| Titel: | Ueber die Bestimmung der Dichtigkeit des Schießpulvers; von Hrn. Prof. Dr. Heeren. | 
| Fundstelle: | Band 141, Jahrgang 1856, Nr. LXVII., S. 279 | 
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                        LXVII.
                        Ueber die Bestimmung der Dichtigkeit des
                           Schießpulvers; von Hrn. Prof. Dr. Heeren.
                        Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins.
                                 1856, S. 168.
                        Heeren, über die Bestimmung der Dichtigkeit des
                           Schießpulvers.
                        
                     
                        
                           Bei der Untersuchung des Pulvers auf seine Dichtigkeit treten eigenthümliche und so
                              große Schwierigkeiten hervor, daß man sich bis jetzt mit annähernden Bestimmungen
                              begnügen mußte, um wenigstens vergleichungsweise über die verhältnißmäßige
                              Dichtigkeit mehrerer vorliegenden Pulversorten Aufschluß zu erhalten. Diese
                              Schwierigkeiten entspringen aus dem Umstande, daß die einzelnen Pulverkörner eine
                              mehr oder weniger poröse Masse bilden, welche zwischen den Theilchen des Salpeters,
                              Schwefels und der Kohle noch Luft einschließt, und welche, wenn man sie in eine
                              Flüssigkeit schüttet, um nach der gewöhnlichen Methode das specifische Gewicht zu
                              bestimmen, diese Flüssigkeit einsaugt und demnach weniger derselben verdrängt, als
                              die Körner eigentlich ihrem Raume nach verdrängen müßten.
                           Um jedem Mißverständniß vorzubeugen, bemerke ich, daß es sich bei den vorliegenden
                              Untersuchungen nicht um das kubische Gewicht, d.h. das specifische Gewicht des
                              ganzen Pulvers mit Einschluß der Zwischenräume zwischen den einzelnen Körnern,
                              sondern lediglich um die Dichtigkeit der Körner selbst, oder um den Grad der
                              Verdichtung des Pulverkuchens handelt. Es herrscht unter den Schriftstellern über
                              Artillerie-Technik keine Uebereinstimmung der Nomenclatur; so werden z.B. die
                              Ausdrücke absolutes und relatives specifisches Gewicht von Timmerhans
                              und Werther in gerade entgegengesetztem Sinne gebraucht.
                              Ich werde, um die Verwirrung nicht zu vermehren, mich der Werther'schen Bezeichnung bedienen, und mit absolutem specifischem Gewicht jenes der festen Substanz ganz ohne Luft;
                              mit relativem specifischem Gewicht jenes der einzelnen
                              Pulverkörner; mit kubischem Gewicht jenes des ganzen
                              Pulvers, mit Einschluß der zwischen den Pulverkörnern befindlichen Luft,
                              bezeichnen.
                           Die von einigen vorgeschlagene Anwendung des Leslie'schen
                              Stereometers und des damit verwandten Say'schen und des
                              Regnault'schen Volumenometers ist durchaus
                              unzulässig. Bekanntlich bestehen diese Instrumente im Wesentlichen aus einem
                              Glasballon, der mit einem verticalen Glasrohr communicirt, welches, unten mit einem
                              Hahn versehen, mit Quecksilber gefüllt werden kann. Oeffnet man nun den Hahn, so
                              sinkt das Quecksilber in
                              der Röhre nur bis zu einer gewissen Tiefe, welche von dem Volumen der in dem Ballon
                              befindlichen, sich ausdehnenden Luft abhängt. Wiederholt man denselben Versuch,
                              nachdem man eine gewogene Menge des zu untersuchenden Körpers in den Ballon gebracht
                              hat, so wird das Quecksilber weniger tief sinken, weil die Menge der Luft in dem
                              Ballon in Folge der Gegenwart des fremden Körpers eine kleinere ist als vorher, und
                              man kann nun aus dem Unterschiede der Quecksilberstände den Raum des fremden Körpers
                              berechnen. Auf Pulver angewandt, kommt nun aber der Umstand in Betracht, daß, wenn
                              sich die Luft in dem Ballon verdünnt, unfehlbar die in den Pulverkörnern enthaltene
                              Luft an der Verdünnung Theil nimmt, folglich zum Theil heraustritt, so daß man
                              keineswegs den Raum, welchen die ganzen Pulverkörner einnehmen, sondern nur jenen
                              der festen Substanz, also das absolute specifische Gewicht, erfährt.
                           Meyer„Artillerie-Technik,“ Th. I, S. 283, beschreibt den
                              Gebrauch des Stereometers, ohne etwas anderes dagegen einzuwenden, als daß zum
                              Gebrauch viel Uebung gehöre. Er empfiehlt sodann als einfachste Methode die
                              gewöhnliche mittelst Alkohol, ohne des Eindringens desselben in die Pulverkörner
                              auch nur zu gedenken.
                           Timmerhan's „traité élémentaire d'artillerie“ S.
                              219, spricht sich ganz in gleichem Sinne aus wie Meyer
                              und handelt sehr ausführlich über das Say'sche
                              Volumenometer, offenbar in gutem Glauben an seine Brauchbarkeit.
                           Werther„unorganische Chemie,“ 2. Abth., die Artillerie- und
                              Ingenieur-Technik umfassend, hat die Unbrauchbarkeit jener Instrumente
                              richtig erkannt und sagt S. 86: „Nach vielen Versuchen über die beste
                                 Methode zur Ermittelung des relativen specifischen Gewichtes, welche alle die
                                 Unanwendbarkeit der Stereometer oder Volumenometer für diesen Zweck erwiesen,
                                 ist man in der Pulverfabrik zu Spandau bei Anwendung des Alkohols stehen
                                 geblieben. Man bedient sich einer in 1/60 Kubikzoll getheilten, ungefähr 1/2
                                 Zoll weiten Glasröhre, in welche wasserfreier oder fast wasserfreier Alkohol
                                 gegossen und dann das vorher gewogene vollkommen getrocknete Pulver durch einen
                                 lang- und weithalsigen Trichter eingefüllt wird. Die Differenz zwischen
                                 dem Stande des Alkohols vor und kurz nach der Eintragung des Pulvers gibt das
                                 specifische Gewicht des letztern an. Das Ablesen geschieht sogleich, nachdem die
                                 Oberfläche des Alkohols zur Ruhe gekommen, und man geht bei dieser Methode von
                                 der Voraussetzung aus, daß in den ersten Momenten nach Einschütten des Pulvers
                                 noch keine Luft aus den Poren der Pulverkörner verdrängt wird, während dieß
                                 zwischen den einzelnen Körnern der Fall ist. In der That sieht man auch erst
                                 nach längerem Verweilen des Pulvers im Alkohol eine große Menge Luftblasen nach und
                                 nach entweichen. Wenn dieses Verfahren auch auf keine absolute Genauigkeit
                                 Anspruch machen darf, so erfüllt es doch bei Anwendung von gehöriger Sorgfalt
                                 und Gleichmäßigkeit in verschiedenen Proben für jene relativen Bestimmungen
                                 seinen Zweck. Das zu untersuchende Pulver trocknet man unter der Luftpumpe oder
                                 im Wasserbade, und läßt es dann unter einer Glocke mit Schwefelsäure eine Zeit
                                 lang stehen. Die Röhre, welche 7 Kubikzoll Inhalt hat, füllt man nur bis zu 2
                                 Kubikzoll mit Alkohol an und wählt dann ungefähr 1 Loth Pulver in Kuchen oder
                                 Körnern, oder bis zu 3 Kubikzoll Alkohol für 1 Loth Pulversatz.“
                              
                           Genauer, obwohl etwas mühsamer als die so eben nach Werther beschriebene Maaßbestimmung, ist die Bestimmung dem Gewichte nach.
                              Ein mit einer Glasplatte oder einem eingeschmirgelten Glasstöpsel genau
                              verschließbares Gläschen wird mit absolutem Alkohol von genau bestimmter Temperatur
                              gefüllt und gewogen; sodann schüttet man die getrocknete und gewogene Pulverprobe so
                              rasch wie möglich ein, verschließt das Glas sofort und bestimmt abermals das
                              Gewicht. Hierdurch erfährt man die Menge des durch das Pulver aus dem Gefäße
                              verdrängten Alkohols, also die Gewichte gleicher Raumtheile Pulver und Alkohol,
                              folglich das specifische Gewicht des ersteren im Verhältnis zu dem letzteren. Wird
                              sodann die gewonnene Zahl mit dem specifischen Gewicht des Alkohols multiplicirt, so
                              ergibt sich das specifische Gewicht des Pulvers zum Wasser.
                           Da sich diese Methoden auf die, jedenfalls zweifelhafte Annahme stützen, daß während
                              der kurzen Zeit des Versuchs ein Eindringen des Alkohols in die Pulverkörner nicht
                              statt finde; da ferner bei den meisten der von mir untersuchten Pulversorten das
                              Entweichen von Luftbläschen aus den Körnern sogleich nach dem Einschütten begann: so
                              schien es mir wichtig, die Menge des während der kurzen Zeit des Versuchs in die
                              Pulverkörner eindringenden Alkohols annähernd zu bestimmen, und es wurden zu dem
                              Ende gewogene kleine Pulvermengen, die sich in einem Gläschen befanden,
                              versuchsweise mit einem oder mehreren Tropfen Alkohol betröpfelt und sofort stark
                              geschüttelt, um den Alkohol auf alle Körner gleichmäßig zu vertheilen. Bei diesem,
                              mit englischem Kanonenpulver angestellten Versuche zeigte sich nun daß, wenn die
                              Menge des Alkohols etwa 7 Procent vom Gewicht des Pulvers betrug, derselbe während
                              der zum Versuche nöthigen Zeit von 3 bis 4 Secunden vollständig eingesogen wurde, so
                              daß die Körner völlig trocken erschienen. Da nun das specifische Gewicht des
                              Alkohols ziemlich genau 1/2 von dem des Pulvers ist, so folgt, daß jene 7
                              Gewichtprocente nahe 14 Procent des Raumes betragen. Demnach findet sich bei
                              Bestimmung des specifischen Gewichtes die Menge des verdrängten Alkohols um 14 Procent zu klein,
                              und man müßte, um der Wahrheit nahe zu kommen, die gefundene Menge des verdrängten
                              Alkohols um den sechsten Theil höher veranschlagen. Gesetzt, man habe 5 Gramme
                              Pulver in Alkohol geschüttet, und es betrage die Menge des verdrängten Alkohols 2,4
                              Gramme, so würde sich hieraus (das specifische Gewicht des Alkohols = 0,794
                              vorausgesetzt) das specifische Gewicht des Pulvers = 1,654 berechnen; wird aber die
                              Menge des verdrängten AlkoholsAlkohots um 1/6 höher, also = 2,8 Gramme angenommen, so findet sich das specifische
                              Gewicht des Pulvers = 1,418. Ist nun auch diese Fehlerquelle einem Jeden, der sich
                              mit solchen Bestimmungen abgibt, im Allgemeinen wohl bekannt, so beruhigt man sich
                              doch mit der Annahme daß ja bei allen Pulversorten derselbe Fehler begangen werde,
                              und daß, da es sich gewöhnlich nur um Vergleichungen handle, man seine Absicht mit
                              einer für praktische Zwecke hinlänglichen Genauigkeit erreiche.
                           Nun aber lehrt nicht nur der Augenschein, daß das Entweichen von Luft aus dem Inneren
                              der Pulverkörner mit sehr ungleicher Geschwindigkeit statt findet, sondern es folgt
                              auch aus der Natur der Sache, daß poröse sowohl wie auch nicht polirte Pulversorten
                              dem Eindringen des Alkohols zugänglicher sind, als dichte und polirte Sorten, woraus
                              wieder folgt, daß die letzteren verhältnißmäßig mehr Alkohol verdrängen als die
                              ersteren, daß mithin der Unterschied zwischen dichten und porösen, so wie zwischen
                              polirten und unpolirten Sorten sich geringer zeigen muß, als er in Wirklichkeit
                              existirt. Bei sehr porösem, unpolirtem Pulver findet das
                              Eindringen des Alkohols mit solcher Schnelligkeit statt, daß sich schon während der
                              kurzen Zeit des Einschüttens die Poren zum großen Theil mit Alkohol füllen, und man
                              statt eines ungewöhnlich niedrigen, gerade umgekehrt ein ungewöhnlich hohes
                              specifisches Gewicht findet, wie aus folgendem Versuch hervorgeht: Ich bereitete
                              durch feines Zerreiben von Kanonenpulver, Befeuchten desselben mit 8 Procent Wasser
                              und gelindes Pressen einen Pulverkuchen, dessen wirkliches specifisches Gewicht,
                              nach der weiter unten vorkommenden genaueren Methode bestimmt, 1,32 betrug. Als
                              derselbe nach der gewöhnlichen Einschüttemethode untersucht wurde, fand sich das
                              specifische Gewicht = 1,81. Ein anderer, stärker gepreßter Pulverkuchen von 1,53
                              wirklichem specifischen Gewicht gab nach der Methode des raschen Einschüttens die
                              Zahl 1,75. Man ersieht hieraus, daß bei beiden Bestimmungen die nach der
                              gewöhnlichen Methode gefundene Dichtigkeit bedeutend von der Wahrheit abweicht, aber
                              bei dem sehr porösen Pulver mehr als bei dem weniger porösen; ja, daß sogar das
                              porösere eine größere Dichtigkeit (1,81) zeigen konnte, als das dichtere, (1,75). Je
                              lockerer daher das Pulver, um so mehr wird sich das relative specifische Gewicht dem
                              absoluten annähern, welches durchschnittlich = 2 angenommen werden kann.
                           Wäre es möglich, statt des Alkohols eine andere Flüssigkeit zu benutzen, welche nicht
                              in das Pulver einzudringen vermag, so wäre das Problem gelöst, und es liegt
                              keinesfalls in der Unmöglichkeit, daß eine solche noch gefunden werden könne. Die
                              einzige mir bekannte, das Quecksilber, ist bei gekörntem Pulver besonders aus dem
                              Grunde unbrauchbar, weil es seiner großen Cohärenz wegen die Zwischenräume zwischen
                              den Körnern nicht vollständig ausfüllt.
                           Nach vielfachen vergleichenden Versuchen habe ich das folgende Verfahren als das
                              genaueste und zuverlässigste erkannt, und wenn auch dasselbe in vollständiger
                              Ausführung für die gewöhnlichen Pulverproben zu mühsam und langwierig erscheint, so
                              mußte doch zunächst die Absicht dahin gehen, nur erst in den Besitz irgend eines,
                              wenn auch etwas weitläufigen, doch aber einigermaßen genauen Verfahrens zu gelangen;
                              auch läßt sich, wie wir sehen werden, eine Vereinfachung anbringen, mittelst deren
                              ohne erheblichen Nachtheil für die Genauigkeit des Resultates ein bedeutender
                              Zeitgewinn erreicht werden kann.
                           Die Idee des von mir vorzuschlagenden Verfahrens, welches ich der Kürze halber das
                              Sättigungsverfahren nennen will, kommt einfach darauf
                              hinaus, die gewogene Probe mit Alkohol vollständig zu tränken, um die Möglichkeit
                              eines ferneren Einsaugens abzuschneiden, das so gesättigte Pulver wieder zu wägen
                              und darauf in ein mit Alkohol gefülltes Gläschen zu schütten, um die Menge des
                              verdrängten Alkohols, mithin den Rauminhalt der Pulverkörner, zu finden.
                           Es muß nun zunächst einer Einwendung begegnet werden, welche voraussichtlich von
                              manchem meiner Leser gemacht werden wird, daß nämlich die Aufgabe, die Pulverkörner
                              gerade vollständig mit Alkohol zu schwängern, ohne durch äußerlich anhaftenden
                              Alkohol ihr Volumen und Gewicht fälschlich zu vergrößern, eine sehr schwierige sey.
                              Diese Schwierigkeit verschwindet bei angemessener Manipulation, welche natürlich
                              einen wesentlichen Theil meines Verfahrens bildet, und daher gleich hier schon zur
                              Erörterung kommen mag.
                           Es ist zunächst zu erwägen, daß die Poren in den Pulverkörnern von so
                              außerordentlicher Kleinheit sind, daß trotz ihres Vorhandenseyns die Körner ganz
                              glatt erscheinen, daß diese daher auch bei völliger Anfüllung mit Alkohol äußerlich
                              sich fast trocken darstellen können. – Zum Behuf der Tränkung nun gibt man
                              das Pulver in ein beliebiges Gefäß, übergießt es mit Alkohol, so daß es davon ganz
                              bedeckt ist, bringt das Ganze unter den Recipienten einer Luftpumpe und setzt das
                              Auspumpen der Luft so
                              lange fort, als noch Bläschen aus den Körnern entweichen. Der Alkohol geräth hierbei
                              in Folge des sehr verminderten Luftdruckes zum Kochen, doch sind die großen
                              Dampfblasen desselben von den feinen Luftbläschen leicht zu unterscheiden, auch
                              trägt die Dampfentwickelung dazu bei, das Entweichen der Luft zu befördern. Nach
                              Beendigung dieser Operation überläßt man das Pulver, noch vom Alkohol überdeckt,
                              etwa eine Stunde lang sich selbst, um diesem die nöthige Zeit zu gönnen, in die
                              feinsten Poren einzuziehen. In Ermangelung einer Luftpumpe kann man das Pulver etwa
                              24 Stunden lang im Alkohol belassen, indem während dieser Zeit alle Luft von selbst
                              entweicht; doch halte ich aus mehreren Gründen die Anwendung der Luftpumpe für
                              besser. Man gießt nun den Alkohol vom Pulver so gut wie möglich ab, schüttet das
                              Pulver auf ein doppelt zusammengelegtes Stück weißes Löschpapier und schiebt es
                              darauf mittelstmirtelst eines Messers hin und her, bis es zwar noch stark feucht, aber nicht mehr
                              naß erscheint. Wie in tausend andern Dingen, so macht auch hier einige Uebung und
                              Erfahrung den Meister. Beim ersten Beginn, zumal mit feinkörnigem Pulver, wird man
                              vielleicht Neigung verspüren, an der Ausführbarkeit zu zweifeln; man wird aber bei
                              öfterer Wiederholung bald dahin gelangen, durch abwechselndes Streichen und
                              Schütteln des Pulvers auf dem Papier die Abtrocknung bis zu dem geeigneten Grade zu
                              bewirken. Man schüttet nun das äußerlich noch feuchte Pulver in ein, aus einer
                              weiten Glasröhre angefertigtes cylindrisches Gläschen mit flachem Boden, so daß es
                              stehen kann, und mit oben gerade abgeschliffenem Rande, um es mit einer kleinen
                              Glasplatte verschließen zu können. Dieses Gläschen kann einen Durchmesser von etwa
                              2/3 Zoll und eine Höhe von 3 Zoll haben. Nachdem das feuchte Pulver von dem Papier
                              in dieses Glas gebracht ist, kann man sich mittelst einer Loupe überzeugen, daß die
                              Oberfläche der Pulverkörner noch frei anhängenden Alkohol enthalte, als Beweis, daß
                              sie im Innern noch vollständig mit Alkohol gesättigt sind. Um nun diesen kleinen
                              überflüssigen Rest des Alkohols zu entfernen, schneidet man einen Streifen
                              Löschpapier von solcher Breite, daß er sich bequem in das Gläschen bringen läßt,
                              schließt das Gläschen mit dem Daumen oder der Glasplatte und schüttelt es, um das
                              Pulver mit dem Löschpapier in vielfältige Berührung zu bringen, so lange, bis das
                              Pulver äußerlich gerade abgetrocknet ist, was man theils mit der Loupe, theils auch
                              daran erkennt, daß die Körner nicht mehr an den Wänden des Glases und an dem Papier
                              hängen bleiben. Auch diese Operation erscheint wahrscheinlich in der Beschreibung
                              viel schwieriger und unsicherer, als sie bei der Ausführung ist. Es bedarf übrigens
                              kaum der Erwähnung, daß sich mit grobkörnigen Sorten, besonders mit Kanonenpulver,
                              dessen
                              Dichtigkeitsverhältnisse gerade am häufigsten der Controle bedürfen, weit leichter,
                              als mit feinen Sorten arbeiten läßt. Das getränkte Pulver wird dann mit dem Gläschen
                              gewogen.
                           Das ganze Verfahren der Sättigungsmethode, so wie ich es bisher befolgt habe, besteht
                              nun in Folgendem: Man verschafft sich ein kleines Gläschen von etwa 2 Loth Wasser
                              Inhalt mit eingeriebenem Glasstöpsel, welcher an einer Seite mit einer feinen
                              eingefeilten Furche versehen ist, und bestimmt, zur Ersparung vieler Wagungen, ein
                              für allemal das Gewicht des mit absolutem Alkohol bei 17° R. gefüllten
                              Glächens. Das Pulver wird zum Zweck des Trocknens in einer kurzen weiten Glasröhre
                              oder einem kleinen Porzellantiegelchen längere Zeit in einem Sandbade auf etwa 40
                              bis 50° erwärmt, sodann in einer mit warmem Sand gefüllten Schale einige Zeit
                              unter die Luftpumpe gebracht, dann sogleich gewogen und in das, etwa zur Hälfte mit
                              Alkohol gefüllte Gläschen geschüttet. Man stellt dasselbe dann wieder unter die
                              Luftpumpe, um die Luft aus den Körnern vollständig zu entfernen, füllt hierauf das
                              Gläschen bis zur Mündung mit Alkohol, setzt den Stöpsel auf und stellt oder hängt es
                              in ein Gefäß mit Wasser von 17° R., worin es etwa 1 Stunde verbleibt. Nach
                              Verlauf dieser Zeit nimmt man es heraus, setzt, im Fall sich ein Luftbläschen darin
                              finden sollte, noch etwas Alkohol hinzu, trocknet es äußerlich schnell und
                              vollkommen ab, und bestimmt genau das Gewicht. Man entleert es nun von dem Alkohol,
                              schüttet das Pulver auf Löschpapier und sodann in das Cylindergläschen, um es nach
                              der gegebenen Beschreibung äußerlich abzutrocknen, und bestimmt das Gewicht. Zur
                              Controle kann das Pulver wieder getrocknet und nochmals gewogen werden, ja man
                              könnte sich in diesem Falle die Wägung des Pulvers vor
                              dem Versuche ganz ersparen. Da sich aber zwischen den Gewichten vor und nach dem
                              Versuch, vorausgesetzt, daß absoluter Alkohol angewendet wurde, welcher nur eine
                              außerordentlich kleine Menge Salpeter und Schwefel aufzulösen vermag, eine höchst
                              unbedeutende Differenz zeigt, so darf man sich der Mühe der zweiten Wägung schon
                              überheben. Jedenfalls aber würde es fehlerhaft seyn, die erste Trocknung
                              wegzulassen, weil von feuchtem Pulver sich etwas mehr Salpeter löst als von
                              trocknem.
                           Die angegebene Temperatur von 17° R. ist keineswegs nothwendig, und bei meinen
                              Versuchen nur deßhalb gewählt, weil es zweckmäßig schien, den Alkohol um ein
                              Geringes wärmer zu machen, als das Arbeitslocal, dessen Temperatur durchschnittlich
                              15° betrug, damit während der Wägung eine geringe Zusammenziehung des
                              Alkohols eintreten und sich dieser aus der Furche des Stöpsels zurückziehen mußte,
                              was zur Vermeidung eines Gewichtverlustes durch Verdunstung wünschenswerth
                              schien.
                           
                           Man hat nun also
                           
                              a das Gewicht des Glases mit Alkohol,
                              b das Gewicht des trocknen Pulvers,
                              c das Gewicht des mit Alkohol getränkten Pulvers,
                              d das Gewicht des Glases mit Alkohol und getränktem Pulver,
                              
                           undnnd findet hieraus das specifische Gewicht x im
                              Verhältniß zum Alkohol nach der Formel
                           x = b/(a + c – d)
                           endlich das specifische Gewicht im Verhältniß zum Wasser durch
                              die Formel
                           x¹ = be/(a + c – d)
                           worin e das specifische Gewicht
                              des Alkohols bezeichnet.
                           Gegen die Richtigkeit dieser meiner Methode könnte nun aber der Zweifel erhoben
                              werden, daß vielleicht beim Eindringen des Alkohols in die Poren des Pulvers eine
                              Anschwellung desselben eintreten könne, die von Meyer in
                              dem bereits angezogenen Werke S. 283 auch behauptet wird; wie ja bekanntlich Holz
                              und andere poröse Substanzen durch Tränkung mit einer Flüssigkeit anschwellen. So
                              wenig Wahrscheinlichkeit auch diese Annahme darbieten mochte, weil ja das zum
                              größten Theil aus Salpeter und Schwefel bestehende Pulver eine spröde, nicht
                              dehnbare Masse darstellt, so war es doch unerläßlich, durch directe Versuche die
                              Genauigkeit des Verfahrens zu prüfen; es mußte also auf anderem Wege, der keinen Zweifel zuließ, die Bestimmung des specifischen
                              Gewichtes ausgeführt und das Resultat mit dem nach meinem Verfahren gewonnenen
                              verglichen werden.
                           In dieser Absicht wurde Kanonenpulver aufs feinste zerrieben, mit 8 Procent Wasser
                              angefeuchtet und in einer cylindrischen eisernen Form gepreßt. Der so erhaltene
                              Pulverkuchen bildete eine Scheibe von 77 Mill. Durchmesser und 13 Mill. Dicke. Nach
                              dem Trocknen wurde ein Stück desselben in Gestalt eines Kreisausschnittes gewogen
                              und sodann mit geschmolzener Stearinsäure, durch Auftragen derselben mit einem
                              Pinsel, oberflächlich getränkt, wobei natürlich aufs sorgfältigste vermieden wurde,
                              durch äußerlich anhängende Stearinsäure das Volumen des Stückes zu vergrößern. Da
                              auch das Pulverstück nur gelinde und bei weitem nicht bis zum Schmelzpunkt der
                              Stearinsäure erwärmt war, so beschränkte sich die Tränkung nur auf eine höchst
                              geringe, für den Zweck des Versuches jedoch, das Stück auf kurze Zett vor der
                              Einwirkung des Wassers zu schützen, hinlängliche Tiefe.
                           
                           Das auf gewöhnliche Art in Wasser bestimmte specifische Gewicht fand sich
                           = 1,47.
                           Von demselben Pulverkuchen wurde sodann ein anderes Stück mittelst einer scharfen
                              Beißzange bis zur Größe von Kanonenpulver zerkleinert. Dasselbe, von allem
                              anhängenden Staub gereinigt und sodann nach dem von mir empfohlenen Verfahren auf
                              sein specifisches Gewicht untersucht, ergab
                           bei einer Bestimmung 1,48,
                           bei einer
                              zweiten        1,455.
                           Das Mittel aus beiden betrug also, fast übereinstimmend mit dem vorhergehenden,
                           1,467.
                           Von einem anderen, stärker gepreßten Pulverkuchen wurden zwei Stücke genau gewogen,
                              und dann oberflächlich mit Schellackfirniß getränkt. Sie wogen vor der Tränkung
                              9,373 Grm.; nach der Tränkung und dem Trocknen des Firnisses 9,427 Grm. Das Gewicht
                              des von ihnen verdrängten Wassers betrug 5,902 Grm.; folglich das specifische
                              Gewicht 1,588. Dieselbe Bestimmung, mit zwei anderen Stücken wiederholt, ergab
                              1,570; also Mittel beider Versuche 1,579. Derselbe Pulverkuchen, bis zur
                              Kanonenpulvergröße zerkleinert und nach der Sättigungsmethode untersucht, ergab
                           bei einer Bestimmung 1,572,
                           bei einer
                              zweiten        1,580;
                           also im
                              Mittel            
                              1,576.
                           Ein dritter Pulverkuchen von 76 Mill. Durchmesser und 9 Mill. Dicke wurde vermittelst
                              Quecksilber auf sein specifisches Gewicht untersucht. Eine niedrige cylindrische
                              Glasschale, deren innerer Durchmesser dem des Pulverkuchens entsprach und deren
                              oberer, gerade abgeschliffener Rand mit einer Glasplatte geschlossen werden konnte,
                              wurde mit Quecksilber gefüllt und gewogen; es wurde sodann der ganze Pulverkuchen
                              innerhalb des Quecksilbers festgeklemmt, das Ganze nach dem Verschluß mit der
                              Glasplatte wieder gewogen und hernach das specifische Gewicht berechnet. Derselbe
                              Versuch viermal wiederholt, ergab die Zahlen 1,51; 1,515; 1,52 und 1,51; also im
                              Mittel 1,514. Derselbe Pulverkuchen, zur Größe von grobem Kanonenpulver zerkleinert
                              und nach der Methode der Sättigung untersucht, ergab 1,493.
                           Ein vierter, sehr schwach gepreßter Pulverkuchen, ebenfalls mittelst Quecksilber
                              untersucht, besaß ein specifisches Gewicht = 1,30. Zerkleint bis zur Größe von grobem
                              Kanonenpulver und nach der Sättigungsmethode geprüft, ergab er als specifisches
                              Gewicht die Zahl 1,325.
                           Diese Versuche nun bilden das eigentliche Fundament zur Begründung meines Verfahrens,
                              und ich halte die Uebereinstimmung der so eben aufgeführten Zahlen unter
                              Berücksichtigung der schwierigen Aufgabe wohl für genügend; jedenfalls liefert sie
                              den Beweis, daß ein Anschwellen des Pulvers bei der Sättigung mit Alkohol nicht
                              eintritt.
                           
                        
                           Abgekürztes Verfahren.
                           Dieses Verfahren ist in solchen Fällen zulässig, wo man mit Pulversorten zu thun hat,
                              die in ihrer Zusammensetzung nicht bedeutend differiren, deren absolutes
                              specifisches Gewicht also ein für allemal bestimmt und dann als bekannt
                              vorausgesetzt werden kann. Da nämlich die drei Bestandtheile des Pulvers fast genau
                              ein und dasselbe specifische Gewicht besitzen, so bleibt das specifische Gewicht
                              ihrer Mischung nahezu dasselbe, wenn auch in der Zusammensetzung kleine Abweichungen
                              vorhanden sind. So schwankte das absolute spec. Gewicht mehrerer von mir
                              untersuchten, aus verschiedenen Fabriken herrührenden Pulversorten zwischen den
                              Zahlen 1,99 und 2,03. In Fällen also, wo in dieser Beziehung keine erheblichen
                              Abweichungen zu vermuthen sind, z.B. beim Bezug des Pulvers aus renommirten, oder
                              dem Staate gehörigen Fabriken, kann das abgekürzte Verfahren zur Anwendung kommen.
                              Es besteht einfach darin, eine gewogene Probe des Pulvers in der oben beschriebenen
                              Art mit Alkohol zu sättigen und die dadurch veranlaßt Gewichtszunahme zu
                              bestimmen.
                           Bezeichnen wir mit
                           b das Gewicht des trocknen Pulvers, mit
                           e das specifische Gewicht des Alkohols, mit
                           f die Gewichtszunahme des Pulvers durch Sättigung mit
                              Alkohol, mit
                           g das als bekannt vorausgesetzte absolute spec. Gewicht
                              der Pulvermasse, so findet sich das spec. Gewicht des Pulvers x¹ durch die Formel
                           x¹ = beg/(be + gf).
                           Beispiel: Das Gewicht der getrockneten Pulverprobe, also b, sey = 5 Gramme, das Gewicht derselben nach der Sättigung mit Alkohol
                              sey 5,94, also die Zunahme (f) = 0,94 Gramme; das
                              specifische Gewicht der Pulvermasse (g) sey = 2,01,
                              jenes des Alkohols (e) = 0,794; so findet sich das
                              specifische Gewicht x¹ des Pulvers
                           x¹ = (5 × 0,794 × 2,01)/(5 ×
                              0,794 + 2,01 × 0,94) = 1,36.
                           
                        
                           
                           Vergleichung der Einschütt- mit der
                                 Sättigungsmethode.
                           Daß das bisherige Verfahren mittelst Einschüttens in Alkohol kein einigermaßen
                              genaues Resultat geben könne, weil schon während der kurzen Zeit des Einschüttens
                              der so dünnflüssige Alkohol in die Poren der Pulverkörner eindringt, ist oben
                              gezeigt, und es muß daher die Menge des verdrängten Alkohols zu klein, folglich das
                              specifische Gewicht zu groß ausfallen.
                           Ich werde nun beispielweise einige Bestimmungen nach beiden Methoden anführen, um den
                              Unterschied der Resultate zu zeigen.
                           Der bereits oben erwähnte gepreßte Pulverkuchen, dessen specifisches Gewicht nach dem
                              Verfahren des Tränkens mit Stearinsäure sich = 1,47 gezeigt hatte, gab bis zur
                              Kanonenpulvergröße zerkleint, nach der Sättigungsmethode 1,467; nach der Methode des
                              Einschüttens dagegen 1,657.
                           Der andere Pulverkuchen von 1,588 wirklichem specifischem Gewicht ergab nach der
                              Sättigungsmethode in zwei Versuchen 1,58 und 1,572; nach der Methode des
                              Einschüttens dagegen 1,746.
                           Der dritte schon oben erwähnte Pulverkuchen von 1,514 wirklichem specifischem Gewicht
                              zeigte nach dem Einschüttverfahren 1,68.
                           Der vierte Pulverkuchen von 1,30 wirklichem und nach dem Sättigungsverfahren = 1,325
                              gefundenem specifischem Gewicht zeigte, nach dem Verfahren des Einschüttens
                              untersucht, die Zahl 1,81.
                           Es bestätigt sich demnach die schon a priori zu
                              vermuthende Fehlerhaftigkeit des gebräuchlichen Einschüttverfahrens und die
                              durchgängig zu hohe Angabe des spec. Gewichts.
                           Die folgenden Zahlen sind die Resultate einiger von mir gemachten Bestimmungen:
                           
                              
                                 
                                 Methode der   Sättigung
                                  Methode
                                    des    
                                    raschen  Einschüttens
                                 
                              
                                 Kanonenpulver von Waltham-Abbey
                                    vom   28. Febr. 1850
                                      1,556
                                      1,715
                                 
                              
                                 Kanonenpulver ebendaher, ältere
                                    Fabrication
                                      1,524
                                      1,617
                                 
                              
                                 Kanonenpulver von Bomlitz im
                                    Königreich   Hannover
                                      1,401
                                      1,568
                                 
                              
                                 Kanonenpulver von Aerzen im
                                    Königreich   Hannover
                                      1,470
                                      1,520
                                 
                              
                                 Kanonenpulver nach der Champy'schen    Methode
                                    fabricirt, aus einer unbekannten Fabrik
                                      1,440
                                      1,568
                                 
                              
                           
                           Um einen recht klaren Begriff von den verschiedenen Graben der Dichtigkeit dieser
                              Pulversorten zu geben, habe ich berechnet, in welchem Verhältniß das Volumen der mit
                              Luft erfüllten Poren zu dem Volumen der ganzen Pulverkörner steht, wobei das
                              letztere zu 100 angenommen ist; nämlich
                           
                              
                                 Kanonenpulver von Waltham-Abbey vom
                                    28. Februar 1850   
                                 100 : 22,6
                                 
                              
                                 Kanonenpulver ebendaher, älterer
                                    Fabrication
                                 100 : 24,1
                                 
                              
                                 Kanonenpulver von Bomlitz
                                 100 : 30,3
                                 
                              
                                 Kanonenpulver von Aerzen
                                 100 : 26,9
                                 
                              
                                 Champy'sches Pulver
                                 100 : 28,3
                                 
                              
                           Aber selbst diese Ausdrucksweise zeigt die Unterschiede noch nicht in ihrer wahren
                              Größe, indem ja der wahre Unterschied in dem Verhältniß zwischen Luft und fester
                              Substanz liegt. Die folgende Zusammenstellung zeigt dieses Verhältniß, wobei das
                              Volumen der festen Substanz = 100 gesetzt ist:
                           
                              
                                 Kanonenpulver von Waltham-Abbey, vom
                                    28. Februar 1850   
                                 100 : 29,2
                                 
                              
                                 Kanonenpulver ebendaher, älterer
                                    Fabrication
                                 100 : 31,8
                                 
                              
                                 Kanonenpulver von Bomlitz
                                 100 : 43,4
                                 
                              
                                 Kanonenpulver von Aerzen
                                 100 : 36,8
                                 
                              
                                 Champy'sches Pulver
                                 100 : 39,4
                                 
                              
                           Zum Schluß dieses Aufsatzes habe ich eine, meines Wissens früher noch nicht
                              beobachtete sonderbare Erscheinung anzuführen.
                           Wenn man bei Bestimmung der Dichtigkeit des Pulvers dasselbe in ein mit Alkohol
                              gefülltes Gläschen schüttet und dieses gleich darauf mit einem Glasstöpsel
                              verschließt, welcher an einer Seite einen feinen mit der Feile gemachten Canal
                              enthält, so beginnt sehr bald der Alkohol aus diesem Canal auszutreten, und zwar in
                              so bedeutender Menge, daß er oft über den Hals des Gläschens überfließt und so die
                              genaue Wägung völlig vereitelt. Bei mehreren Versuchen, mittelst eines besonderen
                              Apparates angestellt, dessen Beschreibung hier übergangen werden kann, betrug die
                              Menge des ausfließenden Alkohols gegen ein Drittel von
                              dem Volumen der Pulverkörner. Es muß also im Innern des Glases eine beträchtliche
                              Ausdehnung eintreten.
                           Diese Ausdehnung einer Temperaturerhöhung, zuzuschreiben, ist sicher nicht zulässig,
                              weil ja der Alkohol auf keinen der Bestandtheile des Pulvers eine chemische
                              Einwirkung ausübt; auch zeigte ein Thermometer, in die Masse gebracht, keine
                              Temperaturveränderung an.
                           
                           Dagegen lassen sich die folgenden Ursachen, wenigstens als theilweise mitwirkend,
                              vermuthen:
                           1. Eine Verdampfung von Alkohol in der aus den Körnern entweichenden Luft, folglich
                              eine Vergrößerung des Luftvolums. Nach eigens darüber angestellten Versuchen
                              entspricht die Spannung des Alkoholdampfes bei 17° R. einer Quecksilberhöhe
                              von 19''' Par., also etwa 1/17 Atmosphäre, und es könnte somit das Volumen der Luft
                              sich nur um den siebenzehnten Theil vermehren, so daß diese Ursache jedenfalls nur
                              sehr geringen Antheil an der Erscheinung nehmen kann.
                           2. Könnte die Kohle nach ihrer bekannten Eigenschaft,
                              Gasarten zu absorbiren, atmosphärische Luft im verdichteten Zustande enthalten,
                              welche durch den Alkohol ausgetrieben, sich ausdehnen würde. Da aber die Kohle bei
                              der Bereitung des Pulvers mit einer concentrirten Salpeterlösung durchtränkt wird,
                              welche nachher in den Poren eintrocknet, so ist schwerlich anzunehmen, daß sie ihre
                              Absorptionskraft in ungetrübtem Zustande beibehält. Es ist nun zwar nicht
                              unglaublich, daß das ganze Pulver, als poröser Körper, Luft in seinen Poren
                              verdichten könne; doch haben Versuche gezeigt, daß die in Frage stehende Erscheinung
                              auch dann sich in voller Stärke zeigt, wenn das Pulver unmittelbar vorher noch warm
                              unter der Luftpumpe behandelt und dadurch von der eingeschlossenen Luft getrennt
                              wurde; und da notorisch die Absorption und Verdichtung der Gasarten durch Kohle und
                              andere poröse Körper nur ganz allmählich und langsam erfolgt, so ist kaum
                              anzunehmen, daß in der kurzen Zeit, die zwischen der Behandlung in der Luftpumpe und
                              dem Versuche verstrich, das Pulver eine erhebliche Luftmenge absorbiren konnte.
                           3. Könnte der in Folge der Kapillarität in die Poren des Pulvers von allen Seiten
                              gleichmäßig eindringende Alkohol die Luft im Innern der Körner zusammendrängen und
                              so verdichten; denn bei der außerordentlichen Feinheit der Poren muß das Eindringen
                              mit sehr bedeutender Kraft vor sich gehen. Wenn nun im Augenblick des Einschüttens
                              eine solche Luftverdichtung vor sich geht, bald darauf aber diese Luft aus dem
                              Inneren der Körner zu entweichen beginnt, so wird sie ihren früheren
                              Dichtigkeitszustand wieder annehmen, sich also ausdehnen.
                           Welche der genannten Ursachen, oder ob vielleicht alle zusammen wirksam seyen, wage
                              ich um so weniger zu entscheiden, als ich es für sehr wohl möglich halte, daß es dem
                              Scharfblick eines Anderen besser als mir gelingen könne, die wahre Ursache zu
                              entdecken; nur möchte ich noch darauf aufmerksam machen, daß eine etwa vermuthete
                              Anschwellung der Körner, wenn sie auch statt fände, doch nimmermehr eine Ausdehnung
                              des Ganzen zur Folge
                              haben könnte, weil eine bloße Umlagerung der
                              verschiedenen flüssigen, festen und luftförmigen Theile keinen Grund zu einer
                              Ausdehnung abgibt.