffect mit der erhöhten Temperatur steigt, ist aus folgender Tafel zu
                              									ersehen, welche die Leistung eines Kubikfußes Luft, welchem 1/10 Leuchtgas
                              									beigemengt ist, bei den angesetzten Temperaturen gibt.
                           
                              
                                 Temperatur   in
                                    											Centigr.
                                  Spannungin Atmosph.  
                                 Arbeit in Fußpfundenvon 1 Kubikfuß Luft
                                    											atmosph. Spannung.
                                 
                              
                                     2000
                                       
                                    											2
                                           660
                                 
                              
                                     3000
                                       
                                    											3
                                         1295
                                 
                              
                                     4000
                                       
                                    											4
                                         1800
                                 
                              
                                     6000
                                       
                                    											6
                                         2876
                                 
                              
                                     8000
                                       
                                    											8
                                         3613
                                 
                              
                                   10000
                                      10
                                         4212
                                 
                              
                                   50000
                                      50
                                         8800
                                 
                              
                                 100000
                                    100
                                       10600
                                 
                              
                           Bei Benutzung von Kohle statt wasserstoffhaltiger Gasarten sind die Arbeitseffecte
                              									noch weit beträchtlicher, da das Verbrennungsproduct fast keine Wasserdämpfe
                              									enthält, die wegen ihrer großen specifischen Wärmecapacität die Temperaturen
                              									erniedrigen.
                           In den Bereich unseres Privilegiums ziehen wir dem bereits Angeführten zu Folge:
                           
                              1) Alle Heizmethoden, welche eine größere Spannung der
                                 										abziehenden Verbrennungsproducte bewirken, als man bisher im Maximum erreicht
                                 										hat, das kaum einige Zolle des Quecksilbermanometers beträgt, wenn diese höhere
                                 										Spannung durch stärker gepreßten Wind, oder Wind und Gas zusammen erzielt
                                 										wird. Das neue Verfahren umfaßt daher sowohl die metallurgischen, die
                                 										Glas-, Thon-, Porzellan-, Ofenprocesse, als die
                                 										bürgerlichen und chemischen. Es ist keine Art von Brennmaterial ausgeschlossen,
                                 										gleichviel ob es zu den flammbaren oder nicht flammbaren, ob es zu den festen,
                                 										flüssigen oder gasförmigen Körpern gehört, sobald die Verbrennung durch
                                 										atmosphärische Luft bewirkt wird.
                              2) Alle Arten der Verwendung des Abzuges der Verbrennungsproducte
                                 										als Triebkraft, gleichviel, ob damit Kolbenmaschinen, Rotationsmaschinen oder
                                 										Reactionsmaschinen (Turbinen) getrieben, gleichviel von welchen Dimensionen und
                                 										zu welchen Zwecken sie bestimmt seyen.
                              3) Alle Beleuchtungsarten, die erzielt werden durch Erglühen des
                                 										in dem erhitzten Luftabzuge festgehaltenen Körpers, wenn dieses Erglühen ct. par. heller ist, als man es bisher bei Anwendung
                                 										von atmosphärischer Luft zum Verbrennen erreicht hat.
                                 										Die wesentlichen Vortheile unseres neuen Verfahrens
                                 										sehen wir
                              
                           a) bei der Steigerung des
                                 										pyrometrischen Effectes:
                           
                              1) in der Möglichkeit geringere Brennmaterialien, die zu vielen
                                 										technischen Zwecken jetzt direct nicht verwendet werden konnten, wegen Mangel
                                 										der erforderlichen Intensität der Hitze, eben so zu verwenden wie jetzt die
                                 										besten Brennstoffe;
                              2) in dem neuen Felde, welches sich mit höhern (jetzt bloß durch
                                 										Verwendung atmosphärischer Luft erreichbaren) Temperaturen der Chemie, der
                                 										Metallurgie und fast allen technischen Künsten und Gewerben eröffnet;
                              3) in der vollständigen Verbrennung, mit welcher zugleich der
                                 										größtmögliche ökonomische Nutzeffect erreicht ist;
                              
                           b) bei der Verwendung der
                                 										Abzugsgase als Triebkraft:
                           
                              1) in der weit größern Oekonomie als jede andere Kraftmaschine
                                 										durch äußere Feuerung mit Schlot. Wenn es gelingt um weit billigere Preise eine
                                 										Kraft, wie die des Dampfes herzustellen, so ist damit die Benutzung mechanischer
                                 										Kräfte in Sphären ermöglicht, denen sie bisher unzugänglich war, wie z.B. in der
                                 										Landwirthschaft etc.;
                              2) in den verhältnißmäßig sehr kleinen billiger herzustellenden
                                 										Maschinen;
                              3) in der für viele Gewerbe sehr bequemen Verwendung des
                                 										Leuchtgases zum Betriebe ihrer Werke;
                              
                           c) bei der Verwendung des
                                 										Abzuggases zu Beleuchtung:
                           
                              1) in dem größern Lichteffect, der sich mit dem Aequivalent von
                                 										Brennmaterial erreichen läßt;
                              2) in der Verwerthung der jetzt nicht zur Beleuchtung tauglichen
                                 										Stoffe;
                              3) in der völligen Ruhe und Gleichmäßigkeit, welche allem
                                 										Leuchten durch Erglühen eines festgehaltenen Körpers zukömmt.
                              
                           Dieser Beschreibung, die jeden Sachverständigen in den Stand setzt, eben so gut als
                              									wir den Privilegiumsgegenstand auszuführen, noch eine Zeichnung beizufügen, ist
                              									überflüssig, indem sowohl die Construction der Oefen als die der Maschinen, jedem
                              									mit dem Maschinenfache Vertrauten keinerlei Schwierigkeiten bietet.