| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 141, Jahrgang 1856, Nr. , S. 152 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Ueber eine zu Cent am 17. Mai d. J. vorgekommene
                              Dampfkessel-Explosion; von Hrn. Jobard zu
                              Brüssel.
                           Diese Explosion des Kessels einer kleinen Dampfmaschine in der Fabrik der HHrn. Van Heke und Comp. war eine
                              fürchterliche, welche wenigstens zehn Menschen das Leben kostete und außerdem eine
                              Menge von Verwundungen veranlaßte.
                           Der Cylinder der Maschine allein ist stehen geblieben, ihr Balancier in zwei Stücke
                              zerbrochen; die quadratische Esse bekam einen solchen Stoß, daß ihr oberer Theil aus
                              dem Loth wich. Der 1,20 Meter im Durchmesser haltende Kessel mit kugeligen Enden war
                              in drei Theile von fast gleicher Länge zerrissen; die beiden Enden desselben waren
                              in der vordern und hintern Richtung wohl hundert Meter weit geschleudert; der
                              mittlere Theil war liegen geblieben, aber in erwähnter Weise zerrissen. Offenbar hat
                              sich der Kessel gehoben, indem er von den beiden Siederöhren abgerissen ist, welche
                              noch in dem Schutt liegen; sie müssen aber auf eine gewisse Höhe gehoben worden und
                              dann erst zurückgefallen seyn, da sie ihre frühere Lage nicht behielten.
                           
                           Der Kessel war alt; gewisse Theile hatten nur noch 5 Millimeter Dicke. An der Stelle,
                              wo sich die Flammen der beiden Canäle vereinigten, um in die Esse zu strömen, fanden
                              sich deutliche Spuren von Verbrennung, welche einen Wassermangel im Kessel beweisen.
                              Man nimmt an, daß der Heizer sein Register niederzulassen vergaß, daher das Feuer
                              die ganze Nacht gedauert habe und daß der Wassermangel erst beim Wiederanfeuern am
                              folgenden Morgen bemerkt und die Speisepumpe in Betrieb gesetzt wurde, worauf die
                              Explosion ausgebrochen sey. Thatsache ist, daß man die Alarmpfeife weder in der
                              Nacht noch am Morgen gehört hat, und in dieser Beziehung erfuhr ich, daß einige
                              (belgische) Fabrikanten die Pfeife gänzlich außer Anwendung gesetzt haben, um die
                              Arbeiter nicht in Furcht zu setzen, die sich in Gefahr glauben, wenn sie die Pfeife
                              hören. Der Heizer selbst, welcher durch die Pfeife seine Nachlässigkeit erkannt
                              glaubt, sucht sie oft stumm zu machen, daher sie, wie das eine Sicherheitsventil, in
                              der Folge unzugänglich gemacht werden sollte.
                           Die Maschine von 10 bis 15 Pferdekräften war zu schwach im Verhältniß zu der Anzahl
                              von Webestühlen, die sie in Betrieb zu setzen hatte, und Man sagt, daß der
                              Dampfkessel deßwegen oft überspannt werden mußte. Man behauptet, er sey mit den
                              vorgeschriebenen Sicherheitsapparaten versehen gewesen, welche aber nichts nutzen,
                              wenn man sie unwirksam machen kann.
                           Die gewöhnliche Ursache der Dampfkessel-Explosionen ist das Sinken des
                              Wasserstandes im Kessel. Es sollten daher obere, selbstwirkende Speisereservoirs
                              angewandt werden, und man sollte die Speisepumpe in einem unter den Augen des
                              Heizers befindlichen Wassertroge anbringen. Das Wasser sollte nicht mehr aus einem
                              Brunnen oder einem Untern Reservoir geschöpft werden dürfen, um es direct in den
                              Kessel zu pumpen; man muß daher zwei Pumpen anstatt einer verlangen.
                           Bei den meisten schweren Unfällen durch Dampfkessel-Explosionen in Belgien
                              fehlte die erwähnte Speisung, welche die preußischen Verordnungen vorschreiben. Auch
                              sollte man nicht gestatten, daß sich über den Generatoren Werkstätten befinden, wie
                              dieß in vielen kleineren Fabriken noch der Fall ist. Oefen und Kessel müssen stets
                              von den Arbeitsgebäuden getrennt und neben denselben, am besten unter der Sohle
                              angebracht seyn Die Heizer sind dann die einzigen Opfer ihrer Unvorsichtigkeit und
                              die Kesselexplosionen werden gewiß immer seltener werden, besonders wenn Seitens der
                              Regierung sachverständige Beamte die sämmtlichen Dampfkessel in ihrem Bezirk,
                              wenigstens zweimal jährlich, bloß mittelst der Ausdehnung des unter 100 Grad Cels.
                              erhitzten Wassers untersuchen. Ein solcher Dampfmaschinen-Inspector bedarf
                              nur eines kleinen Desbordes'schen Taschenmanometers zur
                              Erfüllung seiner Mission. Er läßt nach der gewöhnlichen Arbeitszeit den Kessel mit
                              kaltem Wasser füllen, die Ventile unwirksam machen, das Manometer auf die Proberöhre
                              schrauben und so lange feuern, bis die Ausdehnung des Wasservolums die Anzahl der
                              vorgeschriebenen Atmosphären angibt. Solche in Frankreich schon öfters von
                              Bergwerks-Ingenieuren angestellte Versuche sind vollkommen gelungen; bei
                              60° C. bezeichnete das Manometer schon 12 1/2 Atmosphären. (Comptes rendus, Mai 1856, Nr. 21.)
                           
                        
                           Ueber das Mauerwerk der Wohngebäude zu Paris; von Hrn.
                              Architekt Chailly.
                           Die Construction der Pariser Wohnhäuser, so weit sie hauptsächlich von der unseren
                              verschieden ist, ist bedingt durch das Vorhandenseyn besserer Zieglerwaaren und
                              besserer Bindemittel der Steine.
                           Vorerst ist anzuführen, daß in Paris die Umfassungsmauern aller Wohnhäuser bis über
                              das Dach von Stein sind, und daß auch in älteren Häusern wenigstens einige
                              Scheidmauern ganz massiv von Stein sind. Allerdings kommen neben diesen steinernen
                              Scheidmauern auch hölzerne Riegelwände vor; aber diese sind immer spärlicher
                              geworden und werden jetzt nur noch selten angewandt. Man macht jetzt alle äußeren
                              und inneren Mauern, die ein Gebälk zu tragen haben, massiv von
                                 Stein. Dünne Scheidewände, welche vom Gebälk nichts oder wenig tragen,
                              hatte man bis jetzt
                              meistens so construirt, daß man in einer Entfernung von 6' gehobelte Pfosten von
                              Eichenholz 3–3 1/2'' dick aufstellte, dazwischen ein Netz von Latten nagelte
                              und alles bündig mit den Pfosten mit Gyps und sogenanntem platras ausfüllte; letzteres ist alter Schutt von Gypswänden, welcher in
                              Paris ganz allgemein als Baumaterial, hauptsächlich zum Ausfüllen von Wänden und
                              Gehalten dient. Derselbe wird mit frischem gelöschtem Gyps verbunden, wodurch das
                              Ganze eine gleichmäßige ungetheilte Masse wird. Die oben beschriebene Art von
                              Aufführung dünner Scheidewände von 3–3 1/2'' hat jetzt schon sehr häufig
                              einer anderen Methode Platz gemacht, nämlich Wände von 3'' 7''' aus liegenden
                              Backsteinen ganz ohne Holz aufzuführen; sind 3 bis 4 Stockwerke hoch solche Wände
                              übereinander, so kann man zur Entlastung die oberen Stockwerke aus hohlen Ziegeln
                              mauern. Haben solche Wände keine große Höhe und Länge und nichts als sich selbst zu
                              tragen, so habe ich sie auch sogar aus aufrechten Steinen 2'' dick gesehen; diese
                              Wände erhalten auf jeder Seite einen Gypsverputz von ungefähr 6''' Stärke, wodurch
                              sie um 12''' dicker werden und bedeutend an Festigkeit und Steifigkeit zunehmen. In
                              dem von Ingenieur Clarke aus London ausgestellten
                              Musterhaus für Arbeiter waren übrigens unverputzte Scheidewände von besonders dünnen
                              aufrechten Backsteinen zu sehen; diese nur 12''' dicken, etwa 8' hohen und ebenso
                              langen Wandchen boten eine erstaunliche Steifigkeit dar; hier war das Bindemittel
                              ein wohlfeiler Cement, während in allen angeführten Pariser Constructionen das
                              Bindemittel Gyps ist.
                           Es gibt noch eine andere Art von Construction dünner Scheidewände, nämlich aus im
                              Vorrath gegossenen Gypstafeln von circa 1,5' Länge und 3–5'' Dicke, eine Rinne am Umfange der Tafeln,
                              in welche bei dem Versetzen flüssiger Gyps eingegossen wird, dient zur Verbindung
                              der Tafeln. Diese Wände bedürfen bei dem Verputzen nur des letzten 1''' starken
                              Auftrags (Scheibspeis), sind somit sowohl wohlfeil und sogleich trocken.
                           Die eigentlich tragenden inneren Wände der Häuser sind meistens massiv steinerne
                              Mauern. In 5 bis 6stockigen Häusern sind die Wände unten 14'' oben 12'' stark, wenn
                              sie aus rauhen Mauersteinen bestehen.
                           Die Baugesetze in Paris schreiben für jedes Feuer ein besonderes Kamin vor; die
                              vielen Kaminröhren, welche hierdurch in einem Hause entstehen, sucht man alle
                              nebeneinander in eine Mauer zu vereinigen; da diese Röhren gewöhnlich 8–9''
                              Durchmesser und die Wanddicken derselben 3–3 1/2'' haben, so hat eine Wand,
                              in welcher sich Kaminröhren befinden, wenigstens 15'' Dicke; da diese Wände aber
                              durch die vielen darin befindlichen Röhren sehr wenig Material erfordern, und da die
                              Herstellung der Röhren nur durch sehr wenig Zeit erfordernde Aussparung im Mauerwerk
                              bewirkt wird, so sind solche mit vielen neben einander befindlichen Röhren versehene
                              Mauern wenigstens nicht theurer, als wenn sie massiv wären. Auf diese Weise kosten
                              die Schornsteine nicht nur nichts, sondern sie verunstalten auch nicht durch
                              vorspringende Ecken die Zimmer. Man bringt deßhalb gerne und
                                 ohne Kosten für jede Feuerstelle eine besondere Kaminröhre an, wodurch zugleich
                                 am einfachsten und gründlichsten dem Rauchen der Kamine, dem schlechten Zug
                              u.s.w. begegnet ist. Neben den Schornsteinrohren befinden
                              sich in den massiven Scheidewänden auch andere Röhren, für Ventilation, für
                              Luftheizungen, für verticale Communication, z.B. für Speisen, das Kehricht etc. Für
                              alle Einrichtungen, wo verticale Röhren gebraucht werden, eignen sich die massiven
                              Wände ungemein, während bei unserer Construction diese Röhren nicht zweckmäßig
                              angebracht werden können. Deßhalb müssen wir verzichten auf die Vortheile aller
                              verticalen Communicationen, der Ventilation, der Luftheizung u.s.w., während sich
                              diese Einrichtungen in Paris immer mehr Bahn brechen. Die Vortheile, nicht durch
                              bloß stückweise Feuerwände mit den Oefen u.s.w. an gewisse Plätze gebunden zu seyn,
                              und einer leichten Veränderung in der Stellung der Oefen, leuchten ebenfalls
                              ein.
                           Die Art, wie die Schornsteinröhren in den Mauern ausgespart werden, ist verschieden;
                              es werden entweder Röhren aus gebranntem Thon auf einander gesetzt, um welche herum
                              gemauert wird, oder es werden besonders geformte Ziegel mit eingemauert, welche die
                              Form des Kamins geben, oder, was das billigste ist, es wird eine Form von Holz oder
                              Zinkblech vom Durchmesser des Kamins und von etwa 4' Fuß Länge eingesetzt, mit
                              gewöhnlichen Steinen und mit Gyps drum herum gemauert und die Form nach Vollendung des
                              betreffenden Stücks herausgezogen.
                           Die Abtrittsschläuche werden gewöhnlich nicht in der Mauer angebracht, sondern nur
                              etwas darin eingelassen und sind von sehr gut gebranntem Thon, meistens aber von
                              Gußeisen. Abtrittsschläuche von Holz scheint man nicht zu kennen. Ein großer Theil
                              der Kaminröhren wird gewöhnlich in die gemeinschaftlichen Mittelmauern zwischen zwei
                              Häusern (murs mitoyens) gelegt; diese haben fast nie
                              mehr als 17'' Dicke und sind von ungehauenen Bruchsteinen. Eine solche Mauer, welche
                              sowohl vor der Façade als über das Dach etwas vorsteht, an einem großen 6 bis
                              7stockigen freistehenden Gebäude, macht einen wirklich verwegenen Eindruck.
                           Die Scheidemauern. welche keine Röhren haben, aber Gebälke oder den Dachstuhl tragen,
                              werden jetzt meistens aus Backsteinen und zwar nur zwei Stein (7'' 8''') stark
                              errichtet, wobei man meistens die oberen Stockwerke von hohlen Backsteinen mauert;
                              bei hohen 6stockigen Gebäuden sieht man, aber auch nicht immer, den unteren Stock
                              drei Stein (12'') stark. Ein weiterer Vortheil der massiven Scheidewände ist der,
                              daß sie mit den Umfassungsmauern in guten Verband gebracht werden können, wodurch es
                              wiederum möglich wird, letztere schwächer zu halten, als wenn sie auf die ganze
                              Länge ohne Verbindung mit den inneren Hauswänden frei da ständen.
                           Was nun diese Umfassungsmauern betrifft, so ist die vordere Façade von
                              Hausteinen oder von rauhen Bruchsteinen, die Hinteren und Nebenseiten' dagegen fast
                              immer von letzteren. Merkwürdig ist, daß in den Mauerdicken fast kein Unterschied
                              ist, ob solche von Quadern oder rauhen Mauersteinen sind. Die innere Flucht der
                              Mauern ist meist senkrecht, die äußere wenig anlaufend, so daß die Dicke der
                              Umfassungsmauer aus Bruchsteinen unter Dach 14'', im Erdgeschoß 17'' und bei 6
                              und- mehrstockigen Häusern 2' 2'' ist. Dieß sind die von Alters her üblichen
                              und auch von Rondelet empfohlenen Mauerstärken;
                              neuerdings findet man davon manche Abweichungen, indem man noch kühner construirt;
                              die obersten Stockwerke werden auch besser von hohlen Ziegeln (7'' 8''' dick)
                              construirt als von Bruchsteinen.
                           In Façaden von Bruchsteinen sind die Fenster- und Thüröffnungen nicht
                              mit Hausteinen eingefaßt, sondern Leibungen und Spunten sind nur in Gyps gezogen.
                              Diese Construction ist vielleicht nicht nachahmungswerth, aber sie zeigt die Güte
                              des Pariser Gypsmörtels, die so etwas zu machen erlaubt. Die Kellergewölbe werden
                              von rauhen Mauersteinen in gewöhnlichen Kalkmörtel nach einem flachen Bogen
                              gemauert, dessen Pfeilhöhe ungefähr 1/4 der Spannweite ist, dabei sind sie
                              8–10'' stark. (Württembergisches Gewerbeblatt, 1856, Nr. 18.)
                           
                        
                           Ueber das Schweißen des englischen Gußstahls; von C. Hustig in Chemnitz.
                           Um englischen Gußstahl schweißen zu können, hatte man bis jetzt nur eine Methode. Man
                              wendet, wie bekannt, hierzu den Borax an, weil derselbe sehr leicht bindet, auch der
                              zu schweißende Stahl keine allzu starke Erwärmung erfordert, welche sehr nachtheilig
                              auf denselben einwirkt. Da dieses Verfahren sehr kostspielig ist (das Pfund Borax
                              kostet 8 bis 10 Ngr.), so hat man darauf gedacht, ein billigeres Verfahren ausfindig
                              zu machen. Darauf hin kam vor kürzerer Zeit in einer Sitzung der technischen
                              Deputation des Chemnitzer Handwerkervereins dieser Gegenstand zur Sprache, bei
                              welcher Gelegenheit ein Mitglied die Mittheilung machte, daß man bei dem Schweißen
                              den sogenannten Mauermörtel anwenden könne, welches
                              Mittel der hiesige Uhrgehäusemacher, Hr. Hilscher,
                              gebrauche. Nach dieser Methode wurden mehrere Versuche von einigen Mitgliedern
                              gemacht, welche aber leider nicht zur Zufriedenheit ausfielen. Da man vermuthete,
                              daß der Grund des Mißlingens vielleicht bloß in dem nicht ganz richtigen Verfahren
                              liege, so beschloß man, eine Deputation zu ernennen, welche sich zu Hrn. Hilscher begeben möge, um sich genau von dessen
                              Verfahrungsweise zu überzeugen.
                           
                           Das Verfahren und das Ergebniß war nun folgendes: Der erste Versuch, der gemacht
                              wurde, bezweckte, ein Stück englischen Stahl auf Eisen zu schweißen. Hr. Hilscher bereitete sich hierzu vorerst den dazu
                              erforderlichen Mörtel. Der geeignetste ist der, welchen man gewöhnlich an Gebäuden
                              findet, ein mehr lehmiger als sandiger, besser und vortheilhafter möchte vielleicht
                              ein recht gut ausgetrockneter Lehm, mit etwas Kalk vermischt, seyn. Derselbe wurde
                              fein gepulvert Nun erwärmte man das aufzuschweißende Stückchen Stahl und schröpfte
                              es, d.h. man hieb mittelst des Schrotbeils kleine Häkchen von der hohen Kante ein
                              Dieß geschah deßhalb, damit der Stahl am Eisen haften blieb. Hierauf kühlte man ihn
                              in Wasser ab, wobei er jedoch nicht mehr rothwarm erscheinen darf, weil er außerdem
                              beim Aufheften zerspringen würde. Hierauf wurde das zu verstählende Eisen erwärmt,
                              der geschröfte und abgekühlte Stahl auf das Eisen gelegt und mittelst eines starken
                              Schlages aufgeheftet. Dann brachte man das mit Stahl belegte Eisen in das Feuer.
                              Dabei war darauf zu sehen, daß das Feuer recht gleichmäßig warm erhalten wurde;
                              übrigens wurde eben so verfahren, wie beim Schweißen mittelst Anwendung des Boraxes,
                              nämlich so, daß man den Gegenstand nicht zu nahe an die Windform bringt, der Stahl
                              stets nach oben gerichtet liegt, auch oberhalb von Kohlen nur wenig bedeckt ist,
                              damit man ihn stets sehen kann und das Eisen eine größere Erwärmung als der Stahl
                              bekommt. Als nun eine etwas starke Rothglühhitze erreicht war, fing man an, den
                              Mörtel auf dem Stahl im Feuer zu streuen, jedoch in größerer Quantität, als man
                              Borax braucht. Als nun der Gegenstand die Weißglühhitze (gelinde Schweißhitze)
                              erreicht hatte, brachte man das zu verstählende Stück aus dem Feuer auf den Amboß
                              und schlug anfangs ganz leicht und schnell, dann aber stärker; auch stauchte man den
                              Gegenstand von vorn ein, um dadurch den Stahl dichter zu erhalten und besser zu
                              binden. Unterläßt man dieß, so bekommt man sehr leicht Risse im Stahl, und zwar
                              deßhalb, weil das Eisen sich mehr ausdehnt, als der Stahl, besonders wenn ersteres
                              stärker ist (hier war beides ziemlich gleich stark). Da der Stahl weniger nachgibt,
                              als das Eisen, so fängt er an, da er Spannung bekommt. zu reißen oder, so zu sagen,
                              zu brechen; durch das Einstauchen aber läßt das Eisen sich leichter zurückdrängen
                              als der Stahl und wird dadurch das Entstehen von Rissen verhindert. Auch muß man,
                              wenn der Stahl geschweißt ist, den noch darauf liegenden Mörtel, welcher ein
                              krustenartiges, Hammerschlagähnliches Ansehen angenommen hat, entfernen, um eine
                              glatte Oberfläche zu erhalten.
                           Zum Verstählen von Gegenständen, bei denen der Stahl nicht zu lang auf dem Eisen
                              liegt, z.B. bei Bohrern, Meißeln, Hobeleisen, Stemmeisen u.s.w., ist das
                              beschriebene Verfahren sehr zweckmäßig und empfehlenswert. Auch bei Gegenständen,
                              bei welchen ein größeres und längeres Auflegen des Stahls erforderlich ist, ist
                              dasselbe vielleicht von Nutzen; doch dürfte man hier deßhalb auf Schwierigkeiten
                              stoßen, weil ein starkes Ausstrecken (Verlängern) so viel als möglich vermieden
                              werden muß: besonders möchte hierbei mehr die Hammerfinne (Schmalhammer) auf der
                              Seite, wo der Stahl liegt, anzuwenden seyn, damit derselbe sich mehr ausdehne und
                              dadurch das Entstehen von Rissen verhindert würde.
                           Ein zweiter Versuch wurde zu dem Zwecke angestellt, Stahl auf Stahl zu schweißen. Man
                              legte zwei Stücke Stahl über einander und verfuhr auf dieselbe Weise, wie bei dem
                              ersten Versuche. Beide geschweißten Stücke wurden hierauf zerbrochen und von der
                              Deputation als völlig gut geschweißt, das Resultat der Versuche also als vollkommen
                              befriedigend, anerkannt. Bei den geschweißten Stahlstücken zeigte sich auf dem
                              Bruche ein etwas gröberes Ansehen, als der Stahl vor dem Schweißen hatte; dieß kann
                              jedoch dadurch beseitigt werden, daß man den geschweißten Stahl, wenn er noch etwas
                              rothwarm ist, bei länger anhaltendem Schmieden unter Aufspritzen von Wasser
                              abhämmert. Dadurch wird er eines Theils glätter, anderen Theils dichter und feiner.
                              Dieses Verfahren ist auch bei dem Vermählen zu empfehlen.
                           Wenn man früher annahm, daß bloß Holzkohlenfeuer beim Schweißen des Stahls anwendbar
                              sey, so hat die Erfahrung doch gelehrt, daß es bei dieser neuen Methode mittelst
                              Mörtel gleichgültig ist, ob man Steinkohlen- oder Holzkohlen- oder
                              auch Kohksfeuer anwendet; letztere zwei gemischt, haben sich am vortheilhaftesten
                              bewahrt. Auch sind später nach diesem Verfahren von einigen, Mitgliedern der technischen Deputation
                              Versuche angestellt worden, welche, wie die vorgelegten Proben zeigten, zu einem
                              gleich günstigen Resultate geführt haben. (Polytechn. Centralblatt, 1856, S.
                              693.)
                           
                        
                           Ueber den Glühstahl.
                           Im ersten Maiheft des polytechn. Journals (Bd. CXL S. 195) ist nach der
                              „Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und
                                 Hüttenwesen“ der Darstellung des Glühstahles erwähnt, welche im
                              Herbst 1855 erstmals auf einem österreichischen Stahlwerke in praktisch
                              vortheilhafter Weise zur Ausführung gekommen sey. Die Priorität einer solchen
                              Darstellung dieses Stahls in den deutschen Ländern kommt dem Stahlfabrikanten Weber in Glattthal, O. A. Freudenstadt, zu, welcher
                              solchen Stahl schon seit etwa vier Jahren regelmäßig fabricirt und im J. 1854 in
                              München zur Ausstellung gebracht hat (beschreibender Katalog der württemb.
                              Erzeugnisse in der allgem. deutschen Industrie-Ausstellung in München, S. 16
                              und Nr. 6630a des Münchener officiel. Katalogs),
                              wo ihm von der von Hrn. Director Tunner präsidirten Jury
                              belobende Erwähnung dafür (wegen Neuheit der Darstellung seines Stahles) zuerkannt
                              wurde. (Württembergisches Gewerbeblatt, 1856, Nr. 28.)
                           
                        
                           Steinkohlen-Gewinnung und Verbrauch in Europa.
                           Die gesammte Kohlenproduction betrug in Großbritannien i. J. 1854 auf 2397
                           
                              
                                 Werken 64,661,401 Tonnen Steinkohlen
                                    oder
                                 1313,971,397
                                 Zollctr.
                                 
                              
                                 in Belgien im J. 1853 7,171,550 Tonnen
                                    Steinkohlen oder
                                   143,431,000
                                      „
                                 
                              
                                 in Frankreich im J. 1852 auf 286
                                    Steinkohlengruben
                                     98,078,518
                                      „
                                 
                              
                                 in Preußen im J. 1854 auf 392
                                    Steinkohlenwerken
                                   136,250,000
                                      „
                                 
                              
                                                                  
                                    auf 384 Braunkohlenwerken
                                     25,000,000
                                      „
                                 
                              
                                 in Sachsen im J. 1853 Steinkohlen 
                                     17,783,706
                                      „
                                 
                              
                                 in Oesterreich Stein- und
                                    Braunkohlen circa
                                    
                                     50,500,000
                                      „
                                 
                              
                                 im übrigen Deutschland Stein- und
                                    Braunkohlen circa
                                    
                                       9,000,000
                                      „
                                 
                              
                                 im übrigen Europa circa
                                    
                                       4,420,000
                                      „
                                 
                              
                           zusammen auf ein Jahr fast 1800 Millionen Zollcentner.
                           Von den in Großbritannien gewonnenen Kohlen wurden 3,680,008 Ton. ausgeführt und
                              blieben beinahe 61 Millionen Tonnen für den einheimischen Verbrauch, wovon
                              mindestens 6 Millionen bei der Eisenindustrie verwendet werden. Den Verbrauch der
                              Gaswerke schätzte man schon im J. 1850 auf 1,100,000 Tonnen, woraus in 775
                              Gasbereitungsanstalten 9000 Millionen Kubikfuß Leuchtgas erzeugt wurden, wovon aber
                              nach Abzug des Verlustes durch Entweichen etc. nur 7200 Millionen von den
                              Consumenten zu bezahlen waren. Hiedurch wurden etwa 33 Millionen Gallons Brennöl
                              ersetzt, die 13 Millionen Pfd. St. gekostet hätten, während das Gas nur 1 1/2
                              Millionen Pfd. St. kostete. Bei der Kohlengewinnung waren im Jahr 1854 229,995
                              Arbeiter, bei dem Kohlentransport etwa 60,000 Matrosen auf ungefähr 8000 Schiffen
                              beschäftigt.
                           Von Belgien wurden im Jahr 1854 2,626,782 Ton. (à
                              20 Zollctr.) meistens auf Canälen nach Frankreich ausgeführt.
                           Frankreich führte im Jahr 1852 61,919,200 Zollctr. Kohlen ein, wovon fast 42 1/2
                              Millionen aus Belgien, 13 Mill. aus England, 6 1/2 Mill. aus Rheinpreußen; während
                              aus Mittel-Frankreich nur 827,200 Ctr. nach der Schweiz, Sardinien, Algier
                              etc. ausgeführt wurden; im J. 1855 stieg die Einfuhr auf 76,345,740 Zollctr.
                           In Preußen hat sich seit einem Viertel-Jahrhundert die Gewinnung der
                              Steinkohlen verfünffacht, der Braunkohlen mehr als versiebenfacht, letztere werden
                              vorzugsweise in den Provinzen Sachsen und Brandenburg gewonnen. (Aus dem Bericht
                              über die Pariser Austellung von Carl Noback.)
                           
                        
                           
                           Material zu Kapellen für Münzproben.
                           Um ein der Einwirkung der Bleiglätte bei Münzproben besser widerstehendes Material zu
                              den Kapellen ausfindig zu machen, hat B. Hambly (Chemical Gazette No. 321) eine Reihe von Versuchen mit
                              feuerfestem Thon, Sand, Hämatit und Chinathon gemacht. Das Resultat derselben
                              ist:
                           Wenn zu dem feuerbeständigen Thon von Glascote 20 Proc. feiner Sand genommen wird, so
                              erhält man die besten Kapellen, sie sind hart, glatt, dicht und widerstehen der
                              Zerstörung durch Bleiglätte am besten.
                           Gemenge von Hämatit mit feuerbeständigem Thon geben dichte, glatte und in der Hitze
                              nicht reißende, dauerhafte Kapellen, die zum Rösten gut sind, aber von Bleiglätte
                              stark angegriffen werden.
                           Ein Zusatz von 20–25 Proc. Chinathon zu dem feuerbeständigen
                              Glascote-Thon gibt dichte, glatte und der Bleiglätte mehr widerstehende
                              Gefäße.
                           Chinathon und Sand, oder ein Gemenge beider mit feuerbeständigem Thon ist zu
                              verwerfen, denn die Kapellen reißen im Ofen.
                           Die Freiberger Kapellen; welche Hambly prüfte, werden
                              leicht von Bleiglätte angegriffen.
                           Die Analysen des feuerbeständigen Thons von Glascote und des Chinathons, bei
                              100° C. getrocknet, gaben folgendes Resultat:
                           Glascote-Thon.
                           
                              
                                 Kieselerde
                                   49,40
                                 
                              
                                 Thonerde
                                   32,80
                                 
                              
                                 Eisenoxydul
                                     3,48
                                 
                              
                                 Manganoxydul
                                     Spur
                                 
                              
                                 Kalk
                                     0,46
                                 
                              
                                 Magnesia
                                     0,42
                                 
                              
                                 Kali (mit Spuren von Natron)
                                     2,24
                                 
                              
                                 Wasser (in Verbindung)
                                     9,84
                                 
                              
                                 Phosphorsäure und
                                    organische    Substanzen
                                 Spuren
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                   98,64
                                 
                              
                           Chinathon.
                           
                              
                                 Kieselerde
                                   73,70
                                 
                              
                                 Thonerde
                                   19,68
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                     0,71
                                 
                              
                                 Manganoxydul
                                     Spur
                                 
                              
                                 Kalk
                                     0,50
                                 
                              
                                 Magnesia
                                     0,34
                                 
                              
                                 Kali (mit Spuren von
                                    Natron)    
                                     2,40
                                 
                              
                                 Wasser (in Verbindung)
                                     3,77
                                 
                              
                                 Wasser (hygroskopisches)
                                     0,73
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 101,83.
                                 
                              
                           (Journal für praktische Chemie, 1856, Nr. 10.)
                           
                        
                           Künstlicher Meerschaum; von L. Wagenmann.
                           Die eigenthümliche Eigenschaft einer Wasserglaslösung, den Kalkmörtel in einen sehr
                              festen hydraulischen Cement zu verwandeln, veranlaßte mich, das Verhalten derselben
                              gegen kohlensaure und gebrannte Magnesia näher zu
                              studiren, da der Gedanke nicht fern lag, auf diese Weise den natürlichen Meerschaum
                              nachzuahmen.
                           
                           Die ersten Versuche mit beiden Magnesiaverbindungen fielen indeß nicht günstig aus,
                              da nur sehr viel Wasserglas nach dem Trocknen eine feste Masse lieferte, welche aber
                              durchaus nicht meerschaumähnlich ist, sondern ein mehr porzellanartiges Ansehen
                              annimmt.
                           Ganz andere Resultate erhielt ich dadurch, daß ich der kohlensauren Magnesia (am
                              besten mit beiläufig 1/8 gebrannter Magnesia gemischt) ein wenig Kalkbrei, aus
                              gebranntem Marmor erzeugt, zusetzte, ehe ich die Wasserglaslösung hinzufügte. Die
                              vorher kurze und bröckliche Masse wurde durch den Kalkzusatz plastisch und leicht
                              formbar, und hinterließ nach freiwilligem, völligem Austrocknen ein dem Meerschaum
                              sehr ähnliches Product, welches in Zukunft leicht Verwendung finden dürfte. (Journal
                              für praktische Chemie, 1856, Nr. 8.)
                           
                        
                           Anstrich, welcher glänzt, ohne daß er besonders lackirt zu
                              werden braucht.
                           Der nachstehend angegebene Anstrich ist sowohl für Gebäude, als in der Kunst und
                              Industrie überhaupt anwendbar, besonders aber eignet er sich für Theaterdecorationen, welche bisher nur in Leimfarben
                              hergestellt werden konnten.
                           Zu diesem Anstrich nimmt man: 1 Kilogr. Oel, wie man es gewöhnlich zum Anstrich
                              gebraucht, 1/2 Kilogr. Alkohol, 125 Grm. Körnermastix, 125 Grm. gestoßenen
                              ostindischen Copal, 125 Grm. gewöhnlichen Gummilack, 125 Grm. gestoßenen Sandarak,
                              62 1/2 Grm. venetianischen Terpenthin.
                           Die Harzsorten werden im Oel und Alkohol zerlassen. Die zu dem Anstrich zu
                              verwendenden Wasserfarben werden erst mit Wasser, dann mit Bier, und endlich mit
                              Weingeist angemacht, demnächst aber im Ofen oder bei Sonnenschein schnell
                              getrocknet. Ist dieß geschehen, so wird die aus den oben angegebenen Ingredienzien
                              bestehende Flüssigkeit damit gehörig vermischt. Die auf solche Art zubereitete Farbe
                              trocknet nach dem Anstreichen sehr schnell und zwar in einer Zeit, welche drei
                              Stunden nicht übersteigt. Ein zweimaliger Anstrich ist vollkommen hinreichend, um
                              die damit überzogenen Gegenstände zu decken und im schönen Glänze erscheinen zu
                              lassen. Soll der Anstrich nur matt seyn, so läßt man den venetianischen Terpenthin
                              weg.
                           Wenn man der obigen Mischung keine Farbe zusetzt so hat man einen siccativen und
                              schönen Firniß, der sich mit dem Pinsel auftragen läßt und zu allen möglichen
                              Gegenständen zu verwenden ist. (Allgem. Bauzeitung, 1856, S. 108.)
                           
                        
                           Blaue Tinte zum Zeichnen der Wäsche; von Apotheker F. Roder.
                           Man löst 5 Gran Molybdänoxyd in der nöthigen Menge Salzsäure, und setzt 6 Gran
                              arabisches Gummi und 2 Gran Lakritze (Süßholzextract), in 1 Loth Wasser gelöst,
                              hinzu. Nachdem die mit dieser Flüssigkeit beschriebene Stelle trocken geworden ist,
                              zieht man dieselbe durch ein Bad von Zinnchlorür.
                           Die Schrift haftet sehr gut und widersteht Säuren und Alkalien. (Schweizerische
                              Zeitschrift für Pharmacie, 1856, Nr. 2.)
                           
                        
                           Die Holzwolle zur Tapetenfabrication.
                           Die Holzwolle wird erzeugt, indem sehr dünne Hobelspäne von weichem Holz mit
                              Seifenwasser ausgesotten und dann beliebig gefärbt werden. Im trocknen Zustande
                              werden die Späne in einem Mörser mit einer Reibkeule von 4 bis 5 Centnern Gewicht
                              zermalmt und endlich zu Pulver zerstoßen oder gemahlen.
                           
                           Man benutzt dieses Pulver statt der Wollfasern in der Tapetenfabrication zur Erzeugung der sogenannten Sammettapeten und erzielt
                              dabei den Vortheil, daß die gleiche Menge Holzfasern um 50 Procente weniger wiegt
                              als Wollfasern, und da auch erstere um 10 Procent wohlfeiler als letztere
                              hergestellt werden können, so entfällt ein namhafter Vortheil im Erzeugungspreise
                              der Sammettapeten. und bei deren Versendung.
                           Zur Fixirung der Fasern auf dem Papier wird geruchloses Gummi verwendet, das auch das
                              Einnisten der Insecten verhütet.
                           Die Holzwolle wird aber nicht bloß in der Tapetenfabrication, sondern auch zum Einpaken leichter Gegenstände verwendet und dabei wegen
                              ihrer größeren Leichtigkeit vorgezogen. Gefärbte Holzspäne nehmen sich in gewissen
                              Fällen recht zierlich aus. Die Abfälle von gefärbten Holzfasern werden auf
                              Schreibtischen außerdem auch als Streusand u.s.w.
                              verwendet, und da diese Fasern die Wärme sehr gleichartig binden, so werden sie auch
                              zu Umschlägen bei Kranken gebraucht.
                           Man kann statt des Holzes zu Fasern in der Tapetenfabrication auch den Holzschwamm
                              und andere Saugschwämme verarbeiten. Dieselben lassen sich ebenfalls färben, und die
                              Zubereitung derselben kommt noch wohlfeiler zu stehen als die Holzwolle.
                           Der Erfinder dieses Materials ist Guichard. Maler und
                              Zeichner für Industriegegenstände in Paris, rue du
                                 Sentier. (Böttger's polytechnisches Notizblatt, 1856, Nr. 13.
                           
                        
                           Eigenthümliche Verwendung der spinnreifen Raupen.
                           Das westphälisch-rheinische Vereinsblatt für Bienenzucht und Seidenbau enthält
                              die interessante Notiz, daß die unter dem Namen „englisches
                                 Gras“ im Handel vorkommenden, feinen Darmsaiten ähnlichen Fäden für
                              Fischangeln und dergl., aus dem Seidendarme der spinnreifen Raupe bereitet werden.
                              Diese Fäden haben ein weißes silberglänzendes Ansehen, werden aus China, Italien und
                              Spanien bezogen, man bezahlt sie gewöhnlich à
                              Stück mit einem Groschen Die spanischen sollen die besten seyn. Nach jener Notiz
                              verfährt man bei der Bereitung folgendermaßen:
                           Man lege eine Anzahl der besten und längsten Seidenraupen, zur Zeit der vollkommenen
                              Spinnreife, in starken Weinessig, nicht in Weingeist, und decke das Gefäß während 12
                              Stunden fest zu. Nachdem die Raupen 12 Stunden der Einwirkung des Essigs ausgesetzt
                              gewesen, bricht man mit dem Finger den mürbe gewordenen Rüffel ab, worauf sogleich
                              oder nach einem leisen Drucke auf den Hals die beiden hellglänzenden goldgelben
                              Seidendrüsen aus dem Kopfe hervorquellen; man läßt sie in ein Gefäß mit reinem
                              Wasser fallen, während man die übrigen Theile der Raupe als unbrauchbar wegwirft.
                              Nachdem man die beiden Enden der schlauchartigen Drüse zwischen Zeigefinger und
                              Daumen gefaßt, zieht man langsam das Spinnorgan zur gehörigen Länge aus
                              (wahrscheinlich unter Drehen und Kneten, Ref.), welche jedoch nie 4 Fuß
                              überschreiten kann. Nach der Einweichung in Essig lassen sich die Spinngefäße und
                              die übrigen Theile im Innern der Raupe ohne alle Schwierigkeiten anatomisch
                              darstellen. (Württembergisches Wochenblatt für Landwirtschaft, 1856, Nr. 19.)