| Titel: | Die neuesten Arbeiten zur Darstellung von Nebenproducten in Joachimsthal. | 
| Fundstelle: | Band 141, Jahrgang 1856, Nr. LXXXIV., S. 372 | 
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                        LXXXIV.
                        Die neuesten Arbeiten zur Darstellung von
                           Nebenproducten in Joachimsthal.
                        Aus der österreichischen Zeitschrift für Berg- und
                                 Hüttenwesen, 1856, Nr. 31.
                        Ueber die neuesten Arbeiten zur Darstellung von Nebenproducten in
                           Joachimsthal.
                        
                     
                        
                           I. Patera's Versuche, das Arsen
                                 vollständig von den Metalloxyden auszuscheiden.
                           Die nachstehenden Mittheilungen über die von dem k. k. Assistenten Hrn. Patera zu Joachimsthal ausgeführten Versuche, das Arsen vollständig von den Metalloxyden abzuscheiden, und
                                 die elektronegativen Metalle (namentlich Vanadin) als Nebenproducte zu gewinnen, entnehmen wir einem amtlichen Berichte
                              desselben an das hohe k. k. Ministerium, welcher als Veranlassung zu dieser Arbeit die bei der
                              Reinigung einer Partie unreinen Urangelbes gemachten Beobachtungen und Erfahrungen
                              angibt.
                           Die unreinen Sorten des Urangelbs enthalten nämlich nach den Analysen des k. k.
                              Bergpraktikanten Hrn. E. Wysoky 7,69 – 6,52
                              – 5,60 Arsensäure. Bei dem hohen Preise des Urangelbs wäre es nicht räthlich
                              gewesen, so unreine Partien in den Handel zu bringen; es war daher die Aufgabe: das Arsen auf eine einfache und sichere Weise aus dem
                                 vorhandenen Producte zu entfernen, und zugleich ein Mittel anzugeben, wie sich
                                 bei der künftigen Manipulation ein so bedeutender Arsengehalt vermeiden
                                 ließe.
                           Die Arsensäure bildet mit dem Uranoxyde ein Salz von blaßgelber Farbe, welches
                              schwierig zu zersetzen ist, dasselbe löst sich sowohl in Säuren, als auch in einem
                              Ueberschusse von Soda, verhält sich daher ziemlich so wie reines Urangelb, nur ist
                              das arsensaure Uranoxyd in beiden Lösungsmitteln etwas weniger leicht löslich.
                           Die Arsensäure durch Schwefelwasserstoffgas als Schwefelarsen zu entfernen, hätte
                              große Schwierigkeit, weil sie auf diese Art schwer zu zersetzen ist, auch würde das
                              gelbe Uranoxyd zu grünem Uranoxydul umgewandelt, welches erst wieder oxydirt werden
                              müßte.
                           Hr. Patera versuchte es daher zuerst, die Arsensäure an
                              Eisenoxyd zu binden, indem er das unreine Urangelb in Schwefelsäure löste, zu der
                              sauren Lösung eine Eisenchloridlösung gab, hierauf das Uran mit Sodalösung fällte
                              und im Ueberschusse derselben wieder auflöste. Die Lösung wurde gekocht und hiebei
                              schied sich das arsensaure Eisenoxyd mit dem überschüssig zugesetzten Eisenoxyd
                              vollständig ab.
                           Im Kleinen fand dieses Verfahren keinen Anstand, im Großen jedoch war die Menge des
                              Eisenniederschlages lästig. Obwohl das aus der Lauge nach der bekannten Weise
                              gewonnene Urangelb recht rein war und eine schöne Farbe hatte, wurde doch diese
                              Methode, welche in manchen Fällen recht brauchbar seyn kann, verlassen und ein
                              anderer Weg eingeschlagen, auf dem bald entsprechende Resultate sich ergaben. Das
                              Urangelb wurde in Schwefelsäure gelöst, von dieser aber vorsichtig nur so viel
                              zugegeben, daß sich nicht die ganze Masse löste. Da, wie oben bemerkt, das
                              arsensaure Uranoxyd in der Säure nicht so leicht löslich ist, wie das Urangelb, so
                              blieb der größte Theil jenes Salzes ungelöst zurück. Bei behutsamer Uebersättigung
                              mit Soda ließ sich aus demselben Grunde wieder der größte Theil des in der
                              Schwefelsäure gelösten arsensauren Uranoxydes abscheiden, während das reine Uranoxyd
                              leicht in der Soda sich löste. Diese zwei Producte, in welchen beinahe der ganze
                              Arsengehalt des zu
                              reinigenden Urangelbs concentrirt war, wurden zusammengegeben und gemeinschaftlich
                              verarbeitet.
                           Die quantitative Analyse, welche Hr. E. Wysoky davon
                              machte, gab 59,35 Uranoxyd, 27,98 Arsensäure und 12,50 Wasser, welche
                              Zusammensetzung ziemlich der Formel r2s + 6 Wasser entspricht.
                           Um nun auf eine technisch leicht ausführbare Weise die Arsensäure aus diesem Producte
                              zu entfernen, winde dasselbe fein gepulvert, zuerst mit Kohlenstaub und hierauf mit
                              15 Proc. entwässerter Soda, welcher etwas getrockneter Salpeter beigemengt war,
                              durch mehrere Stunden geröstet und nach dem Rösten mit heißem Wasser ausgelaugt. Im
                              Wasser lösten sich nebst dem arsensauren Natron auch noch Natronsalze mit seltenen
                              Metallsäuren, namentlich vanadinsaures Natron. Das aus
                              dem Rückstande gewonnene Urangelb war vollkommen frei von Arsen. Es wurde nun auch
                              ein Versuch mit einem Centner reichem Uranerz gemacht, dasselbe statt mit KalkMan s. Patera's Verfahren zur Darstellung des
                                    Urangelb im polytechn. Journal Bd. CXXXII
                                       S. 36. mit Soda geröstet, dann mit heißem Wasser ausgelaugt und in Säure gelöst.
                              Der Arsengehalt des Erzes ließ sich auf diese Art vollkommen entfernen, und das in
                              Säure aufgelöste Erz konnte, da kein Gyps das Auswaschen verzögerte, sehr schnell
                              aufgearbeitet werden. Der Erzrückstand enthielt nur unwägbare Spuren von Uran. Die
                              Anwendung der Soda statt des Kalkes beim Rösten würde zwar eine kleine Mehrauslage
                              verursachen, doch dürfte diese kaum in Betracht kommen, denn man erspart durch das
                              leichtere Auswaschen an Arbeit, bekommt ein reines arsenfreies Product und gewinnt
                              die bis nun so seltene Vanadinsäure ohne weitere bedeutende Kosten. Man dürfte die
                              durch das Auswaschen mit Wasser erhaltene Lauge nur bis zur Trockene eindampfen, und
                              gewiß würde jede wissenschaftliche Anstalt diese Salzmasse gegen Vergütung der
                              geringen Mehrauslagen übernehmen, wenn man die technisch zwar noch nicht verwendete,
                              wegen ihrer Seltenheit aber hoch im Preise stehende Vanadinsäure nicht speciell
                              berechnet.
                           Schließlich wird noch auf die Nützlichkeit dieser Methode, die letzten Antheile von
                              Arsen aus einer Arsen-Verbindung (Speise) vollständig abzuscheiden,
                              hingewiesen, was namentlich für die Nickelfabrikanten von großem Nutzen ist.
                           Leicht ist es zwar, durch Rösten mit Kohle den größten Theil des Arsens zu
                              verstüchtigen, ein nicht unbedeutender. Theil desselben bleibt aber hartnäckig beim
                              Nickel zurück und ist von demselben selbst, auf nassem Wege schwer zu trennen. Auf
                              oben beschriebene Weise wird diese der Güte und Brauchbarkeit des Nickels ungemein
                              schädliche Beimengung auf eine sichere, billige und technisch leicht ausführbare Weise vollkommen entfernt,
                              worüber Hr. Patera ausführlichere Versuche anzustellen
                              beabsichtigt, von denen wir später Nachrichten ebenfalls mitzutheilen in der Lage
                              seyn werden.
                           
                        
                           II. Verfahren zur Gewinnung des Vanadins
                                 aus den Joachimsthaler Uranerzen.
                           Ueber die weiteren Versuche des k. k. Assistenten Hrn. Patera, die Darstellung des Vanadins aus Joachimsthaler Uranerzen
                              betreffend, entnehmen wir ebenfalls einem amtlichen Berichte an das hohe k. k.
                              Ministerium nachstehendes Verfahren zur Gewinnung des Vanadins.
                           Das Uranerz wird zuerst todt geröstet, um den in demselben
                              enthaltenen Schwefel, das Arsen und Molybdän möglichst vollständig zu
                              entfernen, worauf es mit 15 Proc. Soda und 2 Proc. Salpeter eine Stunde lang geglüht wird. Es bilden sich
                              hierbei saures uransaures Natron, dann arsen-, vanadin-, molybdän- und
                              etwas kieselsaures Natron. Laugt man nun die geröstete
                              Masse mit heißem Wasser aus, so bleibt das Uransalz
                              ungelöst zurück, während sich die Natronsalze von Arsensäure,
                                 Vanadinsäure, Molybdän- und Kieselsäure, so wie die unzersetzte Soda lösen. Der das Uran
                              enthaltende Rückstand kommt zur Urangelbbereitung, die Lauge wird auf Vanadin
                              bearbeitet. Diese Lauge zur Darstellung des Vanadins den chemischen Laboratorien zu
                              überlassen, würde nicht zweckmäßig seyn, weil der Gehalt der Erze an Vanadin sehr
                              gering ist, und den der vanadinhaltigen Eisensteine von Schweden und am Harz,
                              welchen Bodemann mit 0,2 Proc. Vanadinsäure angibt, kaum
                              übertreffen dürfte. Nimmt man diesen Gehalt bei den Joachimsthaler Erzen als
                              vollständig ausbringbar an, so bekäme man von einem Ctr. Uranerz beim Abdampfen eine
                              Salzmasse von beiläufig 20 Pfd., welche 6,4 Loth, d. i. 1 Proc. Vanadinsäure
                              enthielte. Wenige Laboratorien sind zur Arbeit mit so großen Salzmassen
                              eingerichtet; es erschien daher wünschenswerth, das Vanadin schnell, ohne Verlust
                              und große Kosten in einer geringeren Salzmasse zu concentriren.
                           Hr. Patera machte zu diesem Zwecke eine Reihe von
                              Versuchen mit den in der analytischen Chemie angewendeten
                              Vanadin-Bestimmungsmethoden, um die eine oder die andere im Großen
                              anzuwenden. Bei der Fällung der Vanadinsäure durch Salmiak bekommt man wohl ein
                              reines Product, nämlich vanadinsaures Ammoniak, aber es bleibt sehr viel von der
                              Vanadinsäure in der Lösung und könnte kaum noch gewonnen werden, da durch den
                              Salmiak die Salzmenge noch vergrößert wird. – Man könnte das Vanadin auch als
                              Schwefelvanadin gewinnen, wenn man die Lösung des vanadinsauren Salzes mit einem Schwefelalkali
                              übersättigt, wodurch Schwefelvanadin aufgelöst wird, welches beim Uebersättigen der
                              Lösung durch eine verdünnte Säure als braunes Schwefelvanadin wieder gefällt wird.
                              Auch hier bleibt viel Vanadin als vanadinige Säure in der Lösung, welche davon mehr
                              oder weniger blau gefärbt erscheint; überdieß wäre aber diese Arbeit im Großen sehr
                              unbequem, und wegen der großen Entwickelung von Schwefelwasserstoffgas selbst
                              gefährlich.
                           Den Uranerzen sind häufig Kiese beigemengt, beim Rösten bilden sich dann
                              schwefelsaure Salze, welche in die Lauge übergehen. Ein Fällen der Vanadinsäure
                              durch ein Baryterdesalz würde daher sehr theuer seyn und ein sehr unreines Product
                              liefern, auch ist diese Fällung bei weitem nicht vollständig.
                           Ebenso sind die Fällungen mit Quecksilbersalzen im Großen nicht gut anwendbar.
                           Patera benutzte daher die bekannte Reaction der
                              Gallustinctur, welche mit vanadinsauren Salzen eine tief blaue Lösung gibt, aber nur
                              dann gelingt, wenn die Lösung vollkommen neutral ist. Dann ist sie jedoch zu einer
                              Gewinnung des Vanadins unbrauchbar, weil kein Niederschlag entsteht. Macht man
                              jedoch eine vanadinhaltige Lösung mit einer Säure, z.B. Salzsäure, sauer, versetzt
                              sie dann mit Galläpfelaufguß und neutralisirt vorsichtig mit Soda, so fällt ein
                              dunkelblauer voluminöser Niederschlag von gerbstoffsaurem Vanadinoxyd nieder,
                              welcher sich schnell absetzt und leicht abfiltrirt werden kann.
                           Mit demselben fallen auch noch gerbstoffsaures Natron und einige Molybdän-,
                              Arsen-, Uran- und Kieselerde-Verbindungen nieder. Der tief
                              indigoblaue Niederschlag schwindet beim Trocknen sehr zusammen und wird schwarz;
                              wird er geglüht, so verbrennen die Gerbstoffsäuren, etwas Arsen und Molybdän
                              entweicht und ein unreines vanadinsaures Natron, dem wohl auch vanadinigsaures Salz
                              beigemengt ist, bleibt zurück, welches Rohproduct dann zur Darstellung reiner
                              Vanadin-Verbindungen benützt werden kann.
                           Aus einem Centner Uranerz wurden durchschnittlich 18 Loth der gerbstoffsauren
                              Verbindung erhalten, welche nach dem Glühen 10 Loth von obigem Rohprodukte
                              gaben.
                           Die Kosten der Darstellung desselben sind nicht viel höher, als das einfache
                              Abdampfen der Lauge; die Kosten des ersten Röstens sammt Soda und Salpeterzuschlag
                              und das Auswaschen mit heißem Wasser treffen ohnedieß die Urangelbfabrication; die
                              das Vanadin speciell betreffende Arbeit ist daher eine sehr geringe und kann leicht
                              als Nebenarbeit bei der Uranmanipulation von denselben Arbeitern verrichtet werden.
                              Zur Darstellung der
                              gerbstoffsauren Verbindung aus der Salzlauge von einem Centner Erz braucht man:
                           
                              
                                 2 Pfd.
                                 Salzsäure
                                 
                                    à
                                    
                                   5 kr.
                                 
                                 10 kr.
                                 
                              
                                 1   „
                                 Galläpfel
                                 
                                    à
                                    
                                 30  „
                                 
                                 30  „
                                 
                              
                                 4   „
                                 Soda
                                 
                                    à
                                    
                                   6  „
                                 
                                 24  „
                                    
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                           –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 Summe: 1 fl.
                                   4 kr.
                                 
                              
                           Die Anschaffung an neuen Apparaten beschränkt sich auf einige hölzerne Bottiche und
                              Leinwandfiltrirbeutel.
                           Die Vortheile der besprochenen Methode sind Einfachheit und Wohlfeilheit, verbunden
                              mit großer Genauigkeit. Das mit einem Kostenaufwande von 1 st. 4 kr. gewonnene
                              Rohproduct enthält beiläufig etwas über 30 Proc. Vanadinsäure, das Pfund
                              Vanadinsäure im Rohproduct dürfte daher nicht viel über 10 st. zu stehen kommen; die
                              Arbeit dabei ist so einfach, daß sie von jedem geschickten Fabrikarbeiter mit
                              Leichtigkeit ausgeführt werden kann, und das in der Lauge enthaltene Vanadin wird
                              vollständig im Rohproducte angesammelt, und in der von dem blauen Niederschlage
                              abfiltrirten Lauge ist, wenn der Neutralisationspunkt richtig getroffen ist, Vanadin
                              nicht nachzuweisen. Die Reaction ist so empfindlich, daß aus der Glaubersalzlösung,
                              welche als Mutterlange bei der Urangelbbereitung zurückbleibt und Spuren von Uran
                              und Vanadin enthält, die geringen Mengen dieser Stoffe noch gewonnen werden können;
                              der Verlust durch Verzettelung ist sehr gering, da der Niederschlag von
                              gerbstoffsaurem Vanadinoxyd im nassen Zustande ungemein volumös ist und
                              verhältnißmäßig sehr wenig Vanadin enthält. Da nach einer annähernden Schätzung
                              (denn die quantitativen Bestimmungen des Vanadins sind alle höchst unvollkommen) das
                              hiesige Uranerz 0,2 Procent Vanadinsäure enthält und jährlich 30–50 Ctr. von
                              diesem Erze verarbeitet werden, so dürfte die Ausbeute an Vanadinsäure beiläufig 10
                              Pfd. im Jahre betragen, bei der großen Seltenheit des Stoffes eine gewiß ansehnliche
                              Quantität.
                           Was übrigens die vom Standpunkte der Rentabilität aufzuwerfende Frage nach den Kosten
                              betrifft, so ist bereits oben eine Ziffer genannt; eine genaue Berechnung, welche zu
                              einem Preisansatze für den Verkauf des Productes dienen könnte, wird noch gewärtigt,
                              und wir werden über die weiteren Durchführungsarbeiten seiner Zeit berichten.