| Titel: | Verbesserung im Bleichen der Lumpen zur Papierfabrication, sowie der vegetabilischen Gespinnste und Gewebe mittelst Chlorkalk; von Hrn. Paul Firmin Didot zu Paris. | 
| Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. XCV., S. 376 | 
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                        XCV.
                        Verbesserung im Bleichen der Lumpen zur
                           								Papierfabrication, sowie der vegetabilischen Gespinnste und Gewebe mittelst Chlorkalk;
                           								von Hrn. Paul Firmin Didot zu Paris.
                        Aus dem Moniteur
                                 									industriel, 1855, Nr. 1986.
                        Didot's Verbesserung im Bleichen der Lumpen zur Papierfabrication
                           								mittelst Chlorkalk.
                        
                     
                        
                           In den Papierfabriken wandte man zum Bleichen der Lumpen anfangs das gasförmige Chlor
                              									an; später benutzte zuerst der Engländer Tennant für die
                              									leichter zu behandelnden Lumpen eine Auflösung von Chlorkalk (unterchlorigsaurem
                              									Kalk). Diese zweierlei Bleichmethoden sind noch gegenwärtig in Gebrauch.
                           Beim Act des Bleichens mittelst Chlorkalk finden dreierlei Reactionen statt: 1)
                              									Zersetzung des Chlorkalks durch die Kohlensäure der Luft, wobei kohlensaurer Kalk
                              									abgeschieden wird; 2) Bildung von Chlorwasserstoffsäure (Salzsäure); 3) Bildung von
                              									Wasser.
                           Der Chlorkalk übt an und für sich keine Wirkung auf die Fasern der Lumpen oder der
                              									Zeuge aus; damit dieß geschieht, muß ein Agens hinzukommen, welches seine Zersetzung
                              									zu bewerkstelligen vermag. Bringt man z.B. Chlorkalk mit Lackmustinctur in eine
                              									Flasche und verschließt dieselbe luftdicht, so wird diese Tinctur keineswegs
                              									entfärbt; läßt man aber Luft in diese Flasche treten, so erfolgt die Entfärbung,
                              									weil nun der Chlorkalk durch die in der Luft enthaltene Kohlensäure zersetzt wird;
                              									es bildet sich dann unterchlorige Säure, welche das Bleichen bewirkt, indem sie
                              									einerseits ihren Sauerstoff an den Wasserstoff der Farbstoffe abgibt um ein
                              									Aequivalent Wasser zu bilden, und andererseits ihr Aequivalent Chlor mit einem
                              									zweiten Aequivalent Wasserstoff der Farbstoffe sich vereinigt, um
                              									Chlorwasserstoffsäure zu bilden.
                           Da das Bleichen mit flüssigem Chlorkalk stets in offenen Kufen vorgenommen wird, so
                              									begnügt man sich meistens mit seiner Zersetzung durch die in der Luft enthaltene
                              									Kohlensäure; die Zersetzung des Chlorkalks in Berührung mit der Luft erfolgt jedoch
                              									sehr langsam, weil die Luft nur 4/10000 Kohlensäure enthält. Man ist daher häufig
                              									genöthigt, um das Bleichen zu beschleunigen, diese Zersetzung durch Beihülfe einer
                              									starken Säure, gewöhnlich Schwefelsäure, zu beschleunigen. Dieses Mittel hat aber
                              									seine großen Nachtheile; erstens veranlaßt die Anwendung von Schwefelsäure oder einer
                              									sonstigen Mineralsäure größere Kosten, überdieß werden die Apparate nach sehr kurzer
                              									Zeit dabei beschädigt, endlich, was das schlimmste ist, verlieren die so behandelten
                              									Lumpen an Festigkeit, weil ihre Fasern durch diese zu kräftige Behandlung geschwächt
                              									werden.
                           Die zu lösende Aufgabe war also ein Zersetzungsmittel zu finden, welches keine
                              									nachtheilige Wirkung auf die Pflanzenfasern hervorbringt, keine Kosten veranlaßt und
                              									das Bleichen mit großer Schnelligkeit auszuführen gestattet. Hr. Didot löste dieses Problem, indem er zur Zersetzung des
                              									Chlorkalks die durch mechanische Mittel oder künstlich erhaltene Kohlensäure
                              									anwandte; seine zuerst im Kleinen und dann in großem Maaßstab angestellten Versuche
                              									hatten den entschiedensten Erfolg. Bekanntlich übt die Kohlensäure auf die
                              									vegetabilischen und thierischen Fasern gar keine Wirkung aus. Bezüglich der
                              									Vortheile seines neuen Verfahrens sagt Hr. Didot in einer
                              									über dasselbe erschienenen Broschüre: „Nach der Theorie müßte mein Verfahren das Bleichen der Lumpen, sowie der
                                 										Gespinnste und Gewebe, 175 Mal schneller bewirken als das frühere, denn während
                                 										in der Luft nur 4/10000 Kohlensäure enthalten sind, enthält die Esse eines in
                                 										Betrieb befindlichen Feuerherdes von solcher durchschnittlich 7 Procent. Ich
                                 										brachte in Bleichapparate Lumpen von gleicher Qualität; ein Theil dieser
                                 										Apparate wurde nach dem alten Verfahren betrieben, der andere nach dem neuen;
                                 										die für die Operationen verwendete Zeit stand im Verhältniß von 1 zu 5, 1 zu 7
                                 										und 1 zu 10. Dabei ergab sich auch, daß die Ersparniß durch das Weglassen der
                                 										Schwefelsäure eine sehr bedeutende ist und daß sich ein großes Quantum von
                                 										Lumpen oder Geweben mit einer sehr geringen Anzahl von Apparaten rasch bleichen
                                 										läßt.“
                              								
                           Um die Kohlensäure zu erhalten und anzuwenden, benutzt Didot nach den Umständen verschiedene Methoden; die hierzu dienenden
                              									Vorrichtungen haben aber stets eine sehr einfache Construction und können von den
                              									Arbeitern sehr leicht bedient werden. Angenommen man wolle als
                              									Kohlensäure-Generator die Esse eines stets in Betrieb befindlichen
                              									Feuerherdes benutzen, so leitet man aus dieser Esse die Kohlensäure durch ein Rohr
                              									ab und führt sie dann auf den Boden eines mit Wasser gefüllten Behälters, um sie zu
                              									waschen; die so gewaschene Kohlensäure leitet man durch Reinigungsapparate, worauf
                              									sie verwendet werden kann. Sie muß nun mit den zu bleichenden Stoffen und dem in
                              									denselben zertheilten Chlorkalk in Berührung gebracht werden; dazu benutzt Didot Pumpen und Schlangenrohre; letztere sind mit
                              									zahlreichen kleinen Löchern versehen, durch welche die Kohlensäure austritt und sich
                              									dann gleichförmig in den Bleichkufen vertheilt. Auf diese Weise läßt sich die
                              									Kohlensäure zu jeder
                              									Zeit in den einzelnen Kufen nach Bedarf verbreiten, gerade so wie dieß bisher mit
                              									dem Dampf geschah.
                           Hr. Didot ließ sich sein Verfahren in Frankreich und in
                              									anderen Ländern patentiren.
                           P. B. Darnis.