| Titel: | Ueber Paul Thenard's Verfahren zur Vertilgung des Weinstock-Fallkäfers; Bericht von Hrn. Decaisne. | 
| Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. CXV., S. 458 | 
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                        CXV.
                        Ueber Paul Thenard's
                           								Verfahren zur Vertilgung des Weinstock-FallkäfersMan sehe polytechn. Journal Bd. CXXXV S. 151.; Bericht von Hrn. Decaisne.
                        Aus den Comptes
                                 								rendus, Januar 1855, Nr. 1.
                        Decaisne, über Thenard's Verfahren zur Vertilgung des
                           								Weinstock-Fallkäfers.
                        
                     
                        
                           Ich theile mit Hrn. Thenard die Meinung, daß fast
                              									ausschließlich die Larve dieses Insectes jene
                              									Verheerungen an dem Weinstock anstellt; denn es ist nicht wohl anzunehmen, daß die
                              									von dem ausgebildeten Insecte hervorgebrachten geringen Vertiefungen oder
                              									Durchlöcherungen an den Blättern die Veranlassung der so beträchtlichen Verminderung
                              									der Ernten und des allmählichen Absterbens der Stöcke seyn können, wenn man bedenkt,
                              									wie schnell der Weinstock den Verlust der Blätter, die durch Zufall zu Grunde gehen,
                              									wieder ersetzt, ja wie sogar das absichtliche Entfernen ganzer Zweige dem Gedeihen
                              									der Trauben nur förderlich ist. Durch Thenard's Versuch
                              									ist der Angriff der Wurzel von den Larven wohl auch außer Zweifel gestellt.
                           
                           Bisher war man in der Auffindung von Mitteln gegen Pflanzenkrankheiten nicht sehr
                              									glücklich; die empfohlenen erwiesen sich fast stets entweder als unbrauchbar oder
                              									als unwirksam.
                           Was die Insecten betrifft, so ist man bei den größern derselben, wie bei den Raupen
                              									und den Maikäfern, noch immer darauf hingewiesen, durch Abraupen oder Schütteln Jagd
                              									auf sie zu machen. Bei den kleinen Insecten aber, zu welchen unser
                              										„Schreiber“ gehört, ist auch dieses Mittel nicht anwendbar;
                              									wird der Stock, auf welchem sich derselbe befindet, nur ein wenig geschüttelt, so
                              									fällt das Insect auf den Boden herab, in dessen vielen Unebenheiten und Vertiefungen
                              									es nicht leicht aufzufinden ist. Man hat Gefäße von Weißblech mit einem Ausschnitt
                              									auf der einen Seite anempfohlen, welche am Fuße des Weinstocks angelegt werden und
                              									die Insecten im Augenblick ihres Herabfallens aufnehmen; dieses langwierige und
                              									kostspielige, bei den an Pfählen gebundenen Weinstöcken schon kaum anwendbare Mittel
                              									ist ganz unbrauchbar im südlichen Frankreich, wo die Reben sich über den Boden hin
                              									ausbreiten und nach allen Richtungen in einander verflechten. Auch dürfte dieses
                              									Mittel zur Verhinderung der Fortpflanzung des Insects nur sehr geringe Dienste
                              									leisten.
                           Die von Thenard angegebene Methode scheint mir in jeder
                              									Hinsicht den Vorzug zu verdienen. Sie ist nicht nur ein sicheres und wohlfeiles
                              									Mittel, sondern wirkt überdieß bodenverbessernd. Weinberge, welche, weil vom
                              									Fallkäfer befallen, mit Kohlsaat- oder Senfpreßkuchen behandelt worden waren,
                              									ergaben einen Mehrertag von 54 Francs per Hektare. Unter
                              									dem Einfluß dieser Preßkuchen gewinnen die Weinstöcke nach Thenard auch neue Kraft, deren Nachhaltigkeit auf vierzig Jahre
                              									veranschlagt werden kann.
                           Ich habe natürlich die von Thenard angegebenen Thatsachen
                              									als richtig vorausgesetzt; mehrere Punkte bedürfen jedoch noch der Bestätigung. Die
                              									Hauptsache ist, durch neue Versuche die Wirkung der erwähnten Preßkuchen auf die in
                              									der Umgebung der Wurzeln des Weinstocks lebenden Larven zu bestätigen. Es ist schwer
                              									zu begreifen, daß so kleine Mengen einer scharfen Substanz den Boden allenthalben so
                              									durchdringen sollten, daß keine Larve davon kommt und daß sie in diesem Zustand der
                              									Verbreitung so kräftig wirkt, daß die Thierchen sterben müssen. Wenn sich die
                              									Wirksamkeit dieses Mittels bestätigt, so dürfte dasselbe auch gegen den weißen Wurm
                              										(ver blanc) angewendet werden können, welcher ein
                              									noch mehr zu fürchtender Feind ist, als der Fallkäfer.