| Titel: | Ueber die Fabrication des Natriums und des Aluminiums; von H. Sainte-Claire Deville. | 
| Fundstelle: | Band 141, Jahrgang 1856, Nr. LXIX., S. 303 | 
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                        LXIX.
                        Ueber die Fabrication des Natriums und des
                           Aluminiums; von H.
                              Sainte-Claire Deville.
                        Im Auszug aus den Annales de Chimie et de Physique, April
                              1856, S. 415.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV.
                        Deville, über die Fabrication des Natriums und des
                           Aluminiums.
                        
                     
                        
                           Meine Versuche über geeignete Verfahrungsarten zur Darstellung des Natriums und des
                              Aluminiums im Großen, habe ich in der chemischen Fabrik zu Javel auf Kosten des
                              Kaisers Napoleon angestellt.Die früheren Abhandlungen Deville's über
                                    Darstellung des Natriums und des Aluminiums wurden im polytechn. Journal
                                    Bd. CXXXIV S. 284 und 369, Bd. CXXXVII S. 125 und Bd. CXXXIX S. 204 mitgetheilt.
                              
                           
                        
                           I. Fabrication des Natriums.
                           Zur Darstellung des Natriums muß man ein Gemenge von kohlensaurem Natron, Kreide und
                              Holzkohle in einem schmiedeisernen Behälter auf eine hohe Temperatur erhitzen, und
                              da das Natriummetall sehr flüchtig ist, dasselbe in einer Vorlage verdichten. Bei
                              der Fabrication im Großen ersetzt man die Holzkohle durch Steinkohle; das
                              geeignetste Gemenge besteht aus:
                           
                              
                                 kohlensaurem Natron
                                 30
                                 Kilogr.
                                 
                              
                                 Steinkohle
                                 13
                                     –
                                 
                              
                                 Kreide
                                   5
                                     –
                                 
                              
                           Um das kohlensaure Natron zu erhalten, muß man krystallisirtes kohlensaures Natron
                              stark trocknen (entwässern) und dann fein zerreiben; bei Anwendung von Sodasalz (sel de soude) erhielt ich immer schlechte Resultate, was
                              ich mir nicht erklären kann. Ein Gemenge ist nur dann als gut zu betrachten, wenn es
                              bei der zur Reduction des Natriums erforderlichen Hitze nicht in solchem Grade
                              schmilzt, daß es flüssig wird und folglich die freie Gasentwicklung verhindert; es
                              muß jedoch teigig werden, so daß es sich immer an der unteren Fläche der
                              schmiedeisernen Retorte erhält. (Nimmt man Sodasalz zum Gemenge, so schmilzt dieses
                              stets, bei jeder Zusammensetzung.) – Die Steinkohle muß trocken seyn und eine
                              lange Flamme geben; ich habe immer diejenige von Charleroi benutzt. Dieselbe wirkt
                              nicht bloß als Reductionsmittel, sondern liefert auch fast während der ganzen Dauer
                              der Operation gasförmige Kohlenwasserstoffe und am Ende selbst reines
                              Wasserstoffgas, welche dazu beitragen die Natriumdämpfe rasch in die Vorlage zu
                              treiben und das verdichtete Metall vor der zerstörenden Einwirkung des
                              Kohlenoxydgases zu schützen. – Als Kreide habe ich diejenige von Meudon
                              benutzt, nachdem sie in der Wärme getrocknet worden war.
                           Die drei Stoffe werden pulverisirt und durchgesiebt, dann mit der Hand gemengt und
                              nochmals durchgesiebt, so daß ein inniges Gemenge entsteht. Dasselbe muß bald
                              verbraucht werden, bevor es Feuchtigkeit anziehen konnte. Wenn man das Erhitzen
                              wohlfeil bewerkstelligen kann, ist es vortheilhaft, das Gemenge vor dem Einbringen
                              in die Retorte zu calciniren, weil die Retorte von dem calcinirten Gemenge, welches
                              ein kleineres Volum einnimmt, ein größeres Gewicht fassen kann und in demselben
                              Verhältniß mehr Natrium liefert. Eine Quecksilberflasche faßt von dem nicht
                              calcinirten Gemenge wenig über 2 Kilogr., von einem vorher bis zum Teigigwerden
                              erhitzten Gemenge hingegen 3,6 Kilogr. Bei Anwendung eines so calcinirten Gemenges
                              erhielt ich unter der Leitung eines geschickten Arbeiters, welcher es möglich machte
                              jede Quecksilberflasche zu vier Operationen zu benutzen, sehr schönes Natrium zu dem
                              geringen Kostenbetrage von 9 Fr. 25 Cent. das Kilogramm.
                           Die eisernen Quecksilberflaschen sind ganz geeignete Retorten zur Fabrication des
                              Natriums. In Folge der häufigeren Anwendung welche man in der letzten Zeit von ihnen
                              zu diesem Zweck machte und weil solche Flaschen in großer Anzahl für die Goldsucher
                              nach Australien und Californien versendet werden, stieg ihr Preis in Paris von 1/2
                              oder 1 Fr. auf 2 1/2–3 Fr. das Stück.
                           
                              1. Fabrication des Natriums mit
                                    Anwendung von Quecksilberflaschen.
                              Der Apparat hiezu besteht aus dem Ofen, der Quecksilberflasche welche man darin
                                 erhitzt, und der Vorrichtung zum Verdichten der Natriumdämpfe.
                              
                              Der in Fig.
                                    33 im Verticaldurchschnitt dargestellte Ofen hat die gewöhnliche Form.
                                 Der viereckige Feuerraum C, dessen Wände aus
                                 feuerfesten Ziegeln bestehen, ist mit einem Roste G
                                 aus beweglichen eisernen Stäben versehen, und steht durch den Canal F, in welchem ein Schieber angebracht ist, mit einer
                                 gut ziehenden Esse in Verbindung. Der Canal F muß
                                 von dem mittleren Theile der Decke des Feuerraums ausgehen, damit die Hitze sich
                                 in demselben gleichmäßig vertheilt. Bei O ist an
                                 jeder Seite eine Oeffnung angebracht, durch welche der Feuerraum mit Kohks
                                 beschickt wird; es genügt dazu, an jeder Seite in der Decke des Feuerraums einen
                                 Stein lose zu lassen, den man beim Einschütten von Kohks wegnimmt und nachher
                                 wieder an seinen Platz legt. In der Höhe von 10 Centimeter über dem Roste bringt
                                 man in der Ofenwand eine Oeffnung an, durch welche man eine Stange einführen
                                 kann, um damit zu bewirken daß die Kohks gehörig heruntersinken und der Raum
                                 zwischen Retorte und Rost stets mit Brennmaterial gefüllt bleibt, damit die
                                 Retorte nicht verbrennt. Nach vorne hat der Ofen eine quadratische Oeffnung, die
                                 durch eine dicke gußeiserne Platte verschlossen wird; letztere hat ein Loch,
                                 durch welches das Rohr T hervortritt.
                              Die als Retorte dienende Quecksilberstasche B liegt
                                 auf zwei feuerfesten Steinen K, die an der oberen
                                 Seite cylindrisch ausgehöhlt sind, um der Flasche eine feste Lage zu geben.
                                 Diese Steine müssen 20 Centimeter hoch seyn, damit die Retorte hinreichend von
                                 dem Roste entfernt ist. Der Raum zwischen der Retorte und der Ofenwand ist 12
                                 Centim. breit; bei sehr gutem Zuge und sehr dichten Kohks kann der Feuerraum
                                 aber etwas enger seyn.
                              Das eiserne Rohr T, welches ein Stück von einem
                                 Flintenlauf seyn kann, wird in den Hals der Retorte eingeschraubt oder in deren
                                 glatt ausgeschliffenen Hals dicht schließend eingesetzt. Es ist 7–8
                                 Centimeter lang und darf kaum 8–10 Millim. aus dem Ofen vorstehen. Das
                                 vorstehende Ende ist conisch gemacht, damit es in die Mündung der Vorlage
                                 paßt.
                              Um die Vorlage herzustellen, nimmt man zwei Platten von 2–3 Millim. dickem
                                 Eisenblech und schneidet sie zu der durch Fig. 34 dargestellten
                                 Gestalt. Die eine von ihnen, A', bleibt eben, mit
                                 Ausnahme des Endes bei C, wo man durch Hämmern über
                                 einem Dorne einen halbcylindrischen Hals von 25 Millimeter innerem Durchmesser
                                 herstellt, welcher mit der ebenen Fläche A' durch
                                 eine möglichst schmale conische Fläche zusammenhängt, so daß, wenn man die
                                 beiden Platten zusammenlegt, bei O eine cylindrische
                                 Oeffnung entsteht, die durch zwei conische Flächen mit dem parallelepipedischen
                                 Raume, den die Platten zwischen sich lassen, communicirt. Fig. 35 zeigt diese
                                 Anordnung im Durchschnitt senkrecht gegen die Ebene der beiden Platten. Um den
                                 Raum zwischen beiden Platten zu schließen, biegt man die Ränder der Platte A in einem rechten Winkel um, so daß sie einen
                                 5–6 Millim. hohen Rand bilden. Dieser Rand und die entsprechende Fläche
                                 der Platte A wird abgefeilt, so daß, wenn man beide
                                 Platten vereinigt, der Rand von A sich überall an
                                 A' anlegt und der Zwischenraum beider Platten
                                 gut verschlossen wird, ausgenommen bei D, D', wo der
                                 Apparat ganz offen ist, wie Fig. 36 zeigt.
                              Fig. 37
                                 zeigt eine andere Anordnung der Vorlage, deren ich mich bediene, wenn ich das
                                 Natrium in der Vorlage sich ansammeln lassen will, bis sie voll ist. Das hintere
                                 Ende der Vorlage ist hier durch einen Rand der Platte A geschlossen, mit Ausnahme der Stelle O,
                                 wo der Rand fehlt und eine Oeffnung zum Entweichen der Gase vorhanden ist.
                              Die rationellste Einrichtung der Vorlage wäre wohl die in Fig. 38 dargestellte,
                                 bei welcher die untere Fläche I geneigt ist und das
                                 Natrium durch eine kleine Oeffnung O' ausfließen
                                 kann, während die Gase durch eine größere Oeffnung O
                                 entweichen.
                              Die Verbindung der beiden Platten, aus denen die Vorlage besteht, erfolgt durch
                                 zwei starke, an den geeigneten Stellen angebrachte Druckschrauben V, V, Fig. 33.
                              Um mittelst der beschriebenen Apparate Natrium darzustellen, füllt man die
                                 Retorte vollständig mit dem Gemenge, befestigt an derselben das Rohr T und legt die Retorte auf die Tragsteine K, K, Fig. 33, nachdem man
                                 zuvor den Ofen bis an den oberen Rand derselben mit glühenden Kohks gefüllt hat,
                                 worauf man den übrigen Theil des Ofens mit kalten Kohks beschickt und den
                                 Schieber öffnet. Alsbald entweicht aus der Retorte viel Gas, welches mit gelber
                                 Flamme brennt, und nach Verlauf einer halben Stunde gibt dasselbe einen weißen
                                 Rauch von kohlensaurem Natron. Die Vorlage legt man aber nicht eher an, als bis
                                 an einem kalten Eisenstab, den man in das Rohr T
                                 steckt, sich Natrium anhängt, welches nach dem Herausziehen des Stabes an der
                                 Luft brennt. Wenn man die Vorlage angelegt hat und bei gutem Zuge das Natrium
                                 sich rasch entwickelt, so erhitzt sich die Vorlage hinreichend, damit das
                                 condensirte Natrium nach dem Ende D fließt; es wird
                                 in einem gußeisernen Gefäß L aufgefangen, welches
                                 einige Centimeter hoch Schieferöl enthält, das wenig flüchtig ist. Wenn nach
                                 einiger Zeit die Vorlage sich verstopft, so ersetzt man sie durch eine andere,
                                 die man vorher über einem Feuer auf 200–300° C. erhitzt hat.
                                 Wendet man aber geschlossene Vorlagen an, so wartet man, bis sie mit Natrum
                                 gefüllt sind, z.B. so weit, daß dasselbe durch O (Fig. 37)
                                 ausfließt, trennt sie dann von der Retorte und taucht sie in einen gußeisernen
                                 Kasten, welcher mit bis 150° C. erhitztem Schieferöl gefüllt ist. Das
                                 Natrium fließt auf den Boden des Kastens, und wird Abends mit einem
                                 durchlöcherten Löffel herausgenommen. Dieser Kasten und das darin enthaltene Oel
                                 werden durch die fortwährend hineingetauchten Vorlagen auf der gehörigen
                                 Temperatur erhalten. Der Kasten muß mit einem Deckel versehen seyn, womit man
                                 ihn zudeckt wenn das Schieferöl sich entzünden sollte; es erlöscht dann so
                                 plötzlich, daß dieser Umstand keine Gefahr veranlaßt. Es kommt vor, daß aus den
                                 Vorlagen durch die eine ihrer Oeffnungen das Natrium schon vor oder bei ihrem
                                 Eintauchen in das Oel ausfließt; es entzündet sich dabei auf dem Wege durch die
                                 Luft aber nicht.
                              Bei gutem Gange der Operation erhält man nur reines Natrium; die kohlige
                                 Substanz, welche bei der Kaliumbereitung so störend auftritt, erscheint hier
                                 fast gar nicht.
                              Bevor man eine gebrauchte Vorlage neuerdings anwendet, muß man dieselbe jedoch
                                 reinigen; dieß geschieht, indem man die beiden Platten, welche die Vorlage
                                 bilden, mittelst eines eisernen Rahmens über einem Behälter, welcher einige
                                 Centimeter hoch Schieferöl enthält, anbringt und sie dann in der Kälte mit einem
                                 Meißel, der mit einem langen hölzernen Hefte versehen ist, abschabt. –
                                 Die von den Platten abgeschabte Masse wird, nachdem sich eine gewisse Menge
                                 davon gesammelt hat, in eine Quecksilberstasche gebracht, diese in den Ofen
                                 gelegt und erst gelinde erhitzt, um das Schieferöl zu verdampfen, welches in
                                 einer als Vorlage dienenden abgekühlten eisernen Flasche condensirt wird.
                                 Nachher verstärkt man das Feuer, legt die gewöhnliche Vorlage an und destillirt
                                 das in der abgeschabten Masse enthaltene Natrium über. Diese Destillation ist
                                 sehr lohnend und liefert viel Natrium.
                              Das rohe Natrium ist vollkommen rein; man erhält es oft in Massen von mehr als
                                 100 Grammen. Man schmilzt es unter einer dünnen Schicht von Schieferöl, welches
                                 man, sobald das Metall ganz flüssig ist, decantirt. Das Natrium wird dann in
                                 eisernen Zainformen zu Stäben gegossen. Es ist hierbei niemals eine Entzündung
                                 vorgekommen, weder bei mir, noch bei den Gebrüdern Rousseau, welche jetzt in ihrer chemischen Fabrik das Natrium im
                                 Großen darstellen.RousseauFrères haben die Niederlage ihrer
                                       chemischen Producte in der Rue de l'école
                                          de médicine zu Paris. Man muß sich nur vor Wasser hüten.
                              
                              Bei der Darstellung des Natriums nach dem beschriebenen Verfahren muß die
                                 Reduction rasch geführt werden, so daß eine mit 2 Kilogr. des Gemenges
                                 beschickte Retorte in etwa 2 Stunden erhitzt und entleert wird. Sobald die aus
                                 der Vorlage tretende gelbe Flamme klein wird, muß man mit der Operation
                                 aufhören; man würde bei fernerem Erhitzen nur ohne Nutzen die Retorte
                                 verbrennen, denn dieselbe enthält dann fast nur noch Kalk und Kohle.
                              Zur Reduction des kohlensauren Natrons durch die Kohle ist keine so hohe
                                 Temperatur erforderlich, als man bisher geglaubt hat; die Retorten brauchen
                                 dabei nicht stärker zu glühen, als die Destillationsröhren in den Zinköfen. Ich
                                 versuchte deßhalb auch gußeiserne Flaschen anzuwenden, welche aber die Hitze
                                 nicht aushielten) wahrscheinlich wären solche anwendbar, wenn man das Eisen
                                 zuvor, wie bei der Darstellung des hämmerbaren Gußeisens, entkohlte. Wie ich
                                 mich durch zahlreiche Versuche überzeugt habe, ist die nöthige Reductionshitze
                                 je nach der Beschaffenheit des kohlensauren Natrons und der Zusammensetzung des
                                 Gemenges sehr verschieden. Die Quecksilberflaschen halten, obschon direct (ohne
                                 Ueberzug) dem Feuer ausgesetzt, bei geeigneter Behandlung drei bis vier
                                 Operationen aus. Der Erfolg einer Operation hängt fast ganz von der
                                 Geschicklichkeit und Sorgfalt des Arbeiters ab; je nachdem derselbe sein Feuer
                                 dirigirt, können die Gestehungskosten des Natriums sich verdoppeln.
                              
                                  (Die Fortsetzung folgt im nächsten Heft.) 
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
