| Titel: | Verfahren zum Versilbern, Vergolden und Verplatiniren des Glases; von Tony Petitjean. | 
| Fundstelle: | Band 141, Jahrgang 1856, Nr. XCVIII., S. 439 | 
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                        XCVIII.
                        Verfahren zum Versilbern, Vergolden und
                           Verplatiniren des Glases; von Tony
                              Petitjean.
                        Patentirt in England am 24. Juli 1855. –
                           Aus dem London Journal of arts, Juli
                              1856, S. 34 und dem Mechanic's Magazine, 1856, Nr. 1717.
                        Petitjean's Verfahren zum Versilbern, Vergolden und Verplatiniren
                           des Glases.
                        
                     
                        
                           Versilbern des Glases.
                           Zu diesem Zweck bereitet man zwei Silberlösungen.
                           Die Silberlösung Nr. 1 besteht aus 4 Aequivalenten salpetersaurem
                              Silberoxyd-Ammoniak, 1 Aequivalent Weinsteinsäure und der geeigneten Menge
                              destillirten Wassers. Man versetzt 10 1/2 Unzen salpetersaures Silber mit 6 1/2
                              Unzen flüssigem Aetzammoniak. Nachdem das Ammoniak auf das salpetersaure Silber
                              gegossen ist, erfolgt die Vereinigung beider Körper mit Wärmeentwickelung; man rührt
                              die Mischung um, bis deren Vereinigung vollständig bewirkt ist, und wenn man sie
                              dann einige Stunden stehen läßt, so bilden sich Krystalle von salpetersaurem
                              Silberoxyd-Ammoniak. Diese Lösung versetzt man mit 3 1/8 Pfd. (1 Pfd. = 16
                              Unzen) destillirtem Wasser, und rührt das Ganze gut um, damit sich die Krystalle
                              leichter auflösen. Die Lösung wird dann filtrirt, um davon eine kleine Menge eines
                              schwarzen Pulvers abzusondern, welches sich während der Vereinigung des
                              salpetersauren Silbers mit dem Ammoniak gebildet hat. Die filtrirte Flüssigkeit
                              versetzt man mit 1 1/6 Unze Weinsteinsäure, welche in ihrem vierfachen Gewicht
                              destillirten Wassers aufgelöst ist. Nachher setzt man 15 Pfd. destillirtes Wasser
                              zu, rührt gut um, und läßt die Mischung stehen, um sie später zu decantiren. Auf
                              den, aus weinsteinsaurem Silberoxyd bestehenden Niederschlag, welcher nach dem
                              Decantiren zurückblieb, gießt man 17 bis 20 Pfd. destillirtes Wasser, um von
                              demselben so viel als möglich aufzulösen. Die Lösung wird umgerührt und hinreichende
                              Zeit stehen gelassen, worauf man die Flüssigkeit decantirt und mit der ersten Lösung
                              vermischt. Die sämmtliche so erhaltene Silberlösung versetzt man noch mit 5 Pfd.
                              destillirtem Wasser, um sie vollkommen klar zu machen. Die Lösung kann dann
                              verwendet werden. – Was von dem gefällten weinsteinsauren Silber zurückblieb,
                              nachdem die Flüssigkeit das zweite Mal von diesem Niederschlag decantirt worden ist,
                              löst man mittelst einiger Tropfen Salpetersäure auf, und stellt es bei Seite.
                           Die Silberlösung Nr. 2 besteht aus 2 Aequiv. salpetersaurem
                              Silberoxyd-Ammoniak, 1 Aequiv. Weinsteinsäure und der geeigneten Menge
                              destillirten Wassers. Zur Bereitung dieser Lösung werden dieselben Manipulationen
                              befolgt, wie für die Lösung Nr. 1; der einzige Unterschied zwischen beiden Lösungen
                              besteht nämlich darin, daß Nr. 2 zweimal so viel Weinsteinsäure enthält als Nr. 1.
                              – Diese Lösungen sollten nur für eintägigen Gebrauch dargestellt werden.
                           Das zu versilbernde Glas muß zuerst gut gereinigt werden. Zu diesem Zweck wird ein
                              Kattunstück, auf welchem ein wenig Zinnasche angebracht wurde, mit der Lösung Nr. 1
                              befeuchtet und damit die Oberfläche des Glases sorgfältig gerieben; hierauf läßt man
                              sie trocknen. Das Reiben wird dann mit ein wenig trockener Zinnasche wiederholt, und
                              wenn das Glas vollkommen rein ist, feuchtet man seine Oberfläche mit einer mit
                              Kautschuk überzogenen hölzernen Walze, welche mit der Lösung Nr. 1 benetzt ist; auf
                              diese Weise wird ein vollkommenes Netzen der Oberfläche erzielt, indem alle
                              Luftblasen beseitigt werden. Das Glas wird dann auf einen geeigneten Apparat
                              gelegt,Als Apparat dient eine mit aufstehenden Rändern versehene gußeiserne Platte,
                                    welche auf einem Wasserbad erwärmt werden kann. Die Oberfläche dieser Platte
                                    ist eben gehobelt und wird ganz waagrecht gestellt; man belegt sie mit
                                    Wachstuch, auf welches die Glastafel zu liegen kommt. welcher auf beiläufig 66° C. (53° R.) erwärmt ist, und auf
                              dasselbe Lösung Nr. 1 gegossen, bis die Oberfläche des Glases mit der Flüssigkeit
                              bedeckt ist. Nach 15 bis 20 Minuten ist eine dünne Silberschicht über der ganzen
                              Oberfläche des Glases abgelagert, und dann gießt man von der Lösung Nr. 2 so viel
                              auf, als die Oberfläche zurückhalten kann. (Die Oberfläche wird beiläufig 10
                              Unzenmaaße der Flüssigkeit auf jedem Quadratfuß zurückhalten.) Nach etwa 15
                              (höchstens 20) Minuten hat die Silberschicht durch eine Ablagerung aus der zweiten
                              Lösung an Dicke so zugenommen, daß sie undurchsichtig wurde. (Es wurden 24 Grains
                              Silber auf 1 engl. Quadratfuß der Oberfläche des Glases abgelagert.) Nachdem man die
                              überschüssige Lösung von dem Glas abgegossen hat, wird die Silberschicht mit warmem
                              Wasser gewaschen, um sie von zurückgebliebener Lösung zu reinigen. Hierauf wird sie
                              getrocknet und mit einem schnell trocknenden (schwarzen) Oelfirniß überzogen.
                           
                           Wenn das Glas eine solche Form hat, daß es sich auf angegebene Weise nicht reinigen
                              läßt, wie z.B. die Riechfläschchen, so taucht man es zuerst in eine starke Auflösung
                              von unterschwefligsaurem Natron und läßt es darin 10 bis 12 Stunden liegen. Es wird
                              dann mehrmals gewaschen, und hierauf mit Lösungen Nr. 1 und 2 nach einander gefüllt,
                              um es innerlich zu versilbern.
                           Es ist nicht unumgänglich nothwendig das Glas zu erwärmen, da die Ablagerung aus den
                              Lösungen sowohl in der Wärme als in der Kälte erfolgt, nur findet sie bei höherer
                              Temperatur schneller statt.
                           Sollte beim Versilbern einer Glastafel eine Stelle mangelhaft überzogen worden seyn,
                              so ist es leicht den Fehler zu verbessern. – Der Silberüberzug des Glases,
                              obgleich sehr dünn, ist doch so fest, daß er das Poliren, durch Reiben mit der Hand
                              und Polirpulver, in jedem Grade verträgt.
                           Als Vortheile dieser Versilberung des Glases im Vergleich mit der gewöhnlichen
                              Spiegelbelegung führt der Erfinder an: die Erzielung einer vollkommen spiegelnden
                              Glasfläche; die Möglichkeit, Fehler derselben leicht zu verbessern; die
                              verhältnißmäßig unbedeutenden Kosten des Ueberzugs (der Werth des Silbers auf einem
                              Quadrat-Yard Glasfläche beträgt 1 Shill. 8 Pence); die Sicherheit der
                              Operation, welche überdieß einfach und schnell ausführbar ist; hauptsächlich aber
                              die Vermeidung der Anwendung von Quecksilber.Prof. Faraday hielt über dieses Verfahren zum
                                    Versilbern des Glases am 13. Juni d. J. einen Vortrag in der Royal Institution; das Verfahren von Prof. v.
                                    Liebig, welches im Aprilheft der Annalen der
                                    Chemie und Pharmacie (daraus im polytechn. Journal Bd. CXL. S. 199) veröffentlicht
                                    wurde, war ihm damals noch nicht bekannt.Ein ungenannter Referent über Faraday's Vorlesung
                                    erörtert im Augustheft des London Journal of
                                       arts die Frage, ob die gewöhnliche Spiegelbelegung durch die
                                    Versilberung des Glases verdrängt werden dürfte, was er verneint. Er sagt:
                                    „Bekanntlich ist das Silber einer der besten Wärmeleiter und
                                       das Glas einer der schlechtesten; ferner dehnt sich das Silber beim
                                       Erwärmen fast mehr als jede andere Substanz aus, und das Glas weniger
                                       als fast irgend eine andere Substanz. Es ist daher unmöglich, Silber und
                                       Glas bei wechselnder Temperatur in absolutem Contact zu erhalten; bei
                                       eintretender Kälte muß sich das Silber mehr zusammenziehen als das Glas,
                                       daher die dünne Silberschicht nachgeben wird, bis der Ueberzug endlich
                                       in kleine Stückchen zerrissen ist. Ganz anders verhält es sich mit der
                                       gewöhnlichen, aus Zinnamalgam bestehenden Spiegelbelegung; dieses
                                       Amalgam besteht nämlich, sobald es auf der Glastafel angebracht worden
                                       ist, aus unzähligen krystallinischen Blättchen oder Schuppen einer
                                       Metalllegirung, deren Zwischenräume mit Quecksilber ausgefüllt sind,
                                       dessen flüssiger Zustand eine freie Bewegung der Schuppen gestattet,
                                       ohne daß der Zusammenhang der reflectirenden Oberfläche für einen
                                       Augenblick unterbrochen wird. Wirkt nun Wärme ein, so gleiten die Ränder
                                       dieser Schuppen über einander wie diejenigen eines Fisches, während sie
                                       unter dem Einfluß der Kälte sich trennen und die entstehenden
                                       Zwischenräume in Folge der Capillarattraction sogleich mit
                                       flüssigem Quecksilber ausgefüllt werden, so daß also der metallische
                                       Ueberzug unter beiden Umständen ein vollkommener bleibt. Nach unserer
                                       Ueberzeugung wird daher die Versilberung bloß zur Verzierung kleiner
                                       gläserner Artikel in Gebrauch kommen und bleiben.“ A. d.
                                    Red.
                              
                           
                        
                           
                           Vergolden und Verplatiniren des Glases.
                           Die vorstehend für das Versilbern des Glases beschriebenen Operationen werden beim
                              Vergolden und Verplatiniren desselben wiederholt, nur mit Anwendung anderer
                              Lösungen; man ersetzt nämlich die Silberlösungen durch eine Gold- oder
                              Platinlösung, und zwar ist nur eine einzige Goldlösung, so wie bloß eine
                              Platinlösung erforderlich.
                           Goldlösung. – Sie besteht aus 2 Aequivalenten
                              Goldchlorid mit 1 Aequiv. citronensaurem Ammoniak. In 2 1/2 Pfd. destillirtem Wasser
                              wird 1 Unze Goldchlorid aufgelöst, und die Mischung filtrirt; diese versetzt man mit
                              einer Mischung von 10 1/2 Drachmen Citronensäure (vorher in ihrem vier- bis
                              fünffachen Gewicht destillirten Wassers aufgelöst) und 5 1/2 Drachmen flüssigen
                              Aetzammoniaks. – Diese Goldlösung sollte nicht eher bereitet werden, als bis
                              man sie braucht.
                           Platinlösung. – Sie besteht aus 1 Aequiv.
                              Platinchlorid und 1 Aequiv zweifach-weinsteinsaurem Natron. Man löst in 2 1/2
                              Pfd. destillirtem Wasser 1 Unze Platinchlorid auf und filtrirt die Flüssigkeit; dann
                              setzt man ihr 13 Drachmen doppelt-weinsteinsaures Natron zu, welches vorher
                              in seinem acht- bis neunfachen Gewicht destillirten Wassers aufgelöst worden
                              ist; nachdem das Ganze gut umgerührt wurde, kann man die Lösung anwenden.