| Titel: | Ueber Challeton's Torfpräparate; von Hrn. Professor Dr. Rühlmann. | 
| Fundstelle: | Band 141, Jahrgang 1856, Nr. XIV., S. 69 | 
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                        XIV.
                        Ueber Challeton's Torfpräparate; von Hrn. Professor Dr. Rühlmann.
                        Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
                              1856, S. 146.
                        Rühlmann, über Challeton's Torfpräparate.
                        
                     
                        
                           Unter allen Torfpräparaten der ganzen Pariser Industrie-Ausstellung erregten
                              für den Mechaniker insbesondere die des Hrn. Challeton in
                              Montauger (près Corbeil, Seine et Oise), Nr. 2066
                              der französischen Abtheilung des Kataloges, die größte Aufmerksamkeit, indem hier
                              Verdichtung, namentlich Pressen des Rohmaterials, den Hauptgegenstand der
                              Zubereitung zu bilden schien, und die ausgestellten Producte Alles übertrafen, was
                              vorher von ähnlichen Leistungen bekannt geworden war.
                           Referent bemühte sich daher das Werk zu Montauger kennen zu lernen, was nach einigen
                              Mühen jedoch nur so weit zu erreichen war, um gewiß zu seyn, daß ein Pressen der
                              Torfmasse durch erhebliche oder gar sehr bedeutende Kräfte nicht stattfindet.
                           Nach Allem was man mir außerhalb der Fabrikgebäude zu besichtigen gestattete, so wie
                              nach den auf meine Fragen gegebenen Antworten, scheint der ganze fragliche Proceß
                              ungefähr folgender zu seyn.
                           Der in der Umgegend von Montauger gewonnene Stech- und Baggertorf, von
                              durchschnittlich mittlerer Güte, wird größtentheils in Kähnen auf einem schmalen
                              Canale bis vor die Fabrikgebäude geführt, dort haldenartig aufgeschichtet und ohne
                              Weiteres, ohne irgend welche Sonderung, mittelst Eimerwerke nach Art der
                              Baggermaschinen, in die oberen Etagen des Hauptgebäudes gehoben und beziehungsweise
                              ausgeschüttet. Daselbst scheint das nächste Verfahren darin zu bestehen, der
                              Torfmasse durch Zerkleinern den natürlichen Zusammenhang zu
                                 nehmen, die Cohäsion zu zerstören (wozu man gewöhnliche [?] Mühlen in
                              Anwendung bringt), nachher aber die zertheilte Masse mit Wasser anzurühren, ein
                              Trennen, Absetzen, Ausscheiden und Ausquetschen der leichten, nicht völlig
                              zersetzten Torftheile von den vollständig zersetzten vorzunehmen, ferner Wasser zu
                              verdampfen und endlich die breiartige, aber immer noch flüssige (dickflüssige) Masse
                              in geneigt liegenden Rinnen (Holzcanälen) nach freien Plätzen nahe den Torfmooren zu
                              leiten. Daselbst sind in entsprechenden Entfernungen parallelepipedische Gruben
                              (Form-Bassins) von etwa 15 Fuß Länge, 12 Fuß Breite und 12 Zoll Tiefe
                              ausgehoben, deren Boden mit Bastmatten bedeckt ist. Mit Hülfe von Schläuchen, welche
                              an dem Boden der Zuleitungsrinnen angebracht sind, füllt man diese Gruben mit der
                              präparirten breiartigen
                              Masse so weit, daß letztere eine Dicke von etwa 8 Zoll annimmt. In diesem Zustande
                              überläßt man das Ganze der freien Luft so lange, bis ein ziemlicher Theil des in der
                              Masse befindlichen Wassers verdunstet ist (bei gutem Wetter ungefähr 24 bis 30
                              Stunden), worauf man die nun schon wieder sehr zusammenhängende Substanz mit Hülfe
                              entsprechender kastenförmiger Rahmen oder Lehren in Prismen von der Größe unserer
                              Torfziegel theilt, diese in Haufen schichtet und sorgfältig recht dicht mit
                              Schilfrohr bedeckt. Sind diese Ziegel an der Luft völlig trocken geworden, so bilden
                              sie eine derartig feste Substanz, daß der Nichtkenner ohne Weiteres Torf vermuthet,
                              welcher durch Pressen unter großem Drucke in diesen Zustand der Verdichtung versetzt
                              worden ist.Hierdurch unterscheidet sich das Challeton'sche
                                    Verfahren von dem des Engländers Gwynne, worüber
                                    im Mechanics' Magazine vom 16. Juni 1855 (darnach im polytechn. Journal Bd. CXXXVII S. 432) berichtet wurde.
                                    Gwynne verlangt allein für seine Torfpresse
                                    eine ganz enorme Summe!
                              
                           Diese Torfziegel werden entweder direct als vortreffliches Brennmaterial verkauft,
                              oder in der Fabrik selbst weiter verkohlt. Bei letzterem
                              Processe gewinnt man in Montauger mehrere brauchbare ammoniakalische Producte,
                              ferner Paraffin, sowie man endlich auch ganz vortreffliches Leuchtgas zu bereiten
                              versteht.
                           Nach dem außerhalb des Hauptfabrikgebäudes aufgestellten Gasometer zu urtheilen,
                              schien mir die Richtigkeit der Behauptung mehr als wahrscheinlich, daß dieß so
                              gewonnene Gas das einzige Beleuchtungsmittel für die ganze Fabrik abgebe.
                           Zur Beurtheilung der Vorzüglichkeit Challeton'scher
                              Torfpräparate (verdichteter Rohtorf und Torfkohle) für Zwecke, wozu man den Torf in
                              seinem natürlichen Zustande entweder gar nicht oder nur höchst unvollkommen in
                              Anwendung bringen kann, insbesondere als Feuermaterial bei Locomotiven und für
                              hüttenmännische Zwecke, namentlich auch zur Erzeugung ganz vortrefflichen Gußstahls,
                              liegen mir glaubwürdige Zeugnisse (über Versuche auf der Kiel-Altonaer
                              Eisenbahn) und beziehungsweise Proben vor, deren Besichtigung ich nicht genug
                              empfehlen kann. Die einzige, freilich auch hauptsächlich noch zu entscheidende Frage
                              ist die nach den ökonomischen Vortheilen des ganzen Verfahrens, und ob es hiernach
                              überhaupt vernünftig ist dasselbe in Anwendung zu bringen oder nicht. Was ich
                              hierüber später durch Hrn. Challeton selbst zu erlangen
                              vermochte, theile ich in wortgetreuer Uebersetzung im Nachfolgenden mit.
                           
                        
                           
                           I. Torfpräparat. (Verdichteter
                              Torf.)
                           
                              
                                 Höhe der Formbassins
                                 200 Millimeter
                                 
                                 
                                 
                              
                                    „
                                       der Masse nach der Wasserverdunstung
                                 100      
                                    „
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Länge der Torfziegel, frisch
                                 310      
                                    „
                                 trocken
                                 170 Millim.
                                 
                              
                                 Breite  
                                    „        „            „
                                 120      
                                    „
                                     „
                                   60    
                                    „
                                 
                              
                                 Dicke  
                                    „        „            „
                                 100      
                                    „
                                     „
                                   37    
                                    „
                                 
                              
                           Mittleres Gewicht eines gut getrockneten Ziegels 425
                              Gramme.
                           Ein Kubikmeter würde ohne Zwischenräume 2700 Ziegel erfordern. Der besten
                              Aufschichtung entsprechend ergaben sich jedoch wenigstens 2/5 Zwischenräume und
                              demnach die Zahl von 1620 Ziegeln, welche zusammen 686 Kilogr. wogen. Eine Tonne von
                              1000 Kilogr. erfordert sonach 2353 Torfziegel.
                           Zur Erzeugung dieser 2353 Torfziegel sind endlich vom frischen Torfe, der Verluste
                              wegen, 6,6 Kubikmeter Masse erforderlich.
                           Gestehungskosten für 2353 Torfziegel.
                           
                              
                                 Der Kubikmeter Torf kostet in Montauger 8
                                    Cent.,   folglich 6,6 Kubikmeter
                                 
                                  – Fr.
                                 52,8 Cent.
                                 
                              
                                 Stechen und Transport des Torfes zur Fabrik
                                    40 Cent.   per
                                    Kubikmeter
                                 
                                   2  „
                                 64,0    „
                                 
                              
                                 Kosten der Verarbeitung des Torfes,
                                    Erzeugung des   Torfpräparates, täglich auf ein
                                    Quantum von 150   Kubikmeter erstreckt:
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                       Fünf Arbeiters (à Fr. 50 Cent. jeder) 12 Fr. 50
                                    C.      Ein Werkführer 1800
                                    Fr. jährlich        
                                    5  „    –
                                      
                                    „      Brennmaterial
                                    der Dampfmaschine      
                                    6  „   50  
                                    „      Ein Heizer
                                                                             
                                    3  „    –    „
                                 
                                    
                                    
                                   1  „
                                 18,8    „
                                 
                              
                                 Für das Trocknen und Aufschichten von 2353
                                    Torfziegeln
                                 
                                   1  „
                                 18,0    „
                                 
                              
                                   „
                                      Schilfrohr zum Bedecken der Torfziegel
                                 
                                   –  „
                                 10,1    „
                                 
                              
                                   „
                                      Abnutzung und Erneuerung des Materials
                                 
                                   1  „
                                 25,0    „
                                 
                              
                                   „
                                      Magazinirung und Verpackung in Säcke
                                 
                                   –  „
                                 60,0    „
                                 
                              
                                   „
                                      Abnutzung der Säcke
                                 
                                   –  „
                                 10,0    „
                                 
                              
                                   „
                                      Zinsen des Anlagekapitals von 30000 Franken
                                    zu      5 Proc., entsprechend auf
                                    die Campagne vertheilt
                                 
                                   –  „
                                 62,5    „
                                 
                              
                                   „
                                      Generalkosten und insgemein
                                 
                                   2  „
                                     –    „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––––––––
                                 
                              
                                 Totalkosten von 1000 Kilogr.
                                 
                                 10 Fr.
                                 21,2 Cent.
                                 
                              
                           
                        
                           
                           II. Torfkohle.
                           Eintausend Kilogramme oder eine Tonne Torfkohle erfordern 5882 Torfziegel. Der Torf
                              verliert 60 Proc. an seinem Gewichte, weßhalb sich der vorstehende Preis von 10 Fr.
                              21,2 Cent. erhöht auf
                           
                              
                                 
                                   25 Fr.
                                 53 Cent.
                                 
                              
                                 Verkohlungskosten von 1000 Kilogr.
                                     5  „
                                  –     
                                    „
                                 
                              
                                 Material-Abnutzung per Tonne = 1000 Kilogr.
                                     3  „
                                  –     
                                    „
                                 
                              
                                 Capital-Interessen des Materials zu
                                    5 Proc.
                                     –  „
                                 50     „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––
                                 
                              
                                 Gestehungskosten in der Fabrik
                                   34 Fr.
                                 03 Cent.
                                 
                              
                                 Transport nach Paris und Octroi
                                   17  „
                                  –     
                                    „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––
                                 
                              
                                 Totalsumme
                                   51 Fr.
                                 03 Cent.
                                 
                              
                                 Verkaufspreis in Paris
                                 120  „
                                  –     
                                    „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––
                                 
                              
                                 Gewinn
                                   68 Fr.
                                 97 Cent.
                                 
                              
                           
                        
                           III. Verschiedene Angaben, die Anlage,
                                 das Fabrikwerk zu Montauger betreffend.
                           Das Werk vermag täglich 50 Gruben oder Form-Bassins von oben angeführten
                              Dimensionen zu füllen, wovon jedes Bassin 400 Ziegel gibt. Hierzu müssen die
                              Torfmoore täglich 80 Kubikmeter Material liefern oder Masse zu 20000 Ziegeln, deren
                              mittleres Gewicht 8 1/2 Tonnen beträgt da 1 Tonne oder 1000 Kilogr. die Zahl von
                              2353 Ziegeln erfordert.
                           Für eine Campagne von vier Monaten oder 120 Tagen werden
                              sonach 8½ × 120 = 1020 Tonnen erfordert, deren Werth in der Fabrik
                              beträgt, die Tonne zu 30 Franken gerechnet    30600
                              Fr.
                           In Kohle umgewandelt, erfordert jede Tonne Kohle 2 1/2 Ton. Torf, oder es geben obige
                              1020 Tonnen das Quantum 1020/2½ = 408 Tonnen, deren Werth in der Fabrik
                              beträgt à 103
                              Fr.    42024 Fr.
                           Den Werth der gewonnenen chemischen Nebenproducte veranschlagt Challeton folgendermaßen:
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                    pr. Tonne.
                                 
                              
                                 100 Kilogr.
                                 Wagenschmiere (Goudron)
                                 –  Fr.
                                   5 Cent.
                                 oder
                                   5 Fr.
                                 – C.
                                 
                              
                                   40    „
                                 schwefelsaures Ammoniak
                                 –   „
                                 30    „
                                   „
                                 12  „
                                 –   „
                                 
                              
                                     9    „
                                 flüchtig. Oel (huile
                                       volatile)
                                 –   „
                                 20    „
                                   „
                                   1  „
                                 80 „
                                 
                              
                                   25    „
                                 schweres Oel
                                 –   „
                                 10    „
                                   „
                                   2  „
                                 50 „
                                 
                              
                                     3    „
                                 Paraffin
                                  1  „
                                 50    „
                                   „
                                   4  „
                                 50 „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 Total pr. Tonne
                                 
                                 25 Fr.
                                 80 C.